Full text: St. Ingberter Anzeiger

gt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
derSt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
an und Sonntagt mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 & einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen L75 4, einschließli d 
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155. 
Politische Uebersicht. 
der Kaiser von Oesterreich ist am 
nnerstag Abend 6 Uhr in einem offenen vier 
nigen Postwagen zum Besuche des Kaisers 
gilhselm in Gastein eingetroffen. Kaiser 
vseph wrug die Uniform seines preußischen Kaiser⸗ 
ranz ⸗ Garde⸗ Grenadier ⸗ Regiments Nr. 2 mit 
netaldabzeichen, Band und Kette des Schwarzen⸗ 
dlerordens, die Kaiserin einen grauen Reiseanzug 
ind schwarzen Hut. Eine dicht gedrängte Menge, 
or welcher Feuerwehr und Bergleute Spalier bil⸗ 
xeten, begrüßte die Ankommenden mit lauten Hoch⸗ 
ufen; die Musik spielte die österreichische Volks— 
inne. Am Eingange des Straubinger'schen Gaft⸗ 
wfes begrüßte der Kardinal Fürst v. Fürstenberg 
s kaiserliche Paar. Darauf machte Graf Per⸗ 
oncher die Meldung; Kaiser und Kaiserin schritten 
irm in Arm in das Badeschloß3. Am Eingang 
nnzfing Kaiser Wilhelm in österreichischer Uniform 
id mit dem Bande des Stephan ˖ Ordens geschmückt 
az kaiserliche Paar, küßte der Kaiserin die Hand 
ad umarmte den Kaiser dreimal und führte so⸗ 
ann die Kaiserin am Arme hinauf. Nach etwa 
iner Viertelstunde verließ das kaiserliche Paar 
tet etneuten Hochrufen das Badeschloß und be⸗ 
ab sich in den Gasthof. Eine großartige Beleuch⸗ 
ing des reich mit Flaggen, Kränzen und Laub⸗ 
wnden geschmückten Ortes wurde für den Abend 
vthereifet 
In den innern Angelegenheiten Deutschlands 
der am Mittwoch erfolgte Zusammentritt der 
onferenz der preußischen Bischöfe 
mder alten Bischofsstadt Fulda als das einzige 
vmerkenswerthe Wochenereigniß zu verzeichnen. 
luf dem Gebiete der auswärtigen Politik traten 
nsolge dec belannten Artikel des Pariser, Temps“ 
ind der „Nordd. Allg. Ztg.“ wieder einmal die 
eutschefranzösischen Beziehungen in den Vorder— 
und und konnte man infolge der scharfen Aus— 
jungen des Berliner offiziösen Blaites in der 
hat glauben, das Verhäliniß zwischen Deutschland 
nd Frankreich sei plötziich ein unsicheres, bedenk⸗ 
des geworden; doch ist ein inzwischen nachgefolgter 
wderweitiger Artikel des „Temps“ geeignei, diese 
dgürchtungen wieder zu zerstreuen und liegt auch 
uilich kein Grund zu der Annahme vor, als ot 
d in der lezten Zeit die Beziehungen zwischen 
xiden Staaten verschlechtert bällen 
In Oesterreich wurde in der abgelaufenen 
Loche die politische Siluation natüriich voll ständig 
und die Kaiserbegegnung in Gaftein behertschi 
nd die Fragen der inneren Politik sind vor diesem 
—X Ereignisse einen Augenblick ver— 
anmt. Selbst der leidige Nanonalitätenzwist, 
nerade in lehtet Zeit durch die neuen czechischen 
derungen in der Bankfrage wieder mehr hervor⸗ 
en is, muß schweigen vor dem erhebenden 
drud den die in Gasten wiederum so markani 
Worgetretene persönliche Freundschaft der beiden 
nise von Oesterreich und Deuischland auf die 
nieten Kreise der Bevölkerung des Kaiserstaates 
n und Czechen wie Polen, Slovenen und 
ren mussen eo anerkennen, daß das Bündniß 
Deutschland, welches sich in der innigen Freund⸗ 
t da beiden Monarchen am schönsten wider⸗ 
dr ies der habsburgischen Monarchie haupt · 
d ermsglicht, ihr Gewicht im europäischen 
X qgebübrend zur Geliung uu hringen 
Sonntag, 9. August 1885. 
