Full text: St. Ingberter Anzeiger

der außer der Schulbank, e. Versetzung auf eine 
ene Strafbank auf einige Zeit, f. Schularrest. 
gorperliche Züchtigung mit einer Ruthe oder 
em Siabchen ist jedoch ausnahmsweise gestattet: 
hei größeren Vergehen, welche Bosheit des Her⸗ 
nz zum Grunde haben,. b. bei anhaltender, durch 
dung obiger Munel nicht gebesserter Faulheit, 
und besonders c. bei Verführung anderer Schüler. 
ALudwigshafen, 12. August. Der 
Sieuerbote Tülpvon Mutterstadt wurde gestern 
Pend wegen Unterschlagung im Amte verhaftei 
ind in Untersuchungshaft abgeführt. 
Frankenthal, 12. August. Ein 
geisterseher und Zauberbanner, der 46 Jahre alte 
—* Johann Schmitt aus Speyer 3. Zt. in 
Inwigshafen, zierte heute die Anklagebank hiesiger 
ʒtrafkammer. Der Beschuldigie kehrte im Monat 
Iyril aus Amerika, „allwo er als Dr. Fertig vege⸗ 
jt und sonstigen edlen Metiers obgelegen haben 
q zurück und konzentrierte seine Thäligkeit auf 
gheher und Ludwigshafen allwo er verführten 
gugen Madchen ihre ungetreuen Galanen zurüd— 
hiachte oder es wenigstens durch Vergütung von 
hels und Goldsachen ꝛc. zu thun versprach, und 
iuch andere Leute u. a. den Bahnwart Machauer 
zurch schwindelhafte Manipulationen an ihrem 
heimdgen zu schädigen fuchte. ¶Wegen zweier Ver⸗ 
srechen des Betrugsversuchs und zweier Verbrechen 
eg vollendeten Betrugs erhält der „gelehrte Herr“ 
weil rückfällig — 3 Jahre 6 Monate Zucht⸗ 
haus, sowie wegen jeden Reats je 150 Mk. Geld⸗ 
jrafe, umgewandelt in 20 Tage Zuchthaus, ferne 
ind die Einziehung der Zaubergegenstände (versch 
hucher, Karten ꝛc) verfügt— und ihm die bürger. 
ichen Ehrenrechte auf 5 Jahre aberkannt. 
—Frankenthal, 13. August. Gestern 
gormittag starb der 8s jährige Sohn einer hiesigen 
Jamilie in Folge Starrkrampfs.“ Der bedanerns⸗ 
neiihe Knabe bekam einige Tage vorher eine Frucht · 
soppel in die hohle Hand und trotz Entfernung 
deselben durch ärztliche Hilfe trat obige Krankheit 
anz die bedauernswerthen Eltern sind über den 
Tor t —iren Sohnes untrastlich (Fktb. Tabl.) 
Vermischtes. *F 
7 Zum Camphausener* Grubenun— 
zlück ist ein interessantes Moment anläßlich det 
in der Montags⸗Nummer d. Bl. erwähnten Gerichts⸗ 
vderhandlung in die Oeffentlichkeit gelangt, welches 
vielleicht Aufschluß über die Entstehung der Kata⸗ 
lrophe gibt. Der Wettersteiger Flegel und der 
dampenmann Schultheiß waren in Camphausen bei 
Zergung der Leichen diejenigen, welche immer vor⸗ 
mardeiteten, um zu den letzteren zu gelangen. Am 
weiten Tage nach dem Unglück kamen sie an' die⸗ 
enige Stelle im Ostfelde der Grube, von wo die 
jrplosion ausgegangen war. Beide richteten ihre 
janze Aufmerksamkeit darauf, um vielleicht irgeud 
in Merkmel zu erspähen, welches einen Anhalt für 
die Entstehungsursache der Explosion bieten könnte. 
