Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöͤchentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaluungs⸗ 
zlatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.4 60 ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 , einschließliq 
04 gustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solche 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 186, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
— 121. Montag, 22. Juni 1885. 
20. Jahrg. 
—** 
Politische Uebersicht. 
»Der Bundesrath hielt am Donners⸗ 
rzag eine Plenarsitzung ab, au— welcher 
ediglich die Genehmigung des saͤchsischen Antrages, 
en über Leipzig verhängten kleinen Belagerungs⸗ 
ustand wieder auf ein Jahr zu verlängern, hervor⸗ 
juheben ist. Von einer Erledigung des preußischen 
Antrages betreffs der braunschweigischen Thronfolge⸗ 
Frage verlautet noch immer nichts. 
teinen rechten Anhalt fand. Aber Courbet, der 
die schlechten Schiffe und miserablen Forts der 
Thinesen mit den modernen Geschützen der Flotte 
bezwang, wie hätte er nicht die Deutschen vertilgen 
souen, wenn ihn nicht das Gallenfieber hinwegge⸗ 
rafft hätte. Weniger wegen der Erfolge, die er 
errungen und die ohne seine Schuld nur militärische 
krfolge gewesen, im Uebrigen fast wirkungslos ge⸗ 
zlieben sind, als wegen der Hoffnungen, welche der 
Thauvinismus mit blödem Wahn an ihn geknüpft 
hat, will man denn auch Courbet gleichfalls in's 
Pantheon beingen. Auf diese Manier kann der 
Ruhmestempel Frankreichs bald voll sein. 
Besuches durstiger Gäste zu erfreuen. Auch viele 
Bewohner unserer Stadt nahmen an dem Feste theil. 
— C. St. Ingbort, 22. Juni. Die Feier 
des 25sjährigen Jubiläumsfestes des Ge— 
angvereins „Germania“ zu Niederwür z⸗ 
dach am gestrigen Tage nahm bei ziemlich günstiger 
Witterung einen recht schöͤnen Verlauf. Von den 
1FGesangbereinen, welche ihre Betheiligung zuge⸗ 
gesagt hatten, waren 16, theils mit Musik und 
Fahne, theils ohne diese, erschienen; darunter von 
dier der Gesangverein „Concordia“. Nach dem 
Empfange der verschiedenen auswärtigen Vereine 
ind der Generalprobe im Bereinslokale, wurde der 
Bründer des Festvereins, Herr Lehrer Glaser, 
. Z. in Alstingen (Lothringen), am Bahnhofe ab⸗ 
Jeholt. Alsdann nahmen die anwesenden Vereine 
zor dem Schulhause Aufstellung zum Festzuge. Der⸗ 
elbe bewegte sich durch einige Straßen des Ortes 
nach dem Festplatze, in unmittelbarer Nähe der 
Philippsburg, einem überaus herrlich, nur für die 
gestrige Witterung etwas zu schattig und kühl ge⸗ 
legenen Platze. Hier enwickelte sich bald ein leb⸗ 
daftes und froͤhliches Treiben, leider von einigen 
Regenschauern unterbrochen, so daß eigentlich die 
richtige animierte Stimmung, der sehr zahlreich sich 
ingefundenen Festtheilnehmer einigermaßen beein⸗ 
rächtigt wurde. Die Feier wurde durch die Festrede 
des Vorstandes eroͤffnet; es folgte hierauf als Chor 
üummtlicher Vereine das Bundeslied von Mozart: 
Brüder, reicht die Hand zum Bunde', woran sich 
abwechselnd die Vorträge der einzelnen Vereine und 
der Musikkapellen anschlossen. Die weitaus meisten 
der von den verschiedenen Vereinen vergetragenen 
Besangspiecen können als sehr gute und lobens⸗ 
werthe Leistungen bezeichnet werden. Gegen 6 Uhr 
rat die Mehrzahl der Vereine wieder den Rück⸗ 
narsch in ihre Heimath an. — Gestern Abend 
'and Festball und heute Morgen Trauergottesdienst 
ür die verstorbenen Mitiglieder des Gesangvereins 
Germania“ statt. 
