Full text: St. Ingberter Anzeiger

2 Mark pro Heltoliter Bier, und man verlangt, 
daß dieselbe auf 1 Mark herabgesetzt werde. Die—⸗ 
enigen, welche dies verlangen, heweisen die Verech ⸗ 
tigung ihrer Forderung aus einzelnen Paragra phen 
der Reichsverfassung des Zollvereinsvertrages; es ist 
aber sehr schwer, bei Steuern, welche nach verschie⸗ 
denen Systemen erhoben werden, einen genauen 
Ausgleichun ismodus zu finden, und die norddeutsche 
Brauersteuer⸗Gemeinschaft wird sich nun wohl schwer 
uberzeugen lassen, daß die jetzt bestehende Ueber⸗ 
zangsabgabe zu hoch bemessen ist. Wir find nun 
iber, ohne auf eine Berechnung der in den ver—⸗ 
schiedenen Theilen Deutschlands erhobenen Biersteuer 
einzulassen, gleichfalls Gegner der Uebergangssteuer, 
und zwar wünschen wir nicht nur eine Herabsetzung 
derselben, sondern eine vollständige Aufhebung der⸗ 
selben durch eine Unifizirung der Steuer, indem 
uns eine solche Zollgrenze mitten in Deutschland 
gleichsam wie ein Flecken auf der Einheit erscheint. 
Leider ist aber eine solche Beseitigung — und es 
jandelt sich dabei nicht allein um die Uebergangs⸗ 
abgabe von Bier — nicht so bald zu erwarten. 
Will man in Bahyhern ernstlich die Beseitigung. so 
würde man vielleicht dieselbe beschleunigen können; 
mit dem Aufgeben der Reservatrechte würde das 
vesentliche Hinderniß für eine Unifizirung der Brau⸗ 
steuer fortfallen. Ein anderes, allerdings ganz 
radikales Mittel, würde die vollständige Beseitigung 
einer jeden Biersteuer sein; leider ist, aber augen⸗ 
licklich an eine solche Maßregel, welche vielleicht 
die wirksamste Waffe in dem Kampfe gegen den 
Alkoholismus sein würde, nicht zu denken. 
Aus Wien wird der „Fr. Zig.“ telegraphirt, 
das Präsidium des Krakauer Landesgerichts sei durch 
ein ministerielles Restript davor gewarnt. aus Ame 
rika kommende Briefe in Trauerkouverts anzuneh— 
men, weil dieselben von Anarchisten an europäische 
Behörden geschickt werden und beim Oeffnen ex— 
plodiren. Wenn die Attentate ernst gemeint sind, 
jo werden die Verbrecher das Kennzeichen des 
Trauerrands bald fortfallen lassen. 
* Imösterreichischen Kaiserstaate absor— 
biren die bevorstehenden Reichsrathswahlen fast 
pollständig das allgemeine Jnuteresse. Die gegen— 
wärtige Wahlbewegung, die sich mehr und mehr 
hrem Höhepunkte nähert, hat gegenüber derjenigen, 
früherer Jahre eigenthümliche Erscheinungen aufzu— 
weisen. Einer der sonderbarsten Vorgänge in der 
diesmaligen Wahlcampagna ist die versuchte Ver—⸗ 
zuickung des klerikalen mit dem deutsch⸗nationalen 
Standpunkte, wie man eine solche namentflich im 
Salzburgischen und in Oberösterreich befürwortet; 
doch auch in der Steiermark und in Böhmen be— 
zegnet man dem Bestreben, die liberalen und die 
Aerikalen Deutschen unter einen Hut zu bringen. 
Dieser Gedanke hat ja gegenüber der immer mächtiger 
anschwellenden slavischen Hochfluth entschieden etwas 
für sich, aber beim näheren Zusehen erweist er sich 
naur als ein Mittel, der klerikalen Partei auf Kosten 
des liberalen Deutchthums neuen Zuwachs bei den 
Wahlen zuzuführen. Man braucht nur ein wenig 
n der parlamentarischen Vergangenheit der klerikalen 
Partei Oesterreichs — und zwar gerade, was die 
aeireste Zeit anbelangt — zurückzublättern, um zu 
finden, daß diese Partei stets und überall mit den 
ausgesprochenen Feinden des österreichischen Deutsch 
hums, mit Czechen, Polen, Slovenen u. s. w. 
hand in Hand gegangen ist und diesem historischen 
Fakltum gegenüber wäre es thöricht, von einer Ver⸗ 
schmelzung zwischen den Deutschliberalen und den 
Deutschklerikalen Großes für die Zukunft des Deutsch⸗ 
hums in Oesterreich zu erwarten. 