da fanden sie nun, nach den eigenen Worten des 
Betlersteigers Flegel, „eine durch Menschenhand ge⸗ 
yffnete Sicherheitslampe, in mehrere Theile zerlegt, 
unversehrt am Boden liegen.““ Daß die Lampe 
eiwa durch die Explosion auseinander gerissen sein 
lönnte, wird von den beiden Fachmämsern,“ welch 
den Eindruck machen, als ob sie ihr Amt von Grund 
uus derstehen, durchaus bestritten, es wäre dem 
dempenmann Schultheiß sonst nicht möglich ge⸗ 
wesen, die Lampe ohne Mühe wieder zusammenzu⸗ 
rauben, wie er es gethan. Es kann ja wohl 
niemand einen Eid darauf ablegen, daß diese vffene 
dampe nun in der That die Erplosion direkt ver⸗ 
ursacht hat, aber die Wahrscheinuͤchkeit spricht dafür; 
-sind schlagende Wetter mit dem offenen Lichte 
n Verührung gekommen, so mußten sie angehen; 
* wäre alsdann diese Thatsache die genuͤgende 
—IXL 
fEine noble Hochzeit wurde kürzlich 
n Traunfeld (Oberpfalz) gehalten. , Nach Been⸗ 
ung der kirchlichen Feierlichkeiten begab sich das 
rautpaar mit den zwei Zeugen in eine Bierwirth⸗ 
—— um an dem Hochzeitsschmaus sich zu laben. 
Re Zeche machte 3 Mark 60 Pf.; davon erhielt 
r Brautigam um. 0 Pf. Kase, die Braut eine 
Sdussel voil Kaffee und die beiden Zeugen mußten 
n mit Bier und Brod begnügen. Der Bräutigam 
—— ein Vermögen von ewwa 6000 Mt. und die 
raut ein hübsches Bauernanwesen. 
de dEinefeine Magd. Wenn heutzutage 
* dertschaften oft genug Gelegenheit haben, über 
de weihlichen Diensibaten sich getäuscht zu füblen. 
so passirte dieser Tage einer Herrschaft in München, 
daß ihre Magd sie in eine, wenn auch nicht unan⸗ 
genehme Ueberraschung versetzte: Herr und Frau 
vparen abends ausgegangen und kamen erst gegen 
10 Uhr nach Hause. Schon auf der Straße hörten 
fie aus ihrer Wohnung Klavierspiel und Singen. 
ZSie begaben sich leise in dieselbe und überraschten 
hre Magd wirklich am Klavier spielend und mit 
keiner schlechten Stimme aus einer Arie singend. 
Auf ein angestelltes Examen seitens des Hausherrn 
ergab sich, daß die einfache Magd sehr gut mufi⸗ 
alisch ist, geläufig frauzoösisch spricht und in der 
euischen Literatur sehr gut bewandert ist. Nach 
hrem Geständnisse sei sie aus einer sehr feinen Fa⸗ 
nilie und durch besondere Verhältnisse, die wohl 
hr Geheimniß sein mögen, momentan in der Lage, 
einen Posten als „Magd“ zu versehen. Ihre 
derrschaft behandelt natürlich seit dieser Entdeckung 
zas vielleicht seht unglückliche Mädchen nicht mehr 
so als gewöhnlichen Dienstboten⸗ 
F Zwei Söhne Albions geriethen in Köln 
nor einigen Tagen in aller Frühe am Koönigsdenkmal 
a nicht geringe Extase. Beide standen sich einige 
Schritie entfernt, lasen in ihrem Bädeker so ver⸗ 
ieft, daß sie, als sie vorwärts ttippelten, so heftig 
Jegen einander rannten, daß der eine nach rechts, 
zer audere nach links zaumelte.Sprachlos ent⸗ 
edigten sich die Engländer ihrer Röde und nahmen 
hoxer⸗Steliung. Erst als ein Sicherheitsbeamter er⸗ 
chien, verließen die Streithähne den Kampfplatz. 
2 Auf einem Landkirchhofeeim Hannober' 
schen Findet sich die kuriose Grabschrift: 
7 Mein guter Mann entschlief in Frieden, 
Sauft möge seine Asche xuh'n; 
Mit Leder handeli' er hienieden, 
Ich werd' hinfort ein Gleiches thun.“ 
.(Zur Fahnenweih⸗Manie.)Ein⸗charakter⸗ 
lisches Stückchen von der in dielen Vereinen herr— 
chenden Fahnenweih'⸗Sucht und der Vernachlassi⸗ 
jung des eigentlichen Vereinszweckes wird der „V. 
