Full text: St. Ingberter Anzeiger

Rußland und England voraussichtlich vermieden 
werden würde. 
London, 16. April. Die „Times“ sagt: 
In amtlichen Kreisen herrscht der, allerdings täglich 
schwächer werdende Glaube, der Krieg dürfte ver⸗ 
mieden werden. Die Finanz; und Handelskreise 
haben die entgegengesetzte Ansicht und glauben, die 
tufsischen Staatsmaͤnner wollen Streit herbeiführen 
und träfen entsprechende Maßregeln. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
P. St. Ingbert. Am Mittwoch, den 15 
April d. J. fand unter der Leitung des Herrn 
Hdaupilehrers Hagen bu cher die II. besondere 
Fonferenz für die Fortbildungspflichtigen des Be— 
zirkes Blieskastel⸗St. In gberit im untern 
neuen) Schulhause statt. An derselben betheiligen 
sich zur Zeit 21 Schuldiensterspektanten. Die Kon⸗ 
ferenz; dauerte von morgens 8212 Uhr und wurde 
um 2Uhr Nachmittags bis 135 Uhr fortgesetzt. 
* Si. Ingbert, 17. April. Der latholi⸗ 
schen Gemeinde Annweiler wurde vor kurzem 
durch den Reichstagsabgeordneten und Eisenwerks⸗ 
besitzer Herr Oskar Krämer dahier ein eisernes 
Gistter zur Umfriedigung der Kirche und des 
Pfarrhauses als Geschenk überwiesen. 
— St. Ingbert. Durch Beschluß der kgl. 
streisregierung, Senat für Verwaltungsrechts und 
Gewerbesuchen, wurde die Beschwerde der Gebrüder 
Junk, Glasmacher dahier, wegen Verweigerung der 
Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein in 
dem von ihrer verlebten Schwester, der Ehefrau 
des Kaufmaunn Maher, ererbten Geschäfte an der 
Kaiserstraße unterhalb des Eisenbahndammes — 
als unbegründet kostenfällig abgewiesen, indem da⸗ 
hier in 23 Kramläden und 47 Wirthschaften 
Branntwein verkauft und die dem Schwager der 
Genannten, dem bereits angeführten Kaufmann 
Mayer verliehene Konzession zum Branntweinaus— 
schank im Hause nebenan ausgeübt wird. 
** Ensheim, 16. April. Durch den Wegzug 
des Herrn Apotheker Zorn nach Frankenthal 
wurde die Apotheker: Konzession dahier frei. Dieselbe 
wurde nun dem Pharmazeuten Herrn Zapf, der 
nach dem Wegzuge des Herrn Zorn die hiesige 
Apotheke verweste, verliehen. 
W. Blieskastel, 17. April. Auf die er⸗ 
ledigte Lehrerstelle in Alschbach wurde durch Ge⸗ 
meinderathsbeschluß vom Gestrigen unter 4 Bewer⸗ 
bern Herr Lehrer Neurohr in Bierbach faft 
einstimmig gewählt. 
— Pirmasens, 14, April. Der durch 
seine mörderische That bekannt gewordene Brell 
ist am Samstag Abend ins Untersuchungsgefängniß 
nach Zweibrücken obgeführt worden. Das wer⸗ 
wundeie 14 Jahre alte Mädchen, der Liebling 
der Familie Bock, die in Folge des furchtharen 
Ereignisses ganz trostlos ist, liegt schwer krank 
darmeder und mußte sich wiederholt einer Opera⸗ 
non unterziehen. Die Kugel sitzt noch immer im 
Körber. 
SMinfeld, 14. April. Ein ehrlicher 
Mann. Gestern Abend hatte der Orgelspieler 
Weiler von Weingarten (ein Inbalide von 1806) 
in hiesiger Gemeinde gespielt und ging dann auch 
sein Almosen sammeln. Aus Versehen bekam er 
hon einem Herrn statt eines 10 Pfg.Stücks ein 
10 Mark⸗Slück. Was that der brave Mann? 
Er ging in das Haus wieder hinein und haͤndigte 
dem Herrn die 10 Mark aus mit dem Bemerken, 
er muͤsse sich geirrt haben. 
