St. Jugherter Atzeige
Sus 4ILIMus.
Amtliches Organ des königl Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich funfmal: Am Srontag, Dienstag, Donrceretag, Tamstag und Souutag; 2mal wochentlich mit Unterhaltur gs⸗
lau und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14M 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.) 75 4, einschließli
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 138 8, Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
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Politische Uebersicht.
*Dem Bundesrathe ist im Auftrage des
daisers der am 20. März in Petersburg von den
zeiderseitigen Bevollmächtigten unterzeichnete Ent⸗
vurf eines AUuslieferungsvertrages zwi—
chen dem deutschen Reiche und Rußland zur Ge⸗
jehmigung vorgelegt worden.
In Braunschweig hat das Schreiben des
raifers Wilhelm in Betreff der Selbstständigkeit
es Herzogthums Braunschweig große Befriedigung
ervergerufen. Man scheint dort nun auch in wei⸗
eren Bevölkerungskreisen den Gedanken an eine
Innexion des Herzogthums durch Preußen für aus⸗
eschlossen zu halten. Das „Braunuschweiger Tage⸗
latt“/ das Organ der freifinnigen Partei in
zraunschweig, widmet diesem Thema einen Artiikel
oll dankbarer Rührung fürdas Oberhaupt des Reiches.
Bohmische Blätter bringen die Nachricht, daß
i Oesterreich · Ungarn die Auflösung des Deut⸗
chen Schulvereins bevorfstehe. Sollte die
zortige Regierung wirklich diesen Schritt thun, so
pürde dem inneren Zusammenhange der Deutschen
nit dem österreichischen Staate der letzte Stoß ge⸗
eben sein.
Der Prinz und die Prinzessin von
wales haben am Montag Dublin verlassen und
ind nach Cork weitergereist. Tausende von Per ˖
onen waren in den Straßen versammelt, um das
rinzliche Paar auf der Fahrt nach dem Bahnhofe
u begrütßen. Einige Minuten, bebor der konig⸗
iche Wagen das Rathhaus passirte, trat der Lord⸗
najor O'Connor (Naiionalist) dort ein, von der
zollsmenge mil Schreien und Pfeifen empfangen.
Connor begab sich hierauf auf die Freitreppe
es Rathhauses und verlangte drei Hurrahs für
darnel. Nur einige Personen entsprachen indessen
iejer Aufforderung, eine allgemeine Zustimmung
er Menge erfoigte nicht. Als der Prinz und die
Zrinzessin von Wales lurze Zeit darauf vorüberfuhren,
putden fie von der ganzen versammeiten Volkmenge
uuf's Herzlichste begrußt. Die Demonstration der
harnelliten gegen das prinzliche Paat ist dennoch
vollkändig in's Wasser gefallen.
uslaud.
Petersburg, 14. April. Der bisherige
sommandeur des Gardecorpo, Graf Schuwaloff,
vurde zum Botschafter in Berlin, Prinz Alexander
von Oldenburg zum Commandeur des Gardecorpe
rnannt.
London, 15. April. „Daily News“ zufolge
vaͤre die geftern aus Petersburg eingegangene De⸗
usche eine Forisezung der durg die Pendje⸗ Affaire
murbrochenen Grenzderhandlungen; dieselbe deute
n dersöhnlichstem Tone die Losung der Grenzfrage
uuf breiierer Grundlage an.
Portsmonih,15. Apru. Seitens der Ad⸗
Vralitat ist an alle Pensionare der Marine umd
Natineinfanterie welch⸗ noch nicht 50 Jahre alt
nd und wieder in den &X treten wollen, die
Ufforderung ergangen, ein bez Gesuch unverzüglich
inzureichen.
— a ric⸗u.
St. Ingbert, 16. April. Paul Heyse's
mart- Lied, das der Dichtetfur dir Nidene
ismara· Feier gedichtet hatte und in unserem
X seinerzeit iun Absrud, raün6
Donnerstag, 16. April 18885.
