Full text: St. Ingberter Anzeiger

Prinz Friedrich Karl Nikolaus wurde am 
20. Vearz 1828 ais Sohn des Prinzen Karl, des 
jüngeren Bruders unseres Kaisers, geboren, hat 
sonach ein Alter von 57 Jahren erreicht. Det 
Prinz widmete sich von Jugend auf dem Militär⸗ 
wesen, in welchem er sich auch auf den Schlacht⸗ 
feldern in Boöhmen im Jahre 1866 und in noch 
höherem Grade in dem für unsere nationale Sache 
entscheidenden Kriege mit Frankreich im Jahre 
187077 1 den Ruf einnes der hervortagendsten Feld⸗ 
herrn unserer Zeit erwarb. Der Prinz bekleidele 
den. Rang eines deutschen und rusfsischen 
Feldmarschalls, General⸗Inspelleurs der Kavallerie 
und der III. Armee⸗Inspektion. Chef des nach ihm 
henannten 8. brandenburgischen Infanterie⸗Regiments 
und außerdem noch eine Reihe don militärischen 
Ehrenstellen. Prinz Friedtich ¶ Karl war⸗seit 
dem 24.Nov. 1854 mit Prinzesfin Maria 
Anna von Anhalt vermählt, aus welcher Ehe vier 
Kinder: Prinzessin Marie. vetmaͤhlte Prinzessin 
Albert von Altenbucg; Elisabeth, Erbgroßherzogin 
bon Oldenburg; Louise Margarethe, Herzogin von 
Tonnaught und Prinz Friedrich Leopold, geboren 
A Rodember 1865. hervorgingen.) — 
Berlin, 15. Juni. Der Hof legte aus An⸗ 
laß des Ablebens des Prinzen Friedrich Karl für 
biet Wochen Trauer an. 
Mannheim, 15. Jum. Die gestrige 
Generalversammlung des Vereins der deutschen 
Volkspartei nahm den Antrag des weiteren Aus⸗ 
schufses, betreffend ein freundschaftliches Verhältniß 
wischen der demokratischen Parten in Norddeutsch 
und und der deutschen Volkspartei, an. Bei der 
hierauf erfolgten Wahl des Vororts wurde Frank⸗ 
furt a. M. wiedergewählt, das sich jedoch nur zu 
einer vorläufigen Geschäftsführung bis zum Herbste 
dieses Jahres, wo eine außerordentliche General⸗ 
bersammlung stattfinden soll, bereit erklärt. Als 
diesjahriger Versammlungsort wird Hanau gewählt. 
Darmfiadt, 18. Juni. Der Großherzog 
hat gestattet, daß die Offiziere der großherzoglichen 
25.) Divifion wahrend der Sommerhitze statt der 
eberröcke von Tuch solche von weißem Drillich 
ragen. 
Ausland. 
London, 14. Juni. (Offiziell) Salis“ 
zury hat die Bildung des Kabinets angenommen 
London, 15. Juni. Lord Salisbury 
wird heute hier zurückerwartet, um ein Parteimee⸗ 
ting abzuhalten und mit der Bildung des Kabinets 
zu beginnen. — Die „Times“ will wissen, die 
Annahme der Kabinetsbildung seitens Salisburya 
sei nicht ohne Vorbehalt erfolgt. Salisbury mache 
die Annahme von der Bedingung abhängig. daß 
die Majorität des Unterhauses der neuen Regierung 
bis zu den Neuwahlen im November keine Schwierig⸗ 
keiten bereite. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— — 
—— 
*St. Ingbert, 16. Juni. Durch Regie⸗ 
rungsentschließung wurde, einem Antrage des Stadt⸗ 
rathes und der Ortsschulkommisfion entsprechend, 
der Schulverweser Herr A. Görl der jeither in⸗ 
terimistisch an der hiesfigen kath. Schule angestellt 
war, vom 1. Mai ds. Is. an definitiv dahier an⸗ 
gestellt. 
* St. Ingbert, 16. Juni. Wie wit hören, 
soll der Stadtrath in seiner letzten Sitzung definitiv 
den Bau eins Schlachthauses beschlossen 
haben. Als Bauplatz wird uns die der städtischen 
Gadanstalt gegenuüber liegende Pfarrwiese genannt. 
