Full text: St. Ingberter Anzeiger

Das Schießen nach Pferden, nicht als Sport, 
ndern im Interesse der militärischen Wissenschaft, 
nd Reueste, was aus Spandau beriqhtet wird, 
Diiucnscirichate erwendet. nams 
d auf ihren Schietzständen Pferde als Versuchs 
Zte. Die zu diesem Zwecke bestimmten Thiere 
ehe sie die Kugel trifft, chloroformirt und 
Schuhwunden, die sie alsdann erhalten, sofort 
ersucht. Man prüft auf diese Weise die ver⸗ 
icdenartigsten Geschosse auf ihre Durchschlagskraft 
Der Scharfrichteteipächter kauft diese Thiere, 
zur Arbeit nicht mehr tauglich sind, für die 
ghschule auf und holt nach beendetem Schieken 
Kadaver ab, um dieselben so weit als möglich, 
sderweitig zu verwerthen. — Ob man nicht zu 
—* Versuchen mit demselben Erfolge auch todte 
herde verwenden Lönnte? Das Chloroformiren ist 
ocht schön, nur bewirkt es nicht immer völlige 
empfindlichkeit. Es ist aus diesem Grunde gar 
cht unmsglich, daß die Thierschutzvereine dieser 
elegenheit nüher treten. 
Berlin, 18. Juli. Neue Erzesse des 
zauter⸗Streils. Gestern Abend machte der „Voss. 
q. zufolge ein streilender Maurer einem anderen, 
einem Bau in der Kleinen Frankfurter Straße 
waftigten Maurer, mit dem er sich in einem nahe 
denen Restaurant befand, Vorwürfe darüber, 
c; er arbeite. Hierdurch entstand ein Tumult, 
d in dem Augenblick, als der streikende Maurer 
n Messer ergriff, um zu siechen, erhielt er von 
dem Anwesenden eine Ohrfeige, so daß er bewußt⸗ 
z zu Boden sanl. Der Bauleiter brachte den 
setlezten vermittelst Droschke nach dem Kranken⸗ 
ause. 
r (Ein vergrabener Schatz.) Berliner 
latter berichten: „Ueber einen vergrabenen Kriegs⸗ 
jaßz“ von bedeutender Höhe, dessen Hebung ein 
ruͤner, der Posamentier Wiltelm R., bewerk⸗ 
ligen wird, haben wir vor mehreren Monaten 
erichtet. Derselbe soll in 24 mit Gold gefüllten 
nonenrohren bestehen, welche der Kaiser Napo⸗ 
on im Jahre 1813 nahe der Festung Magdeburg 
etgraben ließ, um dieselben bei einem beachsichtig⸗ 
mn neuen Feldzuge wieder ausgraben zu lassen. Im 
AM. v. J. war der Besitzer dieses Geheimnisses, 
nelcher es von seinem Großvater erfahren haben 
il, nach Magdeburg gereist, um sich zu verge—⸗ 
nisern, ob die ihm bezeichnete Sielle noch nicht 
berbaut worden sei. Da dies nicht der Fall ge⸗ 
icsen, so suchte er zu der beabsichtigten Hebung 
ch Schatzes die Genehmigung der Magdeburger 
zhörden nach, welche ihn an den Stadtkomman⸗ 
anten verwiesen. Das hat denn auch der seines 
itioiges gewisse Posamentier R. gethan. Wie wir 
oten ist vor Kurzem von dem Kommandanten die 
enehmigung zur Anstellung von Nachgrabungen 
ach dem Kriegsschatz ertheilt und ihm zugleich ein 
— von 10 pCt. des Schatzes zugesichert 
den.“ 
GEine Schmugglergeschichte.) Aus 
cxandrowo wird der .Th. Ostd. Ztg.“ geschrieben: 
ar einigen Tagen erregten hier bei Ankunft des 
reußischen Kourierzuges einige in einem durch⸗ 
chenden Schlafwagen befindüche leere Schachteln 
e Aufmerksamkeit des rebidirenden Zollbeamten. 
iag lungerem Suchen entdeckte derselde eine neue 
iaube in der Decke des Wagens und fand nach 
utfetnung der Schraube, daß zwischen den Brettern 
n Decke eine Menge Gold⸗ und Seidenwaaren 
sorstapelt war. Der Kondulteur wies zwar jede 
heilnahme an der versuchten Defraudation zurück, 
nurde trotzdem festgenommen, auch der Wagen 
unde mit Beschlag delegt. Füt die Freigabe ver⸗ 
ugie — nach dem Thorner Blatt — die russische 
lammer in Alexandrowo von det preußischen 
Annewaltung eine Auslösungssumme von 2000 
Gas beste Rezept.) Selten wohl mag 
ein ähnlicher Fall zugetragen haben, wie er 
v aus Prag gemeldet wird. Dort erschien vor 
nigen Tagen ein kranker Studirender der Medi- 
Nut Konsultation bei dem ruhmlichst bekannten 
nesszr Gufsenbauer. Diefer umerfuchie den 
unlen und rieth ihm, einen bestimmten Kurorit 
huden. Der Studirende, ein sehr armer 
g lachelte wehmüthig und bemerkte schüchtern, 
leider außer Slanee den Raß zu befolgen. 
besiße leinerlei Mittel und jener Kurort sei als 
r theuer belannt. Darauf reichte Professor 
senbauer dem Studenten wortlos ein verschlossenes 
nscouveri und bedeutete ihn, sich unverweilt zu 
einen. Draußen vffnete der juage Mann das 
1 
Fouvert und fand darin eine Note von Tausend 
Fulden! Man kann sich die freudige Ueberrasch- 
ing des Armen, aber auch die Sensation denken, 
welche der großmüthige Akt des Professors namentlich 
in Studentenkreisen hervorgerufen hat. 
F Wien. GOer tausendste „Hinauswurf“.) 
zn einem bekannten Praterwirthshause, dessen 
fFigenthümer die „stillen Zecher“ mehr liebt, als 
die Excedenten, welche alle Sonntag die ‚Tanz ˖ 
interhaltung“ stören und daher oft schockweise aus 
dem Saale „geleitet“ werden, ereignete sich vor 
inigen Tagen ein gelungener Scherz, dessen Urheber 
nehrere Stammgäste waren. Von einem dazu 
ntsendeten Kellner zum Stammtische citirt, wunderte 
ich der Wirth nicht wenig, lauter feierliche Gesichter 
ind weingefüllte Gläser vorzufinden. In ernst⸗ 
jafter Rede betonte der „Präsident“ des Tisches 
»aß der „Herr Wirth“ heute ein Jubiläum feiere; 
jestern sei nämlich der tausendste Gast seit dem 
hestande des Gasthauses aus dem Saale — hin— 
iusgeworfen worden. Großes Gelächter folgte auf 
ziese Eröffnung, und der doch ein wenig gekränkte 
Wirth zog eine verdrießliche Miene, die sich aber 
zleich wieder erhellte, als ein anderer Bast in 
ichtiger Logik bemerkte, daß ein Wirthsgeschäft, 
n dem man so leicht tausend Gäste entbehren 
onnte, doch ganz anständig gegangen sein mußte. 
58 fragt sich dabei nur, ob die biederen Stamm⸗ 
zäste auch genau gezählt, oder übertrieben haben. 
Wer 5000 Mark zu viel hat, dem 
ann jetzt auf die einfachste Art von der Welt ge⸗ 
jolfen werden. Die belgische Gesellschaft „Le 
ontentieux, ligue pour la defenses du commerde 
t de l'industrie“, in Brüssel am Boulevard du 
stord 1 wohnhaft, verschickt nämlich nach allen 
zrößeren Städten des Kontinents und namentlich 
iuch Deutschlands Prospekte und Aufforderungen 
um Eintritt in die Gesellschaft als „Agent“ oder 
„General ⸗Agent“. Die Quintessenz des Prospektes 
st die Aufforderung, eine Kaution von 5000 Mk. 
u leisten, bezw. bei einer deutschen Bank zu 
Zunsten der Gesellschaft zu stellen und den Depot⸗ 
chein einzusenden. Für diese Kleinigkeit von 5000 
MNark bietet die Gesellschaft wahrhaft pompöse — 
Bersprechungen: zunächst eine „unabhängige und 
autzreiche Zukunft“. Diese erblüht dem Agenten 
des „Oontentieux“ in Gestalt eines anfänglichen 
esten Gehaltes von monatlich 180 Mark mit der 
rhebenden Aussicht: der Erhöhung bis auf 600 
Mark, „je nach Maßgabe der geleisteten Dienste“. 
