Full text: St. Ingberter Anzeiger

auf dem Hemshofe an ihren zwei Enkeln, Mädchen 
im Alter von 3 und 5 Jahren, indem sie dieselben 
in ihrem Zimmer erbängen wollte. Durch das 
Heschrei der Kinder aufmerksam gemacht kamen je— 
doch drei beherzte Männer hinzu, sprengten die ver⸗ 
schlossene Thüre und schnitten die halb betäubten 
Finder ab. Die That geschah in einem Anfalle 
hon Irrsinn. 
Vermischtes. 
Neunkirchen, 1. Mai. Welch schädliche 
dFolgen es haben kann, Hunde auf Kinder zu hetzen, 
davon nachstehend ein Beispiel, das sich alle, welche 
diese üble Gewohnheit haben, zur Warnung dienen 
lassen sollten. Einsender dieses kam in einem naheliegen— 
den Orte in ein Haus, wo eben ein Kind, wel⸗ 
ches er früher als recht gesund und kräftig gekannt, 
von der Fallsucht befallen war. Auf Befragen 
heilte der Vater mit, daß kürzlich des Nachbars 
hund an das Kind gehetzt wurde, dasselbe am 
dleid gefaßt habe und das Kind, ein Gbiähriges 
Mädchen, in Folge des Schreckens in so hohem 
HFrade von der Fallsucht befallen sei, daß die An⸗ 
fälle täglich bis zu 13 stiegen. Das Kind ist in 
Folge der heftigen und häufigen Anfälle schon 
Jeistig und körperlich zurückgekommen und scheint 
einem sicheren, elenden Tode entgegenzugehen. Dieser 
höchst traurige Fall zeigt neben ähnlichen, schon 
oft vorgekommenen gewiß zur Genüge, daß aller 
Frund vorhanden, weder im Ernst noch im Spaß 
hunde auf Kinder zu hetzen. (S. u. Bl.Ztg.) 
Das Ergebniß der mit den Wehrpflich⸗ 
ligen vorgenommen Prüfung in Bayern aus dem 
Jahre 18883 ist folgendes: Mangelhafte Schul⸗ 
bildung hatten: Oberbayern 0,00 pCu., Nieder 
bayern 0,28 pCt., Pfalz 0,19 pCt., Oberpfalz 
0.23 pCt., Oberfranken 0,00 pCt., Mittelfranken 
0.05 pCt., Unterfranken 0,05 pCt., Schwaben 
0.00 pCt., Durchschnitt 0,09 pCt. 
f In Au gsburg wurden zwei Bierpantischer 
zu je 200 Mk. Geldstrafe und einer derselben 
außerdem zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt. 
Dieselben hatten saures Bier mit kohlensaurem 
Natron aufgemuntert und Süßholz in Anwendung 
gebracht. 
fMünchen, 1. Mai. CVerwaltungsgerichts⸗ 
hos.). Die Gemeinderathswahl in Knittelsheim 
V. A. Germersheim, wird vernichtet, da mehrere 
Wahlzettel abgegeben wurden, welche nicht vom 
Wahlkommissär ausgefertigt waren. 
fMünchen, 2. Mai. Se. Maj. der König 
qat zur Unterstützung der durch das Massenunglüä 
in der Grube Camphausen bei Saarbrücken be— 
troffenen pfälzischen Familien 1000 Mk. aus der 
adinetskasse zugewendet. 