St. Ingbett, 16. Juni. Von unserm 
gestrigen Jahrmarkte läßt sich nicht viel sagen. Der 
ümschlag“ auf demselben mag wohl ein ziemlich 
inbedeutender gewesen sein; denn trotz des vorher⸗ 
Jegangenen Zahltages klagten von Auswärts ge⸗ 
omene Veriäufer über „schlechte Geschäfte'. Es 
deweist das. daß die seither üblichen Jahrmärkte 
allmählig ihre Zugkraft verlieren 
— Echwurgericht, Zweibrücken, 11. 
Juni. Verhandiung gegen Martin Drach, 19 
Jahre alt, Kesselschmied von Frankenthal. Anklage⸗ 
sache: Straßenraub. 
Die Ehefrau Orth von Oggersheim ging am 
27. April abhin, nachdem sie ihre Geschäfte in 
Frankental erledigt hatte, von da zu Fuß nach 
rer Heimath zuürück. Sie hatte * eine Weg⸗ 
strecke von eiwa a Stunde von der Stadt entfernt, 
Ia sie Jemanden raschen Schrittes nachkommen 
jörte. Beim Umschauen gewahrte sie einen Burschen 
hinter sich, den fie schon in Frankenthal in der 
stahe des Speyerer Thores an demselben Tage in 
Beselischaft eines Anderen bemerkt hatte und der 
jetzt an ihr vorüberging und sie dabei scharf ins 
Auge faßie. Der Kamerad des Angeklagten, als 
velcher sich später ein gewisser Mac herausstellte, 
zjam nun ebenfalls an ihr vorüber, und gingen 
Beide in einem kurzen Abstande vor der Ehesrau 
Orthe her; dals gingen fie jedoch wieder so tang⸗ 
am, daß sie hinier derselben zutüddlieben. Nach 
einigen hundert Schrititen ging Drach abermals 
dicht an der Orth dorüber, wobei er sie wieder 
charf fixirte; alsdann schlugen die beiden Burschen 
einen Seitenpfad ein. Nach einiger Zeit hörte 
nun die Ehefrau Orth abermals eilige Schritte 
hinter sich und gewahrte beim Umschauen den Ange⸗ 
llagten, der sie mit den Worten: „Sie haben mir 
Ahr und Keite gestohlen!“ am Arm pacdte und 
he die Utzr aus der Tasche riß. Die Ehefrau Orth 
vollte jedoch ihr Eigenthum nicht so billigen Kaufes 
jergeben und jetzte sich unter Zurrchtweisung zur 
Wehr. Dieser neß jedoch Uhr und Kette erst los, 
ils er merkte, daß auf die Hilferufe der Ange⸗ 
zriffenen Leute herbeikamen, die unweit des That⸗ 
zrtes auf dem Felde arbeiteten, aber nicht demertt 
verden kounten, weil sie durch die Straßenböschung 
erdecht waren. Drach und sein Kamerad entfernten 
ich nun in der Richtung gegen Frankenthal. 
Einige Tage nach der That kam der Angeklagte, 
ꝛin schon vielfach bestrafies Individuum, in die 
Metzgerei der Eheleute Orth in Oggersheim, nach⸗ 
ʒem er durch Faͤrben seines Bartes und durch An⸗ 
egung anderer Kleidung sich unkenntlich zu machen 
ersucht hatte. Auf seine an die Ehefrau Orth 
erichtete Frage: „Kennen Sie mich. find Sie mir 
rüher schon degegnet?“ erkannte ihn diese sofort 
vieder. Der Angeklagte wurde nun festgenommen, 
iber bald wegen mangelnden Beweises seiner That 
vieder auf freien Fuß ges.tzt. Erst mehrere Tage 
nachher verbreitete sich das Gerücht in Frankenthal 
on diesem Raubanfalle, wobei allgemein behauptet 
vurde, daß der Kesselschmied Drach der Thäter sei; 
erselbe suchte auch bei der bald darcuf erfolgten 
Festnahme zu entflichen. 
Die Antlage erdlickt in dem Vorgehen des 
Angeklagten ein Verbrechen des Straßenraubes im 
Zinne des 8 250 R.St.G. 
