Full text: St. Ingberter Anzeiger

schlossenen, wurde heute hier von einem Repräsen« 
tanten der Assoziation und von dem spanischen Ge— 
sandten unterzeichnet. 
Zokale und pfälzische Nachrichten. 
J Die Pfälzische Handels- und Ge— 
werbekammer richtet zu Gunsten der von der 
Reichsregierung vertretenen Kolonialpolitik und des 
Dampfer: Unterstützungs: Gesetzentwurfs an den deut⸗ 
schen Reichstag eine Eingabe, die behufs Unter⸗ 
leichnung in verschiedenen Städten der Pfalz in 
Umlauf gesetzt ist und ohne Zweifel zablreiche Un— 
terschriften finden wird. 
Auf die aus dem Wahlkreise Zweibrücken— 
Pirmasens am 2. Weihnachtstage telegraphisch 
an den Reichskanzler ergangene Vertrauenskund⸗ 
zebung ist am Freitag ein Daukschreiben des 
Fürsten Bismarck mit der eigenhändigen Unterschrift 
desselben an Herrn J. B. Wolff in Zweibrücken 
gelangt. 
Zwischen Zweibrücken und Böck— 
weiler wurde am Sylvesterabend, wie man der 
„Pf. P.“ meldet, ein Wolf gesehen. Die Bauern 
sollen hiedurch gar nicht erschreckt, sondern es soll 
ihnen erwünscht sein, daß Wölfe unter dem über— 
großen Wildstande der Gegend etwas aufräumten. 
Namentlich das Ueberhandnehmen der Rehe wird 
in manchen Gemarkungen lästig empfunden und 
über beträchtlichen Schaden an der jungen Saaf 
Klage geführt. 
— Marienthal, 7. Januar. Als Kurio— 
sum und interessant für die betr. Geschäftsleute 
theile ich Ihnen mit, daß vor einigen Tagen da— 
hier die Arbeiten für Herstellung eines Gemeinde⸗ 
brunnens vergeben wurden, wobei so abgeboten 
wurde, daß jeder Meter Tiefe für nur acht Marl 
gegraben und mit vorschriftsmäßigen Steinen aus— 
gemauert wird. Für Schuttabfahren, Einfassen des 
Brunnens, Aufführung einer hohen Stützmauer 
wird keine besondere Entschädigung gewährt. — 
Es standen sich nämlich bei der Versteigerung zwei 
Parteien einander gegenüber, welche sich bei der 
Gemeinderathswahl gebildet hatten, und diesen ist 
es zu verdanken, daß die Gemeinde einen so billigen 
Brunnen erhält. 
— Dem Arbeiter-Bildungsverein 
in Dürkheim wurden durch Hrn. Regierungs- 
präsidenten v. Braun am Neujahrstage 100 Mk. 
zur „Unterstützung seiner löblichen Bestrebungen“ 
qus den Mitteln der Stiftung Sr. Mojestät des 
Königs Ludwig II. zur Förderung der pfäalzischen 
Gewerbethätigkeit bewilligt. 
— Deidesheim. Die Kollekte zum Neu— 
bau der Kirche in Waldaschaff bei Aschaffen— 
burg betrug in der Pfalz etwas über 1700 Mark. 
Nun hat Herr Pfarrer Kunkel, nachdem er früher 
schon 300 Mark zu jenem Zwecke gegeben hatte, 
neuerdings die Summe von 4700 Mark., also im 
Ganzen 5000 Mark gespendet; Pfr. Kunkel ist 
nämlich aus Waldaschaff gebürtig. Auch hat der⸗ 
selbe vor zwei Jahren zur Verschönerung seiner 
eigenen Pfarrkirche 2700 Mark gegeben. Gewiß 
großartige Graben! 
— Einem Mühlburschen auf der Frohnmühle 
bei Haßloch wurde der Koffer mit Inhalt an 
Kleidungsstücknnb und 2000 Mk. baar und in 
Werthpapieren gestohlen. 
— In Schifferstadt ist der 7sjährige 
Wittwer Georg Bertram zum dritten Male in den 
Hafen der Ehe eingelaufen. Seine Braut zählt 
58 Lenze. 
Vermischtes. 
F Aus den Reichslanden. Daß die 
Jagdpächter die Wölfe aufsuchen, ift allbekannt. 
