Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ehren, bis er 1848 zum Flügeladjutanten König 
Friedrich Wilhelms 1V. emporstieg. Im „tollen 
Jahre“ wurde er von seinem Herrn mit einer Reihe 
vichtiger diplomatischer Sendungen betraut, in denen 
er seine Gewandtheit in der hohen Politik aufs 
Beste bewährte. 1855 wurde er vom Konige, der 
ihn besonders hochschätzte, in das Militäckabinet 
derufen. das er 1857 als Chef übernahm. In 
dieser einflußreichen Stellung erwarb er sich um die 
steorganisation der Armee große Verdienste, aber 
auch eine reiche politische Thätigkeit Manteuffel's ist 
in dieser Zeit geübt worden. Allerdings wurde sein 
kinfluß in politischen Dingen zu jener Zeit weit 
iberschätzt, so schried man ihm einen besonders nach⸗ 
heiligen reaktionären Einfluß auf die Verwaltung 
zu und aus dieser Stimmung nannte ihn 1861 
Twesten in seiner bekannten Broschüre: „Was uns 
noch retten kann“ einen „unheilvollen Mann in un⸗ 
heilvoller Stellung“. Bekanntlich führte diese Kon⸗ 
rooderse zu einem Zweikampf, der Twesten eine Ver⸗ 
vundung, Manteuffel einen Arrest in Magdeburg 
tintrug. Nicht lange nachher schied er aus seiner 
Stellung im Militärkabinet und erhielt bei dem eben 
ausbrechenden Kriege gegen Dänemark das Kom⸗ 
nando über die Truppen in Schleswig⸗ Holstein. 
Die ihm hier gestellte schwierige Aufgabe — er 
wurde auch später Gouverneur der Provinz — löste 
er mit Geschick, seine soldatischen Tugenden, die 
dreußische Straffheit und Strenge, kamen ihm hierbei 
zu Statten. Aus jener Zeit stammen auch die 
deiden geflügelten Worte aus seinem Munde von 
den „sieben Fuß schleswigschen Bodens, die er mit 
seinem Leib decken wollte, und „das heidenmäßig 
viel Geld. das Preußen habe.“ Im Kriege von 
1866 wurde in der von ihm verwalteten Provinz 
jofort mit aller Energie gegen die Bundesbesatzungs⸗ 
ruppen der Oesterreicher vorgegangen und Gablenz 
nußte bald Holstein räumen. Mit nicht minderem 
Blück leitete er in dem Feldzug gegen Frankreich 
die Operationen gegen die französische Nordarmee. 
die er in den blutigen Schlachten bei Amiens und 
in der Hallue schlug. Bourbaki wurde, nachdem 
o. Manteuffel den Oberbefehl über die Südarmee 
ibernommen, von ihm über die Schweizer Grenze 
gedrängt, eine That, die ihm am 22. März das 
Großkreuz des Eisernen Kreuzes einbrachte. Seine 
Verdienste fanden auch in der Folge wiederholt die 
ehrendste Anerkennung seines Monarchen, so wurde 
ihm an dem Tage des siegreichen Einzuges der 
Truppen in Berlin die höchste preußische Auszeich⸗ 
nung. der schwarze Adlerorden, sowie eine Dotation 
derliehen. Eine besonders große Auszeichnung 
und Würdigung seiner Fähigkeiten lag aber 
in der Uebertragung des Oberbefehls über die Ok⸗ 
iupationsarmee, die in Frantreich verbleiben mußte. 
Die schwierige Aufgabe hat Manteuffel mit Geschich 
und Energie gelöst und nach ihrer Beendigung ver⸗ 
lieh ihm sein dankbarer Monarch die höchste mili⸗ 
ärische Würde, den Rang eines Generalfeldmarschalls. 
