vxi. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 12868.
Montag, 29. Juni 78585.
20. Jahrg.
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Die Diplomatie und die inter⸗
nationale Gesundheitskonferenz
in Rom.
Die in Rom vor einigen Wochen zusammenge—⸗
relene internationale Gesundheitskonferenz hat sich
Mitte dieses Monats his zum November vertagt,
nachdem fie den einen Theil ihrer Aufgabe, den
vissenschaftlichen, verhältnißmäßig rasch erledigt hat.
Die in der italienischen Hauptfiadt versammelt ge⸗
wesenen wissenschaftlichen Autoritäten auf dem Ge⸗
ziete der Gesundheitspflege haben in ihren Berath⸗
ungen und Beschlüssen in erfreulichster Weise dar⸗
— 0—
hnen gestellte hochwichtige Aufgabe zu loͤsen und
den Weg vorgezeichnet, auf welchem es ermöglicht
wird, der Gefahr der Ausdehnung ansteckender
Krankheiten zu begegnen, soweit dies im Machtbe⸗
reich der medizinischen Wissenschaften liegt. Der
diplomatie liegt es nun ob, fich über die Aus⸗
ps der gefaßten Beschlüfse zu verständigen und
aß fie hiermit nicht bis zum Wiederzusammentritt
der Konferenz warien darf, lehrt schon ein Blick
auf die von Spanien her dem übrigen Europa
abermals drohende Choleragefahr. Hier sind aber
aun verschiedene Schwierigkeiten zu überwinden und
zuf welcher Seite dieselben hauptsächlich zu suchen
ein dürften, darüber belehrt uns ein Bericht des
Dr. G. Daremberg, einer der dersten Größen in
Hesundheitsfragen, den das Journal des Debats“
zringt und aus welchem folgende Ausführungen es
erdienen, wiedergegeben zu werden.
Daremberg spricht es offen aus, daß an der
etzten Verbteitung der Cholera in Europa niemand
mnders schuld sei als England, „weil Egypten und
suropa so lange geschützt waren, als die durch die
Ronferenz von Konstantinopel vorgeschriebenen An⸗
dnungen gewissenhaft befolgt wurden; England
lam nach Suez, seine Pflicht als gefitiete Nation
vare gewesen, diese Vorschriften zu verbessern und
edenfalls streng auszuführen; aber England ver⸗
eimlichte im Gegentheil die aus Indien durch seine
Schiffe eingeschleppten Cholerafälle, zerstörte die
Thäangkeit des Gesundheitsraths in Alexandrien, in⸗
em es denselben in eine englische Einrichtung um⸗
vandelte, und erschloß die ganze große Vorhalle
kuropas der indischen Cholera!“ Daremberg halt
ie Aufgabe der Diplomatie, Abhilfe zu schaffen,
iur nicht leicht, da die englischen und indischen
delegirien gegen die Hauptbestimmungen der Kon⸗
exenz gestimmt haben. Am Schlusse eines histori⸗
chen Rudblids auf die Geschichte und die Arbeiten
der Konferenz spricht Daremberg sein Bedauern
darüber aus, daß die im Kaspischen Meere zu neh⸗
menden Maßregeln gänzlich nußer Acht gelassen
wurden, und er hoffi. daß Rußland aus eigenem
Antriebe die Einschleppung der asiatischen Cholera
ber Afghanisftan und Persien zu verhindern fich
beftreben werde Daremberg hebt hierauf hervor,
aß der Delegirte Deutschlands, Dr. Koch, die fran⸗
ü hen Mitglieder der Konferenz während der
erathung des vortrefflichen Sanitaisreglemnents un ⸗
eweßt aufs wirksamfte unterstützt und zu dessen
e aufs kräftigste beigetragen habe, und fügt
n Wunsch hinzu, daß die im Nobember wieder
usfammen lretenden Delegirten sich des weiteren auch
dem Gesundheitsrath von Alexandrien und
internationalen Gesundheitspolizei des Rothen
eres beschaftigen mögen. „Wenn“, sagt Darem⸗
9 im „Journal des Debats“ schließlich, „alle
enschaftlichen Machie ˖ Furobas ihren Vertretern
hestimmte Weisungen ertheilen, so kann Englandey
uicht auf der Verweigerung jedweden Zugeständnisses
zesiehen, um so mehr, als die Berathung auf die
vissenschaftlichen Errungenschaften, die Rechte der
dumanitat und den gesunden Menschenverstand be⸗
zründet ist.“
Haoffentlich wird es dem mächtigen Einflusse des
‚eutschen Reichskanzlers gelingen, sich auch in dieser
dinsicht geltend zu machen und die so nothwendige
Zerfländigung der Diplomatie über die Ausführung
)er in Rom von der Gesundheitskonferenz beschlosse⸗
nen Maßregeln herbeizuführen.
