Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Aumliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
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der „St ˖ Ingberter Auzeiger“ erscheint wöͤchentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaluungs⸗ 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.M 60 ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen LAM 75 , einschließli 
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auf welche die Erpedition Auskunst ertheilt, 13 A. Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
Dienstag, 28. Juli 1888.. 20. Jahrg. 
M 147. 
Bestellunge— 
auf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die Monate 
August und September 
verden von sämmilichen Postanstalten, den Aus- 
Tägern und der Expedition entgegengenommen. 
* Die offizielle Bestätigung der Nachricht, daß 
der Mahdie Ende Juni an den Blattern ge⸗ 
torben'sei, läßt noch immer auf sich warten, 
ybgleich man in London sich stellt, als ob man 
on der Richtigkeit dieser folgenschweren Mittheil⸗ 
ing vollkommen überzeugt waͤre. Da indessen die 
Pocken in den oberen Nillandern erwießenermaßen 
hisweilen: furchtbare Verheerungen anzurichten 
flegen, so wäre es immerhin nicht unwahrschein ˖ 
lich, daß ihnen auch der „falsche Prophet“, zum 
Opfer gefallen ist. 
Niederwürzbacher Mühle in Flammen. Ueber 
Ursache und Umfang des Brandes konnten wir 
Naheres noch nicht hören. (Soeben, bei Schluß 
des Blattes, hören wir, daß das Mühlengebäude 
mit seinem ganzen Inhalte vollständig niedergebranni 
ist. Die Loscharbeiten dauern noch foet. An den⸗ 
selben betheiligten sich u. A. auch die Feuerwehren 
bon hier und Blieskastel). 
St. Ingbert, 27. Juli. Das gestrige 
Fest des hiesigen Turnvereins verlief in schönster 
Weise. Das prächtige Wetter, der frische Garten⸗ 
platz, die Musik und vor allem die Erwartung eines 
frischfrohen Treibens hatte zahlreiche Besucher her⸗ 
beigeführt und — die Erwartung wurde nicht ge⸗ 
fäuscht. Beim Schauturnen führten fich die Riegen 
in wohlgefallenden Wandlungen vor. Knappheit 
und Gefälligkeit in der Ausführung der Freiüb⸗ 
ungen belohnten das bestimmtgegebene Kommando. 
Ebenso sind im Geräthturnen merkliche Fortschritte 
zu vermerken. Letzteres zeigte sich namentlich beim 
Verlauf des Preisturnens, in welchem die schwierig⸗ 
sten Uebungen großenteils wirklich elegant ausge⸗ 
führt wurden. Mögen einige den Schwierigkeiten dieser 
aufgegebenen Pflichtübungen, auch noch nicht ganz 
gewachsen sein: sie verdienen doch belobende Aner⸗ 
fennung, weil fie sich nicht scheuen, auch ohne Aus⸗ 
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Muster öffentlich nachzuahmen. Muth steht Jedem 
gut, besonders dem Turner. Der großen Spann⸗ 
ung der bedeutenden Zuschauerschaft beim edlen 
Werspiel des Preisturnens folgie dann nach einer 
Pause die mit ebensoviel Teilnahme begleitete feier⸗ 
uͤche Verteilung der Preise, und jedem der waderen 
Kaäͤmpen mochte das Herz höher schlagen heim Em⸗ 
pfange dieser oͤffentlichen Anerkennung unter dem 
Beschmetter der Trompeten und dem frohen Zurufen 
des großen Zuschauerkreises. Nach den Anstreng⸗ 
ungen des Tages ließen sich die Turner im Freun⸗ 
des⸗ und Verwandtenkreise nieder, und Schreiber 
dieses hat eine so große Menschenmenge · — wohl 
400 mochten in dem hellerleuchten Garten sitzend 
und herumgehend sich unterhalten — noch selten in 
einer so allgemein freudigen Stimmung gesehen, 
als an diesem Abend. Mochten aber auch Monden⸗ 
schein und Musik, und ein guter Trunk in der 
Abendkühle zu dieser Stimmung etwas beitragen, 
das Verdienst, durchweg ein schönes Fest gegeben zu 
haben, gebührt den Turnern und ihren Führern. 
