Full text: St. Ingberter Anzeiger

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7Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
rer St. Jugberter Dnzeitzer“ erscheint wdchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstatz, Donuerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zuu und Sonutags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1 A 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 76 , einschließuch 
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Dienstag, 16. Juni 18x885858. 220. Jahrg. 
— 
in Kulturfortschritt in Rußland. 
Im Reiche des Zaren, hat sich in den letzten 
hochen ein riesiger Kulturfortschritt vollzogen, dem 
nicht die gehörige Wuürdigung im Auslande geschenkt 
hoiden isi. Freilich hat der Kaiser Alexander seine 
sussen noch mit keiner Verfassung beschenkt, auch 
Adie in manchen russischen Provinzen noch im 
Argen liegende Volksbildung nicht auf eine höhere 
ziufe geschraubt worden, aber immerhin ist es ein 
anz bedeutender Fortschritt gewesen, den Rußlands 
zuliur gemacht hat. 
Dieser Fortschritt liegt hauptsächlich auf dem 
virthschaftlichen Gebiete und zwar auf dessen be⸗e 
ebenden Faktoren · Handel und Verkehr, und be⸗ 
jeht in der Eroffnung des großen Seekanals, der 
ie Muündung der Newa mit dem Hafen von Kron⸗ 
jadt verbindet und die russische Hauptstadt und zu⸗ 
leich große Handelsstadi zur Seestadt erhebt. Wer 
jur einigermaßen zu beurtheilen versteht, was der 
zchiffsberkehr für Handel und Industrie bedeutet 
md zugleich in Berücksichtigung zieht. daß es die 
edeutendste russische Stadt, die Haupt⸗ und Resi⸗ 
enzftadt Petersburg, die Zentrale der Behörden 
ind der Sammelpunkt der russischen Geisteskraft 
ind Kultur ist, welche den Wogen des Weltmeeres 
aher gerückt wurde. der wird auch ermessen loönnen, 
vad dieser große Seekanal für die russische Kultur, 
xt Thattrafst er ja auch ein glänzendes Zeugniß 
wusftelit, bedeutet. Allerdings ist der neue Kanal 
uur für Handelsschiffe und kleine Kriegsfahrzeuge 
uganglich, doch ifst schon dadurch die Zukunff 
hetersburgs wesentlich bestimmt. Jezzt ist Peters⸗ 
urg in der That das ‚europaische Fenster“, wel⸗ 
hes Peter der Große daraus für seine Russen 
nachen wollte. Der Handel von Petersburg wird 
nzweifelhaft einen ungeahnten Aufschwung nehmen, 
ind auch Kronstadt wird als günstig vorliegender 
inlerplatz, in kommerzieller Hinsicht kaum verlieren 
n ftrategischer dagegen nur gewinnen. 
vei XLXX 
m die Gründung und das Wachsthum Petersburge 
u trinnern. Zu Anfang des 18. Jahrhunderis 
fland Petersburg noch gar nicht, nicht einmal als 
horf. Es wurde im Jadre 1708 von Peter dem 
droßen von Grund auf gebaut und gegruͤndet und 
ahlte nach den ersten Jahren seiner Gruͤndung un⸗ 
ahr 10 000 Einwohner, im Jahre 1788aber 
hon 80,000 Einwohner. Im Jahre 1800 besaß 
detersburg bereits über 200000 Tinwohner und 
8oo gar eine halbe Million. Später ist dann 
ie Bevölkerung Petersburgs allerdings langsamer 
wachsen und ist nicht über 700,000 Seelen hin⸗ 
— Wahrscheinlich wird aber die nun⸗ 
yn flatigefundene Erweiterung Petersburgs zur 
ledt derselben auch ein weileres Aufblüden 
—*8 Es ist dies umsomehr zu erwarten, da 
* um einem ziemlich abgelegenen Winkel 
* n s liegt und zumal nach Norden und Nord⸗ 
* in wenig Verkehrsadern hat. Durch den 
* anal ist ader Petersburg gewissermaßen der 
zen westeuropäischen Kultut naͤher gerüdt worden 
Volitische Uebersicht. 
