Full text: St. Ingberter Anzeiger

ind. Die canadische Regierung hat zum Gebrauch 
üur die Expedition gegen Riel 225,000 Pfund 
oraservirtes Rindfleisch in Chicago bestellt.“ 
)0 
Berlin, 4. April. “In Betreff der zahl⸗ 
ceichen dem Auswärtigen Amte zugehenden Gesuche 
im Ansteliung in den deutschen Schutzgebieten, 
ostenfreie Beförderung dorthin und, um Auskunft 
Aber dortige Verhältnisse bemerkt die Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung,“edie Gesuche seien Janrdie im 
Besitz von Niederlaßumgen befindlichen. Handlungs⸗ 
Jäuser zu richten. Das Reich habe keine Stellen 
in den Schutzgebieten zu · vergeben · und besize auch 
reine Fonds zur kostenfreien Ueberführung·“· 
Berlin, 4. April. Der Reichskanzler erließ 
rolgende Danksagung: Anläßlich meines fieben⸗ 
Ligsten Geburtstages und bedorstehenden flnfzigsah⸗ 
igen Amisjubiläums Fingen mit fo guhlreiche Kund; 
zebungen des Wohlwollens in Gestalt von Glück⸗ 
vünschen und Fesigaben zu, daß es mit leider 
icht möglich ist, einzeln darauf zu erwicdern. Ich 
—X freundlich 
gedacht haben, meinen herzlichen Dank entgegen⸗ 
junehmen und versichert zu sein, daß der freudige 
ind liefe Eindruck so viel reicher Beweise der Liebe 
neiner Milbürger in meinem Leben nicht erloschen 
wird. 
Berlin, 6. April. Der Reichskanzler Fürst 
Bismarck ist mit seiner Gemahlin und seinen beiden 
Soöhnen Mittags nach Schönhausen abgereist. 
Ausland. 
Paris, 8. April. Auch der Abgeordnete 
Constans ist an der Mission, ein Kabinet zu 
dilden, gescheitert. Jetzt richten sich alle Blicke auf 
den 80jahrigen Kammerpräsidenten Henri Brisson. 
Derselbe, auseitig bedrängt, die Kabinetsbildung zu 
bernehmen. konferirt seit heute Morgen 9 Uhr 
mit dem Präsidenten Grevy. 
Paris, 5. April. Auch Constans hat nun⸗ 
mehr auf die Cabinetsbildung verzichtet und den 
Praͤsidenien Gréͤvy veranlaßt, dieselbe Brifson zu 
ͤbertragen, da derselbe jedenfalls der Deputirten⸗ 
ammer am genehmsten sein würde. Brisson wird 
deute Vormitliag 9 Uhr vom Prasidenten Groͤvy 
empfangen werden. 
Rom, 6. April. Die Regierung hat eine 
republikanische Verschworung entdeckt, neue Haus⸗ 
uchungen und Verhaftungen wurden in Rom, 
Mailand, Padua, Verona, Perugia, Macerate und 
Turin vorgenommen. — Die französische Regier⸗ 
ung unterhandelt mit der General⸗Schiffsgesellschaft 
vegen Miethe von fünf Dampfern zum Transport 
nach Tongking. 
London, 6. April. Wie Reuter's Bureau 
bernimmt, ist die Antwort Rußlands auf die Note 
dord Granville's in der afghanischen Frage sehr 
dersöhnlich, doch sei noch ein weiterer diplomatischer 
Meinungsaustausch zwischen London und Peters⸗ 
burg nochig, ehe die gemeinsame Commission zur 
Feststellung der afghanischen Grenze schreiten könne. 
Die Morning Post“ meint, die Antwort Ruß · 
ands biete keine entschiedene Bürgschaft für eine 
friedliche Loͤsung der Streitfrage. — Die Times 
zlaubt, die Antwort als unannehmbar fur England 
hezeichnen zu koͤnnen. — Der Standard' dagegen 
hal Grund zur Annahme, daß die noch bestehenden 
Differenzen durch gegenseitige Concessionen beglichen 
werden würden 
Rewyork, 4. April. Ein Telegramm aus 
La Libertad meidet, die Feindseligkeiten zwischen 
Gualemala und Salvador seien eingestellt, es sei 
rin einmonatlicher Waffenstillstand abgeschlossen. 
