Full text: St. Ingberter Anzeiger

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lbin, 18. März. (Das Kobolzschießen 
uf — — Eine recht nette und fidele 
zneipe scheint das Lokal der Wittwe Bertha Con⸗ 
ad in der Reichenbergerstraße zu sein. Es gibt 
a allerhand Kurzweil; von zarten Handen werden 
e Gelranke im vorderen Lokal gereicht, und in 
er hinteren Berlinerstube siegt der „Polizeisack“. 
denn nun ein Gast nach der Berlinerstube, wo 
Zeinzwang exislirte, ging, so gab es da noch einen 
aupispaß mit dem „Polizeisack“. Gaste und 
nerinnen schossen Kobolz in buntem Gemisch 
urcheinander auf einem mächtigen Strohsack; spät 
ibends, wenn die Polizeistunde für das Conrad'sche 
deschaft herannahte, wurde dieser Strohsack vor 
as Fenster gestellt, um jedem Späherauge den 
zinbuck in die Weinstube zu wehren. Daher der 
same „Polizeisackꝛ. War Frau Conrad, eine 
emlich beliebte Dame von einigen vierzig Lenzen, 
umal besonders gut aufgelegt, so riskirte sie auf 
sre alten Tage auch noch einen Schuß. d. h. sie 
hoß mit Kobolz, bis ihr die Puste ausging. Das 
äre nun eigentlich so schlimm nicht gewesen und 
ind gewiß unter den Damen und Herren des 
sonrad'schen Hauses vielen Beifall. Frau Conrad 
»urde aber eines Tages denuncirt, daß bei ihr 
och viel gröberer Unfug getrieben wurde, z. B. 
aß sie aus Wasser und verschiedenen Schnäpsen 
ine Flasche Bordeauxwein zu 4 Mk. 530 Pfg. zu 
ereiten verstehe und aus einer Flasche Erxportbier 
leiche vier fabrizire. Heute hatte sich nun Frau 
sonrad wegen allerhand solcher Scherze vor der 
weiten Strafkammer hiesigen Landgericht J zu 
erantworten, wurde aber freigesprochen, da der 
zerichtshof der Denunciantin und Hauptbelastungs- 
eugin keinen Glauben beimessen konnte. 
Von der Missioneines Negerkönigs 
om oberen Congo in die Schweiz gibt die „N. Z. 3.“ 
ine drastische Darstellung, welche mit Geschick zu 
em Zwecke erfunden ist, die Nachricht der „St. 
galler Z.“ zu persifliren, die behauptet hatte, daß 
ch in Zürich eine Handelsgesellschaft gebildet habe, 
im im Congogebiet den schweizerischen Fabricaten 
ingang zu verschaffen. Die „N. Z. 3.“ erzählt: 
Der Negerkönig Jowägerjo von Weißöpperwo am 
deren Congo hat seinen Sohn Rummöchtiau nach 
zürich gesendet, um hiesige Banken und Industriellen 
ir die Gründung eines Unternehmens zu interessiren, 
as die Einführung schweizerischer Exportartikel am 
beren Congo bezweckt. Der König ist durch seinen 
linister Kalahani zu dieser seltsamen Mission ver—⸗ 
nlaßt worden. Genannter Kalahani soll nämlich 
n Aargauer aus dem Seethal sein, der ursprüng— 
ch wahrscheinlich Karl Hauri geheißen hat, aber 
eines Christenglaubens längst verlustig gegangen 
1. Dieser Hauri war Soldat in der franzöͤsischen 
rremdenlegion, desertirte aber, da er sich so sehr 
n die Hitze gewöhnt hatte, daß er den algerischen 
dinter nicht mehr ertragen vermochte. Er kam 
uf seinen abentheuerlichen Fahrten nach Zanzibar, 
rat dort als Unteroffizier in den Dienst des Sultans 
nd nahm bei einer Erpedition, die dieser behufs 
arometrischer Höhemessungen nach dem Kiliman— 
haro gesandt hatte, abermals Reißaus. Nach 
angen Irrfahrten gelongte er an den oberen Congo 
ind scheint nun dort das Klima genügend warm 
u finden. Offenbar hat Rummöchtiau wenig Aus- 
icht, seinen Zweck zu erreigen, da dieser Negerprinz 
ich nur für Alpenkräuter-Magenbitter und Grauson- 
igarren interessirt, für die großen schweizerischen 
krportartikel aber gar kein Verständniß besitzt. 
