st. Iugherter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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I 1511.
Volitische Uebersicht.
Ueber das Programm für die großen Herb st⸗
nanöver des 14. Armeekorps in Baden vor
—
früher bekannt gewordener Dispositionen dahin ge⸗
roffen worden, daß am 11. September die große
Parade auf dem Forchheimer Exerzierplatz bei
darlsruhe stattfinden sol.. Am 12. September
st Korpsmanöver bei Ettlingen, und am 14., 15.
uind 16. September werden die Feldmandver der
divisionen gegen einander zwischen Karlsruhe und
Pforßheim abgehalten werden.
*Die Erxnennung des seitherigen deutschen
botschafters in Paris, des Fürsten Hohenlohe
zum Statthalter von Elsaß⸗Lothringen, hat u. A.
auch die Frage in Fluß gebracht, wer sein Nach⸗
folger auf dem ebenso wichtigen wie schwierigen
botschafterposten in Paris werden solle. Diese
Frage ist nicht leicht zu entscheiden, da die Vertret⸗
ung des deutschen Reiches bei der französischen Re⸗
nublik einen Mann von großem Takt und feinem
bersiaͤndniß für die obwaltenden Verhältnisse, dann
wer auch von rechtzeitiger Energie und eingehender
denntniß der politischen Situation zwischen den
Kabineten von Paris und Berlin erfordert. Ju
herlin nennt man bereits verschiedene Kandidaten
sür den Pariser Posten, ohne daß man indessen
mit Bestimmtheit zu sagen wüßte, welche von den
in Aussicht genommenen Personlichkeiten die meisten
Thancen hätle; in erster Reihe hört man jedoch
den deutschen Botschafter in London, Grafen Mün—⸗
der, nennen und verlautet ferner, daß, im Falle
dieser ablehnen follte, der deutsche Votschafter in
betersburg, v. Schweinitz, zum Nachfolger des
dürsten Hohenlohe ausersehen sein und daß alsdann
ver Staatssekretär im Auswärtigen Amte, Gras
hatzfeldt, den Botschafterposten in Petersburg über⸗
nehmen würde. Da ferner auch die Erwählung
des Vertreters Deuschlands am Wiener Hofe, des
hrinzen Reuß, zum Regenten von Braunschweig
als sicher gilt, so würde sich auch die Neubesetzung
des Wiener Boischafterpostens nothwendig mächen
und stehen demnach eingreifende Veränderungen
in der diplomatischen Veriretung Deutschlands im
Iuslande in Aussicht.
Der deutsche“ Botschafter in Paris, Für st
Hohenlohe,, wird erst im Oktober Paris ver⸗
zum nach Straßburq. als Statthalter über⸗
n e eln.
——— 4
1
Vor kurzem durchlief die Blätter die Nachricht,
v* die Differenzen zwischen Deufs chlandeund
Anzib ar, auf diplomatischem Wege beglichen
vrden, ohne daß es zu der beabsichtigten Flot⸗
endemonstra Pipn kaͤme. Letziere scheint nun
ber doch stattzufinden, denn wie dem B.T.“
us Bremerhasen telegraphiert wird, ist die deutsche
dorvenle „Stosch“, eines, der drei Kriegsschiffe,
velche an die Küste bon Zanzibar kommandieri
daren, bereits in Mauritius eingetroffen. Von
a nach Zanzibar in nur eine Reise von wenigen
egen. Mian glaubt, daß in den nächsten Tagen
uitere Nachrichten über die Ankunfi deutscher
—A in den ostafrikanischen Gewässern ein⸗
then. —
* —e 9 —A
Zur Frage der Uebertragbantei der Eisen⸗
k —
Xontag, 3. August 183.z853ßc. 20. Jahrg.