20. Jahrg.
nuch von unserem sangeskundigen und liederfrohen
Mitbürger Herrn V. Seiter komponiert worden,
ind zwar für 1 Singstimme mit Klavierbegleitung
ind für vierstimmigen Chor. Dem Drängen von
Freunden nachgebend, sandte der Komponist die
—XXD —
ind es wurde ihm nun vor einigen Tagen die
Freude und Ehre nachstehender Antwort zu theil,
velche die große Schaar der Freunde unseres Mit⸗
ürgers sicher mit dem frohesten Interesse lesen wird.
heyse schreibt: „Geehrter Herr! Haben Sie besten
Jank für die freundliche Zusendung Ihrer beiden
ꝛompositionen meines Bismarcd⸗Liedes. Ich habe
ie mir am Klavier vorspielen lassen da sich leider
ioch keine Gelegenheit fand, sie fingen zu hören,
ind besonders das ersie hat mich sehr angesprochen;
as zweite bedarf des vierstimmigen Chors, um zu
einer vollen Wirkung zu kommen. Ich lege
iesen Zeilen das erste Gedicht bei, das ich für
inser Munchener Fest dichtete. Das Komite fand
ie Form für den Massengesang nicht populär
jenug, so daß ich mich entschließen mußte, dieselben
Zedanken in einen einfacheren Stil umzuprägen.
Das Interesse, das Sie diesen schlichten Strophen
dewiesen, hat mich aufrichtig gefreut. Seien
Zie bestens gegrüßt von Ihrem Hochachtungs⸗
zoll ergebenen Paul Heyse.“ — Wir
zratulieren Herrn Seiter zu der Auszeichnung,
velche für ihn in dem vorstehenden Schreiben
zes gefeierten Dichters liegt, recht herzlich. Das
Bedicht, welches dem Schreiben beilag, werden wir
n der nächsien Rr. des Unterhaltungsblattes ver⸗
ffentlichen.
* St. Ingbert, 16. April. Der Steuer⸗
nufseher Herr Balthasar Müller dahier wurde
zuf Ansuchen zum Aufschlageinnehmer in Ebern
ind der geprüfte Aufschlagdienstadspirant, Revi⸗
ionsaufseher Herr Fr. Kraus in Eger, zum
zteueraufseher dahier ernannt.
— Mit dem 1. Mai tritt zum ersten Male die
Bestimmung des 8 5 Absatz 3 des Marken⸗
chutz Gesetzes in Kraft, wonach diejenigen
ingeiragenen Schutzmarken, über deren Eintragung
'O Jahre verflossen sind, gelöscht werden, insofern
richt noch für rechtzeitige Erneuerung gesorgt wird.
Bir machen darauf aufmerksam, damit allenfallsige
Interessenten die Erneuerung ihrer Schutzmarken
zis zu jenem Termine noch vornehmen können.
„*. Von der Blies, 15. April. Gestern
jatten 2 Arbeiter in einem Steinbruche bei Gers⸗
seim das Unglück, von herabstürzenden Erdmassen
erschüttet zu werden. Der eine derselbe konnte
ich ohne fremde Hilfe wieder aus dem Schutte
eraus arbeiten, waährend der andere erst nach
uingerer Zeit gerettet werden konnte. Der Arme
at leider einen Arm gebrochen und ist sein rechter
fuß derartig zerquetscht, daß er wahrscheinlich ab⸗
senommen werden muß. Was das Unglüd noch
rößer macht, ist der Umstand, daß der Verlegte
n recht dürftigen Verhältnissen lebt und Fam ilien⸗
ater von 5 unerzogenen Kindern ist.
— Otterbach, 12. April. Ein Unglüd
utte sich heute Nachmittag in der kath. Kirche ereignen
önnen, indem während der Ansprache des Herrn
Pfarrer Bühler an die Erstkommunikanten ein Kranz,
velcher um das Allerheiligste befestigt war, in
Flammen gerieth. Der Geistesgegenwart des Herrn
farrer Bühler gelang es jedoch, sofort die Flammen
u löschen und einer Panik vorzubengen, welche von
urchtbaren Folgen hätte begleitet sein können.
— Aä 43 —n haf sich her Mok⸗
ger Philipp Weber in seiner Wohnung an einer
Thürklinke erhängt. Das Thun und Treiben des
Unglücklichen in letzter Zeit läßt auf Gemüthskrank
seit schließen.