kinige Zeit lebte nun Manteuffel der verdienten 
Muße in Berlin, bis sein Herr ihn wieder zu hoher 
und schwieriger Dienstleistung berief. Als die Ver⸗ 
valtung der neugewonnenen Reichslande immer 
groͤßere Schwierigkeiten machte, beiraute man Man⸗ 
ceuffel unter dem Titel eines Statthalters mit der 
bedeutungsvosllen Mission der Germanisirung der 
wieder zum Reiche zurückgekehrten Provinzen. In 
dieser Stellung hat Manteuffel seit 5 Jahren sein 
großes staatsmännisches Geschick mit gutem Erfolge 
dethätigt, und wenn das wichtige Werk auch lang⸗ 
sam von Statten ging, so hat es doch stetigen 
Fortgang genommen. Sein Tod reißt nicht nur 
in den Reihen der verdienstvollen Waffengefährten 
des deutschen Kaisers eine klaffende Lücke, das Reich 
herliert vor Allem in dem Dahingeschiedenen eine 
machtvolle Stütze, die schwer zu ersetzen sein wird. 
. opwdechbaheeitttechtarrrrrnüdueed 
Deutsches Reich. 
Berlin, 18. Juni. Der Kaiset empfängt 
hgeute Abend um 71/3 Uhr sämmtliche hier zur 
deichenfeier eingetroffene Fürstlichkeiten und Abgesandte. 
Anslanud. 
Karlsbad, 18. Juni. Die Leiche des Feld— 
narschalls v. Manteuffel wird Freitag früh 5 Uhr 
X 
Befehl des Kaiserz Franz Jofeph der kommandirende 
Beneral Philippovich sich von Prag hierher begeben 
vird. Die Ehrenparade wird aus den nächsten 
—AD 
Topper findet entweder Samstag oder Sonntag statt. 
Wien, 18. Juni. Die Blätter widmen dem 
Felomarschall v. Manteuffel warme Nachrufe. Das 
Fremdenblatt“ sagt: Der Name des Feldmarschalls 
verde in der Geschichte von Elsaß-Lothringen fort 
eben. 
Paris, 17. Inni. Die Nachricht von dem 
Tode des Freiherrn v. Manteuffel traf hier 
zeute Nachmittag 8 Uhr ein. Dieselbe macht be—⸗ 
sonders wegen seiner Stellung als Statthalter von 
Elsaß ⸗Lothringen großes Aufsehen. 
Paris, 18. Juni. Der Tod v. Manteuffel's 
letet. der elsässischen Bande, welche in den Pariser 
Journalen die Deutschenhetze betreibt, eine willkom⸗ 
mene Veranlassung, ihren Lesern neue Mordgeschich- 
en und Ammenmäürchen aufzutischen. So erzählt 
der „Soir“, Manteuffel habe 1866 Frankfurt durch 
eine Soldaten plündern lassen, weil die Stadt die 
Zahlung der ihr auferlegten Kriegskontribution ver— 
veigerte. 
Petersburg, 14. Juni. Durch kaiserlichen 
Uas ist, wie bereits gemeldet, verfügt worden. 
haß in diesem Jahre 230,000 Rekruten zur Fahne 
⸗inberufen werden sollen. In den letzten Jahren 
jat in dieser Beziehung eine beständige Steigerung 
tattgefunden. 1882 wurden 212,000 Mann ein⸗ 
erufen, 18883: 218,000, 1884: 224,000. 
Diese Steigerung bezweckt. einen großen Ab⸗ 
ang von Reserven zu ersetzen. Die im Frieden 
50.,000 Mann starke russische Armee soll in 
driegsstärke 2.200, 000 Mann zählen. wozu also 
.450. 000 Mann Reserven nothwendig wären. 
doch haben die Erfahrungen des letzten Krieges 
erwiesen, daß von den einberufenen Reserven un⸗ 
gzefähr 12 Prozent wegen Krankheit oder anderer 
Ursachen nach Haufe entlassen werden müssen. Um 
diesen Ausfall zu ersetzen, beabsichtigt der Kriegs⸗ 
minister, die Zahl der Reserven auf 1.700,000 
Mann zu bringen, zu welchem Zweck das Rekruten⸗ 
ontingent erhöht werden muß. 
Newyork, 14. Juni. Der Aufstand der 
Apaché-⸗Indianer dauert fort. Als die Truppen 
u einer Rekognoscirung ausrückten, ließen fie ihren 
Wagenzug unter einer Wache von 7 Mann zurück 
die Indianer überrumpelten den Wachtposten, 
ödteten 5 Mann desselben und erbeuteten die 
janzen Lebensmittel- und Munitions-Vorräthe 
die anderen beiden Soldaten enkamen. Es werden 
viederum mehrere Mordthaten gemeldet, die von 
»en Indianern verübt worden sind, obwohl die 
mergische Verfolgung seitens der Truppen fafßf 
ammtliche Apachoͤss gezwungen hat, sich über die 
Hrenze nach Mexiko hinein zu flüchten. 
