Full text: St. Ingberter Anzeiger

irten Kaffee ein ausgezeichnetes Verbandsmittel 
entdeckt zu haben, welches allen Ansprüchen der 
nodernen Chirurgie genügen dürfte. Die bisher 
zamit angestellten Versuche sind zwar noch nicht 
»ollständig abgeschlossen, doch geht so viel schon 
hervor, daß der gebrannte und gemahlene Kaffee, 
mit organischen Substanzen in Verbindung gebracht, 
zen Eintritt rascher Zersetzung und tierischer Ge— 
vebe und Flüssigkeiten zu verhüten, Blut ꝛc., vor 
Fäulniß zu bewahren vermag. Diese antiseptischen 
Eigenschaften verdankt der gebrannte Kaffee einmal 
der vegatabilischen Kohle, in welcher Form er theil⸗ 
veise erscheint — und die fäulnißhemmende Eigen⸗ 
chaft der Kohle ist ja längst bekannt —, sodann 
den bei dem Rösten entstehenden, aromatisch riech⸗ 
enden brenzlichen Produkten. Die chirurgische Ver⸗ 
vendung des Kaffee's erfolgt einfach in der Weise, 
»aß das Kaffeepulver etwas messerrückendick auf die 
Wunde gestreut und mit etwas Mull bedeckt wird; 
* bildet mit dem Wundsecret dann eine feste 
Schorfdecte, die der Wunde vollständigen Schutz 
Jegen Verunreinigungen gewährt und keine schäd⸗ 
ichen Stoffe von außen eindringen läßt. Die 
ichwierige kriegschirurgische Frage des Mitnehmens 
rines Mittels in das Feld zur ersten antiseptischen 
Bedeckung der Wunden, die Benutzung eines Ma⸗ 
erials, welches in jedem Augenblick zu Gebote 
steht, dessen sofortige Beschaffung keine Schwierig- 
keit haben kann, scheint durch die Verwendbarkeit 
des Kaffeepulver der Loͤsung näher gerückt. 
Geichsgerichts-Entscheidung.) 
Das gerichtliche Strafverfahren wegen eines An⸗ 
ragsdelilts findet nach 8 63 Str.eG.⸗B. gegen 
sämmtliche an der Handlung Betheiligte, so wie 
gjegen den Begünstiger statt, auch wenn nur gegen 
»ine dieser Personen auf Bestrafung angetragen 
worden ist. In Bezug auf diese Bestimmung hat 
das Reichsgericht 8. Strafsenat durch Urtheil vom 
28. März 1885 ausgesprochen, daß der nur gegen 
ꝛine bestimmte Person gerichtete Strafantrag selbst 
dann die Verfolgung aller anderen bei derselben 
That strafbar Betheiligten gestattet, wenn jene Per⸗ 
son, gegen welche speziell der Strafantrag gerichtet 
vorden war, thatsächlich bei der strafbaren Hand⸗ 
ung nicht betheiligt war und deshalb freigesprochen 
verden muß. — 
Eine im Gerichtszimmer vor dem Richter und 
vem Protokollführer verübte Beleidigung ist nach 
einem Urtheil des Reichsgerichts, 2. Strafsenats, 
bdom 1. Miai 1885 deshalb allein noch keine öffent⸗ 
liche. Für den Begriff der Oeffentlichteit — so 
vird in den betreffenden Urtheilsgründen ausgeführt 
— kommt es auf den Ort, an dem die Beleidigung 
begangen ist, allein nicht an, und ebensowenig ist 
die Beleidigung deshalb eine öffentliche, weil bei 
hr der Richter und der Protokollführer gegenwärtig 
jewesen sind. Um öffentlich zu sein. muß die 
Zeleidigung in einer Art und Weise erfolgen, daß 
ie unbestimmt von welchen und wie vielen Versonen 
vahrgenommen werden kann. 
FFrankfurt a. M., 18. Juli. Bei dem 
estrigen Begräbniß des Einjährigen Stud. phil. 
oos, welcher, wie ich Ihnen bereits gemeldet, bei 
einer Felddienftübung vom Hitzschlag getroffen wurde 
und verstarb, ereignete sich eine recht peinliche 
Scene. Herr Oberst von Struensee reichte, nach⸗ 
dem man den auf so traurige Weise ums Leben 
Hekommenen beerdigi hatte, dessen bei der Beerdig⸗ 
ing anwesendem Bruder die Hand und sprach 
röstende Worte zu demselben. Anflatt die darge⸗ 
»otene Hand zu nehmen, kreuzte der Bruder des 
Berstorbenen die Arme über die Brust und bemerkte 
dem Herrn Obersten, daß er auf seinen Troft 
Lerzicht leiste. 
