Regierungsraihs Herrn Reuter ist nach der „St.
Joh. Ztg.“ Herr Bauinspektor Usner bisher in
Zreslau, ernannt worden.
Meßz, II. April. Hier hat sich ein Dom—
Zauverern gebildet, welcher soeben einen Aufrus
zum Eintritt erläßt. Zweck des Vereins ist die
HZeendigung der Restauration des Domes
Stuttgart. Für den am 14. September
dahier abzuhallenden Aerztetag ist folgende vor—
läufige Tagesordnung festgesetzt worden: Stellung
der Aerzte gegenüber den ünfallversicherungs⸗ Gesell⸗
schaften, Bericht über den Erfolg und die Wirk⸗
ungen der gegenüber den Krankenkassen von den
Vercinen gefaßten Beschlüsse auf Regelung des
Krankenkassen⸗Wesens und Stellung der Aerzte im
Allgemeinen, Antrag des Geschäfts Ausschufses auf
Finfugung einer Bestimmung in die Geschäftsord⸗
aung, wonach allen deutschen Landestheilen, über
die sich der deutsche Aerzte · Vereinsbund erstreckt,
rine Vertreiung im Ausschusse verschafft wird. Auf
dem letzten Aerztetag wurde angeregt. wenn mög⸗
lich, das Geheimmiitelwesen, die hohen Preise der
Arzneien und die fortwährende Steigerung der
Arzneitaxen auf dem diesjährigen Aerztetag zurx
Vechandlung zu stellen, der Ausschuß hielt es jedoch
nicht für angemessen und zweckmaͤßig, diese Fragen
zur Zeit auf die Tagesordnung zu setzen. Bei
diesem Anlasse sei bemerkt, daß sich eine gemein⸗
schaftliche Commission von Aerzten und Apothekern
in Berlin zur Bekämpfung des Geheimmittel⸗Un⸗
wesens gebildet hat. Ueber die Frage des Vor⸗
gehens dieser Commission waren die Ansichten
dielfach getheilt. Währeud die Einen behaupteten.
daß nur auf dem Wege der Gesetzgebung, vielleicht
auch durch Erhebung einer Abgabe für sogenannte
Geheimmittel Abhülse geschafft werden kann, ver⸗
sprechen sich Andere von einer belehrenden Ein⸗
dirtung auf das Publikum viel mehr.
7 Augsburg, 10. April. Vor zahlreichem
Publikum begann heute Vormittag als Vorspiel
eines Bierpanischerprozesses die Verhandlung gegen
die Bierbrauerswittwe Anna Hämmerle von Wetten⸗
hausen und deren Sohn Simon Hämmerle, lediger
Zierbrauer von dort, wegen Vergehens wider das
Nahrungs⸗ und Genußmittelgeseß vom 14. Mai
1879 bezw. einer Uebertretung gegen die 887 und
71 des Malzaufschlaggesetzes vom 16. Mai 1868.
Auf Grund einer Requisilion der k. Staatsanwalt ⸗
schaft am k. Landgericht Augsburg begab sich am
5. September 1884 der Gensdarmerie⸗Sergeant
Leo Fahrenschon von Burgau nach Wettenhausen,
um bei den Angeklagten eine Haussuchung nach
Salicylsäure ꝛc.“ vorzunehmen, welche auch in
nem Pfundpacket mit einer Faktura vorgefunden
vurde. Wahrend dieser Haussuchungen wurde auch
das Bier versucht und dabei gefunden, daß dasselbe
sehr krüb und von üblem Geschmack war; der Bier⸗
borrath wurde später gerichtlich versiegelt und eine
iinommene Probe von dem k. Reallehrer Fischer
dahier auf Substanzgehalt geprüft, wobei sich her⸗
qusstellte, daß sehr viel Salicylsaure beigemischt
war. Nach sechsstündiger Verhandlungsdauer wur⸗
den die beiden Angeklagten der ihnen zur Last ge⸗
legten Vergehen für schuldig befunden und Anna
daͤmmerle zu 8 Wochen Gefängniß und 180 Mk.
Zeldstrafe eventuell 18 Tage Haft und Simon
Hammerle zu 14 Tagen Gefängniß und 100 Mk
Geldstrafe eventuell 1d Tage Gefängniß verurtheilt.
