Full text: St. Ingberter Anzeiger

fSaarbrücken, 8. Mai. Vor der Straf⸗ 
ammer des hiesigen königl. Landgerichts stand 
jeute eine Gesellschaft von 5 Personen von Hüls⸗ 
veiler, angeklagt der gemeinschaftlichen Jagdstripperei, 
velcher sie gewerbsmäßig bei Tages und bei 
Nachtzeit mittelst Schlingenstellens in den Waldungen 
der dortigen Umgebung obgelegen haben sollen; 
nur drei der stillen Jagdfreunde konnten des schweren 
VBergehens überführt werden und wurde das Haupt 
der Gesellschaft, Tagelohner Peter Bch., ein mehr—⸗ 
fach vorbestrafter Wilderer, zu l Jahr, Niklas 
Sl. zu 9 Monaten und Heinrich Kn. zu 2 Mo— 
zaten Gefängniß verurtheilt. Außerdem ward bei 
den beiden ersten Angeklagten Polizei Aufficht zu⸗ 
lässig erklärt, und erfolgte deren sofortige Verhaf⸗ 
sung. Die Mitangeklagten Ackerer Nikl. Kr. u. dessen 
Schwiegersohn Johann Gl. erreichten Freisprechung. 
— Nitkl. Bs., ein Holzhauer aus Weiskirchen, 
welcher zu Dudweiler den Bergmann Johann Bn. 
durch zwei Messerstiche in den Rücken verletzte, und 
der Bergmann Johann Adam Hu. von Dudweiler, 
der am Abend des 16. v. Mis. den Bergmann 
Johann Mr. im Streit durch 2 Messerstiche am 
Hais und Brust getroffen, wurden jeder mit 1 
Jahr Gefängniß bestraft. (S. u. Bl.⸗Z.) 
— Die neulich veröffentlichte Mahnung, bei Ge⸗ 
—X 
fiindet in nachstehend aus For bach mitgetheiltem 
Fall ihre Bestätigung: „Zur Warnung! Zu den 
zekanniesten und beliebtesten sogenannten Haus- 
mitteln gehört, wie jeder weiß, das Lali chlori- 
zum, dessen man sich bei leichten Halsleiden zur 
Herstellung von Gurgelwasser, ähnlich der Alaun— 
— 
zierbei größte Vorsicht am Platze ist, lehrt ein 
trauriger Fall, welcher sich dieser Tage in unserer 
Nachbarschaft ereignet hat. Ein junges Madchen 
don 21 Jahren, die Tochter einer Beamtenfamilie, 
hatte sich das allbekannte Mittel bereitet, hatte je⸗ 
doch schon davon Gebrauch gemacht, noch bevor das 
Kali völlig im Wasser aufgelöst war, und hatte 
nun das ünglück, beim Gurgeln einige Körner zu 
derschlucken. Es zeigten sich bereits nach ganz kurzer 
Zeit Symptome der Vergiftung. und das blühende 
Hädchen. das einzige Kind seiner Eltern, ist der—⸗ 
selben auch erlegen. So wird die Sache wenigstens 
dargestellt und so theile ich sie Ihnen getreulich 
mit Ich kann indeß das Vorkommniß kaum be⸗ 
zreifen, weil einige Aerzte, statt Gurgelwasser zu 
herordnen, es vorziehen, das pulverisirte Kali durch 
einen Federkiel oder ein Glasröhrchen direkt in den 
Schlund zu blasen. Da könnte doch um so leichter 
ein derartiges Unglück vorkommen; ich habe indeß 
noch nichts davon vernommen. Jedenfalls mahnt 
die Geschichte zur Vorsicht!“ 
Meßz, B. Mai. (Saubere Patronen.) Wie 
der „Lorrain“ erzählt, haben hier in den letzten 
Tagen in einer hiesigen Weinschenke zwei Trunken⸗ 
holde eine Wetie eingegangen, 5 Schoppen Wein 
aus einer Schüssel mit dem Löffel zu trinken. Der⸗ 
jenige, welcher die Wette vorgeschlagen hatte. mußte 
fich als besiegt erkennen, bevor er die Schüssel ge⸗ 
leert haite. Wenige Minuten nach Aufgabe der 
Wette verlor der Mann die Besinnung. Derselbe 
wurde besinnungslos nach Hause gebracht, wo er 
jetzt bedenklich erkrankt darniederliegt. 
Strabburg, im Mai. Vor nun neun 
Jahren traten hier im Elsaß achtzehn deutsche Männer 
zusammen um einen Schützenverein zu gründen. 
Unter schwierigen Verhältnissen wollten sie deutsche 
Sitte, deutsches Wesen wieder einführen, ihm 
Achtung verschaffen helfen. Zwar gelang es ihnen 
»urch Opfer, Mühe und Arbeit, die Zahl der Mit 
glieder ihres Vereins bis auf 120 zu steigern, 
indessen bei dem Mangel eigener Schießstände — 
hzie Militärverwaltung hatte in liberalster Weise 
einige Schießstände, jedoch nur an Sonn⸗ und Fest⸗ 
jagen, zur Verfügung gesiellt — waren die Fort⸗ 
chtitie nur gering. Als der Bau eigener Schieß⸗ 
daͤnde in Ausfühtung gebracht wurde, verursachten 
diese und die nothwendigen umfassenden Sicherheits ⸗ 
oorrichtungen einen Aufwand von 13,000 Mark, 
von denen noch 7000 M. aufzubringen sind, obschon 
die einzelnen Mitglieder, zum Theil über ihre Kräfte, 
zum Baufonds beisteuerten. Infolge dieser Kala⸗ 
mität hat der Vorstand des Straßburger Schützen⸗ 
dereins sich mit einem, in warmen Worten gehaltenen 
Aufruf an alle deutschen Schützenvereine und 
Schützenbrüder gewendet, um mit deren Hilfe die 
Mittel zur Deckung dieses Defizits zusammenzu—⸗ 
bringen. In einer Sitzung des Gesamtausschusses 
des deutschen Schützenbundes, gelegentlich des achten 
Bundesschießen in Leipzig wurde angeregt: „jeder 
deutsche Schützenberein möge zu gunsten des Straß⸗ 
burger Vereins ein Preisschießen veranstalten,“ 
indessen nur die Vereine von Kassel, Leipzig nuund 
München sind dem damals mit allgemeinem Beifall 
mufgenommenen Vorschlag bisher nachgekommen und 
jaben 369 M. übersandt. Der Aufruf bittet nun 
die Schützenbrüder ec. dringend, die Straßburger 
in ihrer Nothlase nicht im Stich zu lassen. 
F Straßburg. 9. Mai. Behufs eirer Ver⸗ 
tändigung über die Ausführung der Projektir— 
ungsarbeiten für den Straßburger Ludwigs⸗ 
jafener Kanal sind hier Delegirte der Königl. bayer 
ind der elsaßlothringischen Regierung zusammen 
getreten. Die Verhandlungen, an welchen Königl 
zayerischerseits der Kgl. Oberbaurath im Staats 
ninisterinum des Innern, Herr Heuser, und der 
eͤgl. Regierungsrath und Referent im Staats— 
ninisterium des Innern. Herr Landmann. theil⸗ 
jehmen, haben unter der Leitung des Vorstands 
er Ministerial-Abtheilung für Gewerbe, Landwirth⸗ 
haft und öffentliche Arbeiten heute begonnen. — 
zm Oberpostdirektionsbezirt Straßburg hat die 
finnahme an Wechselstempelsteuer im Monat April 
». J. 15,299,90 Mk. und im Oberpostdirektions— 
ezirk Metz 3497,70 Mt. betragen. 
F Der Verein deutscher Maschinen⸗ 
Ingenieure hat für das Jahr 1885 zwei 
Ireise von 1000 M. bezw. 300 M. nebst Ver—⸗ 
ffentlichungshonorar für die beste Bearbeitung 
1) eines Entwurfs zu einer Kesselschmiedewerkstatt, 
in welcher gleichzeitig 16 Stück Lokomotivkessel 
erbaut werden können; 2) der Beantwortung 
der Frage, welche Befestigung der Radreifen auf 
»en Rädern der Eisenbahnfahrzeuge ist nach dem 
SZtande der gegenwärtigen Erfahrungen als die 
weckmäßigste zu erachten ? ausgesetzt. Die näheren 
Angaben und Bedingungen der Konkurrenz werden 
in dem 10. Heft der „Annalen für Gewerbe und 
hauwesen“ vom 15. Mai 1885 enthalten sein. 