Der Zusammentritt der inkternationalen 
Sanitäts⸗Konferenz in Rom, welcher 
im 15. d. M. erfolgen sollte, ist auf den 20. Mai 
yerschoben worden, um den auswärtigen Delegirten 
Zeit zum Eintreffen zu lassen. 
* Die Opposition im englischen 
Unterhause hat am Montag mit ihrem An— 
trage, den Elf-Millionen⸗Kredit zu verweigern, so 
ange die Regierung über die Verwendung desselben 
einen genügenden Aufschluß ertheile, wie sich vor⸗ 
aussehen ließ, Fiasco gemacht. Mit 290 gegen 
260 Stimmen wurde der Antrag abgelehnt und 
die Kreditbill in zweiter Lesung angenommen. Glad⸗ 
tone erklärte hierbei, die Opposition behaupte, Eng— 
and habe Rußland in allen Punkten nachgegeben, 
ver Ende dieser Woche vorzulegende Schriftwechsel 
werde aber das Gegentheil beweisen. — Jedenfalls darf 
man der Veröffentlichung des Schriftwechsels zwischen 
den Kabineten von London und Petersburg wegen 
der afghanischen Frage mit Interesse entgegensehen. 
Im Uebrigen bewahrt sich die letztere ihr fried⸗ 
icheres Aussehen, zumal da Gladstone in der er— 
vähnten Sitzung des Unterhauses auch seine Ueber⸗ 
eugung ausgedrückt hat, daß die russische Regierung 
das in London getroffene Abkommen ratifiziren 
werde. Der Premier fügte noch hinzu, daß der 
Abschluß einer Konvention beabsichtigt sei, daß es 
aber rathsam erscheinen dürfte, den Abschluß einer 
solchen bis zur erfolgten detaillirten Feststellung der 
Grenzlinie zu verschieben. Im Oberhause erklärte 
an demselben Tage Lord Granville, daß die Schieds⸗ 
richterfrage im Prinzip geregelt sei. 
* Die Organisation des nuen Congostaates 
ist nun äußerlich vollendet, nachdem sich das Mini— 
sterium für denselben mit dem Obersten Strauch 
ils Präsidenten und dem berühmten Afrikareisenden 
Ztanley als Gouverneur konstituirt hat. Das Ge⸗ 
zippe des neuen Staatengebildes — um sich dieses 
inthropologischen Ausdruckes zu bedienen — im 
Westen Afrikas bedarf aber noch sehr der Vervoll⸗ 
ommnung und auch bezüglich des inneren Aus— 
zuues des Congostaates bleibt noch so qut wie 
Alles zu thun übrig. Hoffentlich erfüllen sich jedoch 
nit der Zeit die Erwartungen, welche man von 
iesem jüngsten aller Staatswesen hegt, namentlich 
n Hinblick auf die hohe, civilisatorische Aufgabe, 
welche ihm im „schwarzen Erdtheil“ zu Theil ge— 
worden ist. 
* Der sudanesische Feldzug der 
Fugländer nimmt ein Ende, wie es längst 
yorherzusehen war, daß es ader ein ruhmpvolles sei, 
vird selbst der eingefleischteste Britenfreund nicht 
»ꝛhaupten wollen. Der Vormarsch gegen Chartum 
st nämlich definitid aufgegeben worden. Im öst⸗ 
ichen Sudan soll nur noch Suakin gehalten wer 
den, aber auch blos so lange — wie der Kriegs⸗ 
ninister Hartington im englischen Unterhause erklärt 
hat —, bis mit einer anderen Macht ein Arrange⸗ 
ment wegen der Vesetzung dieses Platzes getroffen 
sei. Diese „andere Macht“ kann aber nur Italien 
sein, welches somit die zweifelhafte sudanesische 
Erbschaft der Engländer nur anscheinend antritt 
In Kanada ist die Lage eine sehr kritische. 