Ztg.“ geschrieben, daß die königlichen Eisenbahn⸗
Betriebsämter angewiefen seien, bei behinderter recht⸗
zeitiger Benutzung der Retourbillets zur Rückreise
dem Inhaber denjenigen Betrag zurückzuerstatten,
um den das Retourbillet theuerer ist, als der Fahr⸗
preis für die einfache Tour. Bestätigt sich diese
Mittheilung, so würde in der dankenswerthen Kou⸗
lanz eines solchen Schrittes die geeignete Grundlage
einer sachgemäßen Lösung der Angelegenheit sich
finden. Ob indessen damit alle Schwierigkeiten
ollständig behoben wären, müssen wir zunächsft noch
zahingestellt sein lassen; wir weisen nur darauf hin, daß
verwickelte rechtliche und thatsächliche Streitfragen
in das Spiel kommen, die zunächst noch klar zu
entscheiden wären.
Nlung, aus allen Ständen und Konfessionen gemischt,
allen Nummern des reichen Programm's. Die Vor⸗
träge des Kirchenchor's, durch Frische und
Präzision ausgezeichnet, machten den Miigliedern
und besonders dem unermüdlichen Dirigenten alle
Ehre. Ebenso haben die Orgelvorträge, die
dies königliche Inftrument in seiner ganzen, groß⸗
artigen Schönheit zur Geltung kommen ließen, sehr
angesprochen. Dies alles bildete den würdigen
Rahmen für die glanzvollen Leistungen von Frli.
Jennie Müller. Wenn Haändel und Bach
unerreicht dastehen! durch den seelenvollen
Charakter ihrer einfach · schönen Musik, so gehörte
zum rechten Verständniß derselben der seelen⸗
volle, tiefempfundene Vortrag unsrex Künstlerin.
Wir bewunderten an der voll und sympathisch an⸗
sprechenden Stimme die exakte Schule, die sich in
der kleinsten Nüance bemerkbar machte und das
Banze zu einem Gebilde von ungetrübter Schönheit
gestaltete. Wir werden diese glockenreinen Toͤne
nicht so bald vergessen und begleiten Frl. Müller
mit den besten Wünschen auf ihrer vielverheißenden
Laufbahu. Moge auch ihr dieses ihr erstes Konzert
eine freundliche Erinnerung bleiben!
* Ein weiterer, uns von geschätzter Hand zu⸗
Jegangener Bericht; spricht sich über das gestrige
—DX—
„Das reichhaltige Programm, auf den ersten Blick
twas zu nummerreich scheinend, war in Wirklich⸗
dennoch sehr sachlich zusammengestellt, indem Gesang⸗
tüche mit Orgelpioͤcen in richtigem Verhaäliniß im
Wechsel vorgetragen wurden. Die Einzelnummern
varen alle werthvoll, in Wahl und Ausführung.
Das Hauptverdienst am Gelingen gebührt allerdings
der verehrten Künsilerin, Fri. Jennie Muüller,
die die Sangeskunst zu ihrem Beruf gewählt hat.
Ehre gebührt ihr dafür; daß fie in großem Raum
und vor einem so zahlreichen Publikum aufzutreten
fich nicht gescheut. Nach dem, was wir gestern
von ihr gehört, dürfen wir unsere Meinung dahin
aussprechen, daß Frl. Müller auch in noch größeren
Raumlichkeilen und vor jeder größeren Zuhorerschaft
mit Zuversicht und vollem Selbstvertrauen auftreten
kann. Zu diesem Urtheil berechtigen uns die
Machtigkeit und Ausdehnung der gehörten Stimme
und deren ansprechende Metallfarbe, die feine Auf⸗
fassung der Tonweise und die Eleganz des Vor⸗
trages, welches Alles zusammen die Saͤngerin un⸗
merklich über die Schwierigkeiten“ weggehen läßt
und in der Brust auch des weniger musikalischen
Hörers die Saiten des Kunstgefuͤhles, der tiefen
Naturwahrheit, zum Mitllingen bewegt. Dank ihr,
daß sie vor ihrer Rückreise in die neue Welt uns
noch einenso schoönen reinen musikalischen Genuß
geschaffen hat, wie er bei uns leider so selten geworden ist,
und möge der Schöpfer ihr auf recht lange ge⸗
währen, ihre reiche Begabung der hehren Kunsi
zu widmen, zu eigenem Genusse wie zur Erbauung
ihrer Mitmenschen. Außer Frl. Müller haben noch
mitgewirkt der Ktirchenchor und die Hetren Lehrer.