Geisenheim, 18. Juli. Schloß Jo⸗ 
hannisberg ist für das Publikum seit Anfang ds. 
Mis. unzugänglich; am 2 ds. traf die Fürstin 
Metternich zu längerem Aufenthalt ein und gestern 
'and in der hiesigen Pfarrlirche die Trauung ihrer 
Tochter, der Prinzessin Antoinette Peslalina (geb. 
20. April 1862), mit dem Grafen Georg zu 
Waldstein ⸗ Wartenburg aus Böhmen statt. Am 
Borabend war ein großes Feuerwerk abgebrannt und 
ein Gesangftändchen gebracht worden. 
Chemnitzt, 14. Juli. Eine gestern Abend 
dattgehabie von 150 hiesigen Industriellen und 
Bewerbetreibenden besuchte Versammiung beschloß, 
1886 hier eine allgemeine sächsische Gewerbe⸗ und 
Industrie⸗Ausstellung zu veranstalten, welche Er⸗ 
eugnisse aus dem Königreich Sachsen, der Provinz 
Sachsen, den sächsischen Herzogthumern und dem 
derzogthum Anhalt umfassen soll. Den Vorsitz in 
der Versammlung führte der frühere Reichstags⸗ 
abgeordnete Vopel. Im Verfolg des gefaßten 
Beschlusses wird man bemüht sein, für das Aus—⸗ 
teslungsprojekt die Mitwirkung aller betheiligten 
reise zu gewinnen. 
F Zum deutschen Turnfest in Dres—⸗ 
»en.) An dem großen allgemeinen deutschen 
Turnfest zu Dresden, welches dieser Tage statt⸗ 
indet, wird ein besonders reicher Zustrom deutsch⸗ 
sterreichischer Turner, zumal aus deutschböhmischen 
Hauen. bemerkt werden. Die Turnerei hat in den 
Tagen der aationalen Bedrängniß bei den Deutschen 
Desterreichs eine weit erhöhtere Bedeutung gewonnen, 
is sie zurzeit in Deutschland besizt. In den 
Ztädten und Märkten, ja selbst in kleineren Dörfern, 
bo überall sich die deutschnationale Bewegung 
Zahn bricht, gedeiht die deutsche Turnerei, und die 
euischen Turner sind immer in den ersten Reihen 
er Förderer von nationalen Interessen zu finden. 
dies wird den deutschen Turnern Oesterreichs auch 
in den Festtagen zu Dresden nicht vergessen bleiben. 
Als treue Pfleger gemeinsamer nationaler Interessen 
anird man sie auf dem Dresdener Feste mit be— 
onderen Sympatiebezeugungen begrüßen und laut 
ind offenkundig werden sie der begeisterungsfrohen 
zustimmung zu der tapferen Vertheidigung der 
deutschösterreicher gegen die slavische Ueberflutung 
ind gegen den durch Taaffe's Gnaden großgezogenen 
Fhaubinismus allen interessierten Natiönchen Oester⸗ 
reichs versicherr werden. Es hat sich in der öffent⸗ 
ichen Meinung Deutschlands ein bemerkenswerther 
Umschwung inbetreff der Beurtheilung der öster⸗ 
ꝛeichischen Verhältnisse vollzogen; die Thatsachen 
der Zurückdrängung des Deutschthums in Oester⸗ 
reich schreien zu saut, als daß man sich ihnen 
zegenüber noch länger gleichgiltig verschließen fönnte; 
ind auf dem Dresdener Turnfesse wird den Deutsch⸗ 
sterreichern wohl zum ersten Male in großartiger, 
pontaner Weise kundgethan werden, daß sie nicht 
zie „vergessenen Schmerzenskinder“ der deutschen 
Nation seien. Sie werden von Dresden aus die 
rostvolle Genugthuung und den Sporn zur Aus-⸗ 
auer im nationalen Kampfe heimbringen, ähnlich 
vie das deutsche Turnfeß im Jahre 1863 begeisternd 
ind stählend auf die Deutschen Schleswiq Holsteins 
ingewirkt hat. 