Lobale und pfrzische Rachrichten. 
— Es dürfte von Interesse sein, daß in 
zerlin 17Pfaälzer Studenten weilen 
uus allen Gauen der Pfalz, nämlich 8 Theologen, 
2 Mediciner und 7 Juristen. Wenn bei der 
Hröße der Stadt und den verschiedenen Studien 
an einen ständigen Verkehr sämmtlicher Rheinpfälzer 
nit einander nicht gedacht werden kann, so ist es 
zoch ein erfreuliches Zeichen, daß jeden Donnerstag 
bend sich alle pfälzischen Studirenden Berlins in 
deil's Bierhallen (Passage) zu einer gemüthlichen 
dneipe versammeln. Mittag essen die meisten bei 
Zerrn Gastwirth Adolf Staudte, Oranienburger⸗ 
traße 50. wo meist Studenten verkehren. Es sei 
vem Schreiber dieser Zeilen gestattet, darauf hin⸗ 
uweisen, welch' urgemüthlicher Wirth Herr Staudte 
st, der den Studenten stets mit Rath und That 
ur Seite steht und ihnen vorzüglichen billigen 
Mittagstisch bietet. Neulich beehrten die Pfälzer 
seneipe vier Herren aus Kusel, welche auf einer 
zrößeren Vergnügungstour in Berlin verweilten. 
— Echwurgericht, Z3weibrücken, 16. 
Juni, Nachm. 3 Uhr. Verhandlung gegen Ludwig 
Schleppi. 30 Jahre alt, Tagner von Altstadt, 
vegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. Vertreter 
der kgl. Staatsbehörde: Hr. 8. Staatsanwalt 
Wildt; Vertheidiger Herr Rechtsanwalt König. 
Der Angeklagte ist beschuldigt eines Verbrechens 
in Gemäßheit des 8 176 Ziff. 2 R.St.⸗G.«B., 
zegangen auf dem zur Gemeinde Altstadt gehörigen 
Hofgute des Ackerers A. Schleppi (Bruders des 
Angeklagten) am 6. Mai abhin, des Nachmittags 
12 Uhr. 
Die Geschworenen bejahten die auf Versuch ge— 
ttellte Frage, sowie auch die Frage nach mildernden 
Umständen, worauf der Gerichtshof den Ange— 
lagten in eine Gefängnißstrafe von 9 Monaten 
derurtheilte. 
— Der Ausschuß des pfälz. Feuerwebhr⸗ 
serbandes besteht nun aus den Vertretern der 
Feuerwehren: Zweibrücken-Loch, Speyer-Bechtluft 
dürkheim⸗Dr. Bischoff, Neustadt;Fuchs, Landar 
hindenlang und Kaiserslautern ⸗Gelbert. 
— Auch in Pirmasens wurde der Aus 
schank des Bieres mittelst Pressionen verboten.“ 
— Kaiserslautern, 17. Juni. Di 
Zimmerleute Peter Funda und Anton Roth 
änder, beide von hier, wurden von dem konigi 
Schöffengericht ersterer zu 8 Tagen, uetzterer * 
8 Tagen Gefängniß verurtheilt. Funda hain 
durch Bedrohung und Rothländer durch Bedrohin⸗ 
mit Todtschlagen und ehrverletzende Aeußerunge 
zu der Theilnahme an dem herrschenden Zimme 
streil zu veranlassen gesucht. — Der Strike de 
Zimmerleute dauert fort und ist dessen Ende zu 
aächst nicht abzusehen, da die Meister nicht nachsu 
zeben gesonnen sind und den Gesellen noch aͤg 
reichende Mittel zur Verfügung stehen. 
— Kaiserslautern. Am Sonntag, de— 
5. Juli findet im Café Kramer dahier die Va 
ammlung der pfaälzischen Postboten statt. 
