mit einer großen Karawane, welche hauptsächlich
mit Gartengeräthen und Sämereien ausgerüste!
war, nach Usagara zu landwirthschaftlichen Versuchen
hinauf. Major v. Devriere hatte als ersten Auf⸗
trag die Aufgabe, die der vierten Expedition bei⸗
gegebenen Landwirthe und den Gärtner Liedke nach
Usagara zu bringen und daselbst zu installiren.
Deutsches Reich.
Berlin, 20. Juni. Die Arbeitsein⸗
stellung der Maurer nimmt ganz gewaltigen
Umfang an. In einer gestrigen Versammlung
waren nahezu 8000 Maurer anwesend und der
Vorsitzende erklärte, sie seien darauf gerüstet, min⸗
destens 8 Wochen die Arbeitseinstellung auszuhalten.
Von den fremden unverheiratheten Maurern sollen
schon über 2000 von Berlin abgereist sein. Da
alle Bauten eingestellt sind. so werden durch die
Arbeitseinstellung selbstversiändlich auch alle Hilfs
arbeiter, die Steinträger, die Bau⸗Arbeiter, die
Knechte zahlreicher Lastfuhrwerke, die Schiffsentlader,
die Putzer, die Arbeiter in den Ziegeleien und
Mörtelwerken sowie nicht minder die Zimmermeister
und Zimmergesellen betroffen, und man wird nicht
fehl gehen, wenn man auch die Zahl dieser Be⸗
theiligten in Berlin und Umgebung auf abermals
zehntausend rechnet. Die Steinträger haben bereits
in einer Versammlung einstimmig sich verpflichtet
den Forderungen der Maurer mit zum Durchbruch
zu verhelfen, in der Erwartung, daß die Maurer
auch die Steinträger und Bau⸗Arbeiter bei ihren
etwaigen Forderungen unterstützen.
Berlin, 21. Juni. Der Kriegsminister
macht folgende Allerhöchste Kabinetsordre der
Armee bekannt, mit dem Hinzufügen, daß einer
weiteren Allerhöchsten Bestimmung zufolge die
Trauer um den Generah⸗- Feldmarschall Freiherrn
v. Manteuffel überall beginnen soll, sobald die
Trauer um den General⸗Feldmarschall Prinzen Frie⸗
drich Karl von Preußen, königliche Hoheit, beendet
ist. „Gottes Fugung hat Mir, Meiner Armee und
dem Vaterlande durch den Tod des General⸗Feld⸗
marschalls Freiherrn v. Manteuffel wiederum einen
sehr schweren Verlust auferlegt. Wir haben Uns
dem Willen des allmächtigen Gottes zu beugen,
aber Unserer Herzen Trauern ist tief und schwer
um diesen in so vielen wichtigen Stellungen hoch⸗
verdienten und hochbewährten Mann, den Mein
wärmster Dank zu seiner letzten Ruhestätte geleitet
und dessen treue Dienste Ich wahrlich schmerzlich
bermissen werde. Es wird den Empfindungen der
Armee voll und ganz entsprechen für ihn, der so
viel für die Armee gethan, Trauer anzulegen.
Wilhelm.“
Berlin, 22. Juri. Der „Reichsanzeiger“
schreibt: Graf Hatzfel d hat einen kurzen Ürlaub
angetreten und wird vom Unterstaatssekretär Grafen
Bismarck vertreten.
Berlin, 22. Juni. In der Prozeßsacht
—AD
legte Rechtsanwalt Sachs im Namen des Ange—
klagten Revision ein. weil der Angeklagte auch
wegen der Verbreitung eines Flugblattes, das einen
der inkriminirten Artikel enthielt, bestraft wurde,
während er Einwand erhob, von der Verbreitung
des Flugblattes nichts gewußt zu haben, welchen
Finwand der Gerichtshof verwarf.