Die schwierigen Instrumentalstücker wurden gui
dorgetragen. Obschon das Konzert sehr kurz an⸗
beraumt war, und obgleich die sonst sehr zwed⸗
maßig angelegte Orgel fuͤr Händel'sche und Bach'sche
Mufik eiwas zu maßig in dvrcheftreller Hinfich de⸗
dacht ist, so gelangten die klassischen Tonstücke unter
den Händen der waderen Spieler dennoch zu ihrer
entsprechenden Wirkung. Ein besonderes Wori der
Anerkennung gebührt noch dem Kirchenchor. Er
Herraschte uns durch zwei wohlgelungene Gesängqe.
M blaelungen waren sie in jeder Hinsicht. Ein—
*In Frankreich ist dem Kabinet Brisson
roch kurz vor Schluß der parlamentarischen Session
ein bedeutsames Verirauensvotum seitens der Kam⸗
ner zu Theil geworden, indem dieselbe am Donners⸗
ag den Zwölf⸗Millionen-⸗Kredit für Madagaskar
mit großer Majoritat angenommen hat. Dieses
sesultat der mehrtägigen Debatten der französischen
Deputirtenkammer über die Kolonialpolitik ist um
o mehr mit Genugthuung zu begrüßen, als dieselbe
zon den meisten Rednern, namentlich aber von
Tlemenceau, dem Führer der äußersten Linken, heftig
ingegriffen worden war. Letzterem trat indessen
im Donnerstag der Ministerpräsident Brisson selbs
n einer sehr sachlichen Weise entgegen und unter
)em Eindrucke dieser Ausführungen wurde denn
chließlich der Madagaskar⸗Kredit bewilligt.
Deutsches Reich.
Berlin, 2. August. Mit allerhöchster Ge⸗
nehmigung wird die Eröffnungsfitzung des inter⸗
zationalen Telegraphenkongresses am Montag den
10. Augnst 12 Uhr Mittags“ im großen Hörsaal
der Reichspostverwaltung,“ Artilleriestraße Nr. 44
stattfinden.
Auslaud.
Bruͤssel, 1. August. Die „Independance
Belge“ veröffentlicht eine Protestnote des Präsiden—
sen der Neuen Republik der Boern, Meyer, an die
europaischen Machte und die Vereinigten Staaten
bon Amerika gegen die Ansprüche Englands auf
die Santa Lucia⸗Bay. Meher erklärt, die Bay sei
der neuen Republick abgetreten worden, welche sie
in Besitz genommen und als einen allen Nationen
geöffneten Freihafen eingerichtet habe..
Simla, 317 Juli. Die indische Regierung
beschloß die Errichtung eines befestigten Lagers im
Pischinthale· General Macgregor geht nach Quet⸗
tah, um ein geeignetes Serrain qusanαιÂ
— Lorale und pfäln che Nachrichten
*St. Ingbert, 8. August. Bei den
gestern in Saarbrücken Kattgehabten II. Gauturn⸗
fest des Saar⸗ und Moselgaues betheiligte sich auch
eine Musterriege des hiesigen Turnvereins und er—
rang sich dei der Preisevertheilung ein Ehrendiplom
Musterriegen oun von den 17 Vereinen, die sich
betheiligten, 7 gestellt;: 5. davon erhielten Preis⸗
und 2 Ehrendiplome.
IJ St. In gbert, 3. August. Das gestrige
Zirchenkonzert nahm einen Verlauf, au den
owohl die Mitwirkenden, wie die Zuhörer mit
eicher. Befriedigung zurücdenken werden. Die
dirche war in allen Theilen gefüllt, und mit un
er AA.Ng folqte die zahlreiche Versamm⸗