Staat machen kann, denn durch die bisherigen Be⸗
cathungen ist dargethan worden, daß die Einigkeit
unter den gemäßigten Republikanern noch keine be⸗
sondere ist. Andererseits sind aber auch die Bona⸗
art isten und Royalisten in ihren Bestrebungen für
den Wahlfeldzug sich zu einer einzigen konservativen
Partei zu verschmelzen, noch nicht weit gekommen
ind ist es noch sehr fraglich, ob dieser schöne Bund
iberhaupt zu Stande kommen wird. — In Algier
st es infolge des Verbotes der Aufführung einer
Iperette in der Sabiesprache zu Ruhestiörungen
Jekommen, infolge dessen sieben Verhaftungen vor⸗
Jenommen wurden. Dem Zwischenfall wird indessen
seine weitere Bedeutung zugeschrieben.
—ZB——
Politische Uebersicht.
*Der Herzog von Edinburg, det
weitälteste Sohn der Königin Viktoria, ist am Frei⸗
ag in Kissingen eingetroffen. Ob er blos zum
Zuürgebrauch nach Kissingen gekommen ist oder ob
r die Mission hat, den Fürsten Bismarck gegenüber
den Anspruchen des Herzogs von Cumberland auf
den braunschweigischen Thron nachgiebiger zu flim⸗
nen, entzieht sich vorläufig noch der Beurtheilung.
Ein Abgesandter des Königs Kalakaua befindet
ich, dem, Hann. Cour.“ zufolge, auf dem Wege nach
Washington, um Unterhandlungen für Einver⸗
eibung der Sandwich⸗Inseln in die
Bereinigten Staaten von Amerika anzuknüpfen.
Die Sandwich⸗Inseln bilden das Koͤnigreich Hawaii,
eit dem Jahre 1864 eine konstitutionelle Monarchie,
deren gegenwärtiger Herrscher Kalakaua J. am 12.
Februar 1874 vom Parlament gewählt worden ist.
die Inseln haben eine Bevölkerung von etwa
75,000 Einwohnern. Der amerikanische Einfluß
ist seit Jahren überwiegend.
Die Ausführungsvorschriften, welche soeben die
Isterreichische Regierung zu dem geseßlichen Berbot
der Sonntagsarbeit erlassen hat, sind sehr
helehrend und müßten auch auf die Sonntagsfana—
tiker ernüchternd einwirken. „Die Nordd. Allgem.
Ztg.“ veröffentlicht eine Liste der Einschrankungen,
velche der osterreichische Handelsminister zu dem
Herbot der Sonntagsarbeit angeordnet hat. Danach
sind nicht weniger als 89 Gewerbe, darunter gerade
iejenigen, welche die meisten Arbeiter beschaftigen,
janz oder theilweise von der obligatorischen Sonn⸗
agsruhe dispensiri. Ferner ist noch den Provinzial ·
ind Lotalbehorden die Befugniß zuerlannt, besondere
Ausnahmen zuzulassen. VDie Nordd. Allg. Ztg.“
hemertt dazu? *, Der Grundsatßz: „Alle Ausnahmen
nachen die Regel“, scheint uns hier seine Giltigkeit
zu verlieren. Von der Regel, das heißt von der
zbligatorischen Sonntiagsruhe bleibt nur sehr wenig
ibrig; die Ausnahme, d. h. die Sonntagsarbeit ist
zas in Wahrheit allgemein Giltige, und die oͤster⸗
eichische Gesehgebung würde es sich daher unseres
krachtens sehr diel sichter gemacht haben, wenn fie
ine Liste detjenigen Betriebe aufgestellt hätte, in
zenen Sonntags nicht gearbeitet werden darf. Ein
Wiener Blatt bdringi seit Wochen täglich Anfragen
us dem Publikum, da der Zweifel über dies, was
Sonntags erlaubt, was verboten, Legion ist. Die
Schneider fragen, ob sie Sonntags ihre eigenen
Beinlleider flicen dürfen. In der Werkstatt nicht,
n der Privatwohnung ist es erlaubt. Reparaturen
jon Leitungsröhren in Etablissements sind ausdrück·
lich gestattet. Als nun in einem Privathause Sonn⸗
lags das Wasserrohr brach, wollte kein Arbeiter re⸗
pariren, um sich nicht strafbar zu machen. U. s. w.