Denn auch den Abend verschönten sie mit Schau⸗ 
stellungen bei bengalischem Licht und sogar mit 
einem Turnergesang wußten fie dem üÜberraschten 
Zuhdrer aufzuwarten. Den Schluß ihrer heutigen 
Thätigkeit aber bildete ihres I. Turnwarts lurze, 
aber schoͤne Ansprache über den patriotischen Zwed 
des Turnvereins, in welcher der Redner dann zu 
einem Toaste auf den hohen Beschützer der Turn⸗ 
kunst Uüberging, und das mächtige vielsfimmige drei⸗ 
malige „Gut Heil“ auf S. M. den Konig Ludwiq 
zeigte wie sehr die kernige Rede gezundet hatte. 
Noch einmal: Einen schönen Tag haben die Turner 
geschaffen, und heute wiederholen wir was am 
Samsiag noch gleichsam fragend an diesex Stelle 
gestanden. jetzt ohne alle Frage: Der Turnverein 
St. Ingbert darf mit Recht das Bewußtsein 
hegen, daß seine Leistungen sich auch vor größerem 
Kreise zeigen dürfen, und zum Schlusse rufen wir 
zu seinem Vorhaben, bei dem bevorstehenden Gau⸗ 
durnfest in Saarbrücken mit einer Musterriege in 
die Schranlen zu treten, ihm ein ermunterndes 
kräftiges „Gut Heil“ zu. — —— 
— Nach den mit den Wehrpflichtgen des Er— 
C 
VPolitische Uebersicht. 
* Wie nun ziemlich bestimmt feststeht, wird 
rdaiser Franz Josef bei seiner Begegnung 
nit Kaiser Wilhelm von der Kaiserin Elisabeth 
zegleitet und ist es auf diese Weise möglich ge⸗ 
vorden, dem greisen deutschen Monarchen die be⸗ 
chwerliche Fahrt von Gastein nach Ischl zu ersparen. 
dem Vernehmen nach werden die österreichischen 
Najestüten bereits in den ersten Tagen des Augufi 
n Gastein eintreffen und daselbst einen mehrtägigen 
nufenthalt nehmen. Gleichzeitig tauchen die Gerüchte 
ʒon einer Zusammenkunft zwischen dem oͤsterreichischen 
daiser und dem Kaiser von Rußland wieder mit 
roßer Bestimmtheit auf. Im kaiserlichen Lustschlosse 
u Reichstadt in Böhmen, das immer vorzugsweise 
ils Ori dieser Entrevue genannt worden ist, sollen 
zereitss große Vorbereitungen für den Empfang 
hoher Gäste getroffen und namentlich jene Zimmer 
Jänzend renovirt werden, welche bei der letzten 
Monarchen-⸗Begegnung benutzt worden sind. 
Eine Depesche des Generals Courcy von 
Zonnabend meldet, Thuyet, der sich bisher mit 
wa 1500 Mann in Camio befand, sei von einem 
Theile seiner Anhänger verlassen worden und habe 
sich nach dem in der Nähe von Camlo gelegenen 
Tamso zurückgezogen. Die durch das Gebirge 
führenden Wege würden französischerseits und zwaz 
zucch die Tirailleurs von Tongking bewacht, auch 
seien die erforderlichen Vorbereitungen zur Be— 
etzung der Provinz Thanhoa getroffen worden. 
—Austand. — 
Gastein, 27. Juli. Der Kaiser besuchte 
Jestern Mittag 3 Uhr die Fürstin Hohenlohe. Wegen 
des regnerischen Wetters fand keine Abendspazier⸗ 
zahrt siatt. Um 84 Ubr nahm der Kaiser seinen 
Thee bei der Gräfin Lehudorff. Heute promenirtt 
der hohe Herr auf dem Kaiserwege. Der Bot⸗ 
schafier Fuͤrst Hohenlohe nebst Gemahlin speisen 
heute beim Kaiser.Der Botschafter reist morgen 
nach Paris zurukk. 233346* 
Wien, 26. Juli. Fürst Chlodwig Hohenlohe⸗ 
Schillingsfürst ist gestern Abend in Gastein einge⸗ 
troffen und wird beute vom Kaiser empfangen 
werden. · cn I 
Mom, 27. Juli. Der Pap st präkonisirtke 
heute sechs Kardinäle, vollzog ferner die Ernennung 
mehrerer Bischöfe, darunter des Grafen Schönborn 
zum Erzbischof von Prag und Bischof von Budweis 
— Kardinal Nina ist gestorben. 
