Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
da St. Ingberter Anzeiger“ erscheint udchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glan und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 4 75 4, einschließlich 
—T gustellungbgebuhr. Die Einruͤckungsgebühr fur die Agespaltene Sarmondzeile oder deren Raum beträgt bei Iuseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solches 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 R, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
— 
Volitische Uebersicht. 
» In Bezug auf die afghanische Streit⸗ 
rage hat sich der politische Horizont in den letzten 
cagen eher noch mehr umwölkt als aufgeheitert. 
die jeßt in London eingetroffenen Depeschen des 
nglischen Grenzkommissars Lumsden, welche den 
zussen die Schuld an dem Zusammenstoße mit den 
ijghanen aufbürden, haben offenbar die Stimmung 
ecLondoner leitenden Kreise gegen Rußland noch 
nehr verschärft. Als ein Symptom für die wieder 
zespannter gewordene Situation ist das Verlangen 
tuglands zu betrachten, Rußland solle weitere und 
eessere Erklärungen über das Verhalten General 
domaroff's abgeben, als bisher — ein Verlangen, 
xm man in Petersburg schwerlich in der von Eng 
and gewünschten Weise entsprechen dürfte. Außer— 
ꝛem melden, die dem Kabinet Gladstone nahe⸗ 
— 
ßerhandlungen der letzten Tage förderten nicht die 
dussichten auf eine gütliche Verkändigung. Das 
ussische Kabinet scheine in seiner bisherigen Stell⸗ 
ing zu beharren; die Nachgiebigkeit Eng— 
ands sei nahezuserschöpft. — Es scheint 
emnach wirklich hohe Zeit zu sein, daß sich die 
uropäische Diplomatie endlich ins Mittel legt und 
venigstens den Versuch macht, einen Ausgleich 
wischen den beiden Nebenbuhlern herbeizuführen. 
Deutisches Reich. 
Berlin, 21. April. Aus dem Bundesrathe 
dird belannt, daß Bayern einen Antrag gestellt 
atie, auslandisches Bier mit einer staatlichen oder 
ommunalen Steuer zu belegen. Der Antrag hat 
ndessen keine Zustimmung gefunden. 
Berlin, 23. April. Die Stadtverordneten 
rtheilten dem Magistratsbeschluß, für die 1886 
lattfindende Ausstellung Lildender Künste einen 
zuschuß von 100,000 Mark zu bewilligen, ihre 
zustimmung. 
Berlin, 24. April. Der Staatsrath hat 
Aso definitiv die procentuale Börsensteuer ange⸗ 
iommen, ohne jedoch den Tarif festzusetzen. Die 
Unträge“ auf Fesisetzung von *10 pro Mille sind, 
vie die Reichskommission beschlossen, für alle an 
ser Börse gehandelten Waaren zurückgezogen wor⸗ 
ꝛen, weil sie aussichtslos sind. 
Straßburg, 23. April. Der Landesaus— 
chuß hat nach zweitägiger außerordentlich hefriger 
Berathung heute einstimmig den Antrag angenom⸗ 
wen: „Die Regierung wird ersucht, geeignete 
Schritle zu thim,den Austritt Elsaß ⸗Lothringens 
aus der norddeutschen Branntweinsteuergemeinschaft 
iu erwirken und ein eigenes Brannwweinsteuergesetz 
in Elsaß Lothringen einzuführen.“ 
Ausland. 
London, 24. April. „Daily News“ mel⸗ 
n: Die hauptsächlichste Hoffnung auf friedliche 
Vellegung der Schwierigkeiten hängt gegenwärtig 
don der Möglichkeit einer Grenzreguülirung auf 
hreiterer Basis ab, worüber die Verhandlungen. 
baesondert von der Pendje⸗Affaire schweben. 
London, 24. April. Eine Depesche aus 
durandrien vom 24. April meldet: Der franzo 
ische General-⸗Konsul in Kairo siaitete dem Khedibe 
Nubar Pascha einen Besuch ab und las ein 
ramm der französischen Regierung vor, wo⸗ 
n er instruirt ist, die Beziehnngen mit Egypten 
adzubrechen. Der Konsul hat Kaͤrd betlassen 
Sonntag, 26. April 1888. 20. Jahrg. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 25. April. Die Gesell⸗ 
schaft „Harmonie“ hat auf heute Abend ihre Mit⸗ 
zlieder in den Baumann'schen Saal zu einem 
Konzerte eingeladen. Für dasselbe ist die 
cühmlichst bekannte Kapelle Lindner aus Altenwald 
engagirt. 