Die Legislative von Guatemala habe das vom 
Präsidenten Barrios wegen Bildung einer ein⸗ 
zigen centralamerikanischen Republik am 28. Febr. 
zr erlassene Dekret annullirt. Der Degen des 
Prasidenten Barrios sei auf dem Schlachtfelde von 
halchuapa zerbrochen aufgefunden worden. Eine 
patere Depesche aus La Libertad meldet, Barrios 
'ei todt. 
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— E 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
*Si. Jugbert, 7. April. Durch Ver⸗ 
fügung der Königl. Kreisregierung wurde die Wie⸗ 
deranfiellung des temporär pensionierten Lehrers 
Herrn Theobald Köhl dahier an der hiesigen 
jatholischen Volksschule von 1. Mai do. Is. ab 
angeordnei. 
Aus dem Bliesgau, J. April. 100 
Jahre werden es am 24. Juni d. Is., daß in 
Niederwürzbach Frau Maria Blatt — ge⸗ 
spoten wurde. Gewiß ein respektables Alter! Die⸗ 
selbe weiß noch bei vollständigen —XL 
Heisteskraften fich zu erinnern, wie die ehemaliger 
Frafen von der Leyen, in ihrer Sommerresiden 
Schloß Philippsburg bei Niederwürzbach, sich auf⸗ 
hieiten (welches 1708 durch die Franzosen zerstört 
wurde), und erzählt auch moch viele Einzelheiten 
ber Schlacht bei Biesingen vom“ 17. November 
1798, welche bekanntlich am heftigsten in Hollscheidt 
und am Selbacher Berge tobte, wo der französische 
veneral Lombard bon den Sachsen? gefangen ger 
nommen avurde; In. rrinnerisich die Gteisin 
noch ganz gut der Rückkehr der Franzosen aus 
sußlanb des Vinniãtsches Jer Russen u. 4. w. 
Sie verheirathete sich in ihrem 16. Lebensjahre 
ist seit ihrem 830.7 also 70 Jahre lang, Wittwe. 
Alle ihre Kinder sind todt, obwohl etliche 70 und 
Aahre jall murden. Es leben jedoch noch 15 
Fukel. Da die Jubilarin vollständig mittellos ist, 
wäre edlen Menscheü die schönste Gelegenheit 
geboten,ihren· Wohlthatigleitssinn zu bewähren. 
ndem sie die greise Frau, welche sich jetzt kümmer⸗ 
ich von einer Armen- Unterstügung ernährt, mit 
einet Gabe erfreuten. 56. 3) 
— Wegen eines Verbrechens gegen die Siit⸗ 
tichkeit wurde der Ackerer und Wirth D. von 
Aßweiler verhaftet und in das Gefaͤngniß 
nach Zweibrücken abgeführt. — 
Vor dem Schöffengerich Waldmohr 
fand am Samstageine Versammlung statt, die 
hiele Zuhörer herbeigelockt hatte. Der Lehrer St 
in J. hatte den Bürgermeister Blum in Waldmohr 
der Uncegelmäßigkeiten bei der letzten Gemeinde— 
rathswahl beschuldigt, worauf genannter Bürger⸗ 
neister eine Kiage wegen Berufsbeleidigung stellte. 
die Verhandlung endigte damit, daß Lehrer St. 
u einer Gefängnißstrafe von acht Tagen verur⸗ 
heilt wurde. Derselbe legte sofort Berufung zum 
Landgericht Zweibrücken ein. 