—München, 8. Mai. ESelbstmord.) Der 
gestern vom Oberbayr. Schwurgericht zum Tod 
xerurtheilte Raubmörder Seidl soll sich gutem 
Vernehmen nach gestern Abend im Gefängniß auf—⸗ 
jehängt haben. * 
fNärnberg, 30. April. Die Handels⸗ 
und Gewerbekammer von Mittelfranken hat sich 
Ner Eingabe verschiedener Buchbinder Innun gen 
egen den Handel der Lehrer, Pedelle u. s. w. mit 
Schreibmaterialien angeschlossen und ebenso be— 
lossen, die Petitioct gegen die Geschäfisführung 
der Expedition des Centralbücherverlags zu unter⸗ 
dützen. Die Versammlung hat ferner, da ihr eine 
Reihe von Verletzungen des Geschäftsgeheimnisses 
—X geworden sind, beschlossen, dem Ministerium 
auf dessen Anfrage zu ermidern, daß es wünschens 
werth wäre, gesetzliche Maßregeln gegen den Ver— 
auensmißbrauch zu treffen, obschon man sich nicht 
vrhehle, daß die Regelung dieser Frage schwierig 
ei. Schließlich wurde beschlossen, fofort Schrume 
thun, im Falle etwa der Reichstage den pie 
Andustrie so schwer schädigenden Kohlenzoll in 
etter Lesung annehmen wüͤrde. Gegen die Zoll— 
— auf Wolle erklärt sich die Versammlung 
oa * Nü runberg. 2. Mai. Der 4. deutsch⸗ 
ngelische Kirche uge sang-Vereinstag soll 
Anserer Stadt ain 15. und 16. September die ses 
abgehalten werden. Das Referat über— die 
unn eswusitauische Bildung der Geistlichen, Organisten 
in antoren“ haben Seminarinspeitor Zahnm aus 
oif und Professor Zimmer dud Konigsberg 
ibernommen. 
mdus Sachsen. In Irfersgrün i Vgtl. 
de verwittwete Dittes, eine durchaus brave 
¶ ien Frau, ihrem Leben durch Erhängen 
nde. Sie klagte in letzter Zei häufig über 
koͤrperliche Leiden, aber erst durch den sie behandeln⸗ 
den Arzt Dr. med. Frenkel in Kirchberg erfuhr 
man, daß die Bedauernswerthe Ende vorigen Jahres 
bei Gelegenheit einer an sich vorgenommenen Hals- 
untersuchung einen Löffelstiel, dessen sie sich dabei 
bedient, unvorsichtiger Weise verschluckt hat. Die 
Sektion hat die Wahrheit dieser Angaben bestätigt. 
Welch' bange Stunden mag die arme Frau seit 
jener Zeit durchlebt, und welche inneren Kämpft 
nag sie durchgemacht haben, ehe sie zu dem trau⸗ 
rigen Entschlusse gelangt ist. 
F Beuthen, Ober⸗Schlesien, 30. April. 
Hiesige Lokalblätter melden: In der Nähe der 
Redensblickgrude bei Beuthen wohnt schon seit 
einiger Zeit Sommer und Winter hindurch eine 
Arbeiterfamilie, bestehend aus Mann, Frau und 
2 Kindern, in einem Durchlaßrohr, das 
aum so breit ist, daß sich ein erwachsener Mensch 
hdineinzwängen kann. Das Durchlaßtrohr befindet 
sich im Eisenbahndamm und ist, wenn nicht allzu 
bdiel Regen herunterkommt, ganz trocken. Dor! 
lagert die Familie nun in der Weise, daß die 
Alten je an einem Ende, die Kinder aber in der 
Mitte sich ins Rohr schiebhen. Der Wind macht 
den Leuten viel zu schaffen; es wird daher di 
Windrichtung am Abend vorher stets genau abge— 
zaßt und an der Seite, von wo der Wind kommt 
»as Rohr mit Rasenstücken zugestopft. Spring' 
der Wind über Nacht um und kommt von der 
inderen Seite. so ist es freilich mit der Nachtruht 
»orbei. Der Mann äußerte, als er darum befragt 
vurde, warum er sich nicht eine menschenwürdige 
Wohnung verschaffe: „Es will uns Niemand in's 
Quartier nehmen.“ In der That, kaum glaubliche 
Zustände! 
FeEin,Verein unglücklich Liebender“ 
existirt jetzt in Dortmund. Als Mitglieder werden 
nur solche aufgenommen, welche zweimal unglück⸗ 
liche Liebe glücklich überstanden haben. Daran 
wird es heutzutage nicht fehlen. 
F Bonn. Die diesjährige Synode der Alt— 
katholiken des deutschen Reiches ist vom Bischof 
Reinkens auf den 27. Mai nach hierher einberufen 
worden. 
F Eine kostbare Sendung befand sich vo 
wenigen Tagen auf der Eilgut-Expedition des 
Kölner Centralbahnhofes. Es war dieses ein Wa— 
gen mit 125 Fäßchen, enthaltend geprägtes Gold, 
das einschließlich der Fässer ein Gewicht von etwa 
über 6000 Kilogr. repräsentirte. Die Sendung 
kam von Frankfurt a. M. vom Hause Rothschild 
und ging nach Lille in Frankreich. Begleitpersonal 
war im Zuge und auch im Wagen selbst. 
