Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der. JIngberter Anzeiger?“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhauugs⸗
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 1I AM 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1I) 75 4, einschließlis
d ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einruckungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 ß, Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
—
MW 85.
Samstag, 2. Mai 18883.
20. Jahrg.
* Zur Hebung der deutschen Politische Uebersicht.
Industrie. Deutsches Reich.
Müunchen, 29. April. Der Ministerialrath
m Staagatsministerium der Justiz, Joh. Nep. Ritter
»on Brunnhuber, ist zum Senatspräsidenten am
Oberlandesgerichte München auf Ansuchen ernannt
vorden. — Nach den neuesten Bestimmungen wird
der erste Deutsche Fischereitag in München am 30.
Juni und 1. Juli ds. Is. abgehalten werden.
Berlin, 29. April. Die Arbeiterschutz: Kom⸗
mission des Reichstags sollte gestern die Berathung
der Frauen- und Kinderarbeit fortsetzen, brachte
aber, da von den 28 Mitgliedern nur 7 anwesend
waren, eine Sitzung nicht zustande.
Ausland.
Paris, 30. April. Heute Abend findet beim
deutschen Botschafter Fürsten Hohenlohe ein diplo⸗
matisches Galadiner statt, dem unter Anderen der
Minister des Aeußeren, v. Freycinet, der Botschafter
Englands, Lord Lyons, der Botschafter Rußlands,
baron v. Mohrenheim, die Gesandten Amerikas,
)ollands, Belgiens, die Delegirten der Suezkanal⸗
Kommisfion, Barrere und v. Derenthal. die Direk⸗
doren im Auswärtigen Amte, Herbette und Baron
Bing u. s. w. beiwohnen werden.
Paris, 80. April. Der ,Figaro“ dementiri
offiziös die Nachricht von der Ausweisung der
brinzen.
Petersburg, 20. April. Die gestrige
Soirée bei dem deutschen Botschafter v. Schweiniß
perlief in überaus glänzender Weise, die Zahl der
Theilnehmer betrug gegen 500, mehrere Mitglieder
des kaiserlichen Hauses, unter ihnen der Großfürft
Wladimir mit seiner Gemahlin und die Gemahlin
des Großfürsten Konstantin Nicolajewitsch, Groß⸗
ürstin Alexandra Josephowna, sowie sämmtliche
Rinister, die Mitglieder des diplomatischen Korps
und die Hofchargen wohnten der Festlichkeit bei,
die erst lange nach Mitterncht ihr Ende erreichte.
Moskau, 30. April. Die „Pioskauer
Zeitung“ sagt, wenn England den Krieg nicht
wolle, müsse Hamilton geräumt werden, andernfalls
sei Rußland genöthigt, mit Besetzung von Herat
zu antworten. Die Zeitung glaubt, daß die Frage,
ob Krieg oder Friede, sich dieser Tage entscheiden
nusse.
Odefssa, 29. April. Es verlautet, das hiesige
achte Armeekorps habe Marschordre nach dem kas⸗
pischen See erhalten, um nach Centralasien abau⸗
gehen.
London, 30. April. „Standard“ meldet,
England verlangte von Rußland Erklärungen wegen
der Besetzung Meruschals. — Die „‚Times“ schreibt,
die englischen Vorschläge betreffen nicht nur die
Unlersuchung der Pendjeh⸗Affaire, sondern enthalten
auch das Anerbieten, die afghanische Grenze im
russischen Sinne zu reguliren, wenn Rußland aus-⸗
ceichende Garantie gebe, daß es keinen Versuch
nachen werde, Herat zu besetzen.
London, 80. April. Die englisch⸗deutsche
ommission für die westlichen Südsee⸗Inseln hat
heute ihre Arbeiten beendet.
* Am verflossenen Sonntiag wurde Lehrer
Rummel in Ensheim mit einem eigen⸗
händig vom Fürsten Vismardkk geschriebenen
Briefe beehrt, worin der Reichskanzler für die ihm
von einer Ensheimer Gesellschaft an seinem
Jubelfeste telegraphisch übersandten Glückwünsche
seinen Dank ausspricht.
