Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amiliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. — 
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Im Preis und örscheinen des „St. Ingberter 
Anz.“ tritt keine Aenderung ein. Die Haltung 
inseres Blattes bleibt stets eine rein sachliche. 
hesondere Aufmerksamkeit werden wir lokalen und 
robinziellen Angelegenheiten zuwenden und daneben 
ur eine gute Unterhaltungslektüre in spannenden 
Romanen und Novellen Sorge tragen. Als an⸗ 
jenehme Beigabe behält der „St. Ingb. Anz.“ 
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denn vor dem 1. Juli nicht ausdrüclich abbestellt 
vird. 
Auch als wirksames Insertionsorgan sei der 
St. Ingb. Anz.“ hiermit einem verehrlichen Pu⸗ 
lntum in empfehlende Erinnerung gebracht. 
Hochachtungsvollst! 
Redaktion und Erpedition 
des E1. Inaberter Anzeiger.“ 
Mängel des Krankenkassengesetzes. 
Das Jahr 1885 wird immer einen denkwürdigen 
Abschnitt in der Geschichte unserer sozialpalitischen 
Hhejeßgebung bilden. In ihm hat die Wirksamkeit 
des Frankenlassengesetzes begonnen; in ihm soll 
nuch (vom 1. Okiober ab) die neue, durch das 
Unsaligesetz vorgesehene Organisation ins Leben 
reten. Die Erfahrungen, die wir in den wenigen 
Monaten seit der Einführung der Krankenversicherung 
ammeln konnten, sind zwar noch recht bescheiden; 
mmerhin kommen sie noch zeitig genug, um vielleicht 
nuch für die ungleich schwere Durchführung der 
infallversicherung manchen Fingerzeig zu geben. 
Schon die kurze Praxis der auf Grund des Reichs⸗ 
sesetzes vom 15. Juni 1888 organisirten oder 
teorganifirten Krankenkassen hat mancherlei Unzu⸗ 
raglichleiten ergeben, die nur zum Theil in Miß⸗ 
griffen der ausführenden Organe, zum andern Theil 
n Unklarheiten und Schwierigkeiten des Gesetzes 
elbst begründet find. Es ist daher ein verdienft 
iches Werk des mit dem Krankenkassenwesen wohl⸗ 
vdertrauten Rechtsanwalis Dr. Edmund Friede⸗ 
mann in Berlin, daß er es unternommen hat, 
die Grundgedanken und Hauptbestimmungen des 
Besetzes in kurzer, volksthümlicher und leicht 
rientirender Darstellung unter dem Titel „Die 
Zdrankenkassen“ zusammenzufassen (6. Hejt 
der Sammlung „Soziale Zeitfragen“, Verlag von 
J. C. Bruns, Minden i. Westf.). Auch manche 
⸗raktische Erfahrungen und Streitftagen, die sich 
dei der Aussuhrung des Gesetzes ergeben haben, 
werden in diesem Schriftchen gestreift. Wer sich 
n dieser Beziehung noch naher unlerrichten und auf dem 
baufenden erhalten will, dem sei eine seit Kurzem 
Whrvde Zeiischrift Die Hilfsgenossen⸗ 
sartt empfohlen (herausgegeben von Georg 
iller, Verlag von Franz Duncker in Leipzig). 
In dieser ßnhet wan eine csartlaufende qgetreue 
Dienstaa, 23. Juni 1888. 
20. Jahrg. 
Berichterstattung über Krankenkassen, Berufsgenossen⸗ 
schaften und sonstige Vereinigungen zur Hebung 
der wirthschaftlichen Lage, wobei die Ausführung 
der sozialpolitischen Gesetze einer wohlwollenden aber 
mabhaͤngigen und jachgemaßen Kreitik unterworfen 
wird. 
