Full text: St. Ingberter Anzeiger

Aunliches Organ des kdnigl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Jugberter Anzeiger“ erjcheint wbchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Camstag und Sonutag; 2mal wochentlich mit Unterhautungs⸗ 
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M 113. DODonnerstag, 18. Juni 18885. 
Politische Uebersicht. 
*Die braunschweigische Erbfolge⸗ 
rage scheint jetzt soweit gediehen zu sein, daß 
nan sich bereits nach einem Regenten umsieht und 
oll der Prinz Albert von Sachsen-Altenburg die 
nristen Aussichten haben, Herzog von Braunschweig 
u werden. Zu der braunschweigischen Frage selbft 
neldet eine inspirinte Stimme, daß bei Beurtheilung 
er Affaire nur der politische Maßstab ausschlag⸗ 
ebend sti. Preußen sehe sich durch eine Thron⸗ 
efteigung des Herzogs von Cumberland in Braun⸗ 
chweig in seiner Stellung in Hannover gefährdet, 
onnen also den Herzog niemals zur Thronfolge in 
Zraunschweig zulassen. „Treue um Treue“ ist die 
ßrundlage des Bundes im deutschen Reiche. 
dreußen hat fie bewährt und seinerseits steißs den 
interefsen der einzelnen Regierungen Rechnung ge⸗ 
ragen. Bei dem Antrage wegen Ausschluß des 
erzogs derlangte es jetzt ebenfalls volle Berücksich⸗ 
igung seiner eigenen Interessen. Wie verfichert 
verden klann, ist unter den Bundesregierungen volles 
herständniß für dieses Verlangen und für das Recht 
dreußens, ein solches Verlangen zu stellen, vorhan⸗ 
en, und darf es als eine Beleidigung der Bundes⸗ 
egierungen bezeichnet werden, wenn man unterstellt, 
zaß fie statt für Preußen für den Herzog von Cum⸗ 
ꝛerland Partei ergreifen würden. 
»In verjchiedenen auswärtigen Fragen, 
umal im afghanischen Grenzstreite, in der egypti— 
chen Affaire und den Arbeiten der Suezkanal- 
ommission ist wegen der noch nicht ganz beendig⸗ 
en Ministerkrisis in England eine Pause eingetreten 
ind kann man in diesen Angelegenheiten erst nach 
er vollftandigen Bildung eines neuen englischen 
LKabinets einen weiteren Einblick gewinnen. 
ver so modifizirten Beschlüsse der Impflommission 
die erforderlichen Anordnungen auf Grund des 
Impigesetzes zu treffen. J 
Berlin, 17. Juni. Der „Reichs-Anzeiger“ 
chreibt anlaßlich des Ablebens des Feldmarschalls 
). Manteuffel: Armee und Vaterland haben wieder⸗ 
im den Verlust eines hochgestellten Heerführers zu 
etrauern. Seine strenge Auffafsung der Berufs⸗ 
flichten, die selbstlose Hingehung an den Heeres⸗ 
nenst und Staatsdienst, sein mit Milde und Wohl⸗ 
vollen gepaaries Wesen machten den Verewigten zu 
inem leuchtenden Vorbild für seine Untergebenen, zu 
inem erprobien und bewährten Diener von Kaiser 
ind Reich.“ Wie er in treuer nie rastender Arbeit 
zas Ansehen und die Tüchtigkeit des preußischen 
PWesens und preußischer Art mehren half, ebenso 
var er ein: zu dielseitiger Verwendung befähigter 
Staaismann und General, ein für die Macht und 
zröße seines Vaterlandes warm begeisterter Patriot. 
Sein Andenlen wird in den Annalen der vater⸗ 
andischen Geschichte seis einen hohen Ehrenplay 
innehmen 
UAuslaud. 
Alexandrien, 14. Juni. Der Versuch, 
zas im Suezkanal gesunkene Baggerschiff 
nittelst Dynamit in die Luft zu sprengen, ist miß⸗ 
ungenMan erwartet, das Experiment werde 
norgen mit Schießpulver wiederholt werden. 
Vierzig Dampfer sind bereits im Kanal aufgehalten. 