— In Insheim beschloß eine Versammlung
von Tabalkproduzenten, an den Reichstag und
keichskanzler eine Bitte um Erhöhung des Ein⸗
jangszosles für ausländischen Tabak von 85 Mk.
iuf 150 Mi. zu richten.
— Landau, 14. April. Der „L. A.“ er⸗
sielt auf bezügliche Anfrage folgende Mittheilung:
„St. Johann a. S., 18.4. 88. In ergebener
krwiderung auf Ihre Posttarte vom 11. d. Mis.
zitie ich Sie dringend, die auf Irrthum beruhende
stachricht der „Pfälzer Zeitung“ zu dementiren, da
er Zentral⸗Ausschuß alle Hinterbliebenen der in
Tamphausen verunglüdten Bergleute, ob Preußen
der Bayern, gleichmäßig behandeln wird und sich
ju diesem Zwede mit dem Bezirksamte Zwei⸗
drücen in Verbindung gesetzt hat. Achtungsvoll
E. Haldy.“ —R
— Alsheim, 13 April. Gestern wurde
n der Mühle des Herrn Tempel dahier während
»efsen Abwesenheit ein großer Diebstahi ausgeführt.
Bei der Nachhausekunft des Eigenthümers fand et
u seinem Schrecken, daß über 2000 Mi. an
Staatspapieren und nahezu an 2000 Mi. in
zarem Gelde fehlten. Ein Mühlbursche, der der
That verdachtig ist, wurde, während etr feine reinste
Unschuld betheuerte von der Gensdarmerie verhaftet
und an das Amisgericht Groß ˖Umstadt abgeliefert.
— Der Pfalzische Kreisfischerei⸗
Ber ein haält seine ordentliche Generalversammlung
im 26. d. M. zu Neustadt. Tagesordnung: 1)
krstattung des Jahres⸗ und Rechenschaftsberichts
»xo 1884, 2) Neuwahl des Vereinsausschusses nach
O der Satzungen und 8) verschiedene Mittheilungen.
Vermilcetes.
F Der letzte Verunglückte auf Grube „Cam pe
jausen? ist nach bangen, langen Tagen nach ge⸗
ahrlicher schwerster Arbeit endlich unler den Ve⸗
teinstrüummern gefunden und zu Tage gebracht und
s steht nun undedingt fest, daß keine Leiche mehr
ich in der Grube definden kann. Die Zahl der
Todten hat die ungeheure Höhe von 180 erreicht!
ßon diesen Opfern des Unglüds fanden 176 den
hnellen — meist plößlichen — Tod in der Grube
elbst, vier von den üUeberlebenden starben im La—
areth Sulzbach. Unter den 180 Todten waren
41 verheirathet, 4 sind Witwer, 35 ledig. Ihre
ẽrnährer beweinen 141 Wittwen, 499Kinder,
»arunter 448 unter 16 Jahren, 59 Vater um
Nütter, 22 Brüder und Schwestern.
tMunchen, 13. April. Der Rüdtritt des
driegsministers von Maillinger wird im Publikum
ielfaltig besprochen. Man fragt sich, welches die
zründe des Ruscktritts gewesen sein koͤnnen; daß
Herselbe aus Gesundheitsrüdsichten erfolgt sei, will
nan hie und da nicht recht glauben. Wie wir
on einer Seite vernehmen, die es wissen kann,
ollen Meinungsverschiedenheiten über die Besetzung
on einigen hoͤheren Stellen, bei denen der Brude
des abgetretenen Ministers eine Rolle spiell. den
nächsten Anlaß zu dem Rückritt gegeben haben.
Die dem auch sein mag, jedenfalls hat der Koͤnig
n dem unterm 11. d. M. an den Kriegsminister
zerichteten Handschreiben seine vollste Zufriedenheit
nit dessen Diensten ausgesprochen. Der Nachfolger
MNaillinger's, Herr von Heinleth, erfreut fich na⸗
nentlich infola⸗ seiner Nerdiensi⸗ in Oien 13137000