Z.“ aus Sachsen berichtet. Man schreibt: „Das 
rankenkassenwesen der sächsischen Kriegervereine 
cheint von diesen selbst recht eigenthümlich aufge⸗ 
faßt zu werden.So ist das in Dresden⸗ erschei⸗ 
nende Sächsische Wocheublatt“ in der Lage, eine 
darte zu vetoffentlichen, welche der Vorstand des 
— — 
Mitglied dieses Vereins gerichtet hat. Das Schrei⸗ 
ben lautet wörtlich: „Anbei folgt Ihr Kranlkenzettel! 
Sie werden, wenn auch in Neußlitz wohnend, wie 
seder andere kontrolirt werden. Die Kameraden 
jollten jetzt, wo wir's Geid zur Fahnenweihe brauchen, 
nicht gleich krank werden. Wenn ich wegen jeder 
dalsentzundung an den Verein gehen wollte, müßt 
der bald bankerott werden.“ Psch., Vorstand.“ 
pIn Fürstenwalde (in der Nahe von 
Frankfutt a. O.) hat eine Großmutter ihr zehn 
ẽenkel durch übermäßige Eingabe von Hoffmanns⸗ 
tropfen nach und nach zum Tode befoördert, um, 
vie sie aussagte, der Wartung und Pflege der 
dleinen überhoben zu sein.“*8 
7 Der Metzer Lorrain“theilt eine „alte In⸗ 
schrift“ mil, die fich zu Oberemmel, Kreis 
Trier, finden soll und dem Jahre 1886 eine boͤse 
Borbedeukung anzuheften sucht. Die Inschrist lautet: 
Wird einn uns Ostern Markus bringen, 
Antonlus sein Lob den Pfingsten ingen. 41 
Johannes das Frohnleichnams ⸗Rauchfaß schwingen. 
Zo wird die Welt von Weheschrei erklingen. 
Ein Blick in den nächstjährigen Kalender slellt 
in der That heraus, daß Ostern auf den Markus⸗ 
tag (25. April), Pfingsten auf den Tag des hl. 
Aatonius von Padua (13. Juni) und das Frohn⸗ 
seichnamsfest auf den 24. JuniJohannistag, fällt— 
Also — warten wir's mal ab! 
pStraßburg,“' 11, August. Die im nächsten 
Monat hierselbst tagende Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte wird der „Tägl. Rund⸗ 
chauꝰ zufolge aͤhre vorjdhrigen Verhandlungen Adet 
die Ursachen der Cholera wieder aufnehmen. Neben 
den rein wissenschaftlichen Erbrterungen werden auch 
oraktische Maßregeln herathen werden, durch welche 
der Cinschleppung der Cholera -nach! Deutschland 
am besten vorgebeugt werden kann. Den Bericht 
hierüber hat der bisherige Medizinaldezernent bei 
der reichsländischen Verwaltung, Ministerialrath 
Dr. Wasserfuhr, übernommen. 
f Aus den Gasteiner Kaisertagen 
vird folgende hübsche Episode erzählt: Als das 
sterreichische Kaiserpaat sich von Kaiser Wilhelm 
erabschiedete, bestand letzteret darauf, die Scheiden⸗ 
J ⸗e Steocke weit dubhegleifen Laiser Franz 
Josef bat seinen greisen Freund. sich zu schonen 
uind auf diesen Wunsch zu verzichten. Kaiser 
Wilhelm wollte nicht nachgeben, da rief Kaiser 
Franz Josef lächelnd: „Dann befehle ich Dir, zu 
bleiben!“ Der deutsche Kaiser trug die österreichische 
Obersten⸗Uniform. Kaiser Wilhelm richtete sich 
tramm empor, salutirte und erwiderte: „Da 
nuß ich freilich gehorchen“, und beide Monarchen 
ahmen in der herzlichsten Weise Abschied. 
. Der Wