Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert
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X 131.
WPolitische Uebersicht.
*Die aus Ems über das Befinden' des
Zaiser s einlaufenden Berichte lauten andauernd
ünstig und legen somit Zeugniß ab von der sich
zuch in diesem Jahre an dem greisen Monarchen
vieder bewährenden Heilkraft der Emser Quellen.
hleich in den ersten Tagen seines Emser Aufenthalteg
hat der Kaiser der Trinkkur die Badekur hinzufügen
Ind mit dem Inhaliren des Thermalwassers be
zinnen können. Statt der Promenaden, weiche dem
hebrauche des Brunnens früher folgten, unternimmi
der Kaifer jetzt tagsüber zwei Ausfahrten von X
mderthalbstündiger Dauer im Lahnthale und dessen
Seitenihalern ¶ im offenen Wagen. Am Freitag
npfing der Kaiser seinen Enkel, den Prinzen Wil—
helm von Preußen, welcher fich Mittags nach Cob⸗
lenz begab, um dem Stiftungsfeste des 4. Garde⸗
Frenadier⸗Regiments beizuwohnen. — Ueber fernere
RKeisedispositionen des Kaifers nach beendigter Emsen
Zur find definitive Bestimmungen bis jetzt noch nicht
getroffen worden.
·Der deutsche Kronprinz ist in Aachen,
wo er behufs Theilnahme am 28jährigen Jubildum
des 33. Infanterie⸗Regimenies am Sonnabend Vor⸗
mittag eingetroffen war. in glänzender Weise em⸗
pfangen worden. Bereits am Montag Abend wurde
der Kronprinz in Berlin zurüclerwartet.
Die innerhalb Preußens im Lutherjahre
at Erbauung von Kirchen gesammelte Kollekte
jat, der „Kreuzzig.“ zufoige, den Betrag von
50, 000 Mark ergeben. Man beabsichtigt davon
beihilfen zur Erbquung von acht Kirchen in der
diaspora zu gewähren, und zwar für 3 in Ost⸗
ind Westpreußen, 1 in Posen, 1 in Schlefien, 8
m Rheiniande und 1in Westfalen, und hofft,
zaß auch der Gustav⸗Adolfverein für eine würdige
Ausstattung Sorge tragen wird. Eine diefer evan⸗
gelischen Kirchen soll, wie es heißt, unmittelbar vor
n Idoren Koͤlns in der Vorstadt Nippes gebaut
werden.
* In Wien beginnen am 7. Juli gemeinsame
MinisterKonferenzen, welche die Erneuer⸗
ung der zwischen Oesterreich und Ungarn bestehen⸗
den verschiedenen Verträge zum Zwecke haben. Un⸗
zarn ifi hierbei durch den Ministerpraͤsidenten Tisza,
den Finanzminister Grafen Szapary und den Han⸗
helsminister Grafen Szecheny bertreien. Zoll⸗ und
jandelspolitische Fragen werden hierbei eine Haupt⸗
rolle spielen und darf man bei dieser Gelegenheit
auch wichtigen Eroͤrterungen entgegensehen, und zwar
bezůglich der Maßnahmen, welche von Oesterreich-⸗
Ungarn angesichts der Erhoöhung des deutschen Zoll⸗
jarifs eveniuell zu treffen sein würden. Ob hierbei
die Chancen eines Zollkrieges gegen Deutschland
mit zur Erorterung gelangen werden, mag vorläufig
dahingestellt bleiben; jedenfalls erscheinen aber
die Vefürchtungen pessimistischer Gemuther, daß
bei den Wiener Minisierkonferenzen ein Zollkrieg
gegen Deutschland bis aufs Messer beschlossen wer⸗
den könnte, durch die zwischen Oesterreich⸗ Ungarn
und dem deutschen Reiche obwaltenden politischen
und kommerziellen Beziehungen nicht gerechtfertigt.
Die in den spanischen Cholerabun
setins eingeltetene Pause hat jezi wieder ihr
Ende erreicht und neue Hiobsposten kommen von
jenseiiß der Pyrenden. Aranjuez, die 9
Montag, 6. Juli 1888.
