Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Expeduion Auskunft ertheilt, 18 8, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einriickung wird nur dreimalige berechnet. 
Volitische Uebersicht. 
Man kündigt für Ende Mai' den Zusammen⸗ 
ritt eines deutschen Innungstages in 
gerlin an und erwartet davon sehr große Er⸗ 
olge für die Forderung des Innungswesens, man 
rhofft die Forderung von Handwerkerkammern, ja 
nan erwartet, daß man ein Reichs⸗Innungsamt 
eantragen möchte. 
Auslaund. 
Paris, 7. April⸗In der Deputirienkammer 
„erlas Brisson unter ftellenweisem Beifall das 
hrogramm des neuen Kabinets und schlug vor, 
inen Kredit von 150 Millionen für Tongking zu 
ewilligen. Derselbe wurde mit 373 gegen 92 
ztimmen eröffntte. 
Paris, 7. April.“ Die Bildung des neuen 
dabineis ist nunmehr erfolgt und ist dasselbe fol⸗ 
zendermaßen zusammengesetzt: Brisson Präsidium 
ind Justiz, Freycinet Auswärtiges, Allain⸗Targé 
zInneres, Sadi Carnot Arbeiten, Clamageran Fi⸗ 
anzen, Campenon Krieg, Pierre Lagrand Ackerbau, 
)ervemangon Handel, Goblet Unterricht, Sarrien 
doflen und Telegraphen, Galiber Marine. — Das 
dabinet Brisson⸗Freycinet macht einen günstigen 
tindruck. Auch die Opportunisten erklären, daß sie 
ꝛafselbe · unterstützen werden. Die Majorität ist 
emselben also ficher. Bezüglich Tongking wird 
sas Ministerium erklaͤren, daß es die nöthige Energie 
niwickeln und China zu einem gerechten Frieden 
wingen werde. Um die äußerste Linke zu befrie⸗ 
igen, wird eine politische Amnestie erwartet. 
Paris, 8. Aprii. Eine Depesche von Pa⸗ 
enoͤtre bestaͤtigt, daß China die am 3. d. Mis. in 
daris durch Billot und Campbell unterzeichneten 
zriedenspräliminarien gutgeheißen habe. 
London, 7. Apru. Eine Meldung der 
Times“ aus Peking bestätigt die Ftiedensvermitte ⸗ 
ungen zwischen China und Frankreich auf Grund 
)es Verirags von Tientsin, und daß keine Kriegs⸗ 
mischädigung durch China zu leisten sei. 
AULe u e ten. 
-Der Staatszuschuß für die Pfälzischen 
usenbahnen im Jahre 1884 belauft sich auf 
1008,6283 M., gegen 1883 um 127,634 M. we⸗ 
niger. Der Staatszuschuß, der aus der Lauter⸗ 
halbahn erwächt, ist in jener Summe enthalten 
nit 111214 Me., so daß ohne diese Bahn der 
Jinszuschuß des Staats blos 802, 409 ware. 
I Schnappach, 8. April. Am Oster⸗ 
nontage wurde in Suͤlzbach die neue Fahne des 
ath. Bergmannsbereines eingeweiht. Zu dieser 
jeier waren noch zehn andere Knappenbereine ein 
eladen und auch erschienen. Nach der kirchlichen 
Feier sollte sich der Festzug durch Sulzbach bewegen, 
mnd die einzelnen Vereine bei den Wirihen in Sulz⸗ 
ach untergebracht werden. Doch die polizeiliche 
tlaubniß hiezu wurde feitens des Herrn Kom— 
nissars nicht gegeben. Noch Beendigung der lirch⸗ 
hen Feier gingen die Festtheilnehmer in aufge⸗ 
bster Ordnung bis uͤber die Grenze, wo sie sich 
nn im Festzuge aufstellten und —XX 
nurshierten. Die Schnappacher Wicihe nahmen 
ie Festgaste bereitwilligst auf, und machten diese 
owie Bader und Metzger sehr gute Geschafte. Die 
dereine unterhielten sich auf das schönste, und es 
atlief bei diesen aleß bester Ordnung. Bei 
Unbruch des Abends srengten sie sich unter einem 
ꝛegeifterten Glüc auf)“und zogen unter den 
8— 
Donnerstag, 9. April 1888. 