J Gestern und vorgestern weilte im benachbarten 
SaarbrückenSt. Johann S. Hochwürden 
der Herr Bischof Korum von Trier. Gestern 
Nachmittag nahm derselbe den feierlichen Akt der 
Brundsteinlegung zu der neuen katholischen Kirche 
n Saarbrücken vor. Anläßlich dieses feierlichen 
kreignisses waren die beiden Saarftädte am gestrigen 
Tage sehr zahlreich besucht. Eine zahllose Menschen⸗ 
nasse umstand besonders die Baustätte, um dem 
eierlichen Alte beizuwohnen und den hohen Kirchen⸗ 
ürsten zu sehen. 
— Echwurgericht, Zweibrücken, 18. 
Juni, Vormittiags halb 9 Uhr. Verhandlung gegen 
Martin Deutsch, 21 Jahre alt, Makler von 
derxheim, wegen Meineids. Vertreter der konigl. 
Staatsbehörde; Herr 2. Staatsanwalt Wagner; 
Lertheidiger: Herr Rechtsanwalt Trier. 
In der Nacht vom 1. auf 2. Februar d. Irs., 
ach 11 Uhr, wurde auf der Orisstraße von Herx⸗ 
jeim von einem gewissen Rieder und dessen Bruder 
zrober Unfug verübt und die hinzukommende Poli⸗ 
jsei auf das Groͤblichste von denselben beleidigt, 
chließlich sogar noch thätlich angegriffen. Es hatten 
ich nun die Maurer Franz und Joseph Rieder von 
herxheim vor dem Schoffengerichte Landau zu ver⸗ 
mworten, und zwar wegen groben Unfugs, Be⸗ 
rufsbeleidigung des Polizeidieners Fink, sowie der 
stachtwachter Moch und Daun und schließlich wegen 
vorsätzlicher, in Gemeinschaft verübter Koͤrperderleß ⸗ 
ing des Moch, in idealer Konkurrenz mit Wider⸗ 
zand gegen die Staatsgewalt. Die Verhandlung 
Der in einigen Zeitungen ausgesprochenen 
Neinung, daß die Reubesetzung des Statthalter⸗ 
postens in ElsaßLothringen wegen der 
großen Anforderungen des Postens in naher Zeit 
rcht erfolgen werde, möchten wir widersprechen. 
Ddas Amt darf wegen seiner großen Wichtigkeit 
nicht lange vacant bleiben. An Vermuthungen 
—— fehlt es 
zicht. Von einer Seite wird Graf Otto zu Stol-⸗ 
ꝛerg ⸗· Wernigerode genannt, von einer anderen Fürst 
hodenlohe, der deutsche Botschafter in Paris. Auch 
ie Ueberiragung der Statthalterei auf den Groß 
jetzog von Baden, von welcher schon früher einmal 
ie Rede gewesen, wird in Erinnerung gebracht. 
Ferner wird daran erinnert, daß das Gesetz über 
ie Verfassung und Verwaltung des Reichslandes 
om Jahre 1879 die Einsetzung eines Statthalters 
zur erlaubt, nicht vorschreibt, daß daher der Kanzler 
ich vielleicht entschließen werde, die elsaß · lothringischen 
Ungelegenheiten wieder selbst in die Hand zu 
jehmen und sich im Reichslande nur vertreten zu 
afsen. Von allen diesen Vermuthungen halten 
vir die auf den Fürsten Hohenlohe hinweisende 
ur die begründetste. Der Statthalter in Elsaß— 
dothringen muß vor allen Dingen die französischen 
Justände ebenso genau kennen wie die deutschen 
zürst Hohenlohe verbindet mit seinen nahen Be⸗ 
iehungen zu allen bedeutenden franzoösischen Staats⸗ 
nannern ein verbindliches Wesen, humanen Sinn, 
aber auch kernhafte deutsche Art und ernstes Ver⸗ 
tandnitz für die Aufgaben, welche der entscheiden ⸗ 
ven Instanz im Reichslande gegenüber den franzosischen 
Naulwurfdarbeiten gestellt sind. Vielleicht wird 
die Erwartung, daß der Reichskanzler den Fürsten 
dohenlohe dem Kaiser als Nachfolger Manteuffel's 
ampfehlen werde, durch die telegraphische Nachricht 
mterstütt, daß Hohenlohe dem Fürsten Bismard 
n Kissingen einen längeren Besuch gemacht hat. 
Deutsches Reich. 
Kiffingen, 18. Juni. Der Minister v. 
Lußz wraf heute Mittag hier ein und begab sich so⸗ 
sorl zu dem Reichskanzler Fürsten Bismarck. 