— 15,000 Personen sind bereits von Dongola 
nach Egypten geflüchtet. Da die große Mehrheit 
erselben fubfistenzlos ist, wird ihre Anwesenheit in 
x* gypten die Ursache großer Ausgaben und Besorg ⸗ 
usse für die Regierung werden. — Die Meldung 
son dem Sturze des Ministeriums Gladstone is 
n Egypten mit fast allgemeiner Freude entgegen⸗ 
jenommen worden. Das Programm der neuen 
onservativen Regierung betreffs der künftigen Be⸗ 
iehung zwischen England und Egypten wird bier 
nit größter Spannung erwartet. 
Newyork, 14. Juni. Der Streik der 
kisen⸗ und Kohlenarbeiter in den Pittsburger 
Bruben dauert noch immer fort. Derselbe umfaßt 
zie Distrikte westlich der Alleghann Mountains bis 
ach Chicago und St. Louis. Die Arbeiter von 
Fincinnati, Chicago und Cleveland haben sämmt⸗ 
ich die Arbeit niedergelegt. Die Werkmeister 
lauben aber, daß der Streik nur don lurzer 
dauer sein wird, da sie Nicht⸗Unions. Arbeiter her⸗ 
mnzuziehen koͤnnen hoffen. Elf Grubenbesitzer sollen 
nie von den Arbeitern aufgestellten Lohntarife an⸗ 
jenommen haben, doch beträgt die Zahl der 
Streikenden noch über 78,000 Mann, während 
uur 4300 Mann beschäftigt sind. Die aus der 
Ztreit:· Kafse gezahlten Unterftützunasgelder betraoen 
aglich 160,000 Dollars. 
Newyort, 16. Juni. Der Sireil der Eisen⸗ 
ahnarbeiter ist nahe beendet. Mehrere bedeutende 
Fzabriken nahmen den Lohntarif der Arbeiter an. 
der Fabrikantenverband beräth heute den von den 
risenplattenarbeitern auf Basis einer 5prozentigen 
dohnreduktion vorgeschlagenen Ausgleich. Im Falle 
er Ausgleich zu Stande kommt, wozu alle Aussicht 
vorhanden ist, so werden in wenigen Tagen wieder 
Immtliche Hochöfen an⸗⸗zündet werden 
Deutsches Reich. 
München, 15. Juni. Wie der „Allg. Zig.“ 
us Kissingen berichtet wird, treffen die Minister v. 
dutz und Crailssheim Donnerstag dort ein, um den 
kürsten Bismarck zu begrüßen. 
Berlin, 16. Inni. Eine in dem Armeever⸗ 
tdnungsblatt veröffentlichte Kabinetsordre vom 
5. ds, welche für die Offiziere der Armee und 
er Marine eine dreiwöchentliche Trauer vorschreibt, 
tsagt im Eingange: Mein Haus, meine Armee 
ind unser ganzes Vaterland haben durch den heute 
tfolgten, mich nef erschütternden Tod meines Neffen, 
es Prinzen Friedrich Karl, einen sehr schweren 
detlust erlitten. Es werden viele Herzen mit mir 
rauern, die eine warme Empfindung für unfere 
Vaffenehre haben, und die dessen eingedenk sind, 
daß der verstorbene Prinz von frühester Jugend 
n der Armee mit allem seinem Denken und 
Streben angehoörte, daß ganz jung schon sein Blut 
ur die Waffenehre floß, daß er dann in drei 
dtiegen die Armeen fortgesezz zum Ruhm und 
Siege geführt hat. Hohe Chre sei seinem Ange 
enken, welches für alle Zeiten in der Geschichte 
ie eines preußischen Prinzen würdige Stelle finden 
2* 
—* 
— 
aird. 
Berlin, 16. Juni. In der Impfungsange⸗ 
tgenheit hat der Vundesrathsausschuß für Handel 
nd Derlehr der „Nat.Zig.“* zufolge beim Bumdes- 
athe jetzt deantragt, die Vorschläge der Impftom · 
mifion anzunehmen mit der Maßgabe, daß die Ein⸗ 
ührung der Thierihmphe ihuntichst herbeizuführen 
e und die Geschaftsordnung der Impfaärzte alle 
ei Jahre einer Revision unterzogen werde. Die 
—X—— find ersucht worden an der Hand 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