luch muß man am oberen Congo von schweizerischen 
Actionären eigenthümliche Begriffe haben. Rum— 
nöchtigau führt nämlich vier große Ledersäcke mit 
ich, in denen er gleich die Hälfte des Alnienkapi- 
als in das Innere Afrikas transportiren möchte.“ 
f Brüssel. Der dickste Mann der Welt, 
bictor de Cierk, ist in seinem Geburtsorte kürgzlich 
m Alter von 35 Jahren gestorben. Derselbe wog 
uicht weniger als 300 Kilogramm. Seine Große 
var 1 Mir. 97 Cent., sein Umfang 2 Mir. Sein 
olossaler Appetit brachte oft seine Eltern zur Ver⸗ 
weiflung. Nur einmal hat de Clert seinen Ge— 
‚urtsort verlassen, als er sich nach Brüssel zur 
lushebung begeben mußle. Da es nicht möglich 
ar, ihn durch die Eisenbahncoupethür zu zwängen, 
zußte er auf einem gewöhnlichen Karren nach 
Zrüssel geschafft werden. Man hatte ihm schon 
flers große Summen angeboten, wenn er sich 
enin zeigen lassen wolle; er hat sich dessen je— 
V stets geweigert: ja, wenn er hoͤrte, daß Fremde 
* em Dorfe waren, ihn zu sehen,so schloß er 
in den Keller ein, und machte so die Nügierde. 
nanches Touristen zu schanden. Der Verstorbene 
ühlte sich seit 2 Tagen unwohl; ein Schlaganfall 
sat seinem Leben ein Ende gemacht. 
— Wie die „Kreuz⸗Z.“ schreibt, stehen die deut⸗ 
chen Missionsbestrebungen hinter denen von Eng⸗ 
and und Amerika zurück. Während Großbritannien 
twa 1650 Missionare in's Feld stellt und Nord⸗ 
Umerika etwa 750, beträgt die Gesammtzahl aller 
Deutschen nur etwa 530, und während Groß⸗ 
ritannien für seine auswärtigen Missionen jährlich 
twa 20 Mill. Mark opfert und Nord⸗Ameriko 
twa die Hälfte, bringt ganz Deutschland und die 
Schweiz nicht viel über 21/0 Millionen auf. 
F (Eine Kougo⸗Insel ist zu ver— 
raufen.) Dieselbe heißt „Bulambemba“ und 
iegt in der Mündung des Kongoflusses unweit 
»on Banana. Die Größe der Jusel beträgt etwa 
50 Morgen. Die jetzigen Besitzer fordern dafür 
iinen Preis von nicht weniger als 3000 Pfund 
Sterling — ein Zeichen, daß die Zeiten vorüber 
ind, da man in jenen Gegenden für eine Schnur 
Hlasperlen, ein Faß Pulver und einige alte Flinten 
in ganzes Königreich erwerben konnte. — Mit 
iner gewissen Entschiedenheit tritt der „Krz. Ztg.“ 
ufolge „seit einigen Monaten“ das Gerücht auf, 
derr Stanley habe die Absicht, sich zu verehelichen. 
— Als Stanley Afrika durchquerte, besann er sich 
zsur Anusführung des Riesenunternehmens nicht 
Veonate; man sieht, wie selbst diesem kühnen Manne 
»as Heirathen schwerer vorkommt, als die Erforschung 
Afrikas. 
Der Kinderhandel in San Franzisko. 