Munchen, 19. Juni. Die Königin von 
Spanien wird am 23. d. M. zum Besuche ihrer 
Tochter und ihres Schwiegersohnes, der Prinzessin 
de ia Paz und des Prinzen Ludwig Ferdinand. 
hier erwartet. 
Berlin, 20. Juni. Der „Reichsanzeiger“ 
eröffentlicht heute die auch von dem englischen 
Blaubuche publizirten Altenstüde, betreffend das 
lebereiniommen zwischen Deutschland und England 
wegen Abgrenzung der westafrilanischen Schutzge⸗ 
hiele am Guineagolf und wegen der Gewahrung 
gegenseitiger Handels und Verkehrsfreiheit daselbst. 
Beriin, 21. Juni. Der Kaiser empfing 
heute Nachmittag in feierlicher Audienz in Gegen⸗ 
vart des Unterstaatssekretärs Grafen Herbert v. 
gismardk die amerikanischen Gesandten Pendleton 
ind Kasson, welche ihr Accreditiv resp. Abberuf⸗ 
ingsschreiben überreichten. 
Kiel, 20. Juni. Der für Kamerun gebaute 
dampfer ist soeben glücklich vom Germania⸗Werfl 
‚om Stapel gelassen worden. Vizeadmiral Widede 
aufte das Schiff auf kaiserlichen Befehl, Nachtigal“, 
‚amit der Name desjenigen Pioniers der Zivili⸗ 
ation, der so Hervorragendes bei der Erwerbung 
mserer Kolonien geleistet, der sein Leben dabei ge⸗ 
affen, auch in der Ferne auf dem Schauplatz seiner 
Thatigkeit nie vergessen werde. 
Ausslaud. 
Paris, 21. Juni. Einem in Hanoi um⸗ 
aufenden Gerüchte zufolge soll Lui⸗Vin · Phua, der 
Thef der Schwarzflaggen, von den Chinesen ge⸗ 
angen genommen und erdrosselt worden sein. 
Newyork, 20. Juni. Nach hier einge— 
jangenen Rachrichten aus Libertad ist der Frieden 
San Salvbator wiederhergestellt. General Me⸗ 
rendez hat die Präsidentekaft angetreten. 
Kaum hat Frankreich den Dichter der Re⸗ 
janche Victor Hugo verloren, so büßt e8 den Ad⸗ 
niral der Revanche Courbet ein. Seit Courbet 
Futschen bombardirt und bei Sontay die Chinesen 
eschlagen hat, nannte man ihn den Mann der 
Jukunft, welcher dereinst die deutsche Flotte in den 
hrund bohren, die deuischen Hafenstadte zusammen⸗ 
chießen und ein Landungskorpe in das feindliche 
Hebiet werfen würde, das direlt auf Berlin mar⸗ 
chire. Wenn in den Reden der hetzerischen Pa⸗ 
rioten · Liga und in den Gesaͤngen ihres Führers 
dourbet der Beruf ertheilt wurde, die Festung 
Magdeburg an der Nordsee zu bombardiren oder 
danzig, den Hafen von Hamburg, zu forciren. so 
muß man diese fleinen Irrihümer der franzoͤsischen 
Abneigung gegen Geogrophie und dem alles nieder⸗ 
werfenden Tlan zu Guie halten. Ueber die 
Veneräle der Landarmee ist der Chauvinismus 
Jeinlaut geworden, seit Chanch gestotrben in. In 
Tongking mußte in iurzen Fristen ein Genetal den 
inderen abldsen. so dak man zum Glorificiren 
Pep⸗le und vfalzische Nachrichten. 
NSt. Ingbert, 22. Jani. In her⸗ 
sömmlicher Weise wurde gestern im nahen Rohr⸗ 
»ach das Johannis feft gefeiert. Die Konzert · 
lange der hiesigen Bergkapelle in der Schwarz'schen 
Wirihschaft, die zustigen Weisen zahlreicher Dreh⸗ 
orgeln, ferner Karussels, Schießbuden u. s. w. 
gestalteten besonders den Nachmittag zu einem 
vahren Volksfeste. Die nicht sonderlich günstige 
Wiiterung, sowie die Festlichleiten in benachbarten 
DOrischaften bewirkten freilich, daß der Zuspruch 
Auswartiger nicht so bedeutend war, als in früheren 
Jahren. Gleichwohl bemerkte man auf dem Fest 
latze ein Wogen dichter Menschenscharen, und auch 
die Wirthschaffslokaliiäten hatten fich eines reqgen