*St. Ingbert, 25. April. Kaum hal 
unser junger Obstbauverein mit seiner Thäligkeit 
hegonnen und das Anpflanzen don Obstbäumchen 
ingeregt, so sind auch schon böse Hände bereit, die 
Frucht dieses löblichen Strebens zu vereiteln. Sc 
vurde kürzlich einem Mitgliede des Obstbauvereines 
in seinem Garten von einem Apfel bäumchen, das 
dasselbe bei der Verloosung gewonnen hatte, die 
rone abgeschnitten. In einem anderen Garten 
vurde in einer der letzten Nachte von einem in 
pollster Blüthe stehenden Pfirsichbäumchen ein Ast 
jewaltsam abgebrochen. Hoffenilich gelingt es unsern 
Polizeiorganen die rachsüchtigen und muthwilligen 
Zaumzerstörer zu ermitteln, damit sie ihrem wohl⸗ 
verdienien Lohne nicht entgehen. — Erwähnt sei 
ioch, daß für das in oben beschriebener Weise be⸗ 
chädigte Apfelbaumchen dem Eigenthümer von dem 
2. Vorstande des Obstbauvereines sofort ein anderes 
zepflanzt wurde und daß derselbe, sollte der Thäter 
eine rachsüchtige Hand abermals daran legen, auch 
ein drittes pflanzen wird. 
— Die „Pf. Pr.“ berichtigt ihre auch in 
inser Blatt übergegangene Mittheilung von der 
Ernennung eines Pfälzers zum amerikanischen 
Beneralkonsul dahin, daß diese Ernennung für 
Frankfurt, nicht für Frankreich stattgefunden hat. 
Speyer, 22. April. Das im Sinne 
eines Beschlusses der Generalsynode vom Jahre 
1881 revidirte prot. evang. Religionsbuch „Erste 
Anterweisung aus Gottes Wort“ hat nunmehr die 
Presse verlassen und kann zu dem Preise von 15 
Pfennig das Exemplar bei der allgem. protestant. 
Pfarrwittwenkasse der Pfalz bezogen werden. 
— Ludwigshafen a. Rh., 22. April. 
Am Dampfkrahnen des Hafens hier riß heute Nach⸗ 
mittag die Kette entzwei, in Folge dessen ein hie⸗ 
bei beschäftigter Arbeiter aus Maudach erschlagen 
und ein anderer; aus Ludwigshafen schwer verletzt 
wurde. 
— 
4 In Wuürzburg stürzte sich aus einem 
Fenster im dritten Stock des Gasthauses zum 
„Reichsapfel“ der stud. philol. Friedrich Spiegel 
von Schweinfurt auf die Straße, wo er mit zer⸗ 
schmeitertem Schädel todt liegen blieb. 
F München, 21. April. Der hiesige 
Journalistenklub hat ein Gesuch wegen Begnadig⸗ 
ung des Dr. Sigl an den Koͤnig gerichtet. 
F Fürstenfeldbruck, 22. April. (Brand). 
In Wagelsried brannte das Anwesen des Bauern 
Adam nieder. 24 Stück Vieh kamen in den 
Flammen um. 
F (GEifersüchtige Frau.) An dem Be— 
sucher des Stammtisches einer Frankfurter sehr 
frequenten Wirihschaft ist ein recht boshafter Streich 
verübt worden. Der harmlose Stammgast erzählte 
nämlich, daß seine Frau so eifersüchtig sei, daß 
sie ihm, wenn er nach Hause komme, verstohlen 
die Säcke des Rockes und der Weste visitirte, um 
Beweise für seine augebliche Untreue zu finden. 
Ein anderer Stammgast merkte sich dies und prak⸗ 
tizirte zu gelegener Zeit dem unglücklichen Ehemann 
ein süß duftendes Liebesbrieschen in die Rocktasche. 
