St. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 144.
Die Deutschen im Auslande.
Bei den mehr und mehr wachsenden Bestrebungen,
em deutschen Namen, der deutschen Kultur und
ꝛem deutschen Handel im Auslande Bedeutung zu
erschaffen, ist es interessant zu wissen, wieviel
deuische im Auslande leben und wie sie sich auf
ie einzelnen Länder vertheilen. Wir betonen da⸗
ei ausdrücklich, daß es sich bei dieser Zusammen⸗
rellung nicht etwa um alle Elemente deutschen
Ursprungs und deutschen Wesens handelt, wie solche
u Millionen in Oesterreich Ungarn, der Schweiz
ind Amerika leben, sondern in unserer Uebersicht
eden wir nur von denjenigen Deutschen im Aus⸗
ande, die Buürger und Angehörige des deutschen
teichs sind. Diese Reichsbürger im Auslande
saben ja auch allein für das Muiterland eine
wlitische und volkswirthschaftliche Bedeutung und
onnen thatsächlich als die Pioniere des Deutsch-
hums im Auslande angesehen werden. 1
Insgesammt leben Angehörige des deutschen
teiches im Auslande gegen drei Millionen, von
enen fich allerdings der uͤberwiegende Theil, nämlich
egen 2 Millionen in den Vereinigten Staaten
efinden, die dort auch den Gesetzen des Landes
ntsprechend meistentheils das amerikanische Bürger⸗
echt erworben haben, aber ohne das deutsche auf—⸗
egeben zu haben. Deutsche und Deutschamerikaner
ꝛefinden sich gegen 10 Millionen in den Vereinig⸗
en Staaten. Ferner leben in Oesterreich 98,000
eutsche Reichsbürger (Deutsch. Oesterreichet gibt es
Nillionen) in Ungarn 4400, in der Schweiz
5,260, in England ungefäͤhr 40,000 und fast
ꝛensobiel in Holland, Velgien und Danemarh.
ymerkenswerth ist, daß in Frankreich, zumal in
Zaris, Lyon, Marseille n. s. w. 82,000 deutsche
keichsbürger wohnen, also trotz des letzten deutsch⸗
ranzösischen Krieges die Deutschen sich in Frantreich
dieder eine Stee erobert haben. In Rußland
eben ebenfalls sehr viele Deutsche, doch fehlen
ietübet genaue Angaben. Kleine Kolonien deutscher
deichangehriger gibt es ferner auch in Jialien,
»panien, Portugal, der Türkei und Griechenland.
Von den ameritanischen Ländern ist noch zu
twahnen, daß sich dort in allen Sigaten Deutsche
einden und in Eudamerita Brasilien gegen
5.000 Reichsangehodrige aufzuweisen hat. Rur
parlich kommen die Deutschen in den afrikanischen
nd asiatischen Staaten bor, doch fangt in Suͤt⸗
früie, in Kaplond, das deutsche Element an, eine
sole Zu spielenEndlich i heneree Zeu
lusfralien ein bevorzugtes Ziel der deutschen Aus⸗
ne geworden. Es sind dort bereiis 42129
utsche angesiedelt undsleht zu erwariendaß
insere Gebietserwerbungen in der Südsee diese
jahl bald wesentlich vermehren werden. Im ver—
enen Jahr hat allerdings die Auswanderung
nh. Aunralien vorübergehend abgenommen, vonñ
9* auf 660 Personen, was sheils den un⸗
Aen wirthschaftlichen Verhälinissen in jenem
theils der allgemeinen Abnahme der Aus⸗
* erung zuzuschreiben ist. Zweifellos wird man
* we ieser Zusammenstelinng ertennen. daß
2. eutschthum eine Unkernehmungs und Aus—
d un innewohnt, wie solche von keiner an⸗
VN ationalitat übertroffen wird. Ist es da
e That einer weilblickenden, staatsmannischen
* I nach dem Auslande strebende Deutsch-
—* urch eigene Kolonialunternehmungen des
— andes in einer engeren Verbindung mit
en zu erhalten ? — Manch⸗ Waeifer Feinn
Saumstag, 25. Juli 1888s. 200. Jahrg
4
zwar, es sei damit zu spät. Für den unternehmen⸗ l
den und vorwäris strebenden deutschen Geist kann
es aber gewiß nicht zu spat sein.
mangelnden telegraphischen Verbindung mit Guinea
kann sich die Antwort verzögern. — Eine Depesche
don Courcy aus Haiphong konftatirt, daß in Ton—
king die Ruhe noch durch Banden gestört wird,
welche im Norden und Westen des Delia auftrelen.