4Eine sehr praktische Erfindung hat der k.
Adjunkt Herr Poblmann in Sonthofen gemacht.
Derselbe hat einen eleltrischen Wecker konstruirt,
welcher ohne Uhr⸗ oder sonstiges Triebwerk auf die
Minute punktlich signalisirt und nicht wie ein Uhr⸗
wecker in kuczem Zeitraume abläuft, sondern so
iange läutet, bis er abgestellt wird. Der Wecker
ist zugleich mit einer Gluͤhlichtlampe in Verbindung
gebracht, sodatz beim Ertoönen der Signalglocke das
Zimmer zugleich elektrisch beleuchtet wird.
Munchen. Aus unserem Tegernseer
Oberlande ist eine eigenartige Adres se an den
Reichskanzler gerichtet worden, welche, von
unserem oberbayerischen Dichter Dr. Karl Stieler
verfaßt, folgenden Wortlaut hatte: „Euer Gnaden
Derr Furst Mir san dahoam weit hint in die
Herg, wo's scho einigeht in's Tyrolerlandl, aber
hint dleiben thuan ma deszwegen nit an so an
Tag! Siebez'g Jahrl dös is a Wort; 'sis was,
wenn's unserodaner auf'n Buckel hat, aber no a
bissel was anders, wenn oaner so mit seine Jahrlu
haust! Herrgott, no'mal, a so a Leben dergibt —
dös is aà Haufen Arbeit! — Und dös, was Arbeit
hoaßt, dös g'spürt aa der Bauer und hat sein
Respect davor und wenn aa Viele vielleicht noch
nix verstehna von dera politischen Sach, dös ver⸗
steht do a jeder was a deutsche Einheit is und der
gauze Z'sammastand und a' deutsche Ehr'! Denn
dös is koa Kopfsach nit und braucht nit lang stu⸗
diren, dös geht in's G'fühl und geht in's G'müath.
— Wer aber hat uns da a so z'sammeg'richt,
is wie der Biemarck — als wie Du? Muaßt
chon verzeihgn, daß ma so gradraus reden; es
y'schiecht ja blos, weil's uns von Herzen geht und
du hast es ja selber gern; gradraus und schneidi
iAleweil! Dos g'fallt uns da herin in unsere
Berg no extra guai von Dir! — Der Bauer braucht
au Fried für sei Haus und sei Feld, und daß
ma'n hab'n dös dank ma Dir; wenu aber oaner
kimmt, der's anders moant, na san unsere Buab'n
a no' da, wie's anno 70 da g'west san, denn die
blauen Teufel sterben nit aus. Kannst Di ver⸗
lassen! Und jetza, vergelts Gott für All's, a lang's
deben und an gnaden G'sund — den braucht ma
scho zu so an G'schaft! — Du hast uns wieder
a große deutsche Hoamat geben, und was sollen
mir Dir geben? daß Du selber auf jeden Fleckel
von dem“ deutschen Land Dei' Hoamat hast, daß
ma in a jeda Hüiten, und war's z'höchst am Berg,
Dein Nama nennt — dös halt' Dir für am heuti'n
Tag! 's is aa was Schön's, wenn no' der ärmste
Bauer in sein Häusl, an oan denkt und as Ver—
gelis Gott von die g'ringa Leut war nie dös letzt
ür oan, der's Herz a so auf'n rechten Fleck hat!
— Und jetzta — viel Glück zum Siebez'ger
Veim Achiz'ger komma wieder z'samm!“
Munchen, 12. April. Der Fachverein
»er Schneider, weicher von der Polizeidirektion auf⸗
Jjelöst wurde, gehörte dem Centralverbande der
zeutschen Schneider an, welcher in seinem Pro—
gzramm Erstrebung des Normalarbeitstages, Besei⸗
ügung der Frauen- und Kinderarbeit in den Fa⸗
Ziuͤken ꝛc. anstrebt. Die Polizeidirektion sah hierin
Forderungen rein politischer Natur und löste den
Zerein deßhalb auf Grund des bayerischen Vereins⸗
gesetzes auf.