Aller Wahrscheinlichkeit nach steht ein langer und 
zlutiger Indianerkrieg bevor, wie er in den Ver— 
inigten Staaten bald Dakota oder Wyoming, bald 
deu-Mexiko oder Arizona zum Schauplatz hatte. 
die erste Schlacht fiel zu Ungunsten der kanadischen 
truppen aus. Derartige Niederlagen der Weißen 
iben auf die stets kampflustigen Indianerstämme 
jsewaltigen Einfluß aus. Schon ist die Nachricht 
ingetroffen, daß die Crees, einer der mächtigsten 
ind wildesten Stämme, den Kriegspfad gegen die 
Weißen betreten haben. Ueber die kriegerischen 
Ubsichten des Siour dürften kaum Zweifel bestehen 
ind sollten sich auch, die bisher loyalen „Blackfeet“ 
„Schwarzfüße“) von den Aufständischen zur Theil⸗ 
jahme an dem Kampfe verleiten lassen, so steht das 
irmeelose Kanada einem an 15, 900 Köpfe zähten— 
den, furchtbaren Feinde gegenüber, dessen gänzliche 
Anterdrückung große Opfer an Menschenleben sowie 
Seldmitteln erfordern und vielleicht erst nach jahre⸗ 
angen Kämpfen zu erzielen sein dürfte. 
— 7— 
SôƷeutsches Reich. 
Berlin, 13.. Mai. Gestern Abend fand im 
Abtheilungszimmer 5 des Herrenhauses die Schluß 
itzung des Zentral-Komitées für die Bismarck- 
Ehrengabe statt. Der Vorsitzende, Herzog von 
Katibor, eröffnete die Sitzung mit der Mittheilung 
iber das Gesammtergebniß der Sammlungen, die 
inen Ertrag von Ml. 2,750,049.44 ergeben 
jaben, der nach Abzug der Kosten von Mark 
20,9056.50 eine Summe von Mk. 2,729, 143. 94 
ꝛepräsentirt. Hiervon sind Mk. 1,500,000 zum 
Ankauf von Schönhausen verwandt und der Rest 
von Mk. 1,229,143. 94 zur Disposition des Herrn 
seichskanzlers für die zu bildende Stiftung gestellt. 
der Herr Vorsitzende ertheilte hierauf dem Schatz 
neister des Zentral Komitͤs, Herrn Seehandlungs 
zräsidenten Rotger, das Wort, der der Versamm 
ung den folgenden detaäillirken Nachweis üher di 
A 
Fiuganges für die „Bismarck⸗Ehrengabe“. 
Deutschland. Konigreich Preußen. Provinz d 
preußen Mt. 40504.08, WestpreußenM 
25 768. 06 Brandenburg Mt. 62,401. 13, 6i 
Berlin Mk. 545, 405. 80, Provinz Pommern M 
61.615.90, Posen Mk. 31.836. 59, Schlesien Ri 
207,133. 71, Sachsen Mk. 147,807. 10, Schleswi 
Holstein Mk. 37,827. 73, Hannover Mb. 57,027 00 
Westphalen Mk. 86,2608. 11, Hessen⸗Nassau Mag 
96.872.50. Rheinprovinz Mk. 283, 989. 36, Hohen 
ollernsche Lande Mk. 1095. 10, zusammen Man 
1,686,042. 25. Königreich Bayern Mk. 169,800,39 
Sachsen Mk. 228,703 45, Wurttemberg Mot 
35,048. 23, Großherzogthum Baden Mk. 76 340.99 
dessen· Darmstadt Mtk. 39,499. 17, (beide) Medlen 
»urg Mk. 14977 56, Sachsen⸗ Weimar-⸗Eisenah 
Mt. 13,252.80. Oldenburg Mt. 10,71447 
Herzogthum Braunschweig Ml. 24 782. 34, Sachfen 
Meiningen Mt. 8158. 19, Sachsen⸗Altenburg Mf 
3159. 35,. Sochsen⸗Koburg⸗Gotha Ml. 83209.82 
Anhalt Mtk. 17,523. 16, Fürstenthum (beide 
Schwarzburg Mk. 3657. 03, Waldeck Mk. 901,91 
beide) Reuß Mk. 9206. 05, Lippe Mt. 3019.29 
Reichslande. Elsaß ⸗Lothringen Mt. 17,01627 
Freie und Hansestadt Lübeck Mk. 9212,74, Ham. 
