Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒ2t. Jugberter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
—— —— Anzeiger“ erscheint wobchentlich funfmalt Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woqchentlich mit Unterhaltungt 
Aun und Sonutags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blati kostet vierteljährlich 1.4 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 8 75 4, einschließlia 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 H, Neclamen 80 8. Bei 4maliger Einrickung wird nur dreimalige berechnet. 
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MN 96. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 14. Mai. Dem Major z. D. 
ind Landwehrbezirkskommandeur Stark zu Kai⸗ 
echlautern, bisher Platzmajor der Festung Ulm 
rechtes Donauufer), wurde der k. preußische Kronen⸗ 
tden dritter Klasse verliehen. 
Berlin, 14. Mai. Der „Reichsanz.“ pub⸗ 
izirt das Gesetz zur Beschaffung der Mittel für 
Frweiterung des Staatseisenbahnnetzes. 
Berlin, 14. Mai. Der neue amerikanische 
gesandte, Herr Pendleton, ist mit Gattin und 
wei Tochter hier eingetroffen und im Hotel Royal 
ibgestiegen. 
Berlin, 15. Mai. Die Session des Reichs⸗ 
ags wurde, nachdem der Reichsstag das Mandat 
des Unterstaatssekretärs Grafen Bismarck für nicht 
erloschen erklärt und den spanischen Zusatzvertrag 
nit 228 gegen 50 Stimmen angenommen haͤtte, 
zurch eine von dem Staatssekretär v. Bötticher 
zerlesene allerhöchste Schlußordre nach einem drei⸗ 
naligen Hoch auf den Kaiser geschlossen. 
Paris, 15. Mai. Die Chefs der elsaßloth⸗ 
ingischen Emigration und die lautesten Deutschen⸗ 
eher hatten gestern Abend im Café Frentin am 
zoulevard Poifsonière ein Bankett zu Ehren des 
ier anwesenden Mitgliedes des deutschen Reichs⸗ 
ags Antoine aus Mezz veranstaltet. Den Vorsitz 
ührte der Deputirte, Professor Mezieres, Vice⸗ 
Jräsident der famosen Patriotenliga. Angeblich 
purden keine Reden gehalten, um Antoine nicht 
u sehr zu kompromittiren. 
London, 15. Mai. „Wie „Daily News“ 
neldet, siinmt die Antwort Rußlands im Allge— 
neinen dem vorgeschlagenen Grenzabkommen zu, 
as nur in unwesentlichen Punkten weitere Erör⸗ 
erung bedürfte. — „Standard“ zufolge sei nur 
ine vorlaufige Antwort Rußlands eingegangen, 
vonach das Abkommen nicht ohne weiteres annehm⸗ 
n und die Vorbesprechungen deßhalb fortgefetzt 
vürden. 
kLokale und pfälzische Nachrichten. 
2 — Durch Beschluß des k. Amtsgerichts Land⸗ 
uhl dom 23. August 1882 wurde über das 
jetmögen des Kaufmanns Karl Stoffel, ge⸗ 
vren 1833 zu Herschberg, damals zu Land⸗ 
luhl wohnhast, der Konkurs verhängt. Im Ver⸗ 
aufe des diesbezüglichen Verfahrens ergab sich, 
aß Stoffel während seines Geschaftsbetriebes weder 
nbentar errichtet, noch Kassabuch geführt hatte, 
eine übrigen Bücher derart Unrichügkeiten und 
Nängel zeigten, daß eine genaue Urbersicht des 
ermögensstandes nicht zu gewinren war. Für 
e von ihm geübte Unserlassnng der genauen und 
vollständigen Huchführung erhält Stoffel — wegen 
infachen Bankerolis — 6 Monaie Gefängniß. 
—— Fahrpreis⸗Ermäßigung. Die 
rettion der Pfalzischen Eisenbahnen har den die 
eneralversammlung des bayer. Frauenvereins unter 
en rothen Kreuz am 28. d. M. in Nenstadt be⸗ 
uchenden und sich legitimirenden Mitgliedern 
jahrtaxermaͤßigung in der Weise bewilligt daß 
je infachen mit dem Stationsstempel verfehenen 
jahrbilletie zur freien Rückfahrt in dea entsprechen⸗ 
en Zugs · und Wagentlassen am Tage der Aus- 
abe berechtigen. 
