Full text: St. Ingberter Anzeiger

Paris, 12. Juli. Der „Intransigeant“ 
eröffentlicht folgende sensationelle Nachricht: Dem 
hemaligen Diplomaten Billing habe der Machdi 
vor der Einnahme von Khartum angeboten, den 
Heneral Gordon gegen ein Lösegeld von 1,280,000 
Francs, welches Lord Lyons nach dem Eintreffen 
der offiziellen Bestätigung von der Freilassung 
VBordons zahlen sollte, zu den englischen Vorposten 
uurückzuschicken. Billing habe diesen Vorschlag in 
Paris Lord Lyons mitgetheilt, derselbe sei jedoch 
von dem englischen Ministerium auf Verlangen 
dord Granvilles abgelehnt worden. 888 
Madrid, 18. Juli. Wie es heißt, hätten 
die Minister des Innern und der Marine ihre 
Demission eingereicht. 
Petersburg, 12. Juii. Die fast durchweg 
aus dem Getreide bauenden Gouvernements ge⸗— 
meldete, anhaltend große Dürre ruft Besorgnisse 
für die diesjährige Ernte hervor Man fürchtet, 
und die Zeitungen sprechen diese Befürchtüngen aus, 
daß der Getreide⸗Export in diesem Herbst deshalb 
noch geringer als selbst im vorjährigen sein werde. 
New⸗Yort, 11. Juli. Der Sekretär des 
rieges hat angeordnet, daß 3000 Mann Soldaten 
sofort nach dem Fort Reno, in dem Indianer« 
Gebiet, abgehen sollen. Einem aus Colorado⸗ City 
in dem Siaate Texas kommenden Gerüchte zufolge, 
hätte in Neu⸗Mexiko ein Zusammenstoß zwischen 
dirten und Indianern stattgefunden, wobei 60 
Indianer und 16 Hirten getödtet wurden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
»St. Ingbert, 14. Juli. (Ernennung.) 
Wie wir dem „Pf. Kur.“ entnehmen, wurde der 
Rechtspraktikant Herr Arthur Weber von Landau 
als Amtsanwalt an das kal, Amtsgericht dahier 
ernannt. 
* St. Ingbert, 14. Juli.“ Wie wir ver⸗ 
nehmen, hat Herr Fabrikant Warth zur Anlage 
eines neuen Fabrikelablissements am unteren Ende 
des Schmelzer-Waldes, neben der Bahn, von den 
dH. Gebr. Kramer einen etwa 4 Morgen großen 
Landkomplex erworben. ꝙ 
* St. Ingbert, 14. Juli. Vor einigen 
Tagen machie der neunjährige Junge einer hiesigen 
Familie den netten Versuch, den goldenen Ehering 
einer Mutter nach den Weisungen eines älteren 
Bruders in klingende Münze umzusetzen. Der Er- 
lös sollte in die Tasche des letzteren wandern, der 
iich wahrscheinlich damit gütlich thun wollte. Das 
schlau angelegte Plänchen der beiden vielversprechen ⸗ 
den Jungen wurde jedoch zu Wasser und der Ring 
zelangte durch die Polizei wieder an die Hand 
seiner rechtmäßigen Eigenthümerin. Hoffentlich sind 
aber die beiden Burschen für das an den Tag ge⸗ 
legte Talent und die gezeigte gute Absicht nicht 
zanz unbelohnt geblieben. 
— Wie bereits gemeldet, finden in diesem 
Jahr in der Pfalz einzelne Herbstmanöver 
fiatt. Bei Kirchheimbolanden beginnen am 28 
August die Brigade -Uebungen der 7. Infanterie⸗ 
Brigade der 4. Division und dauern bis 1. Sep- 
demder. Hieran betheiligen fich das 5. und 9. 
Inf.Reg. Äm 3. September folgt Brigade ⸗ Exerziren 
im Terain; vom 4. bis 8. September Detache⸗ 
mentsübungen mit drei Bivouaks der Vorpoften 
wischen Kirchheimbslanden und der Lauter. Hiezu 
ireffen noch ein: die 1., 8. und halbe 4. Eskadron 
des 5. Chev.Reg., 5. und 6. Feldbatterie des 2. 