»urg Mk. 99,024.31, Freie Hansestadt Bremen 
Mark 29,242.87, zusammen Mk. 2,562,81127, 
ß. Ausland. a. Eu ropäisches. Belgien 
Mark 6287.48, Bulgarien Mark 269.60, England 
M. 26,746. 56, Frankreich M. 16,847. 15, Holland 
M. 2574.78 Italien M. 7758.58, Oesterreich 
M. 14074.49, Portugal M. 678. 50, Rumänien 
M. 2080.89, Rußland M. 37.,852. 69, Schweden 
M. 2211.31, Schweiz M. 6342.93, Spanien 
1316.40, Türkei M. 20, zus. M. 125,061.36. 
b. Außereuropäisches. Afrika M.21,893.65 
Amerika M. 31,204. 14, Asien M. 9518 02 
Australien M. 61, zus. M. 62 176. 81 Total M. 
2 750,049. 44, abzüglich der Gesammtunkosten von 
M. 20,905. 50 bleiben M. 2.729., 143. 94. Von 
diesen M. 2,729, 1483. 94 entfallen auf Schönhausen 
Mark 1,500,000, auf die Stiftung Mars 
1,229, 143. 94, wie oben M. 2,729, 143. 94. Außerdem 
und bei der Haupt-Seehandlungs-Casse vom „Ver⸗ 
ein Bismarck in Berlin“ eingezahlt mit der aus 
drücklichen Bemerkung: ‚bis auf weitere Bestimm 
ing des Herrn Reichskanzlers zu usserviren“ M. 
1500. Von den auf die Bismarck« Stiftung ent— 
'allenden M. 1,229,143. 94 sind bereits abgeführt 
Mark 1,220 000, es bleiben also noch zu zahlen 
)143.94. — Die Versammlung ertheilte hierauf 
dem geschäftsführenden Ausschusse, speziell dem 
Schatzmeister des Centralkomité's, Herrn Seehand— 
ungspräsidenten Rötger, Decharge und ertheilt 
dem Vorsitzenden in Gemeinschaft mit dem Schatz 
neister die Ermächtigung, die noch zu erledigenden 
Beschäfte selbstständig zu Ende zu führen, sowie an 
den Herrn Reichskanzler das Ersuchen zu richten 
ine Bestimmung darüber zu treffen, wohin die 
SZammlungen der Beitragslisten abzuführen seien 
Professor Gneist sprach darauf dem Vorsitzenden, 
herzog von Ratibor, den Dank des Centrattomitss 
aus für die außerordentliche Mühewaltung, die ihm 
durch seine ausgezeichnete Leitung der Geschäftt 
erwachsen sei. Die Anwesenden drückten durch Er— 
heben von den Sitzen-ihre Zustimmung aus. Heri 
ↄ. Levetzow baͤt die Versammlung,“ duch den Mit— 
uxbeitern des Vorsitzenden,“ Herrn! Geheimrath 
Metzel, und vot Allem dem Schatzmeister Herrn Präsi 
denien Rötger ihren Dank abzustatten, und fand 
für diesen Vorschlag' allseitige Zustimmung. Der 
Boifitzende sprach seinen Dank für die Milwirknng 
aus, die dem geschaäftsführenden Ausschuß ülbetal 
zu Theil geworden, und gab seiner Befriedigung 
darüber Ausdruck, daß der Zweck, zu welchem die 
Bildung des Centralkomités erfolgt sei, in so ere 
ireulicher Weise erreicht worden. 
Berlin, 13. MRai. Der „Nordd. Abg 
Ztg.“ zufolge wird der König von Belgien- End 
nächster Woche zum Besuche des Hofes hier ein 
treffen. — Der „Reichsanzeiger“ publizirt da⸗ 
Gesetz zur Beschaffung der Mittel für die Erweite⸗ 
rung des Staatseisenbahnnetzes 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
4* St. Ingbert, 15. Mai. Als Vertreten 
Der hiesigen protestantischen Kirchengemeinde auf dei 
Diöcesansynode Homburg wurde vom Presbyterium 
der kgl. Steiger Herr Philipp Scheimeitte 
newähslt.