d. St. Ingbert,. 18. Juni. Gestern fand 
zahier unter Leitung des Hauptlehrers Herrn 
dagenbucher die 3. besondere Fortbildungs⸗ 
anferen? für den Nonferenzhezirk RNließkanel.Si 
20. Jahrg. 
Ingbert statt. Dieselbe umfaßte die Zeit von 8- 
12 Uhr Vormittags und von 32 —-5 Uhr Rach⸗ 
mittags. Zur Behandlung kamen bestimmte Partien 
aus der Unterrichtslehre, der allgemeinen, deutschen 
ind bayerischen Geschichte, sowie der Geschichte der 
Pädagogik. Auch eine Lehrprobe aus der Geschichte 
var als Aufgabe bestimmt und war die Ausführ⸗ 
ang derselben drei Exspektanten übertragen. — Zur 
Eröffnung der Konfecenz wurde der Chor „Hoch 
hut euch auf“, zum Beschlusse derselben die Königs⸗ 
hymne gesungen. — Die Zahl der Konferenzpflich⸗ 
sigen beträgt zur Jeit 19; dieselben waren sämt⸗ 
lich zur Konferenz erschienen. — 
St. Ingbert, 18. Juni. Ueber den in 
der Montagsnummer ds. Bl. kurz erwähnten Un⸗ 
zlüdsfall, herbeigeführt durch die Explofion 
iner Dynamit ⸗Hülse (nicht Dynamiwpatrone, wie 
rrthümlich angegeben war), erfahren wir nachträg⸗ 
ich, daß dem Verletzten in keiner Weise ein Ver⸗ 
chulden beigemessen werden kann. Derselbe hatte, 
vie auch sein Vater und die übrigen Hausgenossen, 
jar keine Ahnung von der Gefährlichkeit der Dy⸗ 
aamit · Hülse, die in ihrem Aeußern einem Griffel⸗ 
salter glich und vielfach dorher von Schulkindern 
nuch als solcher gebraucht worden war. Der ver⸗ 
neintliche Griffelhalter lag unter verschiedenen an⸗ 
seren Gegenständen (Nägeln, Draht u. s. w.) in 
iner Tischschublade; während der junge Mann 
nun in dieser nach Nägeln suchte, erfolgte ploötzlich 
dje Explofion, die ihm 4 Finger an der linken 
dand wegriß und ihn auch an der rechten Hand 
and der Brust beschüdigte. Wahrscheinlich war bei 
dem Suchen ein spitzer Gegenstand, Nagel oder 
Draht, in die Zündmasse gedrungen und so die 
Erplosion erfolgt. 
St. Ingbert, 18. Juni. Das gestern 
Abend von Westen kommende Gewitter brachte uns 
endlich den ersehnten Regen und damit nach den 
heißen Tagen eine kühlere Temperatur. 
O.B.·V. In seiner jungsten Sitzung hat der 
Obstbauverein St. Ingbert zwei Beschlüsse 
zefaßt. die zum außeren Wachsthum und zum 
nneren Gedeihen des Vereines ohne Zweifel bei⸗ 
tragen werden. Der erfte derselben bestimmt, daß 
er Jahresbeitrag vom zweiten Jahre der Mit⸗ 
Jliedschaft an auf Ml. 1,50 herabgesetzt werden 
oll, wahrend für's erste Jahr einschließlich des 
Tintrittsgeldes Mk. 4 zu entrichten sind. Da der 
Berein bei dem vielversprechenden Stande seiner 
Baumschule für die Zukunft seinen Mitgliedern 
zeiche Vereinsgaben in Aussicht stellen kann, so 
verden gewiß Viele angesichts des geringen Jahres⸗ 
deitrages sich entschließen, dem Vereine beizutreten. 
Der Kassier desselben, Herr Einnehmer Ait, wird 
zerne recht viele Anmeldungen entgegennehmen. 
Der zweite Beschluß bezwedt den Schuß der vor⸗ 
handenen Baume gegen Beschädigung und Ver— 
vüstung. Wenn letztere dem Ausschusse mitgetheilt 
verden, so wird dieser von vereinswegen die 
Verfolgung der KThäter in die Hand nehmen 
und Strafantrag stell en, um die für den 
Einzelnen hiemit verbundenen Unannehmlichkeiten 
demselben abzunehmen. Das Beste wäre freilich, 
wenn der Ausschuß zu derartigem Einschreiten nie 
Beranlassung belaäme. Je mehr Lust und Liebe 
zum Obstbau in weite Kreise hineingetragen und 
zurch Eltern und Lehrer der rohen Zerstörungssucht 
ntgegenwirlt wird, desto seltener werden solch 
Ausbruche des bübischen Muthwillens sich ereignen. 
kafsen wir unsre Kinder selbst mit Hand aniegen 
in den Arbeiten des Garten. und Obhaunsa