Full text: St. Ingberter Anzeiger

bert Bismarck verläßt heute London mit dem Be⸗ 
vußtsein, zur Herstellung des guten Einvernehmens 
wischen England und Deutschland wesentlich bei⸗ 
zetragen zu haben. — „Daily News“ bestäligt, 
zaß die britische Regierung das Verlangen in 
Petersburg stellte, die russischen Truppen jenseits 
zer afghanischen Grenze zurückzuziehen. Sie be— 
gehre dadurch lediglich nur die Ausführung der 
uffischerseits England wiederholt gemachten Ver—⸗ 
prechungen. 
Washington, 6. März. Der Senat be— 
tätigte heute einstimmig ohne weitere Debatte oder 
Abstimmung die Nominationen für Cleveland's 
Cabinet. Während der letzten Stunden der Con⸗ 
greßfitzung am 4. d. händigte der Ausschuß für 
auswaͤrtige Angelegenheiten im Repräsentantenhause 
seinen einstimmigen Bericht ein, des Inhalts, daß 
die 23. ult. eingebrachte Resolution, in Bezug auf 
die von Deutschland eingeführten Differenzialzölle 
auf gewisse Einfuhrartikel aus den Vereinigten 
Staaten, von den Migliedern des Ausschusses er⸗ 
wogen worden, und daß nach ihrer Meinung das 
Vorgehen Deutschlands nachträglich für die Ein— 
fuhr von Schweinefleisch, Weizen, Roggen und 
Petroleum in jenes Land sei. Der Ausschuß unter⸗ 
hreitete deswegen einen Beschluß zur Annahme, 
in welchem der Präsident ersucht wird, sofort die 
nöthigen Schritte zu thun, um Amerika in Deutsch- 
land in Bezug auf alle amerikanischen Handels— 
artikel die gleichen Begünstigungen zu sichern, 
velche die anderen Nationen nach dem die am 
neisten begünstigten Nationen betreffenden Para⸗ 
graphen des Vertrages mit Preußen hätten, der 
jegenwärtig zwischen Deutschland und den Vereinig- 
en Staaten in Kraft sei. Nur ein einziger Ein⸗ 
vand wurde gegen diese Resolution erhoben; dieser 
gJenügte jedoch, die Annahme derselben zu verhindern. 
Lskale und pfälzische Nachricten. 
* St. Ingbert, 10. März. Bei einem am 
Sonntag in Bubenhausfen abgehaltenen hand— 
virthsch. Kräuzchen, wurde nach der Zw. 
Ztg. auf Antrag des Herra Freudenberg 
eine Danksagungsadresse an den Reichstagsabgeord- 
neten, Herrn Oskar Krämer von hier, weil der⸗ 
elbe so warm für die landwirthschaftlichen Juter⸗ 
essen eingetreten sei, indem er für Erhöhung der 
Betreidezölle gestimmt habe, unterzeichnet, welche fol⸗ 
zenden Wortlaut hat: 
„Hochgeehrter Herr Reichstagsabgeordneter! 
Bei der Abstimmung über den Roggenzoll 
timmten Sie für dessen Erhöhung auf 3 Mark, 
trotzdem die übrigen Herren Reichstagsabgeord- 
neten unserer Provinz ihr Votum dagegen ab— 
gaben. Hiemit haben Sie abermals bewiesen, 
vie Sie mit unseren Verhältnissen vertraut, mit 
inseren Bedürfnissen bekannt sind. Es ist uns 
dies eine hochwillkommene Gelegenheit, Ihnen 
inseren aufrichtigsten, watm empfundenen Dank 
auszusprechen. Im vollen Umfang erkennen wir 
das große Opfer an, welches Sie uns durch 
Uebernahme des Mandates bringen. Eine Gegen— 
leistung vermögen wir nicht zu bieten. Es sei 
denn, Sie begnügen sich mit der Versicherung 
des unbegrenzten Vertrauens, der größten Dank⸗ 
zarkeit und schließen wir mit dem Wunsche, daß 
das Band, welches Sie als Abgeordneter des 
Wahlkreises Zweibrücken mit uns verbindet, noch 
lange Jahre fest und dauernd bestehen möge. 