DAnJIn Neustadt kursiren in letzler Zeit 
falsche Geldstücke in Silber und Gold. Die Falfi⸗ 
fiklate sollen besonders durch ihren matten Glanz 
aufgefallen sein. Bis jetzt haben die Recherchen 
nichis Näheres ergeben; doch glaubt man, daß die 
Faischmünzer hier oder in nächster Nähe der Stadt 
ihr unsauberes Gewerbe treiben. 
— Speyer, 14. April. Der vom Reichs⸗ 
tags· Abgeordnelen Dr. Groß im Reichstage gestellte 
Antrag um nachträgliche Berücksichtigung der an 
den Folgen des Feldzuges später eckrankten Sol⸗ 
daten, welche den Termin (20. Mai 1875) nicht 
einhalten konnten, wurde vom Reichstage dem Bun⸗ 
desrathe zur weiteren Begutachtung anheimgegeben 
und vom Kaiser aus dem Dispositionsfonds vor⸗ 
läufig 400,000 Mark zur Unterstützung solcher 
später erkrankten Soldaten bewilligt. Die Gesuche 
um Gewährung von nachträglichen Pensionen sind 
denn auch in der Pfalz äusterst zahlreich. Aus 
dem Bezirks-Kommando Speyer betragen dieselben 
jetzt 220, aus dem Bezirks⸗ Kommando Landau 
100, aus dem Bezirks-Kommando Kaiserslautern 
nahe an 200 und das Bezirks-Kommando Zwei⸗ 
hrücken hat die hübsche Anzahl von wenige über 
300 Gesuche aufzuweisen. Trotzdem bei genauer 
und gewissenhafter Prüfung nicht alle berücksichtigi 
werden können, gelangt vom kaiserlichen Reichs⸗ 
Schatzamt in Berlin an manche Gesuchsteller die 
Hensions Genehmigung. Die niederste der bisher 
Jenehmiglen Unterstützungen beträgt 8 Mark, die 
höchsie 33 Mark monatlich. Daß durch diese nach⸗ 
räglich gewährten Unterstützungen viel Gutes ge⸗ 
eistet wird, braucht nicht besonders hervorgehoben 
zu werden. (Pf. K.) 
— Speyer, 14. April. Der Adelsmatrikel 
vurde einverleibt: unterm 9. d. M der Direktor 
der kgl. Regierungs-Finanzkammer der Pfalz, Karl 
Ritter v. Gebhard in Speyer. für seine Person als 
Ritter des kgl. Verdienst⸗-Ordens der bayerischen 
Zrone bei der Ritterklasse. (Pf. K.) 
— Speier, 185. April. Gegen lärmendes 
Auftreten von Konskribirten wendet, wie die 
Kaisersl. Ztg.“ berichtet, ein dortiger Wirth, den 
owohl durch seine Jovialität wie durch seiner 
„guten Trunk“ weithin bekannt, ein vortreffliches 
Mittel an, das auch gestern wieder seine Wirkung 
nicht versagte. Als nämlich Morgens nach 8 Uhr 
ine Anzahl jener angehenden Vaterlandsvertheidiger 
nit brüllendem Gesange in die Wirthsstube traten, 
cief er ihnen mit Stentorstimme zu: „Halt ihr 
Männeri Do werd Wein getrunke, awer nit ge⸗ 
sunge! Wann Ihr singe wolle, dann gehen in 
die Kerch! — Un wann der Wein Euch's Maul 
nit stoppe kann, do“ — damit schob er den Ueber⸗ 
raschten einen Drahtkorb voll Wecke hin — „essen 
Weck, dann kamm'er die Sach so lasse!“ — Die 
zurschen lachten, ließen sich nieder und verhielten 
ich ruhig. Das Mittel ist, wie man sieht, brobat. 
Vermischtes. 