Stunden südlich von Madrid gelegene schöne Früh⸗
singsresidenz des spanischen Hefes, ist plötzlich zu
einem Hauptherd der Cholera geworden. An einem
inzigen Tage der vergangenen Woche sfind
zafelost 200 Erkrankungen an der Cholera vorge⸗
ommen, von denen 74 einen tödtlichen Ausgang
nahmen. Auf diese Kunde hin eilte König Alfonso
sofort nach der schwer heimgesuchten Stadt. wo er
nehrere Stunden in den mit Cholerakranken über⸗
ullten Spitälern weilte. Dieser Beweis seltenen
moralischen Muthes ist dem Könige von der haupt⸗
rädtischen Bevolkerung sehr hoch angerechnet worden,
enn bei seiner Rückkehr nach Madrid wurde er
hon einer zahllosen Menschenmenge empfangen unter
enthufiastischen Beifallsbezeugungen nach dem Palais
geleitet.
Deutsches Reich.
Berlin, 5. Juli. Der Reichskanzler hat
zestern den Vertrag mit dem Norddeutschen Lloyd
Bremen, betreffend die Dampfersubvention, voll ⸗
jogen. Der Kanzler reist morgen früh nach Krö⸗
heindorf. wo Montag die Hochzeit des Grafen Wil⸗
helm stattfindet.
Berlin, 5. Juli. Fürst und Fürstin Bis
nard, Graf und Gräfin Rantzau sind heute Vor;
nittag 10 Uhr nach Kröchlendorf abgereist.
Ems, 8, Juun. Prinz Wilhelm von Preußen
raf um 4 Uhr aus Koblenz kommend hier ein
ind verweilt bis morgen. Fürst Leopold von
dohenzollern, vwelcher heute Morgen hier ankam,
Zurde um 1Uhr dom Kaiser empfangen und mit
dem Prinzen Wilhelm vom Kaiser zur Tafel ge⸗
laden.
Weimar, 5. Juli. Das Befinden der
Prinzessin Elisabeth von SachseneWeimar,
velche gestern bei einem Spazierritt mit dem Groß·
Jerzog das Unglüdk hatte mit dem Pferde zu stürzen
ind dewußtlos in das Schloß getragen werden
mußte, hat fich gebefsert. Dem Vernehmen naqch
liegt keine gefährliche Verletzung vuxrx.
Auslannd.
Wien, 4. Juli. Nach einer Gasteiner Pri⸗
daidepesche ist die Disposition betreffs der Ankunft
des deutschen Kaisers fallen gelassen. Das Reise⸗
yrogramm wird erst gelegentlich des Kaiserbesuches
n Meinau festgesetzt. Die Kaiserreise nach Gastein
st daher noch zweifelhaft.
Wien, 4. Juli. Die „Wiener Zeitung
zeröfsentlicht den Staatsvertrag mit Deutschland
vegen der Eisenbahnverbindungen Mittel⸗Steine⸗
Dnendorf. Hannsdorf · Ziegenhals, Lindewiese⸗Ott⸗
mockau und Natibar⸗Troppau.
Ê
Lokale und pfälzische Nachrichten.
Die fur die Monate Juli, August und
AIV Verpflegungszuschüffe
wurden wie folgt festgesetzt: in Lan dau für die
Mannschaft 14 Pf., Unterdffizier 21 Pf. Kai⸗
Trslaustern 18 und 22 Pfg., Speyer 15
md 28 Pfg. Germersheim und Zwei⸗
zrücden 16 und 24 Pfg.
Zum pfalßz Sängerfeste in Kaisers⸗
autern sind angemeldet 28 Vereine mit 865
Sangern, davon 884, welche die Halbchoͤre singen.
Beim letzten pfaͤlzischen Saͤngerfeste in Ludwigs⸗
hafen wirkten 834 Saͤnger von 35 Vereinen mit.
