vollsftem Maße in Anspruch nehmen wird. Dem
ungeheuren Fremdenzustrom gegenüber sind die
hiefigen Gaftwirthe in größter Verlegenheit. Von
zen auf eigene Hand reisenden Neugierigen ganz
abgesehen, werden allein die Deputirten von den
berschiedenartigsten Körperschaften auf die Tausende
herechnet. Der Bundesrath ist noch fast vollzählig
hier versammelt, die leitenden Minister der deutschen
Staaten werden fast ausnahmslos hier erscheinen.
Auch viele Reichstagsabgeordnete werden wieder
intreffen, namentlich diejenigen, die dem Central⸗
lomite angehören. Der hiesige nationalliberale
Verein veranstaltet ein Festessen im „Kaiserhof“
an dem sehr viele der auswärtigen Gäste theil⸗
nehmen dürften. — Die Besetzung der Gouberneur⸗
ttelle in Kamerun wird in allernächster Zeit er⸗
vartet. Wie man hört, hat fich das Augenmerk
uuf einen im Konsulatsdienst stehenden und mit
jerschiedenen überseeischen Landern vertrauten
üngeren Beamten gerichtet.
* 2*
Aus den Reichslanden. Sehr be—
nerkenswerth ist eine Rede, welche von einem
Elsässer zu Kaisers Geburtstag bei dem Feste
der deutschen Reichsangehörigen in Wien gehalten
wurde. Graf Dürckheim-Montmarktin
nämlich, früher begeisterter Bonapartist, welcher
etzt auf Schloß Fröschweiler, fern vom politischen
deben, wohnt und der zum Besuche bei seinem
Sohne, österreichischem Kavallerie Offizier, in Wien
inwesend war, ließ sich in deutsch-patriotischer
Weise also vernehmen: ah
„Deutsche Brüder! Vorhin hat Ihnen ein
Deuischer, der Amerikaner geworden, seinen Gruß
jebracht. Jetzt grüßt Sie ein alter Franzose, der
Hott sei Dank ein Deutscher geworden! Glauben
Sie nicht, daß ich das Schoͤne. Edle und Große,
wvas ich von Frankreich gelernt, vergessen habe!
Da sei Gott vor — Undank kommt nie in eine
deutsche Seele —, aber urgermanisches Blut fließt
n elsässischen Adern und Hermann's Drachenblut
fühle ich auch in den meinen rinnen, dessen Ahnen
das Reichspanier getragen und die letzte Scholle
zeutschen Grundes im Elsaß mit ihrem Herzblut
vertheidigt haben. In einem Augenblich der
Schwäche haben wir das Elsaß verloren, aber das
alte Kleinod des Deutschen Reiches, das schönste
Juwel in der deutschen Krone ist wiedergewonnen!
Das hat unser Kaiser Wilhelm mit starkem Arm,
mit festem Willen wiedergenommen, wie es schmach⸗
voll von Ludwig XIV. geraubt worden ist! Und
nit gutem Gewissen sage ich Ihnen — und ich
zabe es vor meinem ganzen elsässischen Volke
jesagt: Es ist dem elsässischen Volke zum Heil und
sum Wohl. daß es wieder ein rechtes Volk ge⸗
vorden, von dem es immer heißen sollte, es sei
nicht Fisch und nicht Fleisch, sondern das alle Zeit
als ein ganzes Volk gelten möge! Mein Elsaß ist
klein, darum muß es sich einem großen Ganzen
anschließen — dem großen, einigen Deutschen
Reiche! Das müssen die Elsasser hören und müssens
degreifen. (Lebhafte Rufe: Sie werdens auch!)