20. Jahrg. 
röhlichen Klängen der mitgebrachten Kapellen ihrem 
eimathsdorfe zu. — Nachdem sämmtliche Vereint 
chon laͤngst abmarschiert waren, entstand in einer 
Wirthschafi ein Streit, wobei auch das Messer 
pieder einmal mitspielte und ein junger Bursche 
yon Sulzbach einen gefährlichen Stich in den Rücken 
erhielt. Sämmtliche an diesem Streit Betheiligten 
varen jedoch nicht von Schnappach, und kann der⸗ 
elbe auch nicht mit der Anwesenheit der Knappen⸗ 
ereine in Verbindung gebracht werden. 
X. Von der Blies, 8. April. Der vorige 
Woche spurlos verschwundene Casimir Ginz aus 
Wolfersheim wurde von einem Breitfurter Bauers⸗ 
nanne in Saargemünd gesehen 'und der Familie 
esselben wieder zur Spur verholfen. Diese fand 
hn im Spitale zu Saargemünd. Ginz hatte näm⸗ 
ich in Saargemuünd einen Selbstmordversuch ge⸗ 
nacht, der toial mißlang. Er versuchte sich in 
ärmangelung einer Schießwaffe wahrscheinlich aus⸗ 
inanderzusprengen, indem er eine Portion Schieß⸗ 
zulver in Papier gewickelt in den Mund nahm 
ind anzündete. Der Knallefelt war aber so schwach 
zaß ihm nur die Zunge beschädigt wurde. Ein 
zerade des Weges kommender Schiffer sah sich nach 
zer Richtung des gehörten schwachen Knalles um 
ind sah einen Mann am Boden sitzen, der aus 
»em Munde blutete. Ein hinzugetretener Schutz 
nann verbrachte ihn aufs Polizeibüreau zur Fest⸗ 
jellung seiner Person und Heimath, was aber nicht 
elang, da derfelbe alle Fragen mit Kopfschütteln 
eantwortet haben soll. Hierauf wurde er ins 
zpital verbracht, woselbst ihn die spaäter einge⸗ 
roffenen Familienglieder fanden. Am Samstag 
iun sollte er wieder nachhause verbracht werden, 
voran er aber keinen besonderen Gefallen haben 
nochte, denn noch vor dem Wiedereintreffen seiner 
rzamilienangehörigen gelang ihm sein 2ter Selbst⸗ 
nordversuch. Er erhenkte sich mittelst seines Hals⸗ 
uches im Aborte des Saargemünder Spitals. Ob 
Heistesstörung oder Ueberlegung die Motive des 
Zelbstmordes war, wer mag's feststellen? 
Das Gesthz- und Verordnungsblatt Nr. 14 
nihält den Landrathsabschied fur die Pfalz. Der 
Boranschlag der Ausgaben und Einnahmen wird 
Jenehmigt. Der Antrag des Landraths: die Mo— 
iliarfeuerversicherungs · Gesellschaften in viel aus⸗ 
iebigerer Weise als seither, mit mindestens 400 
hres Reinertrages zur theilweisen Deckung der Kosten 
es lolalen Feuerlöschwesens heranzuziehen und diese 
geträge an die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe 
jes auf sie treffenden Versicherungskapitales zu ver⸗ 
heilen, wird der Erwägung unterstellt. Bezüglich 
er Bedingungen, unter welchen der Landrath die 
en Güterbahnhof der pfälzischen Eisenbahnen durch⸗ 
iehende Dammfläche, sowie die mit Geleisen belegte 
dammkrone an die pfälzische Eisenbahngesellschaft 
om 1. Januar ds. Irs. auf 5 Jahre pachtweise 
u überlassen beschlossen hat, ist der Landrath zur 
rneuten Wurdigung aller hier in Betracht kommen⸗ 
en Fragen und zur erneuten Beschlußfafsung zu 
zeranlassen. Die Kreisregierung erhält den Auftrag, 
ie Reorganisation der Waisenhausstiftung im Hom⸗ 
urg im Sinne der diesbezüglichen Beschlüsse in 
Insiruktion zu nehmen. 
— Am 5. d. M. starb in Kusel hochbetagt 
derr Dekan Schaͤzler im Alter von 74 Jahren. 