Elberfeld, 12. Juli. Aufsehen erregt 
sier die Verhaftung zweier Mädchen, welche der 
Anteilschaft oder wenigstens Mitwwissenschaft an einer 
m Jahre 1877 im sogen. Aaperwalde“ bei Düssel⸗ 
orf an einer Mannesperson verübten Mordthat 
jerdächtig find. Das damals verübte Verbrechen 
var vollsländig unaufgeklärt geblieben. Troz eif⸗ 
cigster Nachforschungen und obschon einige Ver⸗ 
jaftungen vorgenommen wurden, konnte weder über 
zie Thäter noch über etwaige Mitwisser irgend 
was ermittelt werden, ja es gelang nicht einmal, 
die Identität der ohne Kopf aufgefundenen Leiche 
iestzustellen, bis nun zu Anfang dieses Jahres 
n Köln ein Mensch mit Namen Adam 
dofer sich selber der Betheiligung an jener 
That bezichteie und auf Mittheilungen dezichtete. 
Auf Grund dieser Aussage des wegen Diebstahls 
ind Tötung augenbliclich eine 148jährige Zuchthaus⸗ 
trafe verbüßenden Menschen, dessen Zuverlässigkeit 
illerdings mehr als zweifelhaft ist, da er sich vordem 
uch schon der Ermordung des Uhrmachers Stock⸗ 
jausen und der Mutter desselben beschuldigt hatte, 
belchen Verbrechens mittlerweile aber der berüchtigte 
killmann Hans überführt worden ist, wurde im 
Frühjahr d. J. die Untersuchung wieder aufgenommen; 
eitdem hat der eigens in Düsseldorf fich aufhaltende 
kriminalkommissar v. Hacke eine äußerst rege 
Thätigkeit zur Aufllärung der dunklen Angelegen⸗ 
Jeit entfaltet. Mit welchem Erfolge ist noch nicht 
Fekannt. Ganz unagabhängig hiervon erstattete vor 
inigen Wochen hier in Elberfeld eine um jene 
Antersuchung nicht wissende Frau Rückerath bei der 
ZJolizei die Anzeige, daß die Tochter eines Elber⸗ 
elder Tingel⸗Tangel ⸗Besitzers, Ida Feldermann, 
ine früher intime Freundin der Denunziantin an 
dem Aaper Morde mitschuldig sei. Es folgte die 
Jernehmung der Beschuldigten. später die Vereidig⸗ 
ing der Anklägerin und am Donnerstag den 25d. 
M. schließlich die Verhaftung der Feldermann zu⸗ 
ammen mit einem andern Mädchen namens Emma 
stasch. Die drei Frauenzimmer, die jetzige Frau 
ückerath, damals noch als Mädchen mit dem Namen 
Schmitz, haben in früheren Jahren mitsamen die 
Jahrmärkte besucht, im besonderen hat die Felder⸗ 
nann als Thierbändigerin in verschiedenen Menag⸗ 
rieen einige Erfolge erzielt, aber auch sonst in 
Schaubuden sich nützlich zu machen verstande 
—ADDD 
»em Konzert⸗Etablissement ihres Vaters n 
dach einem heftigen Auftritt mit den Eltern 8 
Ida Feldermann erstattete die Lückeraih die Anjei 
Benn schon ihre Anzeige demnach den Stempe 
ßehässigkeit und Rachsucht auf der Stirne an 
st fie möglicherweise doch nicht ganz haltlos 
onst schwerlich die Verhaftung des in der vin 
der zwanziger Jahre stehenden Mädchen, zu deren 
Bewerkstelligung Polizeikommissar v. Hacke personlich 
zier anwesend wac, erfolgt sein würde. In Düssc 
dorf, wohin die beiden abgeführt wurden, erfolgien 
im Laufe der Woche umfangreiche Zeugender. 
nehmungen. Etraßb. P) 
FKalt, 9. Juli. Folgenden hübschen Streich 
rzählt die „K. Ztg.“: Zwei Bäuerinnen aus Brüe 
zuhren gestern — jede auf ihrer Eselkarre fitzend 
— nach Kalk; infolge der übergroßen Hitze waten 
ie eingeschlafen und überließen es den beiden Grau— 
chimmeln, sie und mit ihnen die mitgenommene 
Waare nach dem Bestimmungsort zu hringen. 