20. Jahrg. 
* Die lateinische Münz-Konferenz! 
hat fich bis zum 1. Oktober vertagt, ohne zu einem 
Resultat gelangt zu sein. 
Boden mit sonniger Lage stand jedoch nur wenig 
und sehr kurzes Getreide. Die Futternoth in der 
Umgegend ist groß. Herbstfutter wird eß, wenn 
nicht bald ergiebiger Regen eintritt, sehr wenig 
geben. Es find die trockenen Wiesen neben der 
Donau fafst ganz ausgebrannt. Mit Bangen sehen 
daher die Landleute einer Futternoth entgegen“. — 
Diese kurze Schilderung paßt so ziemlich auch auf 
unsere Verhältnisse, hinzuzufügen wäre noch, daß 
es nach der reichen Blüthenpracht im Frühjahre, 
abgesehen von den Kirschen, eine nur spärliche Obst⸗ 
ernte gibt. Zwetschen fehlen günzlich. Von Aepfeln 
gedeihen nur spätere Sorten, besonders Siebenschläfer. 
MNABebelsheim, 7. August. Am Diens⸗ 
tag reiste Herr Weisang von Wittersheim, der 
glückliche Gewinner des Haupitreffers der Kaisers⸗ 
lauterer Lotterie, nebst 4 Verwandten und dem 
Agenten Diel nach München, um den Gewinn in 
Empfang zu nehmen. Di eselben kehrten geftern 
mit dem gewonnenen Schatze in der ange⸗ 
nehmsten Stimmung zurück. 
8 Habkirchen, 7. August. Zum Poft⸗ 
expeditor hier wurde Herr Gastwirth Theobald 
ernannt und bereits beeidigt. Wie in Wittereheim 
beginnt auch hier der Dienst am 1. Oktober nächsihin. 
— Kaiserslautern, 7. August. Zu den 
diesjaͤhrigen größeren Herbstübungen sei bemerkt, 
daß die Uebungen der 7. Infanterie⸗Brigade in 
dem Terrain südostlich von Kirchheimbolanden, auf 
dem Hungerberge und die Uebungen der 18. In⸗ 
anterie ⸗Brigade auf dem Galgenberg, bezw. der 
Schilles- und Truppacher Höhe südlich Zweibrücken 
ttattfinden. Für die sich hieranreihenden Detache⸗ 
mentsübungen wird die kombinirte 7. Brigade das 
Gelande zwischen Rockenhausen⸗Altenglan und Katz⸗ 
weiler an der Lauter, die kombinirie 8. Brigade 
die Gegend zwischen Hornbach, Landstuhl und 
Waldfischbach benützen. Die Feldmanöver der 
Division sollen zwischen Waldmohr, Kazweiler, 
Otterberg und Kaiserslautern und das Mandver 
gegen den markirten Feind zwischen Otterberg und 
Enkenbach ausgeführt werden. Jedes betheiligte 
Bürgermeisteramt hat sofort nach Anweisung der 
zustandigen Behörde in allen betheiligten Gemeinden 
und Höfen bekannt machen zu lassen, daß die be⸗ 
zeichnelen Räume bis zum 21. August soweit nur 
irgend thunlich abgeerntet sein müssen. Die Ge—⸗ 
meindeangehörigen sind zur Aberntung aufzufordern 
mit dem ausdrüclichen Beifügen, daß für verspä⸗ 
tete Einbringung der Ernte und dadurch entstehende 
Beschadigung der Frucht, wenn die Aberntung zu 
einem früheren Zeitpunkte moͤglich war, das MNiti⸗ 
lär⸗Aerar nicht auflommen wird. Die Wiederbe⸗ 
stellung muß ebenfalls entsprechend verschoben werden. 