Nicht weniger als 13 weiße Kinder hat man vor 
urzer Zeit in San Franzisko im Besitze von Chi—⸗ 
iesen gefunden und denselben abgenommen. Keines 
»er Kinder war über 18 Monate alt und alle 
varen nach chinesischer Sitte gekleidet. Nur von 
inem kleinen Mädchen wurde ein Wort Englisch 
jehört, als es nach seiner Mutter schrie. Einem 
indern kleinen Mädchen waren die Füße einge⸗ 
hnürt, als Vorbereitung zur Verkcüppelung der 
füße, welche in China Modesache ist. Von den 
hinesen, die diese Kinder von 50 bis 100 Dol⸗ 
airs das Stück-kaufen, hat keiner bis jetzt den Ver— 
uch gemacht, sich wieder in den Besitz seiner jungen 
Sklaven zu setzen. Der „Demokrat“ von Kalifor— 
nien schreibt: „Seitdem die Polizei im Chinesen⸗ 
iertel Haussuchung nach weißen Kindern vornimmt, 
ind die Chinesen vorsichtig geworden und schaffen 
hre jungen Sklaven aus der Stadt, oder bringen 
ie sonst wo in Sicherheit. Der Polizeichef hat 
»eshalb die Hafenpolizisten instruirt, ein wachsames 
luge auf alle von hier abgehenden Fahrzeuge zu 
saben und keinem Chinesen zu gestatten, daß er 
nit einem weißen Kinde die Stadt verläßt. 
(Amerikanische Bierpantscherei.) 
Hon einer Firma in Philadelphia werden an Brauer 
Zroben eines Bier-Aromas versendet. Die Flasche, 
eren Inhalt in einem gelben, körnigen Gemenge, 
50 g betragend, besteht, trägt folgende Gebrauchs- 
inweisung: „Eine Flasche ist für 25 Faß Bier 
»erechnet und wird der Hefe beigegeben, mit der 
s gut vermischt werden muß. Das Aroma gibt 
»em Bier den lieblichen, angenehmen Geschmack, 
velcher den renommierten deutschen Bieren eigen 
st. Es kräftigt die Hefe und gibt Ersatz für das 
urchs längere Kochen verlorene aromatische Oel 
»es Hopfens. Es enthält nur der Gesundheit zu⸗ 
rägliche Stoffe.“ Der „Amerik. Bierbrauer be— 
nerkt dazu: Bei der Prüfung fanden wir dasselbe 
estehend aus zerkleinerter Veilchenwurzel, krystalli— 
iertem Zucker und zerkleinerten brasilianischen 
Zohnen (Fabae Pichurim). Durch das lezztere 
rhält die Mischung einen muskatähnlichen Geruch. 
zeute, die glauben, daß Veilchenwurzel und FPabae 
ꝰichurim das Aroma des Hopfens ersetzen können, 
obird es wohl ebenso wenige geben, als solche, denen 
z einleuchtend ist, daß wenige Gramm Zucker auf 
00 oder mehr Pfunde Hefe kräftig einwirken 
önnen. Der Preis dieser neuesten Errungenschaft 
juf zymotechnischen Gebiete ist 500 90 höher als 
der wirkliche Anschaffungswerth.“ 
f Eine hübsche Anekdote, welche zu⸗ 
Nleich sehr charakteristisch für den Mann ist, den sie 
etrifft, erzählt ein amerikanisches Blatt von dem 
jeuen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Herrn 
leveland: Ais Zögling einer boardingschool hatte 
r sich eine jener kleinen Schulknaben⸗Unarten zu 
Zchulden kommen lassen, die dort wie hierzulande 
nit Linialschlägen in die flache Hand gestraft 
vurden. Ohne Ahnung des herannahenden Donner⸗ 
vetters hatte er nur bis zum Beginn der Schul« 
tunde „Mutmeln“ gespielt und sich die Hände 
ürchterlich schmutzig gemacht. So eilte er auf 
einen Platz, von dem ihn indessen bald des Lehrers 
„timme zu sich auf's Pult beschied, der ihm seine 
Zzünden vorhielt und das Linial auf und nieder 
anzen ließ. Während der Sttafpredigt warf unser 
Freund einen schnellen Blick auf seine Hände, spuckte 
rasch in die Rechte und wischte sich das Aergste 
derstohleu an der Kehrseite seines äußeren Menscheun 
ab, ehe er die Hand zur Züchtigung hinreichte — 
die Linke harg er auf dem Rücken. Der Lehrer 
yrsah sich die unsaubere Hand und sagte daun mit 
eichtem Spott: „Höre, Junge, wenn Du im Stande 
zist, in der ganzen Klasse eine audere Hand auf⸗ 
zufinden, die noch schmutziger ist, als diese, so sei 
Dir für heute jede Strafe erlassen.“ Ohne ein 
Wort zu sagen, nur mit jenem halb gutmüthigen, 
jalb schlauen Lächeln, das ihm heute noch eigen ist, 
og jetzt der junge Cleveland rasch die verborgene 
rinke hervor und zeigte sie dem Lehrer. Dieser 
onnte nur mit Mühe sein Lachen verbeißen, 
während die ganze Klasse in lautes Jauchzen aus— 
hrach. — „Gut“, sagte der Lehrer dann, „Du 
annst Dich auf Deinen Platz begeben.“ Und 
riumphirend kehrte der künftige Präsident auf 
einen Platz zurück. 