Berlin, 22. Juni. Der Knecht Grig o—
laitis, welcher am 5. und am 6. Mai Stein⸗
nach einem Fenster des kaiserlichen Palais warf
murde von der ersten Strafkammer des Landge⸗
richts J. wegen wiederholter Majestätsbeleidigung
und wiederholter vorsätzlichet Sachbeschädigung zů
112 Jahren Gefängniß verurtheilt.
Berlin, 28. Juni. Der Kaiser ist gestern
Abend 10 Uhr 42 Min. nach Ems abgereist. Er
befindet sich somit wieder im besten Wohlsein.
Ausland
London, 20. Juni. Das heute veröffent—
lichte Blaubuch über das Abkommen zwischen Eng—⸗
land und Deutfchland in Betreff der Aktionssphären
in Afrika umfaßt den Zeitraum vom 209. April
bis 2. Juni 1885. Am 7. Mai notifizirte Graf
Münster Lord Granville, daß die deutsche Regier—
ung die englischen Vorschläge annehme, wonach
England den zwischen den Flüssen Rio del Rey und
Oldcalabar gelegenen Theil der Küste des Golfes
von Guinea an Deutschland gänzlich überläßt, wo—
gegen Deutschland sich verpflichtet in dem Theilt
der Küste des Golfes von Guinea. welcher sich von
der Mündung des Rio del Rey auf dem rechter
Ufer bis zur englischen Kolonie Lagos erstreckt,
weder Erwerbungen zu machen noch Protektorate
anzunehmen oder die Ausdehnung des englischen
Einflusses zu beeinträchtigen. Beide Mächte willigen
ein, die Protektorate, welche sie innerhalb der ihnen
zugewiesenen Grenzen bereits hergestellt haben, rück
zängig zu machen, während Deutschland seinen
Protest gegen die Aufhissung der englischen Flagge
an der Lucia⸗Bay zurückzieht und von Gebietser⸗
werbungen und der Herstellung von Protektoraten
an der Küste zwischen Natal und det Delagoa-Bay
absieht. Lord Granville beansprucht die Amlas—
Bay für England mit dem Bemerken, daß, wenn
die deutsche Regierung mit den Missionären der
Kolonie ein befriedigendes Abkommen treffen könne
der schließlichen Abtretung dieser Bay an Deutsch
land von englischer Seite nichts im Wege stehe
Eine Depesche des Grafen Münster vom 2. Juni
zeigt den Beitritt Deutschlands zu dem Vorschlage
Englands an, in den respektiven Protektoraten kein
Differentialzöolle zu erheben und die Zoölle nicht
jöher festzusetzen, als zur Bestreitung der Verwalt⸗
ungskosten nothwendig ist.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Kaiserslautern, 17. Juni. Der
Zimmergesellenstrike brachte heute zwe i Feiernde
»or das Schöffengericht; es wurde nämlich der
Zimmergeselle Peter Funda zu drei Tagen Gefäng⸗
aiß verurtheilt, weil er versucht hatte, einen andern
Besellen, welcher die Arbeit bei Zimmermeister
derzog wieder aufnehmen wollte, theils durch Ver—
prechungen. theils durch Drohungen hiervon abzu⸗
jalten. Eine empfindlichere Strafe traf den
Zimmergesellen Anton Rothländer, dem acht Tage
Gefängniß zudiktirt werden mußten, weil er den
Bersuch machte, einen andern Gesellen durch Be—
drohungen zur Arbeitseinstellung zu bewegen, wobei
ex sich, was erschwerend in die Wagschale fiel, auch
hrenrühriger Beschimpfungen bediente.
— Kaiserslhautern, 18. Juni. Die
Feuerwehr⸗ Angelegenheit ist jetzt so weit geregelt
daß die wiedergewählten beiden Kommandanten die
Wahl angenommen haben; sie haben sich also dem
Beschlusse des Stadtraths unterworfen, wonach
größere Anschaffungen der Genehmigung der Lösch
direktion unterliegen, welche aus dem Bürgermeister
und zwei Stadträthen besteht.
