Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄot. Inaberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 70. Saunmstag, 1J1. April 1888. 20. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Für die Bismarck-Spende fließen noch 
mmer so viele und zumtheil recht erhebliche Gelder, 
amenllich aus dem Auslande, ein, daß sich das 
Faammtergebniß noch gar nicht übersehen läßt. 
lleber den Aufstand der Negermisch— 
uinge und Indianer in Manitoba wird 
em Reuter'schen Bureau aus Ottawa vom 5. ds. 
legraphirt: Von General Middleton sind Depeschen 
ingegangen, denen zufolge die Batterien heute 
bend und 3000 Mann Truppen morgen in Fort 
Qu'Appelle ankommen werden. Der Saskatchewan⸗ 
zuuß ist jetzt bis Clarke's Uebergang frei von Eis, 
ind in 12 Stunden dürfte der ganze Fluß frei 
ein. Man befürchtet eine Erhebung der Indianer 
nder Region des Forts M'Leod. Die Sioux am 
dord⸗Saskatchewan befinden sich auf dem Kriegs⸗ 
sade. General Middleton hält die jetzt auf dem 
arsche begriffenen 5000 Mann Truppen fur aus⸗ 
eichend. Die Grenze unweit Wood Mountain im 
distikt Assiniboine wird streng überwacht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 8. April. Bei den Kaiserlichen 
ajestaäteen fand heute Nachmittag zu Ehren 
)es hier annoesenden außerordentlichen Botschafters 
xes Sultans, des türkischen Generals Riza Pascha, 
in Diner von einigen dreißig Gedecken statt, zu 
dem auch Prinz Wilhelm von Potsdam nach Berlin 
zkommen war. 
Auslaud. 
Paris, 8. April. In der Finanzkommission 
twiederte Freycinet auf eine Anfrage, es hätten 
lerdings Friedenspräliminarien siatigefunden, aber 
vor er den Unterhandlungen weitere Folge geben 
önne, wollte er die Meinung der chinesischen Regie⸗ 
ung erfahren; er habe daher heute nach Peking 
relegraphirt und werde er den Frieden ais abge⸗ 
dlofsen erst nach dem Eintreffen der Anwort der 
hinesischen Regierung bezeichnen können. 
Paris, 8. April. Trotz der geheimen Ab⸗ 
anmung bei der Präsidentenwahl in der Kammer 
heint erwiesen, daß eine Anzahl Bonapartisten für 
equet gestimmt haben. Die Opportunisten sfind 
ber diese Wahl sehr erbiltett — Eine Depesche 
xs Staudard“, welche den Ausbruch der Feind⸗ 
digleiten zwischen Russen und Afghanen meldet, 
legt, obgleich angezweifelt, große Sensation. An⸗ 
xrerseits wird versichert, daß eine Interbention des 
eutschen Kaisers eintreten werde. 
Paris, 9. April. Der Senat nahm den 
leforderten Kredit von 150 Millionen für Tonkin 
wn. Die Kammer wählte Floquet zum Präasi— 
nten mit 179 und Falliöres mu 178 Stimmen 
um Vicepräsidenten. Der Senat und die Kammer 
ertagten sich bis zum 4. Mai. 
Petersburg, 9. Aprii. Wie der „Regier⸗ 
Atsbote meldet, berichtet General Komaroff, daß 
Folge provocirender feindlicher Allionen der 
Wanen genöthigt gewesen sei, am 18. März die 
setrn Positionen derselben an den beiden 
sern des Kuscht Flusses angugreifen. Das uf⸗ 
Nnn Deahhamnent von 4000 Mann und 8 Ge⸗ 
n wurde geschlagen und zerstreut. Dasselbe 
* gegen 500 Todte die gesammte Artillerie, 
x Fahnen und das gange ger mit dahrpari 
— Ruffischerfeits in ein Offier lodi 
q rei verwundet, außerdem wurden noch 10 
un getödtet und 27 berwundet. Nach dem 
Aampf ging Komaroff über den Kuschk⸗Flusses in 
seine früheren Positionen zurück. Englische Offi⸗ 
ziere wohnten dem Kampfe als Augenzeugen bei; 
dieselben erbaten bei der Flucht der Afghanen rus⸗ 
sischen Schutz, wurden jedoch auf der Flucht der 
Afghanen mit fortgerissen. 