Feld⸗Art.“Reg. und die 2. Feld-Comp. des 2. 
pion.⸗Bat. Speyer. Bei Zweibrücken finden vom 
22. bis 27. August Regiments⸗Uebungen des 17. 
und 18. Inf.⸗Reg. statt, dom 28. August bis 2 
September folgen Brigade-Uebungen, vom 83. bis 
8. September Detachements⸗Uebungen mit drei 
Bivouaks der Vorposten zwischen Zweibrücken und 
dandftuhl. Hieran betheiligen sich noch die Z. 5. 
und halbe 4. Eskadron des 5. Chev.⸗Reg. 7. und 
3. Feldbatterie des 2. Feld⸗Art.⸗Reg. und 3. Feh⸗ 
Comp. des 2. Pion.⸗Vat. Speyer. — 
Reustadt, 11. Juli.“ Die Neust. Ztg!“ 
widerruft ihre Meldung, daß Herr Schützenmeister 
Bennheimer seine Stelle aus politischen Grüͤnden 
niedergelegt habe; der Rüdtritt erfolgte vielmehr 
in Folge von Vifferenzen mit einem Ausschun⸗ 
mitalidode. i 
— Ludwigshafen a. Rh., 11. Juli. 
Fine Kaiserslauierer Gesellschaft hat saͤmmtliche 
dokalitaten der Heim'schen Wirthschaft gegen einen 
ahrlichen Pachtzins von 7480 Me, in Pacht ge⸗ 
rommen. Darnach find wir für die Folge in der 
zlüchlichen Lage, Betrachtungen anzustellen uber die 
4 
Zualität des hiesfigen und des Kaiserslauterer 
Iktienbiers. (Fr. Tabl.) 
— Vermischtes. 
7 Forbach, 11. Juli. Gestern verunglückte 
in dem Hosseler Bergwerk der Bergmann J. Boos 
jon hier, indem er von abstürzenden Kohlenmassen 
erschüttet wurde. Er wurde als Leiche zu Tage 
jefördert. Der Verunglückte hinterläßt Frau und 
Ninder, von denen das jüngste 4 Monate zählt. 
der älteste Sohn, welcher als Soldat beim 14. 
yusarenregiment in Cassel dient, hat in voriger 
Woche das Bein gebrochen. Ein anderer Knabe 
uus der Familie, 9 Jahr alt, brach dieser Tage 
eimSpielen den Arm. So. bewahrheitet sich 
sier in recht betrübender Weise das Sprichwort. 
aß selten ein Unglück allein kommt. 
Der Rechtsanwalt der Frau v. Kolemine 
geschiedene Gattin des Großherzogs von Hessen) 
Ir. We Köhler in Mannheim, theilt mit, daß 
ie Behauptungen mehrerer Blätter, Frau v. Kole ⸗ 
nine sei die Verfasserin des bei Lemerre in Paris 
rschienen Romans Roland, oder habe denselben 
nspirirt, und die Mittheilung der „Truth“, Frau 
». Kolemine beabsichtige demnächst, ihre Memoiren 
zu veröffentlichen, vollstündig unwahr seien. 
F Frankfurt, 10. Juni. Von einem Hiztz⸗ 
chlag wurden gestern der Einjährige Roos, Sohn 
zes derstorbenen Pfarrers Roos, sowie ein Muske⸗ 
ier während des Gefechtsschießens bei Cronberg 
vetroffen. Beide blieben sofort todt. Ein dritter 
Soldat von gleichem Schichsal heimgesucht, lebt 
noch, ist aber bewußtlos. Die „Fr. 3.“ benierkt 
uu dieser Rachricht, daß alle möglichen Vorkehr⸗ 
ingen, um den Soldaten die Beschwerden des 
Marsches in Folge der großen Hitze erleichtern, 
jetroffen waren. —VU 
7'Frankfurt, 10. Juli. Herr Friedrich 
Drienbach, der langiährige, in weiten Kreisen 
xekannte Besitzer des „Hotel Landsberg“, ist im 
Alter von 60 Jahren gestorben. 
FGeisenheim, 12. Juli. Die Trau⸗ 
ung der Tochter des Fürsten Metternich, der 
Zrinzessin Antoinette Paskaline v. Metternich, mit 
ʒem Grafen Georg zu Waldstein⸗Wartenberg hai 
jestern in der hiesigen Pfarrkirche stattgefunden. 