Ein Hauptprinzip des Krankenkassengesetzes ist 
dies, daß die Arbeitgeber zur Entrichtung der Bei⸗ 
räge verpflichtet sind und ihrerseits wieder das Recht 
Jaben, den auf die Arbeiter entfallenden Betrag 
om Lohn in Abzug zu bringen. Die nothwendige 
Porausfetzung für den Versicherungszwang ist also 
»as Bestehen eines Arbeitsverhältnifses. Für den 
Heschäftigungslos werdenden Arbeiter hört die Ver⸗ 
icherung auf, während sie doch gerade für ihn noch 
wihwendiger erscheint, als für den beschäftigten 
Arbeiter.Die Beschäftigung muß aber auch eine 
auernde sein; Arbeiter, die nur vorübergehend 
yeschäftigt werden, sollen von der Versicherungspflich 
nusgeschlossen sein. Auch hier ist zunächst einzu⸗ 
venden, daß gerade solche unsicher gestellten Ar⸗ 
ʒeiler der Krankenversicherung am meisten bedürfen. 
Iußerdem giebt die Fassung dieser Bestimmung zu 
allerlei Zweifeln und Mißdeutungen Anlaß, ja sie 
Jziebt eine leichte Handhabe. um den Versicherungs⸗ 
wang ganz zu umgehen; denn der Vertrag braucht 
ur auf einige Tage abgeschlossen und dann stets 
nuf eine gleiche Zeit verlängert zu werden, um die 
Bersicherungspflicht zu beseitigen. 
Zu den Klagen der Arbeiter gesellen sich aber 
nuch solche aus den Kreisen der AÄrbeitgeber. Von 
dieser Seite beschwert man sich darüber, daß viele 
Arbeitet, namenilich weibliche, den Abzug vom 
dohne, der ihren Beitrag zur Krankenkasie darstellt; 
für eine neue Steuer halten und sich diese Laft 
mur unwillig gefallen lassen. Kein Wunder, daß 
nun auch die Arbeitgeber sich durch diese Art der 
krhebung der Beiträge belästigt fühien und ihre 
Ibanderung verlangen. Eine solche wird aber nur 
chwer und nur mit großer Vorsicht zu bewirken 
ein, da gerade diese Bestimmung. wie gesagt, einen 
)er wichtigsten Grundsähe des Gesetzes bildet, da 
ie es ist, welche die Ausführung des Versicherunas⸗ 
wanges ermoglichen soll. 
Jedenfalls ist es bemerkenswerth, wie schon jetzt, 
inem noch so jungen Gesetze gegenüber, der Ruf 
ach Revision von den verschiedensten Seiten her erlönt. 
Die Revision wird über kurz oder lang unabweislich 
verden; aber schon inzwischen hätte man eine Reihe 
inderer Mißversiändnisse und Mißstände, die sich 
in die Ausführung des Gesetzes inüpfen, im Ver⸗ 
ordnungs⸗ und Verwaltungswege beseitigen und 
nildern können. Das Geset schließt ganze Gruppen 
zer Arbeiler vom Versicherungszwange aus. raumt 
iher den Behörden die Befugniß zur Ausdehnung 
des Zwanges ein. Daraus und aus den abweichenden 
Unschauungen der Verwaltungsbehörden über die 
Bersicherungspflichtigkeit gewisser Kategorien (der 
Büreauschreiber, Diatare, Musiker u. A.) haben sich 
die größien Verschiedenheiten innerhalb des Reiches 
ergeben. Andere, zum Theil sehr wesentliche Ab⸗ 
veichungen zeigen sich in den Statuten der zuge⸗ 
assenen freien Kassen. Dort hat man Bestimmungen 
zurchgehen lassen, die man hier zurückgewiesen hat, 
ind nicht minder groß sind die Differenzen in 
Betreff der gesetzlichen Zwangskassen. für die man 
zald die Form der Gemeindeversicherung oder der 
Betriebslassen begünstigt, bald wieder erschwert hat. 
Kurz, der Mangel einer gemeinsamen, das ganze 
Reich umfassenden Ausführungsverordnung hat sich 
u Jinen Beseße so füblhar gemacht. wie bei diesem. 