Der Angeklagte leugnet auch heute, gegen die 
Zeugin Ehefrau Orth einen Raubaufall gemacht zu 
saben. Wohl gesteht er zu, wie in der Vorunter⸗ 
uchung, derselben auf dem Wege zwischen Franten⸗ 
hal und Oggersheim degegnet zu sein, auch stellt 
c nicht in Äbrede, daß er sie gefragt hube, ob sie 
nicht im 3 Uhr am Bahnhof Fraplenthal gewesen 
ei, allein von einem förmlichen Anpacken, von 
inem Zerreißen der Uhrkette der Zeugin will er 
zuch heüte nichts wissen. Dem gegenüber deponirt 
zenannte Zeugin Orth ruhig und vorurtheilslos 
iber den ganzen Vorfall, woraus mit unbedingtet 
Sicherheit auf die Thäterschaft des Drach zu schließen 
st. Rach ihren Aussagen hatte derselbe sie mit 
olcher Gewalt am Arm gefaßt, daß ste nach Hause 
gekommen, sich nicht meht allein entkleiden konnte. 
Ihr Arm wac angeschwollen und zeigten sich nach 
jrztlicher Konstatirung noch nach 8 Tagen deutlich 
die Merkmale diser Gewaltanwendung. 
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten im 
Sinne der Anklage unter Ausschluß mildernder 
Imnistände schuldig, worauf derselbe zu 5 Jahren 
Zuchthaus und 5 Jahren Ehrenverlust verurtheilt wird. 
Nachmittags 5 Uhr: Verhandlung gegen Georg 
doblisch, 26 J. a., led. Tagner in Haßloch. 
Untlagesache: Nothzuchtsversuch. 
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten 
es ihm zur Last gelegten Verhrechens unter Aus⸗ 
chluß mildernder Umstaude füür überführt, worauf 
der Gerichtshof denselben zu einer Zuchthausstrafe 
hon 1 Jahr verurtheilte. 
— Zweibrücken, 12. Juni, Vormittags 
a9 Uhr, Verhandlung gegen Jakob Brell, 39 
Jahre alt, Schuster in Pirmasens, wegen Mord⸗ 
bersuchs. Vorsitzender: Herr kgl. Oberlandesgerichts⸗ 
ath Schmidt; Vertreter der kgl. Staatsbehörde: 
herr 2. Staats⸗⸗Anwalt Wagner; Vertheidiger: 
Herr Rechtsanwalt Rosenberger. Der Angeklagte 
var in seiner Jugend an verschiedenen Orten als 
holzschnitter in Sagmühlen verwendet und kamJim 
Hktober 1882 nach Pirmasens, wo er in der Boch⸗ 
chen Schuhfabrik als Sohlennäher Verwendung 
and. Do VBrell im Hause jeiner Dienstherrschaft 
stost und Wohnung erhielt, krat er bald zur — 
milie Boch in ein naͤheres Verhaltniß, so doß 
mit der Zeit gewissermaßen als Mitglied derselben 
ingesehen wurde. Es wahrte nicht lange, so an. 
vickelten sich auch zwischen ihm und der im Apis 
18714 geborenen jüngsten Tochter des Hauses n 
imere Beziehungen. Etwa im Januar 1885 irat 
ein Wendepunkt in den seitherigen Verhältnissen de 
Angeklagten zur Familie Bock ein. Zwisiigkeilen 
mit dem Sohne Hermann, sowie verschiedene andere 
anangenehme Vorkommmnisse hatten zur Folge, daß 
Brell zwar noch in der Fabrik Arbeit erhielt, jedo 
sich anderweitig nach Kost und Wohnung umsehen 
nußzte. Hier durch wurde aber das Verhältniß u 
Tochter in keiner Weise gelöst. Mitte Februar“d 
Is. bat nun der Angellagte brieflich die Augufte 
Bock sich bei ihrem Vater um eine Lohnerhöhung 
ür ihn zu verwenden, und veranlaßte dieses d 
ilsbaldige Entlassung des Angeklagten aus seinet 
jeitherigen Stellung. Am- Rachmittag des 15 
Februar, dem Tage seines Austritts aus der Fabri 
eigte der Angeklagte eine hochgradige Erregung, 
die allen seinen Bekannten, mit denen er in ber. 