— Pfälzischer Kreis-Fischereiver—⸗
ein. Die Schonzeit für Schleien, Barben und
Bresen dauert vom 1. Man bis incl. 30. Juni
und dürfen solche Fische während dieser Zeit weder
gefangen, ncch zu Markt gebracht oder sonstwie
eilgeboten werden laut 81 und 2 der Fischerei⸗
Irdnung.
— Kaiserslautern, 28. April. Heute Abend
nach 7 Uhr ereignete fich auf dem hiesigen Stifts⸗
platze ein entsetzlicher Unglücksfall. Der ledige 24
Jahre alte Dachdecker Massinger von hier fiel beim
Abreißen der Cirkusbude vom Gerüste mit dem
topfe so unglücklich auf den Boden, daß er eine
ebensgefaährliche Gehirnverletzung und bedeutende
sopfwunden erlitt. Wie wir soeben vernehmen, ist
derselbe heute Nacht im Spital seiner Verwundung
erlegen.
— Aus Kallstadt, 29. April, wird der
„Neuen Burgerztg.“ geschrieben: In Folge der
außerordentlich günstigen Aprilwitterung haben sich
dahier, sowie in Ungstein, Leistadt, Herxrheim a Berg
in allen Lagen die Weinberge prachtvoll entwickelt.
Die Weinstöcke zeigen viele und kräftige Samen,
ind deßhalb sehen die Winzer freudig der Zukunft
entgegen. Des eingetretenen warmen Regens wegen
entwickeln sich auch die Saatfrüchte und Futler⸗
flanzen prachtvoll; dagegen ist im Weingeschäfte
oslständige Stille eingetreten, und die Kauflust ist
zänzlich geschwunden. Selbst auf Weinversteiger-
ungen, wo Vorzügliches geboten wird, wie am
Montag in Forst bei Chr. Biebel Witiwe und
krben herrscht kein rechtes Animo mehr, und wur⸗
zen ausgezeichnete Weine hedeutend unter der Taxe
jergegeben. Hoffentlich kommt auch in das Wein⸗
zeschäft mehr Leben. 1882er, 1883er und 1884er
Weine liegen noch viele da; aber 1881er, dieses
vorzügliche Gewaͤchs, isi nur noch vereinzelt anzu⸗
reffen. Aepfel- und Birnbäume stehen in voller
Blüthenpracht und versprechen eine reichliche Ohst⸗
ernte.
— Speier, 29. April. Die diesjährige
proitestantisch⸗ theslogische An stellungs ⸗Prüf⸗
ung für den Konsistorialbezirk Speher hat unter
dem Vorsitze des Herrn Konsistorialrathes Risch
und Mitwirlung der Herren Konsistorialrath Wand,
Decan Wundisch, Decan Krieger und Stabipfarret
Neu heute dahier begonnen. An derselben dethei⸗
ligten sich die Pfarramts⸗Kandidaten K. Becer,
tandiger Vicar in Erfenbach, K. F. Daum, Vicar
in Schwegenheim, J. Herancourt, Pfarrverweser in
Medenheim. K. J. A. Hinzler, z. Z. in Haßloch,
bh. J. O. Klag, staändiger Vicar in Ensheim,
—————
Licar in Ilbesheim, G. A. J. Mohr, Vicar in
Neunkirchen, A. Reber, Pfarrverweser in Kandel,
Fz. W. Schmitt, Pfarrverweser in Niederlirchen
ij. O., K. L. Steitz, Pfarrverweser in Edenkoben,
J. st. Weyland, ständiger Vicar in Mittelber⸗
hach und D. K. Wilst, Vicar in Rumbach. Der
Prüfungspredigt war entweder Matth. 16, 24 -28
»der der 133. Psalm zu Grunde zu legen.