Ddas allein kann meinem engeren Vaterlande seine
gerechte Stelle im deuischen Völkerbunde erhalten
und begründen, das allein kann den Benjamin
zeutschen Stammes zu einem rechten Gliede der
deutschen Familie machen! Aber ich fürchte, daß
neine Stimme verhallen wird, wie die Stimme des
Predigers in der Wüste: (Rufe: Nein! Nein)
doffen wir, daß ihre Zwischenrufe zur Wahrheit
werden!“
Ein Berichterstatter der „Str. P.“ fügt hinzu:
„Mit tiefer Ergriffenheit hatte der Redner ge⸗
prochen und die hellen Thränen liefen über seine
Wangen, während die zitternde Stimme die Wieder⸗
zewinnung des geraubten Reichslandes feierte.
kine seltsame Rührung hatte sich in die Herzen
aller Anwesenden geschlichen und als Graf Dürck⸗
Jeim geendet, da brach die Begeistering los und
nit deutscher Wärme und deutscher Kraft erbrauste
nus den hunderten Kehlen der Chor: „Deutsch⸗
land, Deuischland über Alles. Alles in der Welt!“
Aussßland.
Wien, 29. März. In Kreisen, welche der
ziesigen türkischen Botschaft nahe stehen, verlautet,
die Pforte gedenke, weder mit England noch mit
Rußland eine Allianz einzugehen, sondern im Falle
eines Konfliktes dieser beiden Mächte eine absolute
Neutralität zu beobachten. Verhandlungen über
eine Allianz hätte bisher nicht stattgefunden, da—
gegen wird angedeutet, England versuche die Zu—
immung des Sultans zur Durchfahrt englischer
riegsschiffe durch die Dardanellen nach dem
S„chwarzen Meer gegen Zugeständnisse bezüglich
Egyptens zu erlangen. Welcher Art die letzteren
vären, wird nicht gesagt. Uebrigens wollen die
hiesigen diplomatischen Kreise noch immer nicht an
zinen anglo⸗russischin Krieg glauben. —
Petersburg, 29. März: Das „Journal
»e St. Poͤtersbourg“ schreibt: „Es würde zu viel
zesagt sein, wollte man behaupten, daß die Ant⸗
vort Granvilles ein neues Licht auf die gegen—
värtige Lage geworfen hätte. Die einzige festzu⸗
jaltende Thatsache ist, daß die kaiserliche Regierung
nicht säumen werde, ihre Antwort abzufertigen und
daß noch Nichts gestattet, einen ungünstigen Aus—
gang der Verhandlungen vermuthen zu lassen.
Vielleicht hat Hartington wegen der aus Petersburg
zu Ferwartenden Antwort beantragt, am Montag
nicht die Debatte über die Botschaft der Königin
betreffend die Einberufung der Reserven festzusetzen.
Es ist dies Alles, worauf unter den gegenwärtigen
Umständen hinzuweisen uns opportun erschienen ist.
WParis, 30. März. Ferry wird heute 1 Uhr
die Suez-Kanal⸗Konferenz persönlich eröffnen wenig⸗
tens ist bisher keine-Kontreordre erfolgt.
Paris, 30. März. Dem „Figaro“ zufolge
st am Samstag der Befehl ergangen, alle vierten
ZBataillone zu mobilisiren, die Freiwilligen von allen
segimentern einzuberufen, und 5000 infkribirte
züstenbewohner auszuheben.
Paris, 80. März. Die Morgenblätter
prechen sich meistens dafür aus, Energie und Kalt⸗
lütigkeit zu bewahren und des Parteihaders zu
)ergessen, um der bedrängten Tongking⸗Armee Hilfe
u senden. — Die verschiedenen Fraktionen der
dammer find vor der Plenarsitzung zu einer Be⸗
prechung einberufen. — General Negrier wurde
zum Dibvisions-General befördert.
VParis, 30. März. Die „Agence Havas“
neldet: In Folge der Beschlüsse des Ministerraths
st bereits von gestern Abend ab die Absendung
weiterer Truppenverstärkungen an General Brioͤre
'(m Gange. Der Kammer wird heute eine Kredit⸗
forderung von 200 Millionen zugehen.
