Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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ha St. Iugberter Anzeiger? erscheint wochentlich fuufmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungt⸗ 
dlan und Sonntags mit gfeitiger illustrirter Seilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 14 60 ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 78 ⸗, einschließlir 
dA Zuftellungügebuhr. Die Einrücknugsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 ⸗. bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erxpedition Auskunft ertheilt, 18 A. Neclamen 30 B. Bei 4maliger Einruckung vird nur dreimalige berechnet. 
F 150. J 7177 9* Sonntag, 2. August 1885. “n hιι . e gedt Sd 20. Jahrg. 
Bestellungen 
auf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die Monate 
August und September 
verden von sammtlichen Postanstalten, den Aus⸗ 
dagern und der Expedition entgegengenommen. 
Politische Uebersicht. 
Moch immer schwebt' ein gewifses Halbdunkel 
iher der Konferenzreise des Fürsten 
Fizmarck. Es heißt, daß volle Sicherheit über 
geselbe erst erlangt werden wird, wenn das Pro⸗ 
sramm für die der Begegnung zwischen dem Kaiser 
im Deutschland. und dem öͤsterreichischen Kaiser 
selgende Entrevue zwischen dem Zaren und Kaiser 
Franz Joseph festgestellt sein wird. Daß an der⸗ 
alben auch Kaiser Wilhelm theilnimmt, wird in 
gerlin für wahrscheinlich gehalten. Nur Gesund⸗ 
itsrucksichten kͤnnten den greisen Monarchen be⸗ 
immen, von diesem Vorhkben abzustehen, und mit 
füchicht darauf gewinnt die Nachricht an Wahr⸗ 
cheinlichkeit, daß auch der Zar Alexander III. nach 
gichl obder nach Gastein kommen werde. 
Wie verlautet, werden die handelspoli— 
ischen Fragen in den geplanten Konferenzen 
wischen dem Fürsten Bismarck und dem Grafen 
dalnolh einen Houptgegenstand der Verhandlumger 
zilden. Es ist immer der Wunsch des deutschen Reichs- 
lanzlers gewesen, mit Oesterreich Ungarn ein Arrange⸗ 
nent zu trefsen, bei dem sowohl die agrarischen 
Interessen der beiden befreundeten Monarchieen, 
wie die industriellen Interessen Deutschlands ihre 
Vechnung fanden. Als bei der Berathung der 
dolinobelle im Reichstage auf die von Oesterreich— 
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allärte Furst Bismard, daß bis zum Herbste, wo 
im Nachbarstaate diese Zölle in die Erscheinung 
treien sollten, noch Zeit zum Besinnen sei. Man 
halt es für nicht ausgeschlossen, daß er die poli— 
ische Welt durch ein Abkommen mit Oesterreich— 
ungarn in ähnlicher Weise überraschen wird, wie 
as vor Monaten durch die mit Spanien abge— 
ichlossene Konvention geschah. 
Ausland. 
London, 31. Juli. Die Morningpost meldet: 
diers versicherte dem englischen: Botschafter in 
delerbburg, Thornton, der Czat halte die schnelle 
hsung der afghanischen Frage wichiig fur 
sen Frieden, welch er ihm ebenso am Herzen liege, wie 
den übrigen europäischen Mächten, (Nach einem 
Nfizidsen Berliner Telegramm der „Köln. Zig.“ 
saͤt man in Berliner diplomatischen Kreisen eine 
nelle Losung des afghanischen Konfliktes nich 
iür wahrscheinlich, vielmehr ist man der Ansicht, 
daß trotz aller gegenseitigen Friedensbetheuerungen 
die Lage nur durch ein aufrichtiges Nachgeber 
kußlands in der in nifaroftäre gellöri werden könne. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— *St. Ingbext, 1. August, Durch Ver— 
umng der igl. Nreisregierung wurde, einem An⸗ 
tage der Stadtverwaltung enisprechend, der interi— 
distische Schulderweser Herr J. Leo pold dahier 
n seiner bitherigen Stelle vom 1. Juli ab defini— 
d angestellt. 
4 
* St. Ingbert, 1 August. Der Pferde⸗ 
zuchtverein der Pfalz veranstallet am 29. August 
in Kaiserzlautern ein Preishufbeschlagen, wobei 
'olgende Bestimmungen maßgebend sind: Zur 
Theilnahme berechtigt Jo —— und 
Gesellen der Pfalz, mit Ausnahme der altiven 
Militaärschmiede. Gesellen müssen durch beglaubigte 
Zeugnisse nachweisen, daß sie drei Jahre im Huf⸗ 
zeschiag thätig sind und mindestens die letzten 6 
Monaie bei pfalzischen Meistern beschlagen haben. 
Preise sind ausgesetzt: 1 100 Mark, 1à 60 
Mark, 2 à 40 Mi. 3 à 20 Mi.; im ganzen 8300 
Mark. Jedem Preise wird ein Ehrendiplom und 
ein Preisbuch hinzugefügt. — Auf Antrag des 
Preisgerichtz koͤnnen ferner noch Ehrendiplome und 
Preisbücher als Anerkennung zuertheilt werden. 
Schmiede, welche sich betheiligen wollen, haben sich 
bis längstens 20. August bei dem Vorstand des 
pfaͤlzischen Pferdezuchtvereins in Zweibrücen oder 
bei dem Vorstande des landwirtschaftlichen Bezirks⸗ 
omitees Kaiferslautern anzumelden, welche auch 
sede weitere Auskunft ertheilen und die speziellen 
Bedingungen auf Verlangen zusendeen. — 
8 Sit. Ingbert; 1. August. Einen freu⸗ 
digen Wiederhall hat bei unserer Bevolkerung die 
Rachricht von der obrigkeitlichen Genehmigung der 
St. Jugberter Kirchenbaulotterie her⸗ 
vorgerufen. Damit kommt endlich in die Kirchen⸗ 
daufrage wieder neues Leben“ und blüht uns die 
Hoffnung baldigst ein zweites katholisches Gottes⸗ 
haus dahier, das schon lange noth thut, erstehen 
zu sehen? Es sollen nach dem von der kgl. Re⸗ 
zierung genehmigten Plane 2 Lotterien stattfinden. 
In jeder der beiden Lotterien sollen 180,000 Loose 
à 2 Mark ausgegeben werden. Von dem Erldse 
einer jeden müssen mindestens ge 100,000 Marl 
dem Kirchenbauzwecke zufließen, je 100,000 Marl 
aber fur Gewinnste verwendet werden. Es kann 
auf diele Weise dem Kirchenbaufonds in nicht all⸗ 
zuserner Zeit eine schöͤne Summe zugeführt werden, 
und ist die Freude unserer Bevölkerung über die 
Genehmigung der Lotierie darum gewiß eine sehr 
begründete. 
- um der Pensions⸗ und Unterstutzungslasse 
der pfalzischen Eisenbahnen aufzuhelfen, beantragi 
die Direktion angeblich Erhöhung des zur Zeit auf 
50 Prozent der Mitgliederbeiträge bemessenen Zu⸗ 
schusses der Bahnverwaltung. Im Interesse des 
Personals der pfälzischen Eisenbahnen, welchem in 
jeder Hinsicht das Zeugniß pflichtgetreuer Dienst⸗ 
führung ausgestellt werden muß hofft man die Ge⸗ 
nehmigung dieses Antrages. Die Leistungen der 
meisten Bahngesellschaften für die Pensions-Anstal⸗ 
ten der Angestellten sind erheblich höher und andere 
Berwaltungen, z. B. die hessische Ludwigsbahn, 
zarantiren die Zahlungsfähigkeit der Pensionskasse 
in unbeschränkter Weise. 
Die dritte Schwurgerichtsperiode pro 1888 
bei dem kgl. Landgerichte Jeibrücken beginnt 
am 21. September nächsthin. Zum Vorsitzenden 
wurde der kgl. Obetlandesgerichtsrath Er belding 
ernanni, als dessen Stellvertreter der kgl. Land 
gerichtsdireltor Herfeldit aufgestellt. 