Der General hofft, die neue Regierung von Hue
verde einen glücklichen Einfluß auf die Situation
ausüben, ein Bataillon hält das Fort Donghein
besetzt, auf diese Weise die Verbindungen zwischen
den Banden in Thuyet und in den Grenzprovinzen
von Tonking abschneidend.
Deutsches Reich.
Politische Uebersicht.
In nächster Reichstagssession soll von Seiten
der Sozialdemokraten ein neuer Arbeiterschutz-
Besetzentwurf eingebracht werden.
Wie der „Hamb. Korr.“ erfährt, werden dem—
nächst für das Königreich Preußen Erhebungen
zetr. die Sonntagsruhe angeordnet werden.
Bekanntlich sind solche auf die von nationalliberaler
—AD
ür ganz Deutschland in Aussicht genommen. Es
st daher zu erwarten, daß in den übrigen Bundes⸗
taaten in gleicher Weise vorgegangen wird.
Berlin, 22. Juli. Die demnächst zur Pub⸗
itkation gelangende revidirte Submissionsordnung
enthält eine Bestimmung, wonach solche Gebote,
welche nach dem Urtheil der Behörde den Selbst⸗
kostenpreis nicht erreichen, von der Betheiligung an
der Konkurrenz ausgeschlossen find; damit würden
die Schleuder⸗Fabrikanten nicht mehr zuzulassen sein.
Berlin, 22. Juli. VJrivatnachrichten aus
zuverläsfigster Quelle bestätigen, daß der Kaiser
im besten Wohlein in Gastein eingetroffen ist. Er
hat die weite Reise sehr gut ũuberstanden; bekannt⸗
lich war die Reise nach Ems vor einigen Wochen
aicht so befriedigend verlaufen; jede Spur des da—
maligen Unwohlseins ist jetzt befeitigt. J
Berlin, 22. Juli. Die Kreuzzeitung“ er⸗
hlickt in der Abberufung des bisher in Zanzibar
tationierten englischen Geschwaders die Absicht der
englischen Regierung gute Beziehungen zu Deutsch⸗
and zu unterhalten, weil durch diefe Maßregel der
Sultan bald gezwungen sein werde, flein beizugeben.
Nachdem die „Kreuzzeitung“ dann Lord Salisdury
auf Kosten Gladstone's einige Komplimente gemacht,
jeißt es weiter: England muß sich jetzt so gut zu
Zompromissen verstehen, als andere Tandet auch.
Von unsferer Seite fehlt es an Entgegenkommen
wahrlich nicht. Wir haben es ruhng esehn
lassen, daß sich die Englaänder am Niget und Venue
ungeheuere Landstrecken gneigneten, es ist nicht mehr
als billig, daß uns Lord Salisburh nun in Out-
afrika freie Hand läßt.
Berlin, 28. Juli. In Bezug auf das
künftige handelspolitische Verhäliniß zwischen Deutsch⸗
and und Oesterreich⸗Ungarn erfahre ich aus ver⸗
äßlicher Quelle, daß die Nachricht, von Seiten
Ungarns seien übermäßig hohe Retorfionszolle gegen
Deutschland in Vorschlag gebracht, unzutreffend ist;
die meritorischen Verhandlungen zwischen Oesterreich
und Ungarn selbst beginnen erst im Herbfi
Gastein, 23. Juli. Nach dem heutigen
Bade machte der Karser mit dem Adjutanten
Petersdorff eine Promenade auf dem Kaiserweg.