— In Karlsruhe hat sich der Artillerist
Heinrich Hildebrtand aus Hochspever infolge
Melancholie erschossen.
— Einselthum, 18. Juni. In unserem
Orte bemerkt man jeden Morgen präzis fünf Uhr
zine 92jährige alte Frau, die durch Beaufsichtigung
tleiner Kinder ihr Stücklein Brod zu verdienen
sucht, iu den Dienst gehen. Dieselbe besitzt ihre
Sinne und Gedächtniß fast noch vollständig, zitirt
sange Bibelsprüche, weiß noch sehr diel aus alter
Zeit zu erzählen, besonders erinnert sie sich der Zeit
da die Russen Deutschland mit ihrem Besuche be⸗
ehrten. Sie wurde als junges Mädchen von einem
Kosaken verfolgt, der dann mit einer Lanze die
Thüre, hinter welche sie sich geflüchtet hatte, durch
bohrte; so vermag sie noch ähnliche Erlebnisse mit
Benauigkeit wiederzugeben. Es ist rührend, anzu⸗
sehen, mit welcher Aufmerksamkeit die uralte Frau
ein kräftiges Kind auf den Armen trägt und sich
noch durch sonstige Beschäftigungen nützlich macht.
Nicht leicht wird weit und breit eine ähnliche aitt
Frau zu finden sein. N. Bgztg.)
— Speyer, 20. Juni. Herr Dr. med.
F. Mühlhäuser feierte heute in rüstiger Thätigkeit
sein 50jähriges Doktor⸗Jubiläum. Derselbe hat fich
durch sein biederes und tüchtiges Auftreten allge⸗
meine Beliebtheit erworben, was die Zahl der Gra
rulationen heute bewies. Insbesondere ist die Auf
opferung des Jubilars während des Krieges
187071, sowie während der Cholerazeit 1873 in
zuter Erinnerung. Die medizinische Fakultät der
Universitat Würzburg alma mater Julia Maxi-
milianea ließ dem Jubilar eine künstlerisch ausge⸗
tattete Adresse überreichen. Ferner gingen weitere
Blückwünsche ein, u. A. von Herrn Hilgard Villard
in Berlin, dem Stifter des Diakonissenhauses, in
velchem der Jubilar über 25 Jahre als Hausarzt
hätig ist. (Pf. K.)
— Speier, 20. Juni. Gemäß der Bestimm⸗
ungen der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Fe—
bruar 1885, die Organisation der Staat sforst
»erwaltunag betreffend. werden die seitherigen
Forstämter Dahn, Neustadt a. H., Elmstein
Kaiserslautern, Pirmasens, Speier, Winnwel⸗
und Zweibrücken mit dem 1. Juli l. J. aufgelds
Dies wird mit dem Beifügen zur öffentlichen Kenn
niß gebracht, daß die Geschäfte der aufgelosu⸗
Forstämter nach Maßgabe der vorbezeichneten Allerh
Organisationsverordnung. soweit dieselben nicht de
Regierung überwiesen find, vom 1. Juli l. J. he.
ginnend auf die Forstämter neuer Ordnung, deren
definitive Formation jeweils besonders bekann ge.
geben wird, bis dahin aber auf die vorerst der.
bleibenden Forstreviere übergehen. Zugleich ergeht
das allgemeine Ansinnen, mit Rüchksichtnahme au⸗
die nothwendigen Extraditionsgeschafte der aufzu⸗
loͤsenden k. Forstämter, alle zu diesen ressortirenden
Zuschriften, Requisitionen und Vorlagen von jeßz
ah zurückzuhalten, dringliche Gegenstände aber bei
den einschlägigen k. Forstrebieren, nöthigenfalls be
der kgl. Regierung in Einlauf zu bringen.