— Zweibrücken, 31. Juli. Das 17 
ind 18. Inf.Reg. treffen am 21. August mil 
Ertrazug hier ein und werden hier und in den 
imliegenden Ortschaften einquartiert. Auf dem 
zroßen Exerzierplatze werden beide Regimenter ihre 
stegimentsexerzitien abhalten. Die beiden Regiments 
nusiken sollen auch hierher zu liegen kommen, und 
wird es in diesen Tagen an Vergnugungen aller— 
seitz nicht fehlen. Zu Ehren des Geburtsiages 
Sr. Majestät des Koͤnigs findet am 285. August 
zroße Poarade nebst Feldgottesdientt jn unserer 
nachsten sahe sannn. 9 
.Nach der „Reust. Ztg.“ jist Speyet der 
sozialdemokratische Geschäflsvorort für die Pfalz 
und doriselbst soll sich auch die Agitationskasse he⸗ 
finden. Dorthin, in die —5— im Besitze eines 
Schuhmachers G. St. befindiiche Sozialdemokraten ⸗ 
lasse soll auch die aus der neulichen Grillenberger⸗ 
schen Teller⸗ resp Schoppenglassammamg übrig 
zebliebene Restsammlung gewandert — Sollten 
ich diese Angaben des Neustadter Blattes bewahr⸗ 
jeiten, waß wir bezweifeln, da unsere Sozialdemo⸗ 
iraten sich hüten werden, so unborsichtig zu sein, 
einen Geschäftsvorort zu waͤhlen und eine Kasse zu 
unterhalten, sd. durfte die J. Reglerung den sozial⸗ 
demokratischen Passionen bald ein ungefäbrlicheß 
Ende hereiten. 
Rermischtes8s. 
. FLeutershausen, 29. Juli. In dem 
nahen Brunst stellte am Sonntag eine achtzig⸗ 
jahrige Frau in einem Zimmer zur Vergiftung der 
vielen Fliegen einen „Gifistein“ auf, der sehr ar⸗ 
senikhaltig war. Als sie auf lurze Zeit das ginm 
verließ, nahm das ihrer Obhut anvextraufte zwei⸗ 
jährige Kind den Stein und leckte daran. Alsbald 
tellten sich Erbrechungen ein und der hon hier ge⸗ 
rufene Arzt traf nur noch eine Leiche. 7 
fcAichach, 29. Juli. Heute Nacht wurde 
im benachbarten Markte Altomunster die Sparkasse 
im Hause des Kaufmanns Arzberger erbrochen und 
Baargeld von 15,000 Mark gestohlen. Hievon 
wurden jeboch heute früh in einem Walde in der 
Nähe von Altomünster der Beirag von 9000 Mti. 
in Obligationen, welche die Diebe wahrscheinlich 
weggeworfen, wiedergefunden. 
F GBettler⸗Zeitung.) Unter den vielen 
eltsamen Zeitungs⸗Organen, deren Paris erfreut, 
derdient das Fachblaiut für Bettler, Jourpal dos 
Mendiants“ besondere Erwähnung. Dieses im 
Zinblick auf seinen Zweck vortrefflich redigierte 
Zlatt erscheint wöchentlich einmal. Es beschaftigt 
fich weder mit Politik noch mit KLiteratur. sondern 
widmet seine ganze Aufmerksamkeit ausschließlich 
den praltischen Interessen seiner Leser. Sein In⸗ 
halt besteht aus Ankündigungen' nach Art der fol⸗ 
genden: „Morgen Mittag findet in der Madeleine 
das Leichenbegüͤngnißeines sehr reichen Mannes 
statt.“ „Um 1 Uhr vornehme Trauung in der 
Trinité⸗Kirche.“ „Ein Blinder, der ewwas Flote 
spielt, wird gesucht. „Man wunscht in einem 
Seebade einen Krüppel zu engagieren. Gute Re⸗ 
ferenzen und eine kleine Kaution erforderlich.“ 
Diese letztere Anzeige ist durchaus kein Scherz. 
In den Seebädern wird die Ausbeutung der Gäste 
mit echt franzosischem Raffinement bis zum Aeußer⸗ 
sten getrieben. Man beraubt fie mit Hilfe theurer 
Zotelpreise, hoher Trinkgelder und kleiner Spiel⸗ 
höllen in den Kassinos. Aber das ist noch nicht 
genug. Die Hotelwirthe und Badestrandbesitzer 
nehmen ganz richtig an, daß die Badegäste geneigl 
sein würden, Almosen zu geben, wenn sich ihnen 
dazu Gelegenheit böte, und da sie selbst doch nicht 
zui das VBetteln beforgen Könnmen, so engagieren sie 
Berufsabettler, denen sie auf ihren. Grundstuücken das 
Bettelmonopol einräumen· und Ddie ihnen dafür die 
dalfte der täglichen Almosenernte zu geben haben 
Auf ein solches Geschäft bezieht sich die obige 
Annonce der Betiler⸗Zeitung.“