Zum Diner ergingen keine Einladungen.
Paris, 283. Juli. Im Auswartigen Amte
wo gestern, wie jeden Mitwoch, Herr v. Freycinet
die Chefs der hiesigen diplomatischen Missionen
empfing, welche mit ihm konferiren wollen, war
unter den zahlreich erschienenen Diplomaten die
angekündigte Abberufungr des deutschen
Botschafters Fürfien von Hohenlohe beinahe
ver ausschließliche Gegenstand allet Unterhaltungen.
Das lebhafte und aufrichtige Bedauern, den so
allgemein verehrten und beliebten Botschafter zu
herlieren, gab sich dabei kund. Der anwesende
nterimistische Geschaftsträger der deutschen Botschaft.
nerr v. Kiderlen-NRMaöchter wurde vi t .
Bezüglich der Angaben über bevorstehende
zrößere Forderungen für deutsche Heeres—
uind Marine⸗-Zwecke wird bemerkt, daß für
das Heer erheblichere Mehrforderungen erst bei der
krneuerung des im März 1888 ablaufenden
Militär⸗Septennats zu erwarten sind. Die Mehr—⸗
orderungen werden sich voraussichtlich auf vier
Punkte beziehen, die gegenwärtig noch der sorg⸗
iältigen Erwägung an den maßgebenden Stellen
unterliegen. Zunächst handelt es sich um die schon
Jäufig erwähnte Vermehrung der Artillerie. Vor—⸗
üglich wird eine Vermehrung des Pferdematerials
ungestrebt, damit eine auch für die Kriegszwecke
nusreichende Bespannung der Geschütze schon in
Friedenszeiten ermöglicht werde. Zweitens ist die
gildung neuer Kavallerie⸗Divisionen ins Auge ge⸗
aßt worden. Drittens strebt man eine der
gjewachsenen Vevölkerungszahl entsprechende Erhöh⸗
ing der Heerespräsenzziffer an. Der jetzigen Präsenz
nit 427,274 Mann liegt die Annahme eine Be—⸗
yöllerungszahl von 42, 728,400 Seelen zu Grunde.
Die nächste Volkszählung dürfte aber eine wesentliche
ẽrhöhung dieser Zahl ergeben. Endlich beschäftigt
nan sich sehr lebhaft mit der Frage einer Aender⸗
ing in der Ausrüstung unseres Heeres. In letzterer
dinsicht ist besonders daran zu erinnern, daß be⸗
reits vor längerer Zeit die Ausschreibung von
Preisen für das beste Schuhwerk und für leichte
Tornister erfolgt ist und daß die dadurch erzielken
krgebnisse zur Zeit der Prüfung der Militär⸗Ver⸗
valtung unterliegen. Alle diese Fragen sind in⸗
vessen noch zu keinem Abschlusse gekommen und
verden die gesetzgebenden Körperschaften des Reiches
uuch erst bei der Erneuerung des Septennats, also
rühestens im künftigen Jahre, beschäftigen.
Die Schwierigkeiten, welche Fraukreich aus
einer neuen Kolonialpolitik erwachsen, sind in Per⸗
nanenz. Noch sind in Ostasien, wie am Senegal
ind auf Madagaskar die Zustande für die Fran⸗
osen sehr bedrohliche, und schon treffen auch von der
Züste von Guinea (Westafrila), aus der unmittel—
haren Nachbarschaft unserer Togo⸗Kolonie, beun⸗
ruhigende Nachrichten ein. Das französische Marine
ninisterium hat allerdings bisher noch keine amt:
iiche Mittheilung aus Portonovo bezüglich der In⸗
asion des Königs von Dahomey gegen die doͤrtigen
Dörfer, die Informationen stammen bis jetzt nur
ius Privatkorrespondenzen und den vom französischen
donsul in Lagos übermitlelten gerüchtweisen Nach⸗
ichten. Das Ministerium hat von den Kolonial⸗
hörden Bericht eingefordert aber megen der