Gemeinnüutziges. 
Um Glascylinder für Lampen dauerhaft zu 
machen, empfiehlt die „Fogr.“ folgende Methode: 
Man packt denselben, mit Stroh umwickelt, in einen 
Topf, gießt kaltes Wasser darauf, setzt den Topf 
ans Feuer, so daß er sich langsam erwärmt und 
endlich zum Kochen kommt. Dann läßt man das 
Feuer ausgehen und den Topf ebenso langsam er— 
alten. Auf diese Weise behandelte Lampencylinder 
rlangen soviel Festigkeit, daß sie den Wechsel von 
kälte und Hitze aushalten können, ohne zu zer⸗ 
pringen. Zuweilen aber hat das Springen seinen 
ßrund in der ungleichen Dicke des Glases. Diesem 
silft man dadurch ab, daß man unten mit einem 
ßlaserdiamant einen kleinen Einschnitt macht. Die 
chlechte Beschaffenheit des Cylinderglases ist übri— 
sens eine Thatsache, die mauchen Glasfabriken zut 
dast fällt, welche in schwindelhafter Weise solche 
lende Waare geflissentlich liefern, um recht viel 
Ubsatz zu haben. 
Tintenflecken kann man aus Teppichen von 
Wollenstoffen entfernen, ohne daß eine Spur davon 
urückbleibt, besonders wenn die Tinte noch feucht 
st, wenn man zuerst alle Tinte, die noch nicht in 
den Stoff eingedrungen ist, mit einem Fließpapier 
»der Baumwollwatte vorsichtig aufsaugt, dann ein 
venig süße Milch auf den Tintenflecken tröpfeln 
äßt und dann mit einem frischen Stück Watte auf⸗ 
augt. Dies muß man 22ÿ3 Mal, jedesmal mit 
rischer Milch und frischer Watte, wiederholen und 
der Fiecken wird verschwinden. Schließlich muß 
nan den Flecken noch mit einem reinen Seifensuo 
zuswaschen und mit einem reinen Tuche trocken 
keiben. 
Ist der Tintenflecken aber schon älter und ein; 
getrocknet, dann muß man die Miich auf ihm länger 
tehen lassen und das Verfahren mehrere Male ge— 
zuldig wiederholen, und der Flecken wird endlich 
erschwunden sein. 
Dienstesnachrichten. 
Die Forstmeister Hanus in Speier, Nither 
hei der Regierung in Speier, Zapf in Zwei— 
)zrücken, Fromm, bei der Regierung in Speier, 
Byßling in Elmstein, Becker in Kaisers- 
autern und Hellwig in Pirmasens wurden zu 
Forsträthen bei der kal. Regierung der Pfalz be— 
ördert. 
Die Forstamtsassistenten Martin in Spe ier 
und Aull in Neustadt a. H. wurden auf An— 
suchen an das Regierunasforsthurean in Speier 
zersetzt. 
Fur die Redaktion verapiwortlich: F. X Demeß. 
Eine kleine Ausgabe, 
iber ein großer Gewinn ist alleu Denjenigen sicher, welche 
»urch Anwendung der Apotheker R. Brand's Schweizer- 
illen (erhältlich à Schachtel M. 1 in den Apotheken) ihren 
dörper reinigen und hierdurch neu beleben, stärken un'. 
räftigen. Man achte genau darauf, daß jede Schachtel al 
Ftiquett ein weißes Kreuz in rothem Grund und den Na— 
nenszug R. Brandi's tra— 
Fidelitas, Organ für gesellige Vereine un 
Privatkreise. Hamburg, Berlag von G. Krame 
xin recht wichtiges Hülfsmittel, die Unterhaltungs-Aben 
eselliger Vereine interessant zu gestalten, ist diese im dritt 
tahrgang erscheinende Zeitschrift. Die uns vorliesen;.