— Aus Wien kommt die betrübende Nachrticht, 
daß daselbst am 3. d. M. unser berühmier Lands⸗ 
mann, der Professor an der dortigen Hochschule für 
Bodenkultur, Regierungsrath Dr. Philipp Zoller, 
im Alter von 52 Jahren gestorben ist. Zoller, 
geboren 1833 zu Winnweiler, begann sein 
Studium an der Hochschule zu München. 1856 
Jabilitirte er sich an deren staatswirthschaftlicher 
Fucultät; ein Jahr später wurde er Chemiker der 
andwirthschaftlichen Versuchsstation, als welcher er 
nn nähere Beziehungen zu Liebig trat. 1860 
vurde Zoͤller Adjunkt am pflanzenphysiologischen 
Institute, 1803 Professor an der Kniversität, 1864 
Jrofessor der angewandten Chemie in Erlangen, 
1872 in Göttingen, 1873 außerordentlicher Ptrro⸗ 
'essor der allgemeinen und Agriculturchemie an de⸗ 
—XEE 
* In Spanien stockt das politische Leben 
uiter dem Einflusse der Cholera⸗-Epidemie fast 
Jänzlich. Dieselbe hat sich jetzt so ziemlich über 
janz Spanien verbreitet, auch in Madrid, wo sie 
zisher in sehr milder Weise auftrat, hat die Seuche 
olötzlich einen bedrohlichen Charakter angenommen 
donig Alfonso gedenkt demnächst eine abermalig 
Reise nach den am meisten heimgesuchten Orten 
mzutreten und wird Saragossa als nächstes Reise⸗ 
ziel genannt. 
o α«— 
—— 
*Das russische Kaiserpaar bereist 
gegenwärtig Finnland, wo es von der Be— 
dölkerung mit außerordentlichem Enthusiasmus em⸗ 
pfangen wird. 
Deutsches dieich. 
Berlin, 7. August. Kaiser Wilhelm wird 
in einigen Tagen seine Gasteiner Kur beenden und 
im 14. d. M. die Rückreise nach Berlin antreten 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
2 St. Ingbert, 8. August. Hatten wir 
uns auf Grund des den Künstlern vorausgegangenen 
Rufes durch das gestern Abend im Café Seiter 
tattgehabte Konzert Reich mann einen seltenen 
musikalischen Genuß versprochen, so müssen wir 
heute gestehen, daß unsere hochgespannten Erwart— 
ungen noch bedeutend übertroffen wurden. Der 
Vortrag des klassisch gewaählten Programms war 
in allen Theilen ein so vorzüglicher, im höchsten 
Brade künstlerischer, wie wir solches zu hören hier 
zoch nicht Gelegenheit hatten. Da wurde jedes 
Instrument von Künstlerhand gespielt, für die es 
in technischer Beziehung keine Schwierigkeiten mehr 
siht. Würdig wurde das Konzert mit der Cis— 
Moll⸗Sonate von Beethoven, für Quintett arrangiert 
yon R. Reichmann eröffnet. Wir wollen nicht 
veiter auf den Vortrag der einzelnen Programm— 
uumnmern eingehen, weisen vielmehr auf das in 
vor. Nummer an dieser Stelle wiedergegebene Ur 
heil der „Kais. Ztg.“ über die Künstler hin mil 
dem Bemerken, daß wir dasselbe Wort für Wor' 
interschreiben. Vollendeteres, sowohl in dem 
wunderbar feinen Ensemble wie in den Solo⸗ 
Leistungen, wird selten zum Vortrage gebrach' 
werden. Das war das einstimmige Urtheil saͤmmt 
licher Zuhdrer, die ihre Anerlennung nach jeder 
Piéce durch reichen Beifall zum Ausdrucke brachten 
Auf Verlangen werden die Künstler heute Abend 
in dem Lokale des Hrn. J. Weirich konzertiren. S. Ins.) 
— Der Pfalz · Saarbrücker Vezirksverein des 
Vereins deutscher Ingenieure veranstaltet am 
nächsten Sonntag den 9. d. einen Ausflug mit 
Damen nach Münster a. St. und der Ebernburg 
[JI Schnappach, 8. August. Gestern 
Morgen ist auf der Grube Dudweiler wieder ein 
Grubenunglück durch schlagende Wetter vorgelom⸗ 
men. Eine Anzahl Bergleute wurde dabei, die einigen 
mehr, die anderen weniger, verbrannt. Fünf da— 
zon wurden in das Spital nach Sulzbach gebracht 
xs wird aber an ihrem Aufkommen siark gezweifelt. 
2 Aus dem Bliesgau, 7. August. Einem 
Irivatbriefe aus der Straubinger Gegend, der 
dornkammer Bayerns, entnehmen wir Folgendes 
„Die Ernte ist zur Halfte eingebracht. Die Ouan 
ift b ant di⸗e Ounfliftat sohr auf Mub sandinen