F Münst er (Westphalen), 30. April. Gestern 
Ahend gegen 8 Uhr entstand auf der Sonnenstraße 
und Petersiliengasse-Ecke ein Streit zwischen einem 
Civilisten und Soldaten, der damit endete, daß der 
Letztere den Ersteren mit seinem Seitengewehr durch 
den Hals stach. Der Tod erfolgte in kurzer Zeit. 
Der Erstochene war der Klempnergeselle Lerch, der 
»ei einem hiesigen Meister in Kondition stand. 
Der Thäter, ein Musketier Kaps von der 1. Komp 
13. Inf.Regts., wurde in der Kaserne verhaftet 
fFSoldatenstädte. In Berlin ist jeder 
18. Mensch ein Soldat, in Stuttgart jeder 24., 
in Dresden jeder 23., in München jeder 16., in 
Potsdam und Spandau jeder 7., in Metz jeder 3. 
in Ludwigsburg in Württemberg fast jeder 2. 
Haag. Die Verhandlungen gegen die 
Hiftmischerin. aus Leyden, Maria Katharino 
Swanenburg, Ehefrau des Johannes van der Lin⸗ 
den, sind beendet. Die Angeklagte ist eine Frau 
von gewöhnlicher Größe und mittleren Alters, ge— 
kleidet in Jacke und Rock, mit Umschlagetuch, weißer 
Zaube mit Kehlbändern, kohlschwarzen Haaren 
kurz, sie unterscheidet sich in ihrem Außern in 
NRichts von einem verheiratheten Weihe aus dem 
Mittelstand. Die Anklageschrift hörte sie mit un— 
beweglicher Miene an. die Augen niedergeschlagen 
und das Haupt einigermaßen gebeugt. Auf dem 
Tische vor dem Präsidenten stand eine große Menge 
dersiegelter Flaschen und Töpfe, welche die unter⸗ 
uchten Körpertheile der ausgegrabenen Opfer ent— 
halten. Aus reiner Mordlust hat die Angeklagte 
seit einer Reihe von Jahren Verwandte und Be— 
kannte mit einem arsenikhaltigen Pulver, das ein 
Bewürzhändler in Leyden zur Vertilgung von 
Wanzen verkaufte, vergiftet. Oft machte die Be— 
chuldigte, wenn ihre Opfer starben, scherzhafte 
Bemerkungen über die Leiden derselben, so daß 
tlar ist, daß man es hier mit einem Unmenschen 
zu thun hat. Das Zeugenverhör brachte über die 
Grausamkeit und Gefühllosigkeit dieses Weibes so 
bviele Belege an den Tag, daß alle Zuhörer von 
förmlichem Entsetzen erfaßt wurden. Wir verzichten 
daher darauf, in die Einzelnheiten dieses Verhörs 
einzugehen. Unbegreiflich ist nur, wie diese Schänd— 
liche so lange ungehindert ihrer Mordlust fröhnen 
konnte. Die Anklage konstatirt, daß die Angeklagte 
23 Vergiftungen verübte, welche alle den Tod her⸗ 
beiführten, und 42, welche nur Erkrankung ver— 
ursachten. Das Urtheil lautete auf lebenslängliche 
Zwangsarbeit, da die Todesstrafe in Holland ab⸗ 
geschafft ist. 
F.Reapel, 8. Mai. Auf dem Vesuv haben 
ich 200 Meter oberhalb der oberen Eisenbahn⸗ 
Station zwei Krater geöffnet, aus welchen fich 
Lavaströme in der Richtung auf den Raum zwischen 
Torre del Greco und Pompbeji ergießen. 
F.Wozu die Asche eines Cäsaren 
zu teist, darüber wird aus Rom folgendes Histör⸗ 
chen gemeldet. Dort waren jüngst wieder einige 
wichtige archäologische Funde gemacht worden. 