Konstantinopel, 8. April. Rußland und 
namentlich England haben neuerdings wieder durch 
allerlei Umtriebe versucht, die Türkei auf ihre 
Seite zu ziehen. Die Pforte blieb jedoch in ihrer 
parteilosen Stellung. 
London, 8. April. Der „Standard“ ver⸗ 
offentlicht eine Depesche, wonach am Murghab⸗ 
Flufse ein Zusammenstoß zwischen russischen und 
afghanischen Vortruppen stattgefunden habe und 
auf beiden Seiten 500 Mann gefallen seien. Aus 
dem Telegramm sei nicht erfichtlich, ob die Russen 
oder die Afghanen gesiegt hätten, doch sei aus dem 
Ursprung des Telegramms zu muthmaßen, daß die 
Russen im Nachtheil geblieben seien. 
London, 8. April. Ueber den gegenwärtigen 
Stand der afghanischen Frage sagen die „Daily 
News“, daß an der afghanischen Grenze Alles 
gegenwärtig beim status quo bleibt. Die Bemüh— 
ungen der Diplomatie zur Lösung der Schwierig- 
keit mit Rußland haben nur geringe Forischritte 
gemacht. 
Loundon, 9. April. Eine Specialausgabe 
der „Times“ bringt ein Telegramm aus Gulran 
dom 3. April, wonach die Russen am 30. März 
unter dem Vorwand, daß die afghanischen Vorposten 
ihre Stellung verändert hätten, die Afghanen in 
Pendjeh angriffen und sie aus dieser Stadt ver—⸗ 
rieben. Die Afghanen schlugen sich mit Erbit— 
erung, aber bei dem herrschenden Regenwetter ver⸗ 
jagten die Gewehre. Zwei Compagnien verihei⸗ 
digten ihre Stellung bis auf den letzten Mann. 
Die Afghanen zogen sich in vollkommener Ordnung 
aach Meruschak, ohne verfolgt zu werden, zurück. 
Die Sarakhs verhielten sich neutral, plünderten 
aber das afghanische Lager. Die Verluste der 
Russe sollen beträchtlich sein. Englische Officiert 
blieben bei dem Kampfe gegenwärtig, bis die 
Afghanen den Rückzug antraten und kehrten als— 
dann in das Lager Sir Lumsden's zurück. 
London, 9. April. Eine der Regierung 
gestern zugegangene Depesche Sir Lumsden's mel⸗ 
det den Angriff einer größeren russischen Streit⸗ 
macht auf Pendjeh. Sir Lumsden befindet sich 
vahrscheinlich gegenwärtig in Gulran, um das Desilé 
von Robat auf dem Wege nach Herat zu beob⸗ 
achten. 
Chicago, 6. April. Das hiesige Haupt⸗ 
quartier der irischen Fenier entfaltet eine fieber⸗ 
hafte, wenn auch geheimnißvolle Thatigkeit, die un⸗ 
weifelhaft mit dem Aufruhr in Manitoba in Ver⸗ 
zindung steht. Man erwartet allgemein, daß die 
Fenier den Aufrührern zu Hilfe kommen werden. 
Fine Meldung aus Buffalo besagt ebenfalls, daß 
unter den daselbst in großer Zahl wohnenden Ir⸗ 
ändern große Rührigkeit herrscht. — In Winnipeg 
ollen bereits zahlreiche Fenier eingetroffen und 
zroße Ladungen von Waffen und Munition über 
die Grenze gebracht worden sein. 
SEokale und pfälzische Nachrichten. 
— Kaiserslautern, 7. April. Dem Be— 
cicht der koöͤnigl. Kreisbauwerkschule entnehmen wir 
olgendes: Das Wintersemester begann am 31. 