chiedenen Wirthschaften zusammentraf, höchft auf⸗ 
'allend vorlam. Auf dem Heimwege begegnele 
zer jungen Bock und veranlaßte sie, nachdem er sie 
zereits vorher brieflich um eine Unterredung gebeten 
zatte, ihm auf sein Zimmer zu folgen. Hier lud 
un der Angeklagte in Gegenwart der Bod, naq 
einen Angaden, einen Revolbver, machte ihr, da sie 
doch nicht glüclich werden konnten, den Vorschlaß 
ich zu tödten, und schoß, nachdem er zuvor in sein 
stotizbuch, wie er angibt, Abschiedsworte an Her⸗ 
mann Bock geschrieben, zuerst auf die Augufte Bot 
vorauf er zwei Schüsse auf fich selbst abfeuerte. 
Der Angeklagte Brell wird nun beschuldigt, die 14 
aͤhrige Tochter seiner Dienstherrschaft, in der Ab⸗ 
icht, sie zu tödten, durch einen Revolverschuß lebend⸗ 
zefährlich verletzt zu haben. Die Verletzung dverur 
achte eine langwierige Krankheit, jedoch hat sich 
das Mädchen soweit erholt, daß ein dauernder 
stachtheil nicht zu befürchten ilt. Der Angeklagte 
welcher, wie schon gesagt, unmittelbar nach der That 
auch zwei Schüsse auf sich selbst abgab, wovon der 
ine fehlging, der zweite ihn dagegen, wenn auch 
nicht tödtlich, traf. Die Folgen dieser Verletunz 
nachen sich heute noch bemerklich. Das Urtheil 
autete auf 5 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Eht— 
derluft. 
Nachmittags 3 Uhr: Verhandlung gegen Danie 
Schneider, 40 J. a., Dienstknecht aus Gundets; 
vofen. wegen Verbrechens wider die Sitllichkeit. 
Dder Angeklagte ist beschuldigt, am 5. März abhin, 
Nachmittags gegen 8 Uhr zwischen Eppenbrunn und 
Schweizermühie ein Berbrechen gemäß 8176 Ziff.d 
des R.St.“G.⸗B. begangen zu haben. Auf Antrag 
der k. Staatsbehörde wurde in Gemäßheit de— 
173 J. 6.B die Seffentlichteit dis zu 
ürtheilsderlündung ausgeschlofsen und entziehen sith 
ohin die näheren Details der öͤffenllichen Bericht 
rstaitung. Die Geschworenen (Obmann Hr. Hergeh 
rejahten die Schuldfrage unter Verneinung der 
yrage nach milderndeit Umständen, worauf, der 
herichtshof den Angeklagten zu einer Zuchthaus. 
trafe von 3 Jahren verurtheilte unter Aberkenuung 
der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 
Jahren. 
Berbach, 13. Juni. Wie der S. u. B 
Itg. von judberlaässiger Seite mitgetheilt wird, wurd 
zuf Grube Fraukenhoiz“, norduch von Mittelben. 
ach gelegen, und ungefähr 4 km von genannen 
Orle eentfernt, in einer Teufe von 302 m en 
Jeblenfloß don 270 om endecn. Die Grube 
rigenthum der Herren Cullmann in Wurzbach um 
Forbach und werden die genannten Herren Eigen 
humer nicht wenig erfreut sein, uüber diesen lanz 
ersehnten und erhoffteu Fund. Sie moͤgen aun 
iufenGiug anglwWwie ung nähet denit 
wird, ist auf der Grube Frankenholz in dem Schasr 
II. bei einer Teufe von 295,50 Meter —J 
Jötz von 1,25 Meter Mächtigkeit in iner an 
owie bei einer Teufe von 302,50 Meter ein 
nachtigeres Kohlensibz von Tio Weter nghe 
Banken aufgeschlossen worden. Die jehzige Loh F 
zewinnung, welche bloß auf Aus- und Vorrichun 
Nruti iraet dauüg ood bis 1100 Zenim 
— Heßheim, I1. Juni. Heute Vormitu 
vurde der sein 7 Wochen dermißte Ludwig er 
von hier, der fich dunch einen Revolverschus 
ileibte, in einem Kornacer hiesigen Bann⸗a J 
tefunden.