Mit wahrer Hochachtung Ihre ergebene Wähler 
und Landwirthe.“ 
Die Versammlung sprach zugleich den Wunsch 
aus, daß diese Adresse in allen Gemeinden des 
Wahlbezirks Zweibrücken Pirmasens zur Unterzeich 
iung aufgelegt werde. 
— Gegenwärtig bereisen zwei Sendlinge der 
Mormonen die Pfalz. Beide, Söhne von in 
Utah angesiedelten ausgewanderten Pfälzern, sind 
eigens gesandt, um mit den Familien derselben 
VBerbindungen anzuknüpfen und weibliche Glieder 
derselben zu verleiten. Nach der Aussage der 
veiden „Apostel“ besteht in Ludwigshafen bereits 
eine starke Gemeinde der Heiligen der letzten Tage, 
vie sich die Mormonen zu nennen belieben, und 
joffen diese, auch an anderen Orten einen günstigen 
Boden zu finden. Auf das Treiben dieser Fremd⸗ 
inge wird anmit aufmerksam gemacht und vor ihrer 
Verführung nachdrücklich gewarnt. 
— Kaiserslautern, 6. März. Die 
Steingutfabrik dahier zahlt ihren Actionären pro 
24 ⸗in Procent 
— Germersheim, 7. März. Heute Nacht 
wurde auf der Bahnstation Wörth die Güterkasse 
Jestohlen; dieselbe ist völlig verschwunden. Die 
Diebe haben die schwere eiserne Cassete wahrschein⸗ 
lich in den nahen Wald getragen und dort geöffnet. 
— Speier, 7. Maärz. Es soll der Plan 
vestehen, auf dem Lichtenberger'schen Anwesen in 
der Wormserstraße einre Aktien-Spinnerei und We⸗ 
zerei und zwar mit einer Kapitalanlage von einer 
HMtislion Mark zu begründen. Wenn dieses Projekt 
zur Verwirklichung gelangt, so dürfte es als ein 
—DOD 
wir, daß die Bestätigung des Gerüchts nicht aus— 
bleibe. 
— Ludwigshafen, 7. März. Die Samm⸗ 
sungen für die Bismarck ˖ Spende nehmen hier einen 
ehr günstigen Verlauf. Die Summe, welche bis 
etzt zusammengebracht wurde, beträgt heute schon 
iber 4000 M. ohne Hemshof und Gräfenau, wo 
twas später mit der Sammlung begonnen wurde, 
o daß Ludwigshafen wohl an 5000 M. zusam— 
nenbringen dürfte. 
Vermischtes. 
fF Aus den Reichslanden, 7. März. 
sticht allein aus dem Ober-Elsaß kommen Nach— 
ichten über das rasche Steigen der Gewässer, son⸗ 
ern auch aus Lothringen. Die Saor führt so großes 
»ochwasser, daß die Schifffahrt theilweise eingestellt 
berden mußte. Die Mosel ist ebenfalls aus ihren 
Afern getreten und die Nachrichten aus Frankreich 
assen befürchten, daß dieselbe eine Ueberschwemm⸗ 
uing verursachen wird. Auch die Ill ist aus den 
Ifern getreten. Wie heute Abend bekannt wurde, 
jat die Moder durch Ueberschwemmung gestern und 
hJeute viele Verheerungen zwischen Pfaffenhofen und 
Merzweiler an Uferbauten, Brücken und Saatge— 
ände angerichtet. 
fF Louisenthal, 6. März. An der hies. 
SZaarfähre kam gestern folgender Unfall vor: Als 
zegen Mittag die Ponte übersetzen sollte, sank sie 
oweit, daß das Wasier hereinströmte Es befanden 
ich darin zwei Fuhren mit Ziegelsteinen und etwa 
30 Personen, meist Frauen und Mädchen, welche 
»as Mittagessen nach dieser Seite bringen wollten. 
Al« diese das Wasser kommen sahen, sprangen sie 
nit lautem Zetergeschrei mit ihren Eßkörben in die 
Zaar nach dem noch nahen Lande zu. Die meisten 
chafften sich selbst au's Land, andere wurden durch 
sinzugeeilte Hilfe gerettet, alle aber wurden mehr 
oder weniger durchnäßt und gründlich abgekühlt. 