—Frankenthal, 12. Mai. In der 
scungen Strafkammer⸗Sißung des k. Landgerichts 
Sonntag, 17. Mai 1885. 
wurden die beiden Kinder des Wagenwärters Erb 
n Ludwigshafen, ein 13 und ein 15 Jahre altes 
Mädchen, wegen eines raffinirt durchgeführten Ein⸗ 
zruchsdiebstahles zu 8 Monaten 15 Tagen bezw. 
3 Monaten Gefängniß verurtheilt. Dieselben waren 
nit einer Leiter in das Haus des Zimmermannes 
derde eingestiegen, hatten den Sekretär ecrbrochen 
ind ungefähr 780 Mk., sowie verschiedene Schmud⸗ 
jegenstande daraus entwendet. In derselben Sitz⸗ 
ing wurde gegen die Ehefrau des Schreiners Ehr⸗ 
jardt von Speyer verhandelt, welche beschuldigt ist, 
»em Ackerer Nikolaus Wirtwein von Freisbach 
pift geliefett und Anleitung bezüglich dessen Ver⸗ 
vendung gegeben zu haben, wodurch ein alter „Erb⸗ 
etter“ aus der Welt geschafft werden sollte. Das 
Berbrechen wurde damals nur durch das energische 
rintreten der Ehefrau Wirtwein verhindert. Wirt⸗ 
vein war bereits im Dezember zu 9 Monaten 
Befängniß verurtheilt worden, wogegen die sehr 
ibel beleumundete Ehrhardt heute 8 Jahr Gefäͤng⸗ 
aiß erhielt und ihr die bürgerlichen Ehrenrechte auf 
3Jahre aberkannt wurden. 
Vermischtes. 
SHilbringen, 11. Mai. Ein hiefiger 
dandmann hatte in voriger Woche einen glücklichen 
Tag. Demselben murden nämlich an einem Tage 
jeboren: ein Eöhnchen, ein Füllen, drei Hündchen, 
ünf Kätzchen, elf Kaninchen und eine Heerde Gans⸗ 
hen ging aus den Eiern. Das war gewiß ein 
eicher Segen! 
FStraßburg, 13. Mai. Se. Maj. der 
daiser hat zur Linderung der Noth in den durch 
den Orkan vom 16. Juli 1884 heimgesuchten Ge⸗ 
neinden der Kreise Kolmar und Gebweiler eine 
Zumme von 24,487 Mt. aus seinem Dispositions⸗ 
sonds bewilligt. 
Der sechsfache Moͤrder Bernhard Nill aus 
Aberhausen wurde nach einer Meldung aus 
Hechingen am 12. d. M. am Eingang des Rammet ⸗ 
valdes bei Bodelshausen gefunden. Er lag todt 
nit durchschnittenem Halse da, ein Messer und ein 
Pistol neben ihm. 
F Munchen. Durch Regierungsausschreiben 
verden die Pfarrämter darauf aufmerksam 
jemacht, daß Zeugnisse der Pfarrämter, welche auf 
Brund der bis zum 1. Januar 1876 von denselben 
zeführten Standesregister ausgestellt werden, mil 
orschriftsmäßiger Gebührenmarke von 50 Pfg. 
dersehen sein müssen. Zugleich wird nachdrücklich 
nuf die Strafbestimmungen hingewiesen. Bei 
Zeugnissen, welche gebührenfrei ausgestellt werden, 
was bei Zeugnissen zur Regulirung von Pensionen, 
Zustentationen, Unterhaltungsbeiträgen und der⸗ 
zleichen geschieht, muß der die Gebührenfreiheit 
degründende Umstand auf dem Zeugnisse ausdrücklich 
dermerkt werden. 
Munchen, 12. Mai. Den „N. N.“ zu⸗ 
olge hat Herzog Karl Theodor während seines 
ufenthaltes in Meran bis jetzt gegen 70 Augen⸗ 
ranke operirt; alle Kranke mit Ausnahme von 
weien, bei welchen die Nuztzlosigkeit der Operation 
orauszusehen war, wurden geheilt. — Der baye⸗ 
ische Gesandte in Rom, Freiherr von Tautphöus 
velcher sich bereiis im vergangenen Jahre in der 
krieger'sjchen Anstalt hier einer Operation unter⸗ 
siehen mußte, welche Herr Geheimrath Professor Dr. 
d. Nußbaum vornahm, ist wieder erkrankt und wird 
hier abermals operirt werden müssen. 
F Die Generalversammlung des Sterbe⸗ 
kassen⸗-Vereins für die Nerzte Bayerns 
20. Jahrg. 
wird im Laufe dieses Herbstes statifinden. Die 
Vorstandschaft des Vereins, bestehend aus den 
derren Generalstabsarzt Dr. von Lotzbech. Hofstabs⸗ 
arzt Dr. Martius, Medizinalralh Dr. Ladal, Dr. 
L. Graf, Dr. Darenberger und Dt. Schoͤner hat 
aus diesem Anlasse schon mehrere vorberathende 
Sitzungen gepflogen. 
fBamberg. Dr. Heger, ein Fübhrer der 
1830er und 1848er Demokraten, ist im Alter bon 
81 Jahren dahier gestorben. 
7 Frankfurt, 11. Mai. Das schrecliche 
Eisenbahn⸗Unglück bei Hanau im November vor. 
Is. hat zu einer Anzahl von CivilProzefsen gegen 
den Eisenbahn⸗Fiskus geführt, deren erster kürzlich 
»erhandelt wurde. Kläger war der Taglöhner 
Schrodt aus Niedergrundau, dessen Frau bei der 
datastrophe todigedrückt wurde. Derselbe behauptete, 
daß ihm durch den Tod seiner Frau ein jaährlicher 
Schaden von 300 Mark entstanden sei; denn sie 
habe ihm seine Wirthschaft geführt, den Haushalt 
versehen und das Feld bestellt, wodurch es dem 
Kläger ermöglicht wurde, jährlich mindestens 300 
Mark als Taglöhner zu erwerben. Nun, sei er 
Jenöthigt, alle von seiner Frau gemachten Geschäfte 
elbst auszuführen; dadurch sei ihm die Moͤglichkeit 
rines anderweitigen Erwerbes entzogen; der Fiskus 
erscheine verpflichtet, dem Klaäger den so entstande⸗ 
nen Schaden zu ersetzen. Der Eisenbahn ⸗ Fiskus 
erwiderte, daß det Schadensersaßganspruch nicht 
gegen ihn, sondern gegen den Urheber des Unglücks, 
den Telegraphisten Gutberlet, geltend zu machen 
sei, event. würde die Schadensersatzpflicht des Ve⸗ 
lagten nur eine subsidiäre sein. Das Gericht er⸗ 
kannte zu Recht, Kläger sei mit der erhobenen 
dlage abzuweisen und in die Kosten zu derurtheilen, 
denn bei der Tödtung eines Menschen sei ledigliqh 
den Personen gegenüber die Entschädigung zu leisten, 
die den zu ihrer gesetzlichen Alimentation Verpflich⸗ 
teten verloren hätten. 
4 Frankfurt, 183. Mai. Das Velociped 
ist nun auch dem Handwerk diensibar gemacht, und 
zwar sind es die Meyhger, welche es bei fich einge⸗ 
führt. Seither mußten die Meggerburschen in 
einem Arten das Fleisch auf der Schulter fort zu 
den Kunden tragen. Fast an jedem Eckstein, wenn 
fie eine schwere Last hatten, stellten fie ab; oder 
wenn es an das Vertheilen des Fleisches ging, 
ließen fie den Hauptarten, unbekümmert, was wah⸗ 
rend ihrer Abwesenheit geschah, stehen und gingen 
fort. Nun ist es durch das Velociped anders ge⸗ 
worden. Der Metzgerbursche fitzt in der Mitté des 
Tricykels, vor fich einen schönen, sauberen und ver⸗ 
schließbaren Korb, in welchem 150 Pfund Fleisch 
Aufnahme finden. Die Ktunden werden dadurch 
rasch bedient und ist Beschmutzen oder Diebstahl 
des Fleisches unmöglich. Bis jetzt find drei der⸗ 
artige Vehikel im Gang und kostet jedes so viel 
als wie ein mittleres Arbeitspferd auf dem jungsten 
Pferdemarkt, naͤmlich 550 Mt. 
FHerne, 10. Mai. Auf eine schredliche 
Art machte ein Bergmann hierselbst seinem Leben 
ein Ende. In einer Wirthschaft, in Anwesenheit 
der Gaäste, zundete er eine Dynamit Patrone, die er 
in den Mund genommen, an und im Nu erfolgte 
die Erplosion, die den Kopf des Unglüclichen in 
Stücke zerriß. Die Gäste kamen mit dem natürlich 
nicht geringen Schrecken davon. 
Nordhausen, 15. Mai. Im VDorfe 
Astrungen wurden durch eine Feuersbrunst etwa 80 
Bedande zerstort.