FMannheim, 9. Mai. Der Landtags⸗ 
abgeordnete Ferdinand Schneider, einer der Führer 
der badischen Demokratie, ist heute in Baden ge— 
torben. 
F Neuburg a. D., 9. Mai. Das größte 
rontingent zur Bierpantscher-Affaire liefert der 
ziesige Landgerichtssprengel. Am 18. Mai kommen 
yor der hiesigen Strafkammer nicht weniger als 
18 Bierbrauer zur Aburtheilung. Auch in Augs— 
hurg wird demnächst eine größere Zahl von Bier— 
zrauern wegen Bierfälschung abgeurtheilt. 
F München, 4. Mai. Der bekannte Jour— 
zalist Dr. Sigl, derzeit im Nürnberger Zellenge⸗ 
ängniß, wo er seit November 1884 eine 9monat⸗ 
iche Strafe wegen Kriegsministerbeleidigung aositzt. 
muß, nach hiesigen Blättern, vorläufig entlassen 
perden, da sein geistiger Zustand Bedenken erregt. 
Zigl hat wdereits über 5 Jahre im Gefängniß 
vegen Preßvergehen gesessen! 
F München, 9. Mai. Die Ministerien des 
dultus und des Innern haben behufs statistischer 
kErhebungen über das baycrische Unterrichtswesen 
'olgende Anordnungen getroffen: „Hinfort wird 
ine Statistik der Unterrichts⸗ und Erziehungsan— 
talien des Königreichs hergestellt. Dieselbe beginnt 
nit dem Schuljahr 1884/85 und wird alljährlich 
'ortgesetzt. Die Statistik erstreckt sich auf alle 
-„chulen, öffentliche wie pridate. Die Erhebungen 
inden jedesmal im September und Oktober für das 
»orausgegangene Schuljahr statt Zum Zwecke 
ieser Statistik werden die Schulen eingetheilt in 
1) deutsche Schulen, 2) Fortbildungsschulen, 3) 
Mittelschulen, 4) Hochschulen, 5) Erziehungs⸗ 
Unstalten. 
F München, O. Mai. Ein Scribent, welcher 
hergangenen Montag bei der Einfahrt Sr. Maj. 
»es Koͤnigs in die Hofgartenstraße durch Schreien 
ind Geberden die Einschreitung der Gendarmerie 
»eranlaßte und verhaftet werden mußte, ist der 
dreis⸗Irrenanstalt überwiesen worden. Es hat sich 
zerausgestellt, daß der Unglückliche von hochgradigem 
Delirium tremens befallen ist. 
fTittmoning, 5. Mai. (Ein greiser 
Mörder.) Der 80jährige Taglöhner Stadler in 
Tyrlaching erstach in einem Wortwechsel wegen 
iner Suppe seinen Schwiegersohn. 
F Mörsdorf (Gberpfalz), 8. Mai. Ein 
dandwerksbursche zündete uniängst Abends das 
Ztrohdach des Anwesens der Gütlerseheleute Schrödel 
in, wartete sodaun in einer Entfernung von 50 
Zchritten auf den weiteren Verlauf seiner ruchlosen 
khat, sah zu, wie gerettet und gelöscht wurde und 
ging dann, als das Anwesen fast ganz niede 
brannt war, sehr befriedigt zur Gendarmerie 
dilpoltstein, wo er anzeigte, daß er das Haus 
gezündet habe, weil der mittlerweile verstorbene 
itzer desselben ihn vor fünf Jahren beleidigt 8* 
F Frankfurt, 8. Mai. Die beunt 
Auslieferung des seit 13 Monaten in Hast —* 
lichen Wilhelm Sachs an die hiesige Staaten 
waltschaft ist von Seiten des höchsten Gerichtehn 
in Buenos Ayres abgelehnt und Sachs dorhjel 
auf freien Fuß gesetzt worden. 