Mehrere Spaßvögel bemerkten auf dem Hohenberg 
»en sonderbaren Aufzug, lenkten behutsam und in 
veitem Bogen die Esel zurück, und diese trabten 
ilsbald wohlgemuth den Weg, den sie gekommen, 
retour, nicht eher rastend, bis sie den wohlbekannien 
Stall vor sich hatten. Ein gemeinsam angestimmtes 
Freudengeheul der Grauthiere weckte die Lenkerinnen, 
velche, höchst erstaunt über das Endziel ihrer Reise 
nus ihrem Zorn über die Unzuverlässigkeit der Ejel 
teinen Hehl machten. 
fFHamburg. 14. Juli. Der bekannte 
Afrikaforscher und deutsche Konsul in Kamerun, 
derr Dr. Max Buchner, ist hier eingetroffen, abet 
in so erschöpftem Zustande, daß er auf Veranlass 
ung des Herrn A. Woermann im israelitischen 
Zrankenhause Aufnahme suchen mußte. Es ist 
hereits vielfach der Wunsch hervorgetreten, den be⸗ 
rühmten Reisenden zu sprechen; der Zustand des⸗ 
elben gestattet demselben bislang nur, seine intimen 
Belannten zu empfangen. 
F Die Reise des Fürsten Bismarhknach 
Barzin hat wieder einmal klargelegt, daß der große 
Staatsmann sein einst in kritischer Lage ausge⸗ 
sprochenes Wort, daß er einmal der popularste 
Mann in Preußen sein werde, thatsächlich erfüllt 
jat. Auf jeder Station ohne Ausnahme, wurde der 
Fürst von der Bevölkerung durch herzliche Hochrufe ent⸗ 
zusiastisch begrüßt, wofür derselbe, sichtlich hocherfreut, 
nach allen Seiten hin mit entblößtem Haupie dankte. 
das Aussehen des Fürsten war ein ganz vortreff⸗ 
iches, und man merkte ihm an, welches Vergnügen 
ihm bereitete, gerade in seiner Heimathsprovinz 
iberall so enthusiastisch begrüßt zu werden. Noch 
nie zuvor hat sich der Fürst auf seinen Reisen 
iach Varzin so ungezwungen mit dem Publikum 
interhalten, wie auf der diesmaligen Fahrt, und 
Alle, die das Glück hatten, den Fürften zu sehen, 
vissen nicht genug über seine Frische und Heiterkeit 
mu berichten. 
fF Berlin, 15. Juli. In der heutigen Ver⸗ 
ammlung der Baugewerksmeister wurde lonstatirt, 
aß bereus 2204 Viaurergesellen, dreimalsoviel 
obie am 11. Juli oder ein Viertel Aller wieder 
neschäftigt find. 
fBerltin. Von einem heiteren Zwischenfall 
zei den hier weilenden Sudanesen erzählt man 
olgendes Stückchen: Zwei Schornsteinfeget wollten 
die Sudanesen, die eben mit der Bereitung ihres 
Fruhftucs beschäftigt waren, aus der Nähe in 
ugenschein nehmen. Sobald die Sudanesen dit 
Schornfieinfeger erblidten. stießen sie ein Klagegeheul 
mus. die Weiber flüchteten in ihre Hütten, die 
Ranner griffen zu den Waffen. Als die Schorn 
leinfeger infolge dessen ihre Vorwärtsbewegungen 
instellien, ging ein besonders muthiger Sudanese 
um Angriff über, dem die europäischen Schwarzen 
zurch schieunige Flucht aus dem Wege gingen 
krst lange darnach beruhigten sich die Karawanen 
ingueder und erllarien daß fie die harmlosen 
derliner Schornsteinfeger für „böse Geister“ g0 
zalten hätten. Der die Gebete leitende y 
jatte fich mit den Frauen vollständig unfichtba 
emacht. 
— 11. Juli. Ueber das fürchenwe 
Vtandungluc in Horodenko. werden der„N. 
ßr.“ nun folgende Einzelheiten unterm d 5 
niigetheilt: . Der Brand entstand aus bishet * 
betannter Ursache am 2. d. um J Uhr Naq 
Ins in der inneren Siadt in einem Gasthause.