— Neustadt, 2. April. Das „Pfälzer 
Journal“ macht wieder einmal von fich reden, 
benn auch nur im vertraulichen Kreise, doch läß! 
ie Neuigkeit „tief blicken.“ Die „Redaltion und 
ẽrpedition“ diefes fortschritilichen Organs erlassen 
aͤmlich einen uns durch Zufall zu Händen ge⸗ 
ommenen Nothschrei an die Herren Aktionäre des 
Pfälzer Journals“, in welchem ehrlich und offen 
ekannt wird, daß für die deutschefrei— 
innige Sache in der Pfalz kein Boden 
»orhandenist, und „kaum die Hälfte der 
derren Aktionäre zeigte sich dem Forterscheinen des 
Pfälzer Journals“ geneigt, und nur sehr wenige 
zerselben waren opferwillig genug, um für dasselbe 
noch eine weitere pekuniäre Hilfe zu gewühren. Die 
krfahrungen der letzten Reichstagswahl haden selbst 
vei vielen unserer soust eifrigsten Parteifreunde eine 
Berstimmung und Hoffnungslosigkeit erzeugt, daß 
je alles Veitrauen für einen jemaligen Erfolg ver⸗ 
oren haben und sich nur schwer entschließen, für 
harteizwecke noch irgend welche Opfer zu bringen.“ 
stichtsdestoweniger hat der Verleger seiner Partei 
Res bringen zu müssen geglaubt, hat aber seither 
jo wenig Nutzen davon gehabt, daß er schließlich 
rund heraus erklart:A, Nur bei einer weiteren Zu⸗ 
nahme der Abonnentenzahl sind wir in der Lage, 
das Weitererscheinen: des „Pfälzer Journals“ er 
möglichen zu können.“ So berichte man der „N 
3.*. Nach der „Pf. Pr.“ wäre das Eingehen des 
Pfälzer Journal“ sicher. —— 
— Zur Verstaailichung der Pfälzer Ei sen⸗ 
bahmnen wird der Augsb. Abdztg.“ geschrieben: 
In neuester Zeit beschäftigt man sich vielfach mit 
zer für die bdaherischen Finanzverhältnisse nicht un 
vichtigen Frage, od es vortheilhaft erscheint, die 
Verstaatlichung der Pfälzer Bahnen anzustreben oder 
die gegenwärtigen Verhältnisse unverandert zu be⸗ 
sassen. Besonders ist es die ultramontane Presse, 
velche für die Verstaatlichung eintriti, theils aus 
dem Grunde, um das jährliche Defizit der Pfälzer 
Bahnen für immer zu beseitigen, ehe die Zins— 
jarantiezeit abläuft, heils um etwaigen Verstaat⸗ 
ichungsgelüsten auf dieselben Seitens Preußens 
mvorzukommen. — Das „Frankische Bolksblatt“ 
äßt sich hierüber Folgendes berichten: „Preußen 
cichter fortgesetzt sein Auge auf unsere Pfalzer 
gahnen, die gleich der hessischen Ludwigsbahn schon 
angst für den Uebergang in Reichseisenbahnen 
usersehen sind. Neuestens wird für die Verpreuß⸗ 
ing der Pfälzer Bahnen bereits offen Propaganda 
jemacht und die hochoffizibseu Grenzboten“ in 
Zerlin brachten dieser Tage einen Artikel, der die 
preußischen Absichten ganz unverhüllt daritg 
Diesen Ausführungen fügt das „Fränk. Volksblau⸗ 
hinzu: „Da gilt es zuvorzulommen und der 
preußischen Planen einen Riegel vorzuschieben. Sta 
Jreußen muß Bayern die Pfälzer Bahnen verstaat 
lichen und wenn man in Berlin glaubt, ein gute 
Geschäft damit zu machen, so wird auch Bahern 
damit nicht schlecht fahren. Möchte man nun dod 
im nächsten Landtage der Angelegenheit der Pfalze. 