Worin diese Dienste bestehen, ist aus dem langen 
Jrospekt ebenso wenig ersichtlich, wie der eigentliche 
zweck der Gesellschaft, welche „die Vertheidigung 
er Interessen des Handels, der Industrie und der 
Finanz“ auf ihre Fahne geschrieben hat. Wenn 
iun eine besonders neugierige Seele fragen sollte: 
vie denkt sich denn die Gesellschaft „die 
hertheidigung der Handelsinteressen“, so hat der 
Zrospelt die überaus klare Antwort: „Wir unter⸗ 
tützen die verschiedenen Zweige des öffentlichen 
Vermögens durch sehr praktische Kombinationen. 
ie sich daran knüpfen.“ Das ist gewiß klipp und 
lar. Wozu dient nun die Kautionsstellung? Auch 
ierüber verbreitet sich der Prospekt mit einer be⸗ 
uhigenden Ausführlichkeit: „Ihre Kaution wird 
azu dienen, Ihnen eine Krediteröffnung zu schaffen 
ehufs der Geschäfte ihrer Agentur.“. Und was 
igentlich das Beste am ganzen Anerbieten ist — 
;pezialkenntnisse sind absolut nicht erforderlich, 
da alle Geschäfte nur mit Zustimmung und laut 
hriftlichen Instrultionen unseres Hauses geschlossen 
derden können.“ Das einzig Nothwendige ist 
Aso die Kaution, und sollte diese den Beirag von 
3000 Marl übersteigen — warum sollen sich nicht 
ruch solche finden, die 10,000 Mart disponibel 
aben? — so kann der Kautionssteller sogar 
Generaldireltor“ und mit der Leitung einer An⸗ 
ahl Unteragenten betraut werden. Natürlich wächst 
ann auch das sixe Gehalt bis zu 600 Mark 
nonatlich und ebenso der Antheil am Geschäftsge⸗ 
vinn, Alles „nach Maßgabe der Summe., die Sie 
ur Verfügung Ihrer Direktion stellen können.“ 
gor diesem plumpen Kautionsschwindel, gegen den 
ibrigens auch die Handelsklammer zu Barmen auf 
Brund zuverlässiger Mittheilungen dereits eine 
Warnung erläßt, sei hiermit dringend gewarnt. 
FBern, 17. Juli. Bei Anlaß des schweizer⸗ 
schen Bundesschießens war hier vorgestern Abend 
ie Menagerie Bach angelangt. Dieselbe 
atte sich kaum in der Nahe des Festplates nieder⸗ 
elassen, als der Schrei gehört wurde: „Ein Tiger 
d los!“ In der That hatte sich ein prachtvoller 
dönigstiger durch den Boden seines Käfigs befreit, 
iber glücklicherweise anstatt das Weite oder ein 
Ipfer in der Menge zu suchen, auf einen unter 
»em Wagen angekoppelten Bernhardinerhund ge⸗ 
vorfen, dessen Leiche er denn auch bewachte, bis ein 
Feuerkreis von Lampen und Fackeln um ihn ge⸗ 
ogen und ein voͤrläufiger Verschlag errichtet war, 
n welchen der Flüchtling hineingetrieben werden 
'onnte. Die Umstellung des Tigers wurde so schnell, 
icher und umsichtig ausgeführt, unter den Augen 
»es mit seiner schweren Büchse bereit stehenden 
Menageriebesitzers, daß die Menge nur theilweise 
iwas davon merkte. Jetzt fragt sich jeder der in 
der Nähe gewesenen Spaziergänger nicht ohne 
Bruseln, ob wohl sein Leben durch den Bernhardiner 
zerettet worden sei. 
f In Riposto Gicilien) wurden anläßlich 
eines Volksfestes 200 Personen durch Genuß von 
GBefrorenem vergiftet. Der schuldige Zuckerbäcker 
konnte nur mit Mühe vor dem Lonchen geschützt 
werden. 