Beim Ausheben des Grundes für einen Neubau 
nnerhalb der Porta Salaria stießen die Arbeiter 
auf ein unterirdisches gewölbtes Familiengrab, in 
welchem fieben marmorne Aschenkisten standen, aus 
deren Inschriften sich ergab, daß das Grab jenes 
der Familie der Liciniaver war. Die größte dieser 
Kisten, aus weißem Marmor mit reichem plastischen 
Schmucd gearbeitet, enthielt die Asche des Lucius 
Talpurnius Piso, welcher von dem römischen Kaiser 
Galba als Sohn und Nachfolger adoptirt und als 
Cäsar proklamirt worden war. Die Gruft war 
bisher noch nie eröffnet worden und befand X 
deshalb in ganz unversehrtem Zustande. Aber die 
Arbeiter, welche in das Gewölbe eingedrungen 
waren, entdeckten in denselben nebst den Aschen— 
tisten auch eine zwei Fuß hohe schöne Bronze⸗ 
statuette, und das bewog sie, ihre Entdeckung zu 
verheimlichen, um die Statuette verkaufen zu können, 
was ihnen auch gelungen ist. Sie wurde von 
einem russischen Sammler für 6000 Franks er⸗ 
worben, war aber wenigstens das Vierfache werth. 
Als endlich der Eigenthümer des Baugrundes. ein 
Signor Maraini, von der Eröffnung des Grab— 
gewölbes erfuhr und herbeilam, fand er die Marmor⸗ 
kisten schon eröffnet, und die Aschenurnen aus 
denselben waren bis auf eine aus orientalischem 
Alabaster, die aber auch geöffnet und leer war, 
verschwunden. „Wo ist die Asche, die in diesen 
Monumenten war?“ fragte Herr Maraini. „Asche ?“ 
erwiderte einer der Arbeiter sehr erstaunt. „Ja. 
Asche,“ wiederholte Herr Maraini, „wo ist sie ?* 
„Nun,“ gestand zögernd der Arbeiter, „es war 
wirklich Asche da und zwar eine große Menge; 
aber ich ließ mir nicht träumen, daß Sie deu 
mindesten Werth darauf legen würden. Und weil 
die Asche so weiß und sauber aussah, sammelte ich 
sie in einem Korbe und schickte sie meinem Weibe, 
damit sie daraus Lauge fuͤr ihre Wäsche mache.“ 
Und so mußte die Asche eines Cäsars und mehrerer 
römischen Patrizier von edelstem Geschlechte mehr 
als achtzehn Jahrhunderte nach ihrem Tode dazu 
dienen, das Leinenzeug einer römischen Waschfrau 
zu reinigen. 
fFLawinenstürze in Island. Die letzte 
Post bringt betrübende Nachrichten aus Seydisfjord, 
einer der Hauptstation der norwegischen Härings⸗ 
ischer. Am 18. Februar des Morgens stürzte bei 
einem rasenden Schneesturme von dem steilen 
Felsen „Bjölfur“ eine mächtige Lawine herab, 
wälzte sich über den mittleren Theil der Stad 
Seydisfjord und vernichtete Alles, was sie auf 
ihrem Wege traf. 15 Wohnhäuser, 2 Magazine, 
eine Menge Fischereischuppen und eine große 
Anzahl Fischerboote wurden fortgerissen und boul 
tändig zerstört. Leider sind auch 24 Personen bei 
dieser Katastrophe umgekommen. Kolossale Lawinen 
sollen übrigens noch auf verschiedenen Stellen im 
vergangenen Winter herabgestürzt sein; am Mönf— 
'ord wurde durch eine Lawine ein Bauernhof voll⸗ 
iändig zerstört, wobei 3 Personen getödtet wurden. 
Seit dem Jahre 1834 soll kein so strenger Winter, 
wie der vergangene, an der Ostküste von Island 
geherrscht haben. 
fSan Francisco, 7. April. Kalifornien 
st nicht allein das Land der Edelmetalle, des besten 
Weizens, des wohlschmeckendsten Obstes und der 
hohen Bäume, sondern es hat sich auch im Laufe 
der letzten Jahre zu einem nicht zu untetschaätzenden 
Faktot in der Weinkultur und im Weinhaudel em. 
rorgeschwungen. Die kalifornischen Weine gehören 
eßt schon zu den beliebten Marlen in den Ressau—