Bahnen Beachtung schenken, und, noch ehe es d 
spai ist, dieselben vor der Gefahr einer Verschlu 
ung dürch Preußen bewahren.“. Diese und ähn— 
liche: Ausführungen der ultramontanen Blätter haber 
im gewissen Sinne eine Berechtigung, da bereit 
Seitens Preußens Offerten zur Erwerbung de 
Pfälzer Bahnen gemacht wurden ;jedoch stehen de 
Versiaatlichung von Seite Bayerns verschiedene nich 
zu unterschäßende Bedenken entgegen, denne 
würde zwar der Zuschuß gegebenen Falles in Wer 
fall kommen, aber es würden sich andere und no 
weit schlimmere finanzielle Folgen ergeben. 31 
nächst muß berückfichtigt werden, daß eine Prido 
geselischaft ein Eisenbahnunternehmen kaufmännischt 
und deßhalb auch billiger betreiben kann als m 
der Staat.“ Es sind in dieser Richtung auf B⸗ 
freiben der bayerischen Regierung für die Pfale 
Bahnen in den letzten Jahren auch bedeutend 
Verbesserungen erzielt worden. Aber auch ange 
nommen, der Staat könne ebenso billig wie di 
Privatgesellschaft den Betrieb der Bahnen for 
jetzen und der Betrag für die Zinsgarantie kim 
in Wegfall. so würden doch, falls Preußen eine 
Tarifdruck auf die Pfälzer Bahnen ausüben wollt 
für den haherischen Staat bedenkliche Komplikatione 
entstehen. Das Netz der Pfälzer Bahnen besi 
viele unrentable Strecken, außerdem ist dasseld 
aber noch bis nahezu drei Fünftel von den preuß 
ichen Staatsbahnen und den Reichsbahnen einge 
schlossen. Preußen hat demnach in der Hand, de 
Transitverkehr der Pfälzer Bahnen vollständig lahrn 
zu legen und kann eventuell sein Verstaatlichung⸗ 
projekt verfolgen, ob nun die Pfälzer Bahnen 
den Händen des Staates oder in den Händen de 
Privatgesellschaft liegen. Ein Druc seitens de 
preußischen Bahnen ist aber bis jetzt nicht erfol⸗ 
und wird voraussichtlich auch sobald nicht erfolgen 
Wenn also heute die bayerische Regierung d 
pfatzer Bahnen verstaatlichen würde, würde si 
keinesfalls das Defizit verringern; im Falle eine 
Tariflrieges aber würde der bayerische Staat sit 
in derselben Kalamität wie die Privatbahnen bi 
finden. Es dürfte sich demnach empfehlen, da 
Pfalzer Bahnnetz, das von dem diesseitigen Staat 
bahnnetz vollsiandig getrennt und mit diesem ge 
leine berwandten Interessen hat, sich selbst zu üben 
lassen, statt dasselbe an sich zu ketten und mit dem 
selben ebentuell in eine noch mißlichere Lage eb 
der zur Zeit bestehenden zu gerathen. Diese Gründ 
mögen wohl auch fuͤr die bayerische Staatsregin 
uing maßgebend sein, wenn sie sich gegen die ang 
cathene Verstaatlichung der Pfälzer Bahnen 6 
ent stets zurückhaitend aezeiat hat. 
Vermischtes. 
Bis zum 2. April waren dem Reichslanj 
herrits über 2100 Gratulationsschreiben zugegange 
An Telegrammen liefen am 1. April 2322 ei 
tie zusammen 76.778 Worte enthielten. 
P'Trier, 4. April. Domprobst Holz 
Mitglied des Herrenhauses, ist heute. I 
Jahre alt, gestorben. 
Munchen, 80. Marz. Die heute u 
großen Saale des Colosseum unter Leitun— de 
igl. Mimisterialrathes v. Herrmann abgehalin 
Generalversammlung der Baugewerksmeister Bahen 
Bau⸗Maurer⸗, Steinmetz-⸗ und Zimmermeist 
var don 600 Berufsgenossen beĩucht und hat nu 
Zerathung der vom Reichsdersichetungsamt bezugl 
der Organisation einer Verufsgenossenschaft von 
jegten Fragen mit Einstimmigkeit die Bildung eint 
gaugewerks · Berufsgenossenschaft für Bayern n 
dem Sitz in Muͤnchen beschlossen und den hien 
hbenöthigien Slatutenentwurf vereinbart. Die b 
—— Pfalz, bn 
die beantragte Verlegung des Genossenschoftssn 
nach Nürnberg wurden abgelehnt. Die Vorsian 
schaft wird derart zusammengesetzt, daß von Mundh 
iebst Oberbayern sieben und von fiuumlit 
»ayerischen Regierungsbezirken je 2 Mitglieder 
rufen werden, sowie daß bei Generalversammlun⸗ 
je ein Delegirter 800 versicherungspflichtige Acher 
vertritt.