London, 27. Juli. Nach einer Petersburger 
Meldung der Daily News“ beantwortete Rußland 
den Vocschlag Salisbury's, die russischen Truppen 
sollten, um einen Konflikt zu vermeiden, die Pofi 
fionen in der Nähe Zulfikars räumen, günstig, 
stellte jedoch die Bedingung, daß die Afghanen diest 
Positionen nicht besetzen dürften. — 
Konstantinopel, 26. Jusi. Der Ferman, 
beireffend die eghptische, Neunmillionen ⸗Anleihe, iss 
am letzten Donnerstag an den Khedive abgesandt 
worden. 
* Der deutsche Kronprinz hat mit der 
Frau Kronprinzessin und den Prinzessinnen⸗ 
Toͤchtern am Freitag eine längere Reise nach Sud⸗ 
eutschland' und der Schweiz angetreten. Den 
ersten groͤßeren Aufenthalt gedenken die kronprinz⸗ 
lichen Herrschafien in Andermatt zu nehmen. 
*In nächster Zeit wird das Eintreffen 
des Fuürsten Bissmarck von Varzin in Berlin 
erwartet, da noch ein weiterer Kuraufenthalt für 
diesen Sommer in Aussicht genommen worden ist 
es heißt, dürfte Gastein wiederum bevorzugt 
verhen —— 
Die Czechen“ betreiben ihre Versuche,' in 
Dien immer festeren Fuß zu fassen,“ mit einer 
merlwürdigen Hartnädigleit. Nachdem ihnen die 
kerichtung zweier czechischer Volksschulen in der 
ferreichischen Hauptsiadt gelungen, haben fie nun 
wuch die Gründung eines czechischen Veteines im 
xutschen Wien durchgesetzt. Das Programm des⸗ 
elben ist vielversprechend und umfaßt folgende 
dauptpunkte: Errichtung czechischerVolksschulen 
Ind Volksbibliotheken in sämmtlichen Wiener 
bezitken, Erhebung der czechischen Sptache zur 
weiten Landessprache in Nieder⸗Oesterreich, Auf⸗ 
dellung czechischer Kandidaten bei Gemeinde- Land⸗ 
ags · und Reichstagswahlen in Wien u. s. w. 
Nan sieht, die Czechen lassen fich die Ausbeutung 
des vom Grafen Taaffe aufgestellten nationalen 
Gleichberechtigungspringips in hrem Sinne eifrigfi 
angtlegen sein; werden doch auch Städte in Böhmen 
don ausschließlich deutschem Charakter, wie Reichen⸗ 
berg. Dur, Brutx, zur Errigiung und ünterhaltumg 
dechischer Schulen gezwungen. Immerhin haben 
polche Vorgänge ebenfalls ihr Gutes, sie lassen auch 
deutsche Ausland mehr und mehr erkennen, 
aß der Kampf, welchen die Deutsch-Oesterreicher 
fübren. denn doch seine qute Berechtigung hat. 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 28. Juli. In Betreff des 
m vor. Nummer an dieser Stelle mitgetheilten 
Anglücksfalles wird uns von wobhl informirter 
Seue unter Hervorhebung des eigenilichen That— 
heflandes berichtet, daß der Verunglücte allerdings 
einen Lagerzapfen zu beaufsichtigen hatte, sich in 
einer Zwischenpause deß Walzens jedoch von seinem 
Platze weg an das, das Schwungrad umgebende 
Helaͤnder begab. Hier kam er durch Vorneigen 
des Kopfes einer Schraube, welche die Arme des 
Schwungrades verbindet, zu nahe und wurde so 
inglücklicherweise verlezßht. 
*Sik. Ingbert, 28. Juli. 
wurde unsere Feuerwehr alarmirt. 
qdeht die Herrn Lonis Beer von