Aeber die in Aussicht genommene Zusammen⸗ 
unft der Kaifer don Deutschland, Oesterreich 
Ad Rußlond fehli⸗ bisher die nahere Angabe von 
dit und Ott. Nach dem „B. B.Nourier“ soll 
Jusammenkunft u Reichstadr n Botnen 4. 
hlant sein, gelegentlich der dort zu Anfang des 
September stattfindenden Mandver. — 
Die Deputation für Handel und Gewerbe in 
damburg bringt zur öffentlichen Kenntniß, daß 
nach einer don der Regierung der Vereinigten 
Staaten von Nordamerika erlassenen Verordnung 
ledes“ von Hamburg abgehende, mach einem 
dafen der Vereinigten Staaten von 
Rordamerikabestimmte Schiff verpflichtet 
ist, fich mit einem von dem nordamerikanischen 
tonsulate in Hamburg ausgestellten Gesund⸗ 
heitspaß zu versehen, und daß die Ladung, die 
Hannschaft und die Passagiere von dem, bei dem 
Konsulate angestellten Gesundheitsbeamten untersucht 
sein müssen. Die Kosten solcher Untersuchung 
verden von dem Konsulate bestritten. Es ist zu 
ermuthen, daß diese Verfügung der nordamerika⸗ 
nischen Regierung eine ganz generelle ist. 
Die „Kref. Zig.“ veröffentlicht einen Privat⸗ 
brief des Generalkonsuls Gerhard Rohlfs 
n Zanzibar., in welchem derselbe das von 
der Gesellschaft für Deutsche Kolonisation erwordene 
Bebiet ausgezeichnet nennt. Der Boden sei jung⸗ 
räulich, das Klima, wenn auch heiß, gesund, die 
Bevolkerung mehr als decimirt, so daß Platz für 
neue Ankommlinge vorhanden sei. „Aber dennoch 
Jeißt es weiter, muß man nicht glauben, dort 
seutsche Acerbau treibende Bevoölkerung hinziehen 
zu koͤnnen. Für Deutsche, welche eigenhändig den 
Boden bebauen wollen, ist das Klima zu heiß 
der Boden müßte durch Neger oder Malayen be⸗ 
daut werden, oder mit Maschinen. Mui einem 
Worte, er eignet sich für Plautagenbau, wie die 
Landereien im Süden der Union, Westindien 
Brafilien, Ecuador, Columbien, die ostindischen 
Inseln ⁊c. ꝛc. Aber mit mit allen diesen Ländern 
jat er die Fruchtbarkeit gemein und den Vorzug 
noch gar nicht ausgebeutet zu sein.“ Wir koͤnnen 
nicht umhin, auf einen Irrthum des Herrn Rohlfs 
n Bezug auf Brasilien aufmerksam zu machen 
Derselbe stellt Westindien, Ecuador, Columbien 
das ostafrikanische Gebiet und Brasilien auf dieselbe 
Stufe und meint, in allen diesen Landern 
onne nur Plantagenban getrieben werden, nicht 
aber seien dieselben für deutsche Ackerbauer geeignet. 
Es ist hier wieder dieselbe Unkenntniß in Bezug 
auf Brafilien, welche man so haufig bei uns an⸗ 
wrifft, welche immer wieder den gemäßigten Süden 
des großen Kaiserreiches mit dem tropischen Norden 
verwechselt. Selbstverständlich, in den Tropenpro⸗ 
hinzen Brasiliens kann ein deutscher Bauer ebenso⸗ 
venig sein Feld bebauen, wie in dem Gebiete der 
Dstafrilanischen Gesellschaft oder wie in Westindien. 
Im Süden Brasiliens dagegen können nicht nur 
deutsche Ackerbau⸗Kolonien gedeihen, sondern fie 
ind bereits in größter Menge und in blühendem 
Zustande vorhanden. Hier braucht nicht erst ein 
ẽrperiment mit zweifelhaftem Ausgang gemacht zu 
verden, weit über 100,000 deutsche Kolonisteu 
jaben es bereits mit dem besten Erfolg gemacht. 