Weniger bekannt mag es sein, daß die Woͤlfe den 
Gegenbesuch nicht immer vergessen. So traf, wie 
die „Lothringer Zeitung“ erzählt, vor einigen Tagen 
ein Wolf in der Jagdpächterwohnung zu Dritt⸗ 
lingen ein, um entweder diesem einen Neujahrsgruß 
zu bieten oder sich an dem Geruche des im Haust 
vorhandenen frischen Schweinefleisches zu laben. 
Zufällig war der Jagdpächter nicht zu Hause und 
da die Frau desselben keine Abendbesuche in Ab—⸗ 
wesenheit ihres Mannes anzunehmen gewohnt ist, 
auch den vierbeinigen Besuch für einen gewöhnlichen 
Hund ansah, der bei der Dunkelheit Küchenrevue 
halten wollte, so zeigte sie dem Eindringling unter 
einigen wohlgezielten Fußstößen, wo der Maurer 
das Loch zum Ausgehen gelassen hatte, wunderte 
ich jedoch nicht wenig, als sie mit Zuhilfenahme 
eines Lichtes erkannte, daß sie Meister Isegrimm 
selbst hinausgestoßen hatte. 
F In Mestz hatte ein Bürger das Unglück 
daß ihm während des Mittagsmahles ein Knochen 
im Halse stecken blieb. Noch ehe der zur Hilf 
zerufene Arzt erschien, war der Arme bereits erstickt 
F Aus Baden, 6. Januar. Eine Liebes— 
geschichte mit tragischem Ausgang spielte sich dieser 
Tage in Schillingstadt, Amt Boxberg, ab. Der 
24jährige Friedrich Ries von dort unterhielt ein 
Liebesverhältniß mit der noch sehr jugendlichen 
Anna Geidel aus Schriesheim, das indeß von den 
Eltern des ersteren mißbilligt wurde. Als nun am 
Zamstag die Geidel ihren Geliebten in dessen Hei— 
math besuchen wollte, wurde ihr in schroffster Weise 
die Thür gewiesen. Ries entfernte sich mit der 
GBeidel, um dieselbe zu begleiten und die Beiden 
— 
nehmen; das Mädchen wollte sich sofort in dem 
Fischweiher ertränken und ihr Geliebter versprach 
ihr, am anderen Morgen in den Tod zu folgen 
Nach innigem Abschied entfernte sich Ries und die 
Geidel stürzte sich dann auch sofort in's Wasser 
edoch schien ihr das kalte Bad nicht behagen, es 
gelang ihr, das Ufer wieder zu gewinnen. Sie 
begab sich hierauf nach Angelthüren, wo sie sich 
erholte und ihre Selbstmordgedanken aufgab; Ries 
uchte am Sonntag Morgen den Tod in gleicher 
Weise, um mit seiner Geliebten vereinigt zu sein 
Um gleichen Tage noch wurde seine Leiche geländet. 
Die Ziehung der letzten Giesing er— 
Lotterie ist am 831. Dezember in vorschriftlicher 
Weise ordnungsmäßig bethätiget worden. Die 
rächste Ziehung ist nunmehr jene der Tölzer Ve— 
teranen⸗Lotterie mit Loosen zu 50 Pf., deren Ge— 
neral-Agentur Herrn Alb. Roesl in München über— 
ragen wurde. 
F München. In der Rangirabtheilung des 
Zentralbahnhofs wurde am 5. ds. Morgens 7 Uhr 
der 38 J. a. verheirathete Briefträger Georg Falt— 
schinger beim verbotswidrigen Ueberschreiten des 
Beleises überfahren und getödtet; er hinterläßt eine 
Wittwe und 5 Kinder. 
Dieser Tage wurde in München ein kleines 
—X 
Vergeblich waren alle Bemühungen, aus dem Kinde 
die Namen seiner Eltern oder eine Adresse heraus— 
zubekommen. Endlich kam einer der Beamten auf 
die Idee, das Kind zu fragen: „Wo holst du denn 
ür deinen Vater das Bier?“ Sofort nannte das⸗ 
elbe eine Wirthschaft in der Dachauerstraße und 
horthin gebracht, wurde es auch erkannt und konnte 
einen Eltern zugeführt werden. 