Paris, 30. März. Der Siurz des Kabinets
ist wahrscheinlich. Ferry präsidirte um 1 Uhr der
rsten Sitzung der Suezkanal⸗Konferenz.
Paris, 30. März, A Uhr 20 M. Ju Folge eines
)en Vorschlägen Ferry's gegentheiligen Beschlusses der
Deputirtenkammer hat das Kabinet seine Demission
gegeben.
Paris, 30. März. General Brioere d'Isle
neldet von gestern Abend 10 Uhr: General Neg—
rier befindet sich in Dongson; man rechnet auf
eine baldige Genesung. Oberst Herbinger ist mit
einer Kolonne in Thamnoi; er konnte seine bis⸗
—RDD
purde auf dem Rückzuge vom Feinde nicht beun⸗
uhigt. Herbinger wird Thamnoi und Dongson
salten und dem Feinde den Vormarsch auf diesen
Jeiden Marschrouten sperren. Dongson ist mit
ꝛebensmitteln und Munition sehr reichlich versehen;
nuch die Vorräthe in Chu reichen für jedes Be—
»ürfniß aus. Vom Rothen Flusse her sind keine
neueren Nachrichten eingegangen.
Paris, 29. März. Eine Depesche des Ge⸗
tleral Brière aus Hanoi vom 28. d., Abends 11
ühr, meldet: General Negrier sei schwer verwundet
ind gezwungen, Langson zu räumen. Die Chinesen
sätten sich in drei starken Colonnen auf die fran⸗
vsischen Positionen vor Kilua geworfen, nachdem
Oberst Berbinger angesichts dieser bedeutenden nu⸗
merischen Uebermacht seine Munition verschossen
hatte, habe er General Brière benachrichtigi, daß
er gezwungen sei, sich auf Dongsong und Thannoi
urückzuziehen, der General habe alle seine Streit⸗
rafte concentrirt zu einer Aktion bei den Ausgängen
jon Chu und Kep. Der Feind erscheine in immer
zrößerer Anzahl auf dem Songkol doch sei zu
joffen, daß das ganze Delta gehalten werden könne.
Beneral Briere ersucht die Regierung, sobald wie
nöglich weitere Verstärkungen zu senden.
Rom, 80. März. Die Sozialdemokraten in
Mantua haben unter den Landarbeitern einen Auf⸗
tand hervorgerufen. Die Vorsteher der sozialdemo⸗
ratischen Vereine und hundert Rädelsführer wurden
erhaftet. Die Arbeiter haben Pflanzenreben abge⸗
chnitten. Fünf Dörfer wurden von Infanterie
ind Kavallerie besetzt und die Garnison von Man⸗
ua verstärkt.
London, 30. März. Die Admiralität miethete
ünf große Postdampfer. die in armirte Kreuzer
und Transportschiffe umgewandelt werden sollen
— „Daily News“ erfährt, die Regierung empfin⸗
aus Petersburg Mittheilungen, die größer—
doffnungenauf einefriedliche L8sun,
der afghanischen Streitfrage gewähren
als vor Kurzem möglich schien. Die russische An
vort auf Granville's Depesche sei unterweqs und
ihr Inhalt angeblich versöhnlich.—
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert;, 31. März. Aus dem
psälzischen Dienstbotenstifte erhielten
für das laufende Jahr die nachgenannten Dienst—
boten dahier Präbenden und Aufmunter.
ungspreise: einen zweiten Ehrenbrie
nebst einer Geldbelohuung vonl
Mark: Schmitt Barbara, 85 Jahre bei Herm
TZaufmann J. Grewenig; einen zweiten
FEhrenbrief ohne Geldbelohnung:
Mayer Anna, 19 Jahre bei Herrn Restauratem
B. Seiter, und Busch Christine, 15 Jahre be
derrn Kaufmann Philipp Gottmann; einen ersten
Ehrenbrief: Schmitt Susanna, 5 Jahre hei
Herrn Kaufmann J. Uhl jr. und Fuchs Katha⸗
rina, 5 Jahre in Diensten des Hospitals.