— Pirmasens, 7. April. Heute durcheilt 
zas Gerucht unsere Stadt, daß zwei hiesige Lehrer, die 
herren Hamm und Reich, gemeinschaftlich und ohne 
ich zu verabschieden, eine etwas lange Ferienreise 
nqgeireten haben, nach Amerika oder vielleicht auch 
arach Neudeutschland, zu unseren neuen schwarzen 
dandsleuten in Afrika oder der Südsee. Von Ant⸗ 
werpen aus sollen sie einem hiesigen Freunde letzte 
Rachricht haben zukommen lassen. Diverse hiefige 
Beschäftsleute weinen ihnen nach. 6P. A.) 
— Kaiserslautern, 7. Aptil.“ Die 
gestern stattgehabte Versammlung der Volkspartei, 
n welcher auch Herr Reichstags-Abgeordneter 
Brohs erschien, war von 300 — 400 Personen besucht. 
— Erlenbach, 7. April. Am Ostersonn⸗ 
lag gingen zwei Mädchen von 9 und 12 Jahren 
aus Kandel nach Steinweiler, um ihren Osterhaas 
zu holen. Auf dem Rückwege wurden sie von 
einem Manne angepackt. Das jüngere Mädchen 
entfloh; das andere wurde von dem Unmenschen 
in den Wald geschleppt und vergewaltigt. Durch 
die sofort eingeleiteten Recherchen der Kandeler 
Bendarmerie gelang es, den Thater in der Person 
eines hier verheirathelen Bürgers zu enidecken. Der⸗ 
jelbe, aus Klingenmünster gebürtig, wurde gestern 
Morgen verhaftet. 7 (L. T.) 
— Neustadt, 3. April. (Pfalzer Wein 
für den Kanzier,) Die größeren Weingutsbesizer 
don Dürkheim, Deidesheim, Forst und Wachenheim 
haben, der „N. Zig.“ zufolge, an den Reichskanzler 
ine Sendung von 100 Flaschen der edelsten Weine, 
velche überhaupt nicht käuflich zu erwerben sind, 
ibgehen lassen und zwar mit folgender Widmung: 
„Ew. Durchlaucht bringen die Unterzeichneten die 
hrerbietigsten Glückwünsche dar und weihen in 
dankbarkeit für die Beschirmung deutscher Reben 
jegen den Feind und fortdauernden Schutz fried⸗ 
85 Arbeit die heute abgehende Kiste ihrer edelsten 
eine.“ 
— Frankenthal, 5. April. Heute ge⸗ 
langte die Nachricht hierher, daß sich der bei der 
hiesigen Postexpedition bedienstete Postdienstadspirant 
Boͤhring aus Biedesheim in der verflossenen Nacht 
in der Nähe von Oggersheim erschossen habe. Ueber 
die Moltive ist Näheres nicht bekannt. (F. Z.) 
Vermischtes. 
F Neunkirchen, 8. April. Heute Nachmit⸗ 
ag wurden die des Mordes an dem Bergmann 
Schuth angeklagten beiden jungen Leute Jung und 
Fabri geschlossen nach Saarbrücken abgeführt, und 
vird das nächste Schwurgericht sich wohl bereits 
nit der Aburtheilung derselben zu befassen haben. 
Uls Ursache des Todes soll ein Schlag mit einem 
Wagenreidel und ein Wurf mit einem schweren 
Steine konstatirt sein. (S. u. Bl.Ztg.) 
F Saarbrücken, 7. April. Fürst Bismarck 
zußerte sich über das Grubenunglück zu Camphausen 
dei Ueberreichung des Saarbrücker Ehrenbürger⸗ 
zriefes: „Sie haben neuerdings das große Un⸗ 
zlück auf Grube Camphausen gehabt und ich kann 
nir vorstellen, wie schmerzlich das für Sie sein 
muß; aber die traurigen Folgen für die Hinter⸗ 
hliebenen sollen nach Kräften gelindert werden, der 
Staat wird für sie eintreien! Mein Kollege May⸗ 
zach hat mir mitgetheilt, daß der Staat für die 
Wittwen und Waisen der unglüclichen Bergleute 
rach Maßgabe der Bestimmungen des Unfallver⸗ 
icherungsgesetzes sorgen werde!“ — Ueber das Ge⸗ 
'ammtergebniß der Sammlungen für Camphausen 
jört die „Sbr. Zig.“, daß his jetzt weit über 
80,000 Mtk. hier eingegangen sind. 
F Ars a. d. M. 6. April. Dieser Tage 
hatte Herr Amard das Glück, bei einer Treibjagd 
in der Umgegend von Remilly ein Nest mit 6 
jungen Wölfen aufzufinden und auszuheben; die