A Würzburg, 18. Juli. Der neuge— 
zründete „Verein zur Beförderung der Erziehung 
ind Pflege Schwachsinniger (Idioten, Kretinen)“ 
rfteut fich in unserem durch seinen Wohlthaͤtig⸗ 
eitssinn ohnehin bekannten Franken⸗Volke der 
egsten Beteiligung und hat unter der Leitung des 
herrn Kreismedicinal⸗Rathes Dr. Schmitt jetz! 
chon eine Mitgliederzahl von über 1200 erreicht. 
der Verein ist bereits in der Lage, verschiedenen 
irmen Kindern Aufnahme in der seit einigen 
Jahren zu Gemünden bestehenden Idiotenanstalt zu 
erschaffen. Letztere genießt einen guten Ruf und 
jat Zoͤglinge aus allen Kreisen Bayerns, wie auch 
zus Norddeutschland. Gegenwärtig ist man im 
Begriffe, dieselbe zu erweitetn, da die seitherigen 
staumlichkeiten nicht mehr ausreichen. Für die 
iUteren Pfleglinge sollen gesonderte Abteilungen 
rrichtet werden. 
17 Gedenktafel.) Nach der „Straßburger 
Bost“ hat der Vorstand des Straßburger Ver⸗ 
chonerungsvereins in seiner Sitzung vom 9. Juli 
yen Beschluß gefaßt, eine Gedenktafel zur Erinner⸗ 
ing an Konig Ludwig J. von Bayern am 
zenerallommando⸗ Gebäude, eine zweite zur Er⸗ 
nnerung an die Landgräfin Karoline von 
hessen⸗ Darmstadt, geborene Prinzesfin von Pfalz⸗ 
zirkenfeld an der St. Ludwigsschule anbringen zu 
assen. Die betreffenden Inschriften, deren Abfassung 
Oberlehrer Dr. Froitzheim und deren Ausführung 
Bildhauet Dock übernommen, werden folgender⸗ 
naßen lautennn. 
De d enh Hier 
———— im Zweibrücker Hofe 
wurde geboren 
— d. 25. Aug. 1786 
Ludwig J., Könlg von Bayern. 
d 141HOier wurde geboren 
ilm Rappoltsteiner Hofe 
d. 9. März 17214 
Karoline, Landgräfin von Hessen⸗Darmstadt, 
Urgroßmutter Kaiser Wilhelm's J. und der Koiserin 
Augusta... 
die Urgroßmutter Kaiser Wilhelm's ist die Land⸗ 
zräfin Karoline von Hessen⸗Darmftadt durch ihre 
m Friedrich Wilhelm II. verheirathete Tochter; die 
Irgroßmutter der Kaiserin durch ihre an den Herzog 
J 7331 
u2 
darl August von Sachsen-Weimar verheiro 
Tochter: 
Fe(Faberstifte.) Die Firma A. W. Fahe 
prozessirte gegen C. Conradty wegen unbenn 
Nachbildung der Faberstifte und Führung der 8 
A. W. Faber auf den Bleistiften. Jetzt hat dae 
Oberlandesgericht Nürnberg zu Gunsten der erst. 
jenannten Firma entschieden und die Firma 
Fonradty zu einer Entschädigungssumme von nahen 
10,000 Mk. verurtheilt. 
F. München, 11. Juli. Die Anzeige von 
der Geburt eines ehelichen Kindes muß naqh eine 
Eröffnung des Ministeriums des Innern nicht 
nothwendig vom ehelichen Vater vorgenommen werden 
sondern es kann einer nelieren Verfügung zufolge 
jede Person, welche von dom Geburtsakte persön 
liche Kenntniß hat, die Anzeige beim Standesam— 
erstatten. 