* St. Inabert, 31. März. Die in un—
serer Stadt vorgenmmene Sammlunng für die
bdinterbliebenen der zu Camphausen
perunglückten Bergleute ergab die ansehn⸗
liiche Summe von 202 1 Martk 28 Pf. Hier—
bei ist ein Beitrag der Herren Gebr. Krämer
bon 1000 Mark; 835 Mark 83 Pf. wurden hier
and 186 M. 25 Pf. zu Schnappbach gesammelt.
Fine Summe von circa 650 Mark, welche die An—⸗
gehörigen der hiesigen Knappschaft spendeten, ist in
)as oben angegebene Ergebniß der Sammlung nicht
ingerechnet.
*St. Ingbert, 81. März. Unser gestriger
Jahrmarkt zeigte die gewöhnliche Physiognomie der
siesigen Jahrmärkte: Weniq Kauflustige, matte⸗
Heschäft.
— Im Eisel'schen Saale zuSchnapp
»ach hatten sich am Samstag Abend eine größere
Anzahl Herren aus Schnappbach, Sulzbach, Alten⸗
vald und Friedrichsthal zu einer sehr gelungenen
Bismarckfeier versammelt. Toaste, Gesammt
höre und Musikstücke, vorgetragen von der Berg—
apelle Altenwald, wechselten im Laufe des Abend
nit einander ab und gaben der Feier einen rech
würdigen und patriotischen Charakter.
— Die neu errichtete katholische Pfarrei
Münchweiler (Dek. Pirmasens) umfaßt die
Bemeinden Münchweiler und Ruppertsweiler, die
von dem bisherigen Verbande mit der Pfarrei
Merzalben getrennt werden.
— Kaiserslautern, 28. März. Auch
das Personal der Pfaff'schen Nähmaschinen ⸗Fabrif
hat eine Sammlung für die Hinterbliebenen von
„Camphausen“ veranstaltet. Mit welcher Bereit—
willigkeit und mit welch' anerkennenswerther Theil⸗
nahme an dem Unglück des Nächsten hier Jeder
ein Scherflein brachte, mag beweisen dak 268. 65 M.
zusammengebracht wurden.
— Die evangelische (gositive) Kon—
ferenz in Hochspeier wird Mittwoch nach
Ostern, den 8. April in dem Saale des Wirthes
Herrn D. Häberle Vormittags gegen 11 Uhr be⸗
ginnen. Pfarrer Drescher von Alsenz hat die
viblische Ansprache, Pfarrer Scherer von Speher
den Vortrag über die Bedeutung und Aufgabe der
inneren Mission in der Gegenwart und Zukunft
mit Bezug auf die Denkschrift des Centralaus—
schusses: „Die Aufgabe der Kirche und ihret
innern Mission“ und mit besonderer Berücksichtig⸗
ang ihrer Bethätigung in der Pfalz übernommen
— Neustadt, 28. März. Gestern Nadh⸗
nittag fiel das dreijährige Töchterchen des Schuh⸗
nachermeisters Kompter in einen mit kochendem
„odawasser gefüllten Kübel. Das unglückliche Kind
vurde so fürchterlich zugerichtet, daß bei seinet
Entkleidung ganze Stücke Haut an den Kleidungs⸗
tücken hängen blieben. Nach furchtbaren Qualen
exlag das Kind den entsetzlichen Brandwunden.
— Speier, 28. März. Der derzeitige Vor⸗
itzende des wissenschaftl. Lehrerbundes Nemetia,
derr Karl Diehl, hat der „Ztg.“ zufolge an die
ikttiven Bundesangehörigen der Pfalz ein Zirkulat
rlassen behufs einer außerordentlichen Zusammen⸗
unft, die am 27. April zu Kaiserslautern (Lokal
FJänisch. Alte Pfalz, Rittersaal) stattfinden soll.