— Speyer, 28. April. Unsere Milch⸗
händler wurden heute früh vor dem Eintritt in
di⸗s Stadt⸗ho fj⸗ ihren Kunden d⸗cMisch u
Bei aller Fürsorge für die deutsche Landwirth⸗
haft ist doch nicht zu verkennen, daß die wirth⸗
chaftliche Zukunft unseres von einer rasch wachsenden
bebölkerung bewohnten Vaterlandes im Wesentlichen
‚on der auf der Höhe der Zeit sich entwickelnden
Industrie abhängen wird. Große Fortschritte hat
vun allerdings unsere Industrie in den letzten
Jahren gemacht, obwohl vor zwei Jahrzehnten noch
n den Kinderschuhen wandelnd, kann sie sich gegen⸗
wärtig schon so ziemlich mit der französischen, ja
jelbst mit der englischen messen. Diese Erfolge
derdanken wir neben dem Fleiße unserer Nation,
dem rühmenswerthen Wetteifer wie solcher nach den
Ergebnissen der Weltausstellungen hervorgerufen
vurde. Wir begegnen nun dabei der merkwuͤrdigen
Thatsache, daß England, Frankreich und selbft
Amerika und Australien wiederholt Weltausstellungen
eranstaltet haben, während Deutschland noch keine
inzige besefsen hat. Ja, wir machen sogar die
eltsame Beobachtung, daß Deutschland noch nicht
inmal eine eigene nationale Industrie- und Ge—⸗
wverbeausstellung gehabt hat. Provinzialausstellungen
oder Ausstellungen von gewissen Gewerbegebieten
sind in Deutschland allerdings schon öfter veran—
taltet worden, aber noch keine volle, gemeinsame
eutsche Industrieausstellung.
Ein Zeit lang hat man wohl nun eine deutsche
Beltausstellung geplant, aber in den letzten Jahren
jaben sich die ungeheuer kostspieligen und nicht
mmer den gehegten Erwartungen enisprechenden
Weltausstellungen eiwas überlebt, weßhalb ein Welt⸗
misstellungsprojekt für Deutschland wohl jetzt mit
gielen Hindernissen zu kampfen haben müßte. Ein
ꝛinfacheres, glücklicheres und dem nationalen Ge⸗
kanlen dienendes Projekt waäre aber wohl dasjenige
iner deutschen Industrie- und Gewerbeausstellung,
xei welchen eine Menge Schwierigkeiten und Be—
denlen, die bei einer Weltausstellung eine Rolle
pielen, ganz wegfallen, oder nur im geringen Maße
vorhanden sind. Neben den wirthschaftlichen Vor⸗
heilen muß auch die nationalpolitische Bedeutung
iner deutschen Gewerbeausstellung hoch angeschlagen
derden. Schon die Ausgstellungen der letzien Jahre,
velche in Berlin stattfanden, haben, odbgleich fie
aumlich oder dem Gegenstande nach nur eine ver⸗
viltnißmätzig beschrünkie Bedeutung hatten, überaus
ahlreiche Beschauer aus allen Theilen Deutschlands
n Berlin zusammengeführt; eine Ausstellung, an wel⸗
her gauz Deuischland betheiligi isn, wird diese Wirk⸗
ing in noch viel höherem Grade ausüben und vermöge
vs persönlichen Verkehrs von Angehörigenaller deut⸗
chen Volkssiamme während einer Anzahl Monaie
uuf den immer festeren Zusammenfluß der Nation
wich an ihrem Theile hinwirken. Ohne Ueber-
ebung darf die deutsche Hauptftadt hoffen, dazu
nas Ihrige bezutragen, denn seit Jahren kann man
on allen Süd⸗ und Westdeuischen, in deren Heimat
berlin belanntlich ehedem nichtis weniger als beliebt
var. hören, wie sie von jedem Besuche in der Re⸗
drz des deutschen Kaisers mit Befriedigung und
—— heimkehren. Eine Haupiftadt, welche
esen Eindrud auf das Land mocht, ist kein ge—
enzuschlagendes Element des Gefühls der
yα Cinheit; und jede Gelegenheit, denselben
* damteit treten zu lassen, ist deßhalb werthvoll.
* kutsche Gewerbeausstellung wird einer der er⸗
XEX—
——
Lokale und pfälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 1. Mai. Wie wir hören,
hat Herr Lehrer Diehl dahier seine Entlassung
nzus dem pfaälzischen Schuldienste genommen, um
ich an der Universität Göttingen für das höhere
dhramf nhorzuhereiten