fF(Münchener Bierbrauereien.) Auz 
München, 8. d. M., wird der „Frankf. Zige“ —* 
chrieben: „Der Malzverbrauch hiesiger Brauerelen 
n der Zeit vom 1. Juli 1884 bis 380. Juni 
885 betrug nach offiziellen Mittheilungen bei der 
Spatenbrauerei 189,070 hl gegen 147,528 11 
m Vorjahre, Pschorr 112,000 gegen 92,9009 
dacker 105,575 gegen 88,734, Lowen 98 457 
jegen 87,674. Leist 84,410 gegen 85,138 
Juůgustiner 49,575 gegen 37, 003, Zacherl 46670 
jegen 39,631, Bürgerliches Brauhaus 88481 
jegen 28,469, Hofbrauhaus 28.544 gegen 25, 002 
MRünchener Kindl 22,490 gegen 17,758, Eber 
15,032 gegen 14,010, Schwaige 8481 gegen 
5479, Wagerer 8300 gegen 10.422, Prantl 
3139 gegen 7377, Dirnbrauerei 7907 gegen 61897, 
zabelsberger 7302, gegen 1416, Sternecker 7266 
jegen 7761, Colosseum 7009 gegen 5007, Mari— 
nilians 6271 gegen 7248, Mathäser 5074 gegen 
5333, Metzger 3538 gegen 7804. Es ergibt sich 
omit ein Gesammtmalzverbrauch von 859361 hi 
Jegen 728,054 Al im Vorjahre, das ist eine Zu⸗ 
rahme von 181,507 hl. Mit ganz geringen 
Ausnahmen vertheilt sich die Mehrproduktion auf 
ämmtliche Brauereien; dieselbe ist fast ausschließ— 
ich durch die Zunahme des Exportes herbeigeführt 
porden.“ 
fHamburg, 11. Juli. Bei der heutigen 
Regatta siegte bei der Fahrt um den Hammonia⸗ 
Wanderpreis der Hamburger „Germania“⸗Klub 
Die Frankfurter „Germania“ blieb um 2 Sekunden 
zurück in Folge von Dampferwellen. 
F Berlin, 12. Juli. Die Kaiserin hat 
1000 Mk. für den besten transportablen Kranken⸗ 
raum (bei Krieg wie Epidemie) ausgesetzt, die auf 
der Ausstellung in Antwerpen zur Vertheilung ge⸗ 
angen sollen. Von allen Ländern haben sich Be— 
verber gemeldet. 
F Geldschraänke ohne Thüren werden 
n Berlin erzeugt, an Stelle der Thür ist eine ber⸗ 
schiebbare Verschlußplatte angebracht, deren Beweq 
ing vermittelst Kurbeldrehung und alphabetisch zu 
lellender Zahnräder bewirklt wird. Es ist dies 
igentlich eine an beiden Seiten mit Zahnstangen 
ersehene Schiebethür, welche in die untere Hälfte 
des Schrankes versenkt wird. Einbruchsicher mag 
zieser Schrank sein, ob aber auch feuersicher, das 
st die Frage. J 
Die Brunnenstraße in Berlin war jüngst 
ines Abends der Schauplatß einer Scene, die untet 
den Passanten eine geradezu frenetische Heiterkeit 
ind wahre Lachlrampfe erregte. Eine „Schöͤne 
dom Lande, die sich in Begleitung ihres ,Schatzes 
in der Reichshauptstadi amüsirt hatte und nun den 
deimweg Arm in Arm mit ihrem Michel antrah, 
Jellte sfich mit demselben, auf einen Pferdehahn⸗ 
vagen harrend, dicht neben einer Droschkenhalte 
telie auf und beachtete nicht, daß der hinter iht 
sunächstftethende Droschkengaul den Kopf hob, die 
Rustern weitete und die Nase“ strecte, als gabt 
ꝛ etwas Koͤstliches zu riechen. Schon steht de 
gaul mit seinem nachgezogenen Vehitel unbemerh 
jinter den beiden Watienden, schnüffelt da herum 
nacht mit seinem gereizten Geruchsorgan Halt vor 
et Tournure“ der Landschoͤnen und beißt — 
yntsetzen! — in den sich vor ihm erhebenden W 
jödeer sest hinein. Die Gebissene schrie, als ste 
je am Spieße, und wollte sich mit Hilfe y 
zandfesten Begleiters gewaltsam von den zenn 
Ke Ungeheuers losrehen. allein der Ganl ba 
ich fesigebissen und ließ fich in der —X 
eineß Zieles nicht meht abschrecen. Ein Ruch. 
Riß, und das arme Opfer der Mode stund *6 
biem Kleide da. ader stand der vbermeintli