— Der Erfolg dieser Bosheit zeigte sich am 
nächsten Tage, als der Ehemann am Stammtische 
die Thatsache mittheilte, daß seine Gattin zu ihren 
Eltern gereist sei. Als der Urheber des Streichet 
von dem Effekte desselben hörte, bekannte er seine 
Schuld und reiste der Gattin nach, um sie zur 
Rücktehr zu bewegen. 
F Barnum, der berühmte Mann 
des Humbugs, betreibt sein Geschäft in einem 
Maßstabe, der es wirklich verdient, Aufsehen zu 
erregen. Er beschäftigt ständig nicht weniger als 
700 Personen, Akrobaten, Kunstreiter, Riesen, 
wilde Maänner, Diener, Controleure u. s. w 
Ferner hat er 400 Pferde und 30 Elephanten. 
Seine Menagecie besteht aus einigen hundert 
Thieren, darunter 18 Löwen, 20 Kameele, 18 
Dromedare, Tiger, Bären, Panther, Giraffen, 
Zebras ꝛc. Im Winter ist Barnum in Newyork 
m Sommer reist er herum und gibt in 150 
Städten Vorstellungen. Von welchem Umfange 
jein Geschäft ist, davon mögen folgende Zahlen 
einen Begriff geben. Im vorigen Jahre nahm 
er in Boston an einem Tage 70,000 Mk., in 
jehn Tagen 437500 Mtk. ein. In der Reisezeit 
hetragen seine täglichen Ausgaben durchschnittlich 
17,500 Mk., die Einnahmen 40300 Mt., so daß 
hm ein täglicher Verdienst von 22800 Mk. bleibt. 
f Berkin. Das Militärmaß der Mitglieder 
des kaiserlichen Hauses überfteigt bei Allen das 
normalmäßige Gardemaß von 56: der Kaiser 
50 10“ 8“, der Kronprinz 50 10“, Prinz Karl 
5 9“, Prinz Friedrich Karl 5 79 1, Prin; 
Albrecht Sohn 6*4“. 
Berlin. Neulich versammelte sich eine 
pornehme Gesellschaft, Gesandie und Herzöge im 
Hotel de Rome, um den Gedankenleser Cumberland 
ein Osterei suchen zu lassen. Das Ei war mit 
Goldstücken gefüllt, nicht für Cumberland, sondern 
für arme Kinder, und es durfte im Umkreis einer 
Biertelmeile versteckt werden. Dies besorgten der 
Minister Lucius, der Herzog von Ratibor und der 
amerikanische Gesandie. Mit verbundenen Augen 
und in ihrer Gesellschaft ging Cumberland auf die 
Suche, schtitt über die Straße und immer weitler 
bis zum K. Marstall in der Doretheenstraße, öͤffnete 
eine Futterkiste, langte hinein und prasentirte den 
derrten das Ei. Darüber Staunen und Grauen; 
denn wenn das Gedankenlesen weiter ausgebildes 
Vermischtes. 
PSt. Johann, 24. April. Oberhalb der 
Uten Brücke in der Nähe der alten Badeanstalt 
vurde die Leiche eines anständig gekleideten Mäd⸗ 
hens, ca. 18 - 20 Jahre alt, gelandet. 
7 (Das Gelbe vom Ei.) Der Tenorist 
Mierzwinski wirkte kürzlich zur Osterzeit in einem 
Wohlthätigkeits-Konzert, irren wir nicht für die 
dinterbliebenen der Verschütteten von Saarbrücken, 
nit. Nach Beendigung des Konzertes fand zu 
khren Derjenigen, welche dem wohlthätigen Unter⸗ 
nehmen ihre Talente zur Verfügung gestellt, ein 
Zouper statt. Mierzwinski entdeckte bei dem Ent⸗ 
alten seiner Servieite unter derselben ein Osierei, 
dem, als er es zerbrach, zehn Doppelkronen ent⸗ 
ielen. Der Künstler wandte sich sogleich zu einem 
domitémitgliede und meinte lächelnd: „Wie auf⸗ 
merksam: Es war Ihnen bekannt, daß ich rohe 
Fier für meine Stimme gebrauche; nur Eines 
zrachten Sie nicht in Erfahrung, nämlich, daß 
nir nur an dem Weißen etwas liegt. Gestatten 
zie mir deßhalb, Ihnen das Gelbe für Ihr⸗ 
Armen zur Verfüqung zu stellen.“