— Speyer, 20. Juni. Zimmermeifter
Georg Ganninger jun. fuhr gestern Äbend 9 Uhr
48 Min. von hier per Bahn nach der Richtung
Schifferstadt. In der Nähe des 4. Bahnhäuschen
von hier aus, soll, dem Vernehmen nach, derselh⸗
aus dem Coups gestürzt sein. Der Zug ging über
ihn hinweg, so daß er nur als Leiche aufgefunder
werden konnte.
Bermischtes.
r Mext, 21. Juni. Die morgen beginnend
zweite Tagung des Schwurgerichts für Lothringen
anter Vorsitz des Oberlandesgerichtsrathes Duy
wird nur vier Tage in Anspruch nehmen und ha
iber 7 Fälle zu verhandeln, was in Anbetracht
einer Bevölkerungsziffer von rund 450, 000 Seelen
(Landgerichte Metz und Saargemünd) gewiß alt
eine erfreulich zu nennende Minderzahl schwerer
Verbrechen zu gelten hat.
f Für das LandesKrieger-Denkmal
velches Bayern seinen gefallenen Söhnen in Wörth
errichten wird, erging soeben ein Preisausschreiben
ür Denkmalsentwürfe, welche bis 15. Januar 1886
eingereicht sein müssen. Betheiligen können sich nur
jolche Architekten und Bildhauec, welche bayerische
Staatsangehörige sind. Der besten Arbeit wird ein
Preis von 1000 M. zugesichert, den beiden näch—
sten solche von 600 bezw. 400 M.
F(Aus dem Marklgräflerlande.
Wenn der Himmel seinen Segen weiter dazu gibt.
so wird, das tann man jetzt sagen, der Herbsp
1885 der reichste werden von allen Herbsien, di⸗
wir bis dahin im 19. Jahrhundert erlebt haben
Unsere Rebleute erinnern sich nicht, eine solch
Traubenfülle an den Stöcken je gesehen zu haben
wie gegenwärtig. 30, 40 und 50 Samen ar
»einem Sitocke sind keine Seltenheit; man finde
Schosse mit 5355 Samen, und Reben, die in
zorigen Jahr erst eingelegt wurden, haben 6-6
Samen getrieben. Dabei sind die Samen unge
wöhnlich groß und kräftig, bis jetzt auch vollkom
men gesund. Kurz, das Herz lacht Jedem in
Leibe, der diese Fülle sieht. Brennt die Sonn
noch 392 Monaie weiter, wie sie uns seit 14 Tager
mit kurzer Unterbrechung bedacht hat, so kann auc
etwas Gutes in den vielen Trauben zusammenge—
braut und der Wunsch jenes Schwaben erfüllt werden
„Recht gut und fein viel.“
Darmstadt, 20. Juni. Der erst,
Kongreß des Vereins deutscher Rosenfreundt
wurde gestern hier abgehalten. Der Geschäftsführer—
Herr C. P. Staßheim (Frankfurt a. M.), erstattete
einen Rückblick auf das vergangene Vereinsjaht
dem zu entnehmen ist, daß der 1883 zu Hambure
begründete Verein gegenwärtig 270 Mitglieder zählt
F Weimar, 21. Juni. Die hier versammelt
Goethegesellschaft erhielt auf ein an J
M. die Kaiserin gerichtetes Begrüßungstelegramn
von Allerhöchstderselben eine huldvolle Danksagung
Es sind Präsident Simson zum Präsidenten, Pto—
fessor Scherer und Geheimrath v. Löper zu Vize
präsidenten der Gesellschaft gewählt worden.
F Liegnitz, 17. Juni. Das hiesige Stadt—
blatt meldet: „Gestern Nachmittag hat sich der beir
hiesigen Regiment dienende Einjahrig· Freiwillio
Hermann Bohh der Sohn des Herrn Geheimen
Regierungs⸗ und Schulraths Bock hierselbst. ir
seiner Wohnung, die sich im Hause seiner Elterr
befindet, erschossen. Der Unglückliche war gen
2 Uhr Nachmittags vom Appell zurückgekehrt, un
heim Ayppell ist ihm ein Anariff auf seine Ehr⸗