F Eines der originellsten Geburtstagsgeschenke
hat der Reichskanzler wohl aus Bayern, und zwar
aus Amberg erhalten. Ein dortiger Großhändler
und Fabrikant verehrte nämlich dem Jubilar einen
mit Leder überzogenen, mit gestickter Widmung ver—
sehenen Ochsenziemer, „mit welchem die Jubiläums
Schmarotzer, d. h. solche Gratulanten verscheucht
wverden soͤllen, welche bei ihren Geschenken und
Widmungen in erster Linie Reklamezwecke für ihre
Beschäfte verfolgen, oder sonst welche Vortheile an⸗
treben.“ — Das ist brav und gesinnungstüchtig!
4 Die amtliche deutsche Militärstatistik hat aus—
gerechnet, daß auf jeden gefallenen Franzosen im
æriege 1870/71 1200 - 1300 deutsche Gewehrkugeln
famen.
Wärzburg, 6. April. Vor dem hiesigen
dandgericht wurde dieser Tage gegen den Bezirks—
gerichisraih a. D. Fasching wegen Beihilfe zum
Wucher verhandelt. Abgesehen von der Seltenheit
zes Falles, einen richterlichen Beamten auf der
Anklagebank zu finden, gewinnt diese Verhandlung
besonderes Interesse durch die Opfer, welche dem
⸗hrenwerthen Herrn Rath ins Garn gingen.
Fasching wurde aus „administrativen Erwägungen“
einer Zeit in Ruhestand versetzt, weil er noch als
attiver Bezirksgerichtsrath „Geldgeschäfte“ gemacht,
zeren Qualität sehr fragwürdiger Natur war. —
In Gemeinschaft eines geflüchteten Sigmund Eising
zus München (rüher Mitinhaber der fallit gegangenen
Firma: Eising u. Pollitzer) verstand es Fasching,
zie Ersparnisse einer alten Jungfrau in München
hei Cavallieren und Studenten unterzubringen.
Anter den Kunden des Fasching erscheint an erster
Stelle Graf Clemens Schenk von Stauffenberg
Sohn des verstorbenen Präsidenten des bayrischen
Keichsraths), welcher gegen Verschreibung von
415,000 Mk. baar 10,000 Mk. incl. eines Email⸗
äsichens (im reellen Werth von 250 Mk. und im
Auschlage zu 1800 Mk.) erhielt. — Der vorma
ige Haupmann Wiedemann vom 9. Infanterie—
Regiment mußte ähnlich Haare lassen. Der In
jaber einer nun in Frankfurt domilicirenden Fabrik
hisikalischer Instrumente erhielt ein imitirtes Kast⸗
hen (Werth 100 Mk.) um 1800 Mk. und baar
3000 Mk. wofür er 5600 Mk. in einem Drei—
Monatswechsel unterzeichnen mußte Für die Pro
ongation zahlte Hartmann an Fisching 100 Mt.
— Der praktische Arzt Dr. Rascher benöthigte am
Schlusse seiner Universiiätsstudien 8300 Mk. —
Fasching, bei welchem er diesen Betrag leihen
wollte, erklärte ihm, mit solchen Kleinigkeiten
er sich nicht ab: er müsse mehr nehmen. Gegen
einen Wechsel von 3000 Mk. erhielt Dr. Raschet
1100 Mk. und eine Uhr im Anschlage zu 500 Mi.
Werth 100 Mk) Von dem Gelde, welches die
Münchener Dame dem Eising und durch diesen
dem Fasching gab, hat dieselbe keinen Pfennig zu—
rückbekommen, da Eising die später zurückgezahllen
Darlehen für sich verwendete und damit verschwand.
Das Urtheil lautete auf 4 Monate Gefängniß und
3 Jahre Ehrberlust.
7 Frankfurt a. M., 11. April. In der
Posterpedition in der Jahnstraße ist durch Aushang
dekannt geinacht, daß ein hier am 31. März an
Fürst Bismarck aufgegebener Brief wegen „unge.
iügender Frankirung“ nicht angenommen worden
st und nun hier lagert.