F Markenschutz. Art. 5 Abs. 8 des Ge— 
etzes über Vdarkenschutz vom 80. November 1874 
»estimmt, daß zehn Jahre nach dem Eintrage eines 
Waarenzeichens dessen Löschung vorgenommen wird, 
venn nicht die weitere Beibehaltung derselben neuer— 
iugs angemeldet wird. Diese Bestimmung ist mit 
»em 1. März d. J. erstmals in Wirksamkeit getreten, 
vorauf Handel und Gewerbetreidende hiermit auf— 
nerksam gemacht sein sollen. 
F München, 6. März. Heute beging der 
Fommandant der deutschen Reichsfestung Ulm, 
ßeneralmajor v. Bösmiller, sein 50jähriges 
Dienstjubiläum. Der Jubilar ist einer von den— 
enigen bayerischen Officieren, weiche „von der Pikt 
uf“ gedient haben. Geboren am 27. Dezember 
820 als der Sohn eines einfachen Handwerkers 
rat Bösmiller mit 16 Jahren als Gemeiner in die 
Urmee, machte die Unteroffiziersgrade durch und 
zrachte es durch eisernen Fleiß und tadellose Füh— 
ung dahin, daß er zum Offizier befördert wurde. 
Im Jahre 1882 wurde er Generalmajor und am 
6. November desselben Jahres vom Kaiser zum 
Fommandanten von Ulm ernannt; Se. Maj. der 
tönig hat für diese Stelle das Vorschlagsrecht 
Seit 1860 ist Bösmiller mit der Tochter des ehe 
naligen Reichsraths-Präsidenten Grafen Stauffen- 
herg vermählt. 
Der verstorbene General v. Dietl war 1813 
zu Salzburg als der Sohn eines Regiments— 
quartiermeisters gebpren. 1832 wurde er Unter— 
ieutenant, 1849 Hauptmann erster Klasse, 1857 
Major, 1866 Oberst und 1809 Generalmajor. 
1873 erfolgte seine Beförderung zum Generallieu— 
tenant und Kommandeur der 4. Division, 1875 
in Folge erschütterter Gesundheit seine Pensionierung 
». Dietl war Ritter zahlreicher hoher Orden, da— 
unter des Eisernen Kreuzes erster Klasse. Der 
Heimgegangene vereinigte in sich alle Etgenschaften 
ines füchtigen Truppenführers, persönliche Tapfer—⸗ 
eit, Entschlossenheit und Geistesgegenwart zeichneten 
hn selbst in schwieriasten Gefechtslagen aus und 
sein Name wird in der baierischen Kriegsgeschicht 
stets ehrende Erwähnung finden; nicht minder sicherr 
ihm aber sein Edelmuth und sein für das Woh 
seiner Untergebenen allzeit treu besorgtes Herz be 
Allen, die ihm nahe standen, das beste Andenken. 
fFGehälter deutscher Bürgermeister 
Fine süddeutsche Zeitung bringt eine bemerkenz. 
werthe Aufstellung der Gehälter der Bürgermeiste— 
in einer Reihe deutscher Staädte. Die erste Summ— 
ziebt das Gehalt der Oberbürgermeister, die zweit— 
(in Parenthese) das der Stellvertreter an. Berlin 
30,000 Mk. (15,000); Breslau 19,000 Mt 
12,000); Kôln 18,000 Mark (89000); Königs 
berg 15,900 Mk. (7500); Leipzig 15,000 Marl 
(12,000): Frankfurt a. M. 15,000 Mk. (8400) 
Magdeburg 15,000 Mark (9000); Danzig 15,060 
Mark (7500); Düsseldorf 15,000 Mt. (6000) 
Stettin 13,500 Mt. (9000); München 13,206 
(10,000); Elberfeld 13,000 Mk. (7500); Bremer 
12,000 Mt. (7500); Halle 12,000 Mk. (7500) 
Erfurt 12,000 Mk. (6600); Altona 12,000 Mt. 