fFrankfurt, 10. Mai. Gestern kame 
die ersten Kirschen und Erdbeeren zu Markt. Da 
Stück Kirschen kostete J Pf. das Hundert Erdbenn, 
10 Mk., Aprikosen das Stück 60 Pf. 
F Frankfurt 10. Mai. Seit dem 6. d. Y 
wird ein hiesiges 22jähriges Dienstmädchen vermißl 
Nach einem in ihrer Dienststube zurückgelassene, 
Briefe scheint es sich das Leben genommen zu haben 
Am Abend des betreffenden Tages gegen 9 Uß 
soll ein Metzger am Fahrthor ein Mädchen in da— 
Main haben springen sehen. Er soll dann eine 
Fischer veranlaßt haben, nach demselben zu suchen 
was indessen ohne Erfolg geblieben ist. Du 
Mädchen soll die Geliebte des Gefreiten sein, welche 
sich kürzlich in der Kaserne erschossen hat. Theil 
deshalb, theils auch, weil das Mädchen in der de 
treffenden Untersuchungssache sich kompromitir 
wähnte, scheint es sich das Leben genommen p 
haben. — Ebenso wird ein 40jähriger Zeichna 
der früher in der Irrenanstalt war, und neuerding 
wieder Spuren von Geistesgestörtheit grezeigt hat 
teit dem 7. d. Mts. Abends vermißt. 
F Offenbach, 9. Mai. (S. Verband 
schießen.) Nach dem gestern vorgelegten Voran 
chlag, dem das Ergebniß des Hanauer Festes z 
Grunde gelegt ist, rechnet das Komité auf ein— 
Finnahme von 73,346.96 Mk und auf eine Auz 
Jjabe von 69,041. 20 Mk, mithin auf einen Ueber 
chuß von zirka 33 Tausend Mark. Selbstredem 
ind diese Ziffern nur annäherungsweise festgeftell 
uind erleiden voraussichtlich noch manche Veränder 
ung, spricht doch bei derartigen Festlichkeite 
Mancherlei, so z. B. das Wetter, bedenklich mit 
Der wichtigste Punkt, welcher gestern zur Berathun— 
und auch zur Beschlußfassung gelangte, ist die deh 
setzung der Preise für Festkarten, resp. Eintrins 
karten. Nach reiflicher Aussprache gelangte ma 
zur Ansicht des Finanzkomits und beschloß ein 
timmig: Der Preis für 1 Abonnements-Familien 
tarte (die Karte gilt natürlich für die Dauer de 
ganzen Festes) beträgt 6 Mark. Selbstständig 
Söhne haben auf Grüund dieser Karte keinen Zu 
rritt. Abonnement⸗Einzelkarten kosten 3 Mk. Da 
Eintrittsgeld zum Probetag — am Sonntag vo 
dem Fest — beträgt 50 Pf.; am Samstag vo— 
dem Fest (27. Juni) 30 Pf.; am ersten Festsonn 
tag wird 1 Mk. Entree erhoben; der gleiche Be 
trag an allen jenen Tagen. an denen großes Feuer 
werk stattfindet, dagegen beträgt das Eintrittsgel 
an allen übrigen Tagen 50 Pf. Außerdem wird 
noch ein billiger Tag eingerichtet, an dem nu 
30 Pf. Entree zu zahlen sind. Wahrend de 
ammtlichen Festiage werden Kinderbillets zu 
Pfennig ausgegeben. 
In Wiesbaden sind die Bäcker mit den 
Brod um einige Pfennig aufgeschlagen und in 
henachbarten Bieberisch um einige Pfennig 
ibgeschlagen. Welch' seltsame Wirkungen doch em 
Hetreidezoll hat! 
F Die diesjährige Wander-Versamm 
lun deutscher und sterreicher Bienenwirthe finde 
in Liegnitz vom 8. — 11. September statt. Die 
Wander⸗Versammlung wird dadurch ihre gan— 
hdesondere Weihe empfangen, daß der Heuptfrderer 
der Bienengucht. der Erfinder der heweglichen 
Wabe und sorgsame Beobachter oller Erscheininiger 
des Bienenlebends, Herr Dzierzon, bei dieser Ge 
legenheit sein 80jähriges Imter⸗Jubildum feiern 
wird. 
paltverbrieftes Recht. Das Scon 
zericht Freiburg a. d. Unstrut verhandelte J 
woch folgenden Fall. Zwei Weißenfelser disch 
waren beschuldigt, am 14 November v. J. inner 
halb der Gemarkung Gosek unbefugter Weise 
ber Saale gefischt zu haben. Die Angellagun 
erachteten sich indes in vollem Rechte; sie leiteten 
dieses nämlich aus einer Urkunde des — 
Ludwig II. vom Jahre 1076 her. Diese nm 
befreit die Stadt Wyzinfelse von allen Abgabe 
und Zöllen in Ansehung der dort eingefltihrten 
oder von dort ausgehenden Waarengüter, ertheil