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DSeutsches Reich.
Berlin, 27. Juni.Die Ausschüfse des
Bundesraths haben heute den Vertrag des Reiches
mit dem „Norddeutschen Lloyd“ in Bremen über
die Dampfersubvention angenommen.
Berlin, 27. Juni. Die von dem Bund der
Bau⸗, Maurer⸗ und Zimmermeister eingesetzte
dommission zur Ueberwachung der Streikbewegung
verbreitete ein Zirkular, worin es theißt: Die
stommission ist der Meinung, daß die jetzige Ar⸗
zeitseinstellung überhaupt ihren nachtheiligen drohen⸗
den Charalter verlieren, wenn ein partieller oder
allgemeiner Streik als vis major angesehen würde,
welche den Betrag zwischen den Bauherrn und
Bauunternehmern ohne weiteres aufhebt, so daß
eine Konventionalstrafe für verzögerte Fertigstellung
eines Baues nicht erhoben werden, auch dee Bau⸗
herr nicht berechtigt sein dürfte, sich wegen des
durch die Bauverzögerung entstandenen Schadens
an den Unternehmer zu halte.
Braunschweig, 27. Juni. Die Bekannt⸗
mnachung des Regentschaftsrathes, welche den Land⸗
tag auf den 20. Juni einberuft, ist heute amtlich
publizirt werden.
Srankfurt, 28. Juni. Der geschaͤftsführende
ALusschuß des Kolonialbereins hat in seiner letzten
Sitzung die Frage erwogen, ob Südbrafilien als
ein geeignetes Gebiet für die deutsche Auswander⸗
ung zu betrachten sei, und ist zu dem Schluß ge⸗
lommen, in theilweisem Gegensatz zu Auffassungen
in höheren Regierungskreisen, die Frage mit „Ja“
zu beantworten.
*In Frankre ich beherrschen die heran ⸗
rahenden Neuwahlen zur Deputirttenkammer mehr
ind mehr die poiitische Lage. Alle Parteien sind
)ereits vabei, ihre Vorbereitungen zu treffen und
Jaben die Radikalen sogar schon ihren Wahlaufruf
tlafsen. Was die gemäßigt republikanischen Frak⸗
tionen anbelangt, so bemühen sich dieselben zu einem
jemeinsamen Vorgehen zu gelangen und haben fie
u diesem Zwecke in Paris ein besonderes Komité
ingesetzt. Dasselbe hat auch in den letzten Tagen
viederholt Sitzungen abgehaiten, mit deren Rejsul⸗
Aten indeßen das Komite gerade keinen großen
Auslaud.
Paris, 27. Juni. Ein Privatbrief theilt
nit, daß die Torpedoboote Nummer 46 und 47
dei Pescadorcs am 17. April untergegangen find.
Die Besatzungen sind gerettet, Details fehlen. —
Dem „Temps“ zufolge beabsichtigt die Regiecung
ein Geseß einzubringen, wodurch sie ermächtigi
vird, den Eingangszoll auf Produkte derjenigen
dander, welche Frankreich nicht die Behandlung der
neistbegünstigten Nation zugestehen wollen, um
unfzig Prozent zu erhöhen. Das Giseß würd⸗