CEine aufregende Scene) spielte sich dieser 
Tage im Straßburger Theater bei einer Aufführ⸗ 
ing der Neßlerischen Oper „Der Trompeter von 
Säckingen“ ab. Die in der Oper beschäftigte drama— 
ische Sängerin Frl. Schrader zählte, wie die 
Straßb. P.“ schreibt, unter ihren zahlreichen Ver⸗ 
hrern uch einen Offizier von höherem Adel, dessen 
gewerbungen sie jedoch zurückwies. Der Offizier 
ieß sich von seiner Leidenschaft so weit hinreißen, 
daß er in Folge dessen die Sängerin mit Erschießen 
hedrohte. Diese nahm unverweilt die Hülfe der 
Bolizei in Anspruch und an dem bezeichneten Abend 
bar das Theoter von Detectives bewacht. Von 
Seiten des Militärs waren einige Vertrauensper— 
onen erschienen. Bei Beginn der Vorstellung er⸗ 
chien in der That der beireffende Offizier in einer 
Orchesterloge. Zwei Offiziere brachten den aufge⸗ 
regten jungen Mann. der, wie sich herausstellte, 
inen geladenen Revolver bei sich hatte, aus dem 
dause, da man besorgte, daß er auf die in der 
Scene beschäftigte Saͤngerin feuern könne. Der 
Vorgang machte begreiflicherweise großes Aufsehen 
Frl. Schrader darf nun nicht mehr auftreten und 
der heißblütige Offizier mußte sofort die Stadt 
Derlassen. 
Bei den von dem Rennverein in Karls 
ruhe am Sonntag veranstalteten Pferderennen auf 
dem großen Exerzierplatz stürzte der Lieutenant v. 
desberg vom 8. badischen Dragoner⸗Regiment Nr. 
22 mit seinem Pferde. Der Verunglückte, ein 
allgemein beliebter Offizier, wurde bewußtlos in 
seine Wohnung verbracht. 
— (26. allgemeine deutsche Le hrer ver sa mi— 
lun'g.) Die in den Pfingsttagen (26. bis 28. 
Mai) d. J. zu Darmstadt stattfindende 26. allge⸗ 
neine deutsche Lehrerversammlung verspricht recht 
ahlreich besucht zu werden. Nach den umfassenden 
borbereitungen, welche die verschiedenen Ausschüsse 
getroffen, durfte auch den Besuchern der Versamm⸗ 
ung so Vieles und Mannichsfaltiges geboten sein, 
zaß sich der Besuch in jeder Beziehung lohnt. Vor 
illem darf den für die Haupt und Sektionssitzungen 
ingemeldeten Vorträgen unsere Aufmerksamkeit nicht 
vorenthalten bleiben. Die bis jetzt feststehende 
riste führt unter den Vortragenden namhafte Ge⸗ 
ehrte und hervorragende Vertreter des deutschen 
Schulwesens auf, unter ihnen Direktor Dr. Bar⸗ 
els (Gera), Professor Bihler (Pforzheim), Direktor 
Debbe (Bremen), Schulrath Dittes (Wien), Ober 
ehrer Gärtner (München), Professor Holdermann 
Karlsruhe), Prof. Dr. J. V. Mehyer (Bonn), 
dehrer Ries (Frankfurt a. M.), Professor Sachs 
München) und Direktor Dr. Veith (Frankfurt a. M. 
f Mainz, 16. April. Das Hotel „Eng. 
lischer Hof“ dahier wurde bei der gestrigen Ver— 
stteigerung der Frau Otto Humbert Wittwe in 
Frankfuri a. M. zu 281,000 M. zugeschlagen. 
FOppenheim (SHessen), 14. April. Ein 
schändlicher Act von Vandalismus wurde in der 
Nacht von Samstag und Sonntag hier verübt. In 
den Weinbergen des Herrn Bürgermeisters, Egli 
undz war in einer der besten Lagen, welche dem „Sid 
träger,“ „Goldberg“ u s. w. gleichkommt, in der 
Gewann „Kugel“, wurden in der fraglichen Nacht 
nicht weniger als etwa 3000 Weinstöcke von hös. 
willigen Händen zerstört. Das zerstörte Terrain 
hat einen Flächengehalt von nahezu 1 hessischen 
Morgen. Der Schaden, der durch den Racheakt 
verursacht wurde, ist ein bis zur Stunde noch gar 
nicht berechenbarer. Möge es gelingen, die Thäter 
— denn einer allein kann den Frevel natürlich 
aicht verübt haben — zu ermitteln. 
Am 28. August des Jahres 1886 werden 
es 100 Jahre, daß der nachmalige König LudwigJ 
don Bayern im jetzigen Gebäude des Generalkom⸗ 
mandos zu Straßburg — sein Vater Maximilian 
Joseph war damals Oberst des königlich franzd— 
sischen Regiments d'Alsace — geboren wurde. 