—Z
* *teo.
p In Kleinblittersdorf isß in det Racht
Samstaa die ert im vorigen Jore n
W
20. Jahrg.
Nunstmühle der Gebr. Grumbach u. Franck total
niedergebrannt. Die Mühle war eine der größten
Zunstmuhlen in der Saargegend' und der Schaden
'oll 400,000 Mtk. betragen. Derselbe ist nach der
Sbr. Ztg.“ durch Versicherung zum groͤßten Theil
gededt. —— n
7 Merzig, 2. Juli. Seit gestern ist hier
die Arbeitsstelle für durchreisende Handwerksburschen
errichtet. Am ersten Morgen wurden 5 Stromer
zur Arbeit geführt, hielten aber keine 10 Minuten
zus und drehten der Stadt den Rücken.“ Es ist
rgal, denn auf solche Weise werden wir die Bande
auch los. Solche Leute lachen über das Sprich⸗
wort: „Arbeit macht das Leben süß“ und denken
eher, „das Faulenzen schmeckt auch nicht bitter!“
Man sollte den gewichtigen Anordnungen unseres
derrn Laudrath Knebel Gehör schenken und vaga⸗
jondirende arbeitsfähige Handwerksburschen vor der
Thüre herzlos abweisen. Wenn hier nicht einheit⸗
lich vorgegangen wird, kann dem Bettelwesen un⸗
moͤglich gesteuert werden. Es wäre wünschens⸗
werih, wenn auch die benachbarten Kreise die Er⸗
richtung von Arbeitsstellen nachahmten.
pAus Frankfurt a. M. wird gemeldet,
daß der wegen Mordes zum Tode verurtheilte
Julius Lies de gestern früh unter starker Bedeck-
ung nach Dietz a. d. Lahn überführt worden ist,
woselbst. wohl auch event. die Vollftreckung des
Ariheiis bewirkt werden dürfte. — Erwähnt sei
dei dieser Gelegenheit koch, daß der Zeugin Camp⸗
Jausen, die fich — aus Furcht vor den Anarchisten
bekanntlich im Prozeß Lieske erst in der Schwur⸗
zerichtsverhandlung mit ihrem Töchterchen gemeldet
ind eine den Angeklagten belastende Aussage ge⸗
nacht hat, von einem angeblichen Anarchisten⸗
Zomitee ihr Todesurtheil zugestelli worden isi. Es
ist dies wohl nur seine qlderne Mystifikation.
psFtankfuri, 2. Juli.“ Zum Heirathen
verurtheilt.“ Ein Unteroffizier vom 81. Infanterie⸗
Regiment war von einem Mädchen auf Einhaltung
ines gegebenen Eheversprechens verklagt worden.
der Richter redete ihm natürlich zu Herz; doch die
Juten Worte fanden keine guke Stan. Ich mag
nicht“, sagte er lächelnd. „Nun, Ihr Hauptmann
könnte helfen!“ „Der thut's nicht!“ „Also Sie
wollen nicht ?*. -.Ganz, und gar nicht.“ Der
Berichtshof verurtheilte · den Unteroffizier innerhalb
zweier Monate das Mädchen zu heirathen. Thue
er das nicht, so hat er der Geliebben 50 Mark
nebst 5 pCt. Zinsen zu zahlen. Es wurde dem
Verurtheilten begreiflich gemacht, daß, wenn er sich
mit einer anderen verheirathen wollte, ohne bezahlt
zu haben, die Klägerin jederzeit das Urtheil in
einem zweiten Theile zur Ausführung bringen könne.
Bingen, 4. Juli.“ Anlaßlich des heute
beginnenden amerikanischen Schützenfestes prangt
Aie Siadt in vollem Flaggenschmuck. Um 81 Uhr
jeßte sich der ZJug in Bewegung und wurde überall
don der Bevollerung freudig begrüßt. Vor Beginn
des Schießens ließ Hauptmann Diehl dvon den
Independent Newyorker Schützen drei Ehrensalven
fuc den Kaiser Wilhelm, den Prasidenten Cleveland
und die Stadt Bingen abgeben. Eingetroffen find
40 amerikanische Schützen mit Familien, sowie
sahlreiche Deutsch⸗Amerilaner, welche morgen feier⸗
ch vor dem Niederwald⸗VDenkmal einen Kranz
uniederlegen werden. Um 5 Uhr ist ein Festbanlett.
Um Montag ist Empfang der Amerilaner durch die
aiserin in Koblenz, woselbst auf dem Schloß auf
Wunsch der Kaiserin, die amerikanische Flagge auf—
—ißt werden wird.