Oktober 1884 mit der Instription. Es meldeten 
ich 192 Schüler, wovon 191 als Schüler und 1 
als Hospitant Aufnahme“ fanden. Die Schüler 
vertheilten sich mit 78 auf den J. Kurs, darunter 
15 in der Bauschule, 8 in der Modellirschule, 16 
in der Schule für Holzarbeiter, 29 in der Schule 
für Metallarbeiter und 11 in der Malschule; mit 
78 auf den II. Kurs, darunter 20 in der Bau⸗ 
chule, 5 in der Modellirschule, 17 in der Schule 
ür Holzarbeiter, 28 in der Schule der Metallar⸗ 
deiter und 8 in der Malschule; mit 36 auf den 
III Kurs, hierunter 5 in der Bauschule, 4 in der 
Modellirschule, 12 in der Schule für Holzarbeiter, 
11 in der Schule für Metallarbeiter und 4 in 
der Malschule. 
— Johannis berg, 7. April. Seit heute 
Morgen herrscht auf der Höhe des Vogesenfirftes 
ein starker Schneesturm. Gegen Morgens 8 Uhr 
lag der Schnee bereits mehrere Zentimeter hoch vor 
der Thür des Forsthauses. Hoffentlich zieht dieser 
„Gast“ bald wieder ab. 
Bermischtes. 
Straßburg, 8. April. Der Wasser⸗ 
spiegel des Rheins ist so bedeutend gesunken, daß 
ein großer Theil der Schiffe der alten Brücke auf 
dem Boden aufliegt. Die bekannten Kiesbänke 
pergrößern sich zusehends und wenn es so fortgeht, 
werden dieselben bald wieder die anormale Aus⸗ 
dehnung erreicht haben, die vor zwei Jahren so 
viel Aufsehen erregte. 
F Das größteund künstlerisch werth— 
vollste Ost erei dürfte diesmal die Großherzogin 
von Baden erhalten haben. Sein Längsdurchschnitt 
betraͤgt etwa 50 Centimeter und seine prächtige 
Schale zeigt zwei schöne Aquarelle, die von zierlich 
geordneten Kornblumen umrahmt sind, naämlich die 
Ansicht vom Palais unseres Kaisers und die seines 
Sommerpalastes Babelsberg. Die Malerei des 
Eies, ein Geschenk des Hofconditors Kranzler in 
Berlin ist ausgeführt in dem Kunstinstitut von 
C. Hacker. 
T München, 7. April. Eine prinzipiell 
wichtige Entscheidung hat heute der Verwaltungs⸗ 
gerichtshof in Bezug auf gemeindliche Ersatz an⸗ 
sprüche an den Fiskus für an hilfsbedürftige 
Ausländer gewährte Unterstützungen gefällt. Aus 
Anlaß einer diesbezüglichen Beschwerde der Ge⸗ 
meindeverwaltung Unterreitenau gegen den Bescheid 
der schwäbischen Kreisregierung hat der Gerichtshof 
in letzter Instanz unter kostenfälliger Abweisung 
der gemeindlichen Beschwerde ausgesprochen, daß 
der Fiskus nur dann ersatzpflichtig isi, wenn die 
vorgesetzte Distriktsverwaltungsbehörde von der zu 
zewaährenden Unterstützung in Kenntniß gesehzt 
worden ist. 
FMünchen, 7. April. Einen boshaften 
Aprilscherz hat sich am 1. d. M. ein junger 
jremder Herr aus einem der „interessanten“ Länder 
im Süden von Oefsterreich, welcher hier „Studien“ 
oblag, erlaubt. der, auf größtem Fuße lebend, 
eine bedeutende Anzahl Gläubiger besaß. Jedem 
dieser Gläubiger ließ er einen freundlichen Brief 
zukommen, ihn am 1. April morgens zwischen 
10- 11 Uhr zu besuchen, wo er seine Rechnung 
»ereinigen wolle. Die Folge war, daß in dieser 
Stunde sich in der betreffenden Wohnung wohl ein 
Dutzend Leute auf einmal einfanden, die alle auf 
die ersehnte Rechnungstilgung warteten. Die Haus⸗ 
rau mußte ihnen aber mittheilen, daß der junge 
derr gestern Abend nicht nach Hause gekommen 
sei und fie große Angst habe, er sei abgereist ohne 
seine Miethe bezahlt zu haben; die Wartenden