— Busenberg, 16. Juni. Heute wurd⸗ 
das älteste Mitglied der hiesigen israelitischen Ge 
neinde sowie der älteste Bürger vou hier zu 
etzten Ruhe verbracht. Der Verstorbene 
Ar— 
»on 96 Johren und war bis zu seinen letzten 
Tagen noch rüstig, so daß er noch Holz zu schnei 
den und zu hacken im Stande war. Seine Schweste 
starb vor einigen Monaten in Wallhalben im Alter 
von 103 Jahren. (S. W) 
— Bubenheim, 17. Juni. Gestern Morger 
4 Uhr wurde dahier der Reisende des Herrn N 
⁊. von Alzey durch die Gendarmerie Göllheim ir 
Untersuchungs haft abgeführt. Derselbe ist beschuldig! 
am Montag Nachmittag ein Sittlichkeitsberbreche 
in der Wohnung der Frau Wittwe K. begange 
zu haben. 
— Das Presbyterium in Kand el wählte ab 
Geistlichen an Stelle des verstorbenen Herrn Reiffe 
Herrn Pfarrer Croneis in Heuchelheim. 
— Mörsch, 17. Juni. Bei dem am lezzten 
Montag stattgehabten Gewitter schlug der Blitz auf 
der Petersau in einen Bienenstand, in welchem sit 
70 Stöcke befanden, von denen 60 verbrannten 
Ein in der Nähe sich aufhaltender Mann wurde sr 
verletzt, daß er ärztliche Hülfe in Anspruch nehme 
mußte. (F. 3) 
— Zu dem am 21. d. M. zu Haard! 
tattfindenden 16. Verbandstag der pfälzischen 
Zampfgenossenschaft hat die Direktion der pfälzischer 
Fisenbahnen allen durch die Mitgliedskarten sic 
ausweisenden Kampfgenossen zur Fahrt nach Neu⸗ 
ttadt und zurück eine Fahrtax⸗Ermäßigung von öh 
pCt. bewilligt. Bei der Wichtigkeit des Punkte 
9 der Tagesordnung — Gründung einer pfälzischen 
Sterbetasse — ist nun allen Verbandsbereinen Ge 
egenheit geboten, gegen geringe Kosten mehren 
Vertreter senden zu können. 
— Speyer, 15. Inni. In Anbetrocht der 
zielen Unglückzfälle durch Ertrinken, welche dieses 
Jahr schon beim Baden an verbotenen Orten vorge 
kommen, hat die Regierung in Erinnerung gebracht 
daß bezüglich der Sicherheit der Badeplätze um 
der Abwendung von Gefahren für die Badenden 
die bestehenden Vorschriften hierüber gewissenhof 
heachtet werden. Insbesondere ist dafür Sorge zu 
ragen, daß allenthalben das Baden an gefährlicher 
—A 
gehandhabt werde. 
— Speyer, 186. Juni. In diesem Jahr 
findet die Neuanlage der Kapitalrenten-Steuer fu 
die Steuerperiode 1886/87 und jene der Einkom · 
menfiener für die Steuerperiode 1886180 stett 
Dder Termin für die Einberufung der Steueraur 
schüsse für die Kapitalrenten· und Einkommensteuer— 
Anlage wurde auf den 1. Oktober d. J. festgeseht 
— Frankenthal, 16. Juni. Die St 
kammer des königl. Landgerichts verhandelte sn 
u. A. gegen die 23 Jahre alte Magd Louise Pen 
aus Düriheim, welche bekanntlich am 10. An 
ifd. Is. im Hotel Zu den Vier Jahreszeiten 
Dürlheim einem Geschäftsreisenden 400 Mark g 
stohlen hatte. Einige Zeit zuvor hat sie 
Weisenheim ihre Dienstherrschaft durch wiederho 
Entwenden von Geld geschädigt. Die Angen 
die nicht zum ersten Male vor dem Sngun 
tteht, erhielt eine Zuchthausstrafe von 8 77 u⸗ 
auch wurde auf Zulässigkeit von Polizeiaufsich 
kannt. — gun 
— Ludwigshafen a. Rh., 17. 9 
Die heute dahier stattgehabte Sitzung der 8 
zischen Handels- und Gewerbekammer war nich