Frankfurt a. M., 12. April. Ein amu
'antes Histörchen, dessen Richtigkeit verbürgt ist,
vird dem „Frkf. Journ“ von befreundeter Seile
nitgetheilt. Ein Unternehmer, welcher seit einigen
Wochen ein großes Aquarium mit Seethieren aller
Art zur Schau hält, hatte von Triest drei große
Ballons mit Meerwasser kommen lassen, da be—
anntlich Seethiere nur in diesem gedeihen. All
die drei Ballons die Linie passirten, fielen die—
elben wegen ihres beträchtlichen Umfanges den
»ehördlichen Finanzorganen auf. Als auf die
Frage, was die Ballons enthielten, die Antwor
vard: „Meerwasser“, da meinte das Finanzorgan,
»as Seewasser müsse besteuert werden, da — man
zjöre und staune die Findigkeit an! — aus dem
Meerwasser möglicherweise — Salz gewonnen
verden könne. Vergebens blieben alle Versicher
ungen des Unternehmers, daß er durchaus nich
die Absicht habe, das Salzmonopol zu beeinträch
tigen, alle Reklamationen fruchteten nichts, die drei
Ballons wurden zurückbehalten, da man nicht wußte
wie dieselben versteuert werden sollten; mittlerweilt
wmar ein Theil der Seethiere zu Grunde gegangen!
Mainz, 11. April. Nach Kamarun und
war für ein dorthin zu stationirendes Kriegsschiß
ind von der k. Konservenfabrik die letzten 6000
Blechbüchsen mit Fleischkonserven, welche in dieset
Zaifon fabrizirt worden, abgegangen. 18 Ochsen
vurden zu diesem Zwecke geschlachtet. Im Ganzen
hat die Konserdenfabrik diesen Winter 1027 Ochsen
verbraucht.
f Castorp, 11. April. Große Sensation
erregt hierselbst die auf Requisition der Essenet
Staatsanwaltschaft erfolgte Verhaftung des Nah
maschinenfabrikanten Porsch hierselbst, der sich det
begruündeten Verdachts der Falschmünzerei schuldig
gemacht. Die Polizei fand bei der Haussuchum
mehrere Formen und Prägestöcke ꝛc.
Bingen, 8. April. Das Fest der New⸗
—
üung“ vom 28. März ds. Is. enthält in Bezug
auf das in diesem Sommer in unserer Stadt pro⸗
eklirte Schütenfest der „Independent New Herf
Schützen“, Hauptmann J. J. Diehl, XL
die renommirkeste deutsch- amerikanische Schützenge—
iellschaft, folgendes: Die Abfahrt erfolgt ams.
Juninds. Is. mit dem Dampfer „Suevia“ und
sostet das Rundreisebillet erster Klasse 100 Dollar.
dasselbe hat ein Jahr Giltigkeit und die Rüdreise
'ann mit irgend einem Dampfer der Hamburge
Besellschaft erfolgen. Die Excursionisten werden
äch mit ihren Freunden anfangs Juli in Bingen
am Rhein zusammenfinden und wird dort der glu
reiche Vierte durch eine Reihe glänzender Fehlich
eiten gefeiert. Eine preußische Militarmusitcapele
wird während der drei Fesitage concertiren und
uch setens der Vinger Schützen Gefellschaft, welh
hren amerikanischen Collegen in zuvorkommendfiet
Weise entgegenzukommen willens ist, nichts unge
schehen bleiben, um den Festgästen den Aufenthoel
an den herrlichen Gestaden des Rheins so ange
sehm wie möglich zu machen. So weit das off
ielle Programm bis jetzt belannl ist, werden di
Festtheilnehmer am 8. Juli von dem Arrange
nents· Comits in Bingen empfangen werden. du
Hauptquartier der Schützen ist das von allen Ton
isten hochgeschätzte VictoriaHotel. Hundertund⸗
jeun Kanonenschuͤsse werden an Samsiag Morgen
»ei Sonnenaufgang den friedlichen Bewohnern
Bingens verkünden, daß der 109. Jahrestag det
amerikanischen Unabhängigkeitserklärung angebtochen
st. Reveille und Zapfenstreich werden folgen vp
ann das Schießen beginnen. Abends 6 Uhr finde
auf dem Rochusberg das auf dreihundert delamn
derechnete Baukeit siatt, alsdann folgt Feuerwer—.