Kassel 12,000 Mtk. (6000); Aachen 12,0006 
Mark (6000); Posen 10,500 Mark (7000) 
Dortmund 10,500 Mark (7000); Crefeld 10,500 
Mk. (7500); Kiel 10,000 M. (6000); Wies. 
baden 10,000 Mt. (7000); Augsburg 10,100 Mt 
8100); Dresden 10,500 Mk. (8400); Chemni 
10,5600 Mtk. (7500); Hannover 9000 M. (6000) 
Nürnberg 9600 Mk. (6500); Würzburg 8000 M.. 
Regensburg 8000 Mt. (5000); Stuttgart 10, 000 
Mark; Mannheim 10,000 M. (5000); Karlsruh 
8000 Mt. (4800); Mainz 12,000 Mk. (6000) 
Darmstadt 8000 MPtek.; Offenbach 6000 Mt. 
Dldenburg 7200 Mk. (5000); Schwerin 6600 M 
(6000); Weimar 6000 Mtk. (3500); Altenbur 
6000 Mk. (4000); Gotha 5100 Mark (3000). 
FMainz, 7. März. Der Mainzer Karne 
valverein hat nunmehr seinen Rechnungsabschlus 
von der letzten Session fertiggestellt. Die diesjäh 
rigen Einnahmen haben zusammen 55,775 Mar 
(gegen 62,000 Mark im Vorjahr) betragen um 
die Ausgaben haben sich auf 54,100 Mark b⸗ 
laufen. — 
Hanau, 5. März. Kurze Zeit nach den 
Hanauer Eisenbahnunglücke brachte die „Garten 
laube“ ein Gedicht über den Schaffner Claus 
welcher unter Aufopferung seines eigenen Lebens 
den Versuch gemacht habe, durch Aufreißen der 
Coupéthüren den Passagieren die Möglichkeit de 
Rettung zu geben. Das Lied vom braven Mannt 
erregte die Theilnahme aller Leser dieses weitder: 
hreiteten Blattes und die Gaben flossen reichld 
für die hinterbliebene Familie. Bald erhoben sich 
Zweifel an der Richtigkeit der von der „Garten— 
laube“ besungenen That, und wurde bezüglich der⸗ 
selben eine genaue Untersuchung augeordnet. Heutt 
sst nun, wie wir als Nachtrag zu den Gerichtsver— 
jandlungen mittheilen wollen, ganz autyhentisch fest⸗ 
Jestellt, daß die dem Schaffner Claus angedichten 
That eine schöne Fabel ist. Er fand bei dem 
Unfalle mit vielen Andern den Tod, und haber 
Augenzeugen bestätigt, daß er keine Zeit mehr ge 
hjabt habe, irgend etwas unternehmen zu können 
Zeine letzten Worte waren: „Ach Gott! Mein 
Frau und meine Kinder!“ Damit verschwand e 
unter den Trümmern des Zuges. 
F Der in Hanau verurtheilte Telegraphi 
Butberlet soll beabsichtigen, ein Gnadengesuch a 
den Kaiser zu richten. 
F Der Gothaer Verbrennungsofen hat jes 
hereits ziemlich regelmäßig zu thun. Auffallendi 
zdie Zahl der durch Feuer bestatteten weiblichen 
deichen. Am 9. Januar wurde Frau Louis 
Sandom aus Barenfeld verbrannt, am 12. Janua 
Fräulein Olga Becker aus Berlin, am 17. Janua' 
Frau Henriette Eckstein aus Gotha, am 21. Janua 
Frau Justizamtmann Thomas aus Gotha, am R 
Januar Kaufmann Pachge aus Coburg, der! 
Berlin auf einer Besuchsreise gestorben war, au 
5. Februar Frau Dr. Hermes aus Berlin. De 
Zerliner Verein für Leichenverbrennung hat einen 
eigenen technischen Kommissar, welcher die Leichen 
nach Gotha überführt. Eines seiner eifrigsten 
Mitglieder ist ein Herr St., der seinen eigenen 
Todtenschein besitzt. Er wäre vor einer Reihe don 
Jahren um ein Haar lebendig begraben worden 
ebt aber heute noch bei bester Gesundheit und is 
zatürlich ein höchst wirksamer Agitator für dit 
Todtenverbrennung. 
Aßmannshausen, 7. März. In der 
geern stattgehabten Gemeinderathssitzung wurd 
der Vertrag mit den Herrn Egells und Sodereh