Für das bereits in Kraft getretene Krankenkassen⸗ 
Jesetz kommt diese Lehre zu spät; man wird sich 
orläufig begnügen müssen, die hervortretenden 
Mängel im Einzelnen nach Möglichkeit abzuschwächen. 
Möge aber das jetzt bezahlte Lehrgeld für spätere 
Verbesserungen, für die in Aussicht genommene 
xkrweilerung der Krankenversicherung und für die 
Durchführung der Unfallversicherung nicht ganz ver⸗ 
loren sein. GGerl. Taabl.) 
Volitische Uebersicht. 
Es ist die Pflicht der deutschen Presse von 
den Ausbrüchen des wahnwitzigen Hasses gegen 
Deutschland Notiz zu nehmen, welche anläß⸗ 
iich des Todes des Prinzen Friedrich Karl und des 
Marschalls Manteuffel beinahe in fast der ganzen 
Presse Frankreichs zum Vorschein kommen. 
Man ist in Deutschland nur zu sehr geneigt, sich 
zezüglich Frankreichs eines trügerischen Optimismus 
hinzugeben und zu glauben, daß das französische 
zoit die Niederlagen von 187071 verschmerzt habe 
ind daß sich in letzterer Zeit eine Annäherung 
wischen den beiden Nationen vollzogen habe, welche 
u der Hoffnung einer Aussöhnnung in nicht zu 
erner Zeit berechtige. Deutsche jedoch, die in 
Frankreich inmitten des Hosses leben, wissen leider 
iur zu gut, wie irrthümlich eine solche Annahme 
st und wie ganz im Gegentheil Dank der fortwäh⸗ 
rend systematisch betriebenen Hetzerei der Haß und 
zer Revanchedurst noch ebenso lebhaft sind, wie es 
zleich nach dem Kriege der Fall war. Daß der 
deiter der deutschen Politik es trotzdem ermöglicht 
hat, bis heute nicht allein ein gutes Verhältniß 
wischen Deutschland und Frankreich aufrechtzuhalten, 
ondern sogar die französische Regierung gleichsam 
u zwingen, in wichtigen Fragen der äußeren Po— 
litik mit Deutschland gemeinschaftliche Sache zu 
nachen, das Alles hat auch nicht den geringsten 
TZinfluß auf die Gesinnungen der Bevölkerung aus⸗ 
geübt. Es ist gewiß äußerst bedauerlich, daß dem 
so ist, aber man kann daran nichts ändern und 
vird man sich in Deutschland auch über diesen Haß 
der Franzosen zu trösten wissen. Es wäre aber 
zJefahrlich, wenn man sich in Deutschland in dieser 
Zeziehung Taäuschungen hingeben würde, und davor 
zu warnen, ist als Pflicht zu erachten. 
Ueber die deutschen Expeditionen in 
Dst afrika meldet die neueste „Kolonial-⸗Politische 
Zorrespondenz. Die Expeditionen des Dr. 
Jühlke, dessen erster Offizier Premierlieutenant 
Weiß ist, in einer Stärke von 160 Mann, und 
zes Regierungsbaumeisters Hörnecke, mit den 
DOH. v. Anderten, d. Carnap u. Kuntzell. ebenfalls 
n einer Stärke von 160 Mann, welche Anfangs 
Mai von Zanzibar aufbrachen, waren gegen den 
Norden beordert worden. Die Expedition des 
Majors v. Devriere, mit Hrn. Premierleutenant 
b. Kleist als erstem, Hrn. Lieutenant v. Bülow 
als zweitem Offizier, ist Donnerstag den 4. Juni 
hon Zanzibar auf den Kontinent hinübergegangen. 
leber die Stärkeverhältnisse der letzteren Expedition 
iiegen genauere Nachrichten noch nicht vor, indeß 
dürften sie den Nordexpeditionen nicht nachstehen. 
Alle drei Expeditionen sind bewaffnet mit guten 
Büchsen und Flinten, die Schwarzen zum großen 
Theil mit Zündnadelgewehren. Die Erpedition 
des Gartentechnilers Schmidt, dessen Assistent 
der Gärtner Marris ist. aina etwga am 11 Mai