F Der Hirth'sche Parlaments-Almanach enthält 
kurz den Lebenslauf des sozialdemokratischen Reichs 
agsabgeordneten v. Vollmar, in welchem es 
nit Bezug auf dessen militärische Laufbahn heißt: 
„Schied 1867 aus dem Dienst und ging nach 
Rom ꝛc.“ Zur Korrektur dieser Angabe veröffent— 
iicht die „Allg. Ztg.“ einen in dem Verordnungs⸗ 
alatt des kgl. bayer. Kriegsministeriums vom 29 
Januar 1868 Nr. 2 Seite 7 publizirten Erlaß, 
welcher lautet: „Se. Maj. der König haben Aller⸗ 
znädigst geruht, am 3. Dez. v. J. den bereits in 
den Listen abgeschriebenen Unterlieutenant Georg 
Ritter v. Vollmar auf Veltheim vom 3. Infanterie⸗ 
Regiment „Prinz Karl von Bayern“ in Folge Er— 
kenntnisses des Generalaudidoriats als Revisions— 
zericht der Armee zur Strafe zu entlassen.“ 
F Mainz, 3. Januar. Vor einigen Monaten 
vurde über einen eigenthümlichen Klagefall berichtet, 
iach welchem ein hier wohnender junger Mann aus 
dallgarten gegen seine ehemalige Braut einen Ent⸗ 
chädigungsprozeß in einer Höhe von circa 12,000 
Mark angestrengt hat, weil die Frau kurz vor er 
Verheirathung dem Bräutigam einen Absagebrief 
jeschrieben hatte. In der heutigen Sitzung der 
Civilkammer des Landgerichts wurde in dieser An⸗ 
zelegenheit das Urtheil gesprochen und die Braut 
zuc Zahlung einer Summe von 7000 Mark an 
den ehemaligen Bräutigam und zu 5 der sehr 
dedeutenden Kosten verurtheilt; der Bräutigam ist 
mit Vs der Kosten belegt worden. 
F Aus Anhalt. Im 109. Lebensjahre 
harb am Sylvesterabend in Elsnigk bei Zerbst der 
Butsbesitzer Sennewald. Von seinen Nachkommen 
leben 5 Kinder, 27 Enkel und 45 Urenkel. Ein 
noch lebender Schwiegersohn ist 82 und der älteste 
einer Urenkel 24 Jahre alt. Bis kurz vor seinem 
Tode erfreute sich der alte Mann noch einer ziem— 
lich guten körperlichen Rüstigkeit. Er erzählte gern 
aus alter Zeit und gedachte mit Vorliebe des 
Konigs Friedrich Wilhelm II., den er einige Male 
begrüßt habe. 
F Das Reichsgericht, bezw. der dritte Strafsenat 
desselben, hat durch Urtheil vom 22. Nov. v. Is. 
eine sehr wichtige Frage entschieden: Ist man der 
Polizei gegenüber verpflichtet, Zeugniß abzulegen? 
Eine Landgerichts⸗Strafkammer war der Meinung 
gewesen, daß man verpflichtet sei, den recherchiren⸗ 
den Polizeibeamten Auskunft zu geben. Das 
Reichsgericht hat aber diese Ansicht zurückgewiesen 
und entschieden, daß eine solche Pflicht nur dem 
richterlichen Beamten, der Polizei gegenüber aber 
micht bestehe. 
F(Schwindel.) In Dresdener Blättern 
st seit einigen Tagen folgende Annonce zu lesen: 
„Unfehlbares Mittel für Jedermann, sein Leben zu 
derlängern, theilt gegen Vorhereinsendung von einer 
Mark sofot mit: Höre in Dresden, Louisenstraße 
Nr. 90 parterre links.“ Das „Mittel“ lautet 
folgendermaßen: „Stehen Sie jeden Morgen zwei 
Stunden früher auf als sonst, denn da der Schlaf 
der Halbbruder des Todes ist, lebt der Mensch nur 
im Wachen. Zwei Stunden pro Tag gelebt, gibt 
pro Jahr nach Adam Riese 830 Tage 10 Stunden. 
Wenn Sie nun 50 Jahre alt werden und mein 
Mittel 20 Jahre befolgen, haben Sie Ihr Leben 
um 1*56 verlängert, was Sie zufriedenstellen wird, 
— Dieser Schwindel ist übrigens keineswegs neu. 