Der Herzog von Marlborough hat 
fürzlich eine Galanterie gegen eine Dame theuer 
bezahlen müssen. Derselbe besuchte in Begleitung 
einer Lady die Gewächshäuser des Kunstgärtners 
Cowles in London. Plötzlich blieb die junge Dame 
mit einem Schrei der Verwunderung vor einer in's 
dila spielenden großen Rose stehen, die inmitten 
eines Blumen⸗Parterres stand. Der Herzog pflückte 
sie und überreichte sie galant seiner Begleiterin; 
am nächsten Tage übersandte ihm der Gärtner eine 
Rechnung zur Zahlung von hundertfünfzig Pfund 
Sterling für die Rose. Der Herzog weigerte sich, 
die Summe zu erlegen, der Gärtner ward klagbar 
uind sagte vor Gericht: „Die Rose war die 
ichönste einer Sammlung, ich habe sie erst nach 
zehnjährigen Versuchen in dieser Nuance erzielt, 
wer weiß, wanu mir dies wieder gelingt.“ Er—⸗ 
bittert ruft der Herzog: „Etwas dunkler oder 
lichter, aber hundertfünfzig Pfund!“ Nachdem die 
Sachverständigen die Seltenheit des Exemplars be⸗ 
sttätigt, wurde der Herzog zur Zahlung der ver⸗ 
angten hundertfünfzig Pfund verurtheilt. Aergerlich 
jagte er zum Richter: „Das ist der Weg, einem 
armen Manne die Galanterie abzugewöhnen.“ 
f Wie sich deutsche Turner im Staate 
Jowa, wo das Temperenzunwesen blüht, Bier 
berschaffen müssen, davon wird aus einem dortigen 
Städtchen berichtet: Die Prohibitionisten beobachten 
die Brauereien sehr scharf, damit kein Bier unge⸗ 
sttraft herauskommt. Wenn der Turnverein nun 
eine Vergnügungsabende hat, sendet er einen ver⸗ 
heiratheten Turnbrudet als „Bierwart“ ab. der 
am Nachmittag mit seiner besseren Hälfte einen 
Besuch in der Brauerei zu machen hat. Auf dem 
Rückwege schieben dann beide Gatten ein niedliches 
Zinderwägelchen vor sich her, welches mit weichen 
Betten und einem großen Sonnendach wohl ver⸗ 
sehen ist, so daß das „Bady“ gegen alle Fährlich⸗ 
keiten, wie auch namentlich gegen den bösen Blick 
don etwaigen Prohibationsfeen geschützt ist. Feier⸗ 
lich und fürsorglich schiebt das Pärchen das Wägel⸗ 
chen in die Turnhalle, wo dann viele Hände mit 
einander wetteifern, dem „Baby“ Lieblosungen zu 
erweisen. 
fF Bettzeug aus Papier wird jetzt von 
einer New⸗Jerseyer Firma fabrizirt. Man ver⸗ 
wendet dazu Manilapapier bester Qualität. Eine 
Garnitur, d. h. Kissen und Decken solchen Bettzeuges, 
wird zu 75 Cents (ewwa 3 Markh) verkauft. Die⸗ 
selbe soll, so sonderbar das auch klingt, sehr halt⸗ 
bar sein und sich, wenn fie eingeschrumpft ist, mit 
einem heißen Bügeleisen glätten lassen. Die ein⸗ 
zelnen Stücke sind mit hübschen Figuren verziert. 
f4(Gegen Hitz schla g. Das Tabakrauchen, 
sei es aus Pfeifen oder Cigarren. ist bei allen 
lörperlichen Anstrengungen, besonders aber bei hoher 
Temperatur durchaus schädlich. Es absorbirt von 
den Schleimhäuten der Mundhöle die Speichel⸗ 
Absonderung, welche fortwährend in Thaätigkeit 
dleiben muß. um den Magen funklionsfähig und 
die Nerven gesund zu erhalten. Der durch Genuß 
von Spirituosen gesuchte Reiz, das Gefühl des 
Austrocknens der Schleimhäute zu vertreiben, täuscht 
augenblicklich und erzeugt einen Ueberreiz, welcher 
Magen und Nerven, das ganze Nervensystem ab⸗ 
tumpft, und den Körper schwächt und weniger 
eistungsfähig macht. Die narkotische Wirkung des 
Tabals auf die Kopfnerven. von denen ja das 
janze Nervensystem ausgeht und abhängt, vermindert 
ie gesammte Leistungsfähigkeit nicht nur des Körpers.