Den 100. Geburtstag dieses um die Münchener 
und dann um die ganze deutsche Kunst so hoch—⸗ 
derdienten Fürsten wurdig zu begehen, will man zu 
München im Sommer des kommenden Jahres eine 
allgemeine bayerische Kunst - und Kunst⸗ 
zewerbe⸗Ausstellung veranstalten. Die 
Münchener Künstler Genossenschaft und der Bahye⸗ 
rische Kunstgewerbe⸗Verein haben bereits Besprech— 
ungen über diesen schönen Plan gehabt. Aus— 
stellungsort wird voraussichtlich der aus dem Jahre 
1854 stammende berühmte Glaspalast sein. 
München, 14 April. Der Sohn eines 
hiesigen gewerbetreibenden Bürgers war zur letzten 
Rekrutenaushebung gestellungspflichtig und sollte 
im Novbember in ein hiesiges Infanterie Regiment 
eingereiht werden. Vierzehn Tage vor letzterem 
Termine befand er sich unter auffälligen Umständen 
in Hamburg, wurde als fluchtverdächtig vor die 
Militärbehörde verbracht und sofort in ein dortiges 
InfanterieRegiment eingereiht. Der Vater erhob 
hiegegen Beschwerde, jedoch ohne Erfolg. Det 
Sohn muß vielmehr seine Dienstzeit in Hamburg 
ableisten. 
München, 15. April. Die Hinrichtung 
des wegen Raubmordes zum Tode verurtheilten 
Geigenmachers Anton Hornsteiner von Mittenwald 
fand heute Morgen zur festgesetzten Stunde im 
Hofe der Anger⸗ Frohnfeste statt. Der Delinquent 
narb, körperlich gebrochen, standhaft und reumüthig. 
4 Fürth. Zur Illustration des „guten Ge⸗ 
schäflsganges“, von dem so oft die Rede ist, diene 
—VD 
soldatensiellen ca. 130 Bewerber gemeldet haben. 
zrößtentheils Kleinmeister aus dem Gewerbestande 
Ind der Kleinindustrie. Der Gehalt eines Polizei⸗ 
soldaten beträgt 900 M. pro Jahr. Es ist dies 
geioiß ein trauriges Zeichen unserer industriellen 
Verhältnisse. J 
Die Gewohnheit vieler Kaufleute, in der 
Correspondenz ꝛtc. die persönlichen Fürwörter aus⸗ 
zulassen, kann für den Betreffenden nachtheilige 
Folgen haben. Vom Reichsgericht ist ein an 
eigener Ordre gezogener und vom Bezogenen ange⸗ 
ammener Weqsel über 9000 M.: „Zahlen Sie 
u. s. w. an Ordre von selbst“ für nichtig erklärt 
worden, weil das Wörichen „uns“ fehlte. 
* EisenhahnschwellenausSchladen. 
Falls sich die nach dem „Centralblatte für den 
‚euischen Holzhandel' angegebene Erfindung, Eisen 
ahnschwellen aus Schladen herzustellen, bewähren 
ollte erwächst unsern Wäldern eine gefahrliche 
Zoukurreng. Vornehmlich Eichen wurden zur Ge 
dinnung der Cisenbahnschwellen in den früheten 
Zeiten genommen, da selbe vermöge ihres Wider⸗ 
sjandes gegen Fäulnis am längsten ausdauerten. 
Der große Bedacf zog auch andere Holzgattungen 
zu diesem Zwecke heran, die mittelst Impraͤgnierun⸗ 
jaltbar gemacht wurden. Nunmehr werden nach 
obiger Quelle die bislang völlig werthlosen Schladen 
der Hüttenwerke in dieser Richtung verwerthet. Die 
Schlacken werden mittelst Glasflusses umgearbeiten 
in Schwellenform gebracht und nach Siemens'schem 
Verfahren gehärtet. Die angestellten Versuche sollen 
nach jeder Hinsicht befriedigt haben. 
Gictor Hugo's Glückwunss 
zur Bimarckfrriser) Daß under den Gru 
anten am Bismardtage sich auch Victor Hugo