F Von den vier Männern, denen das Unglück 
in dem Bergwerksschacht am Lemberg bei Ebern⸗ 
burg zustieß, ist ein zweiter gestorben. Derselbe 
ginterläßt eine Frau und vier unerwachsene Kinder. 
Am Tage nach dem Unglück kam in aller Frühe 
ein höherer Bergwerksbeamter nach der Unglücks— 
tätte und ließ vor dem Schachte ein Brett an— 
cchlagen mit den Worten: „Eingang verboten“. 
Die Thüre am Eingange des Schachtes ist vor ca. 
Iujs Jahren demolirt worden und heute noch nich! 
wieder hergestellt. Wie verlautet ist der Direktor 
cesp. der Besitzer des Bergwerks wegen des Un—⸗ 
zlücksfalls in Anklagezustand versetzt worden. 
F Für die Sperlinge in Dortmund fängt 
das neue Jahr nicht besonders gut an. Schon im 
Frühjahre wurden sie für vogelfrei erklärt und ein 
Preis von 1 Pfg. auf jeden Sperlingskopf gesetzt 
Jetzt zahlt der dortige landwirthschaftliche Kreis 
Verein für je 25 todte Sperlinge 50 Pfg., um 
eine Verminderung dieser Vögel herbeizuführen. 
F Falsche Fünfzigmarkscheine sind 
in Umlauf gesetzt worden, welche der „Bonn. Ztg.“ 
zufolge folgende mit dem bloßen Auge erkennbare 
Merkmale tragen. Auf der Vorderseite: der Reichs⸗ 
adler sowie „Fünfzig Mark“, Berlin u. s. w. ist, 
anssatt in dunkelbrauner, in schwarzer Farbe auf⸗ 
gzedruckt; die Figur, besonders der Kopf, ist ganz 
coh gezeichnet, die Strafbestimmung unleserlich. Auf 
der Rückseite: die Nummern erscheinen im Druchk 
etwas größer, als auf den ächten (die Falsifikate 
rugen B 0,297,5783, der rothe Stempel, besonders 
)er in der Mitte befindliche kaiserliche Adler, die 
Werthangabe „Fünfzig Mark“ bedeutend fetter ge— 
druckt, als auf den ächten Scheinen; zudem hat 
die verwendete rothe Farbe einen andern Schein. 
hinsichtlich der auf den ächten Scheinen eingepreßten 
Fasern, welche auf den Falsifikaten aus ganz 
'einem zerhackten Zwirn hergestellt sind, ist die Fäl 
schung geradezu augenscheinlich. Man wird sich 
deßhalb, da die Falsifikate bei nur einiger Aufmerk⸗ 
samkeit leicht als solche zu erkennen sind, unschwer 
vor einem Beiruge schützen können. 
F Berlin, 6. Januar. In der Pianoforte⸗ 
fabrik des Geh. Commissionsrathes Biese ist dieser 
Tage das 15, 000ste Pianino fertiggestellt worden. 
Es dürfte dabei die Thatsache interessiren, daß das 
zur Anfertigung dieses Instrumentes verarbeitete 
Holz einen besonderen historischen Werth besizzt, 
über welchen eine im Deckel angebrachte silberne 
Platte die eingravirte nachstehende Auskunft gibt: 
„Pfahlbautenholz von der Rheinbrücke Cäsars, er⸗ 
baut 55 vor Christi, gefunden 1880.“ Die äußere 
Ausstattung dieses historischen Klaviers zeigt u. A 
in Bildhauerarbeit die genannie Brücke. 
F Berlin, 7. Januar. (Ein Opfer der 
Galanterie.) Es war gestern Abend nach 10 Uhr, 
als ein den guten Kreisen angehöriger Herr die Pots⸗ 
damerstraße entlang nach der Brücke zu wanderte. 
Er mußte wohl dem Gott Bacchus oder Gambrinus 
ein wenig zu viel gehuldigt haben, sein Gang war 
nicht ganz sicher, seine Laune die rosigste der Welt. 
Besonders das schöne Geschlecht, das an ihm vor—⸗ 
iberwanderte, erregte seine innigste Bewunderung. 
Dieser seiner Bewunderung suchte nun besagter 
* 
it 
J 
1. 
we 
un