Wenn von Seiten solcher Männer wie Rohlfs 
mmer noch der Norden und Süden Brafiliens 
zleichgestellt werden, dann kann man freilich nicht 
exwarten, daß sobald eine gerechte Würdigung der 
hrasilianischen Verhältnisse in Bezug auf deutsche 
dolonisation sich in weiteren Kreisen Bahn bricht 
—Vor Zan zibar soll die deutsche Kreuzer⸗ 
korvette „Elaisabet h“ eingetroffen sein. Hoffent⸗ 
lich wird der Konflikt mit dem Sultan sfriedlich 
beigelegt werden. Von mehreren Seiten erheben 
ich warnende Stimmen von Männern, die sich 
angere Zeit in Zanzibar und den nahe gelegenen 
Theilen des Festlandes aufgehalten haben, daß 
Feindseligkeiten gegen den Sultan den dort an⸗ 
ässigen deutschen Kaufleuten großen Schaden und 
vielleicht vollständigen Ruine bereiten würden. 
Zisher sei der Handel der seit Jahrzehnten ansässi⸗ 
zen Deutschen derari emporgeblüht, daß er mit dem 
englischen konkuriren könne, diese soliden Interessen 
eien nun bedroht um der sehr zweifelhaften Pläne 
iner Kolonisationsgesellschaft wegen. Diese würde 
iber auf ihren Terrains durch die arabischen Skla⸗ 
ven⸗ und Elfenbeinhändler, die in großen bewaff⸗ 
neten Zügen, mehrere tausend Mann stark, aus 
dem Innern nach Zanzibar kommen und wegen 
hrer Raub· und Mordluft berüchtigt seien, beständig 
gefährdet sein. 
— — — 
Eine Depesche der „Times“ aus Kairo vom 
13. d. M. meldet: Nach den neuesten dort einge⸗ 
jangenen Nachrichten aus Sualin habe Kassala 
noch nicht kapiulirt. Die von dem ,„Reuter'schen 
Bureau“ am 9. d. M. gebrachte Meldung, daß 
cassala Ende Mai gefallen sei, bestätigt sich somit 
aoch nicht. 
General Gordon nicht todt? Kin 
optischer Kaufmann, einer der wenigen, denen et 
gelang aus Khartum nach der Megzelei zu ent⸗ 
kommen, ist in Kairo angekommen und behaupiet, 
der „K. Zig.“ zufolge, in der bestimmtesten Weise, 
theils aus eigener Beobachtung, theils aus Nach— 
richten, die ihm an Ort und Stelle von glaub⸗ 
wurdigen Augenzeugen geliefert wurden, daß kurz 
nach dem Gemetzel, welches dem Einzuge der Auf- 
tändischen folgte und ehe die daraus entstandene 
rchterliche Verwirrung nachgelassen hatie, der 
Mahdi, nachdem er gehört, daß Gordon gefallen 
zei, befahl, daß ihm dessen Haupt gebracht werde. 
Die Aufftandischen legten ihm den Kopf des öͤster⸗ 
reichischen Konsuls Hansal vor, der zuerst für den 
Bordon's gehalten wurde. Aber während derselbe 
da lag, erkannte ihn ein Aufständischer, der Hansal 
zut gekannt hatte, und sofort wurde auf Gordon 
zefahndet. Abtheilungen der Aufstandischen durch- 
treiften die Stadt und jede eucopuische Leiche 
wurde unterfucht, jedoch ohne Erfolg. Es 
onnten in der That keine Spuren von Gordon 
»der von Abougates, einem in Khartum ansassigen 
zeichen Kaufmann, oder von Gordon's zwei Ka— 
vassen gefunden werden. Auch fanden sich keine 
Schriftstüce und irgend welche der von Gordon in 
der Regel getragenen Kleidungsstüde vor. Der 
Erzähler meint daher, es sei eine gewisse Ausficht 
dafür vorhanden, daß Gordon entkommen und sud⸗ 
wärts in der Richtung von Sennaar geflüchtet sei. 
Diese Voraussetung ist allerdings sehr zweifelhaft. 
Acuiche⸗? Reich. 
Berlin, 15. Juni. Der Kaiser empfing um 
12 Uhr den Prinzen Friedrich Leopold, Sohn des 
derstorbenen Prinzen Friedrich Karl, und um 11. 
Uhr den Kronprinzen. 
Berlin, 15. Juni. Prinz Friedrich 
Zar!l ist heute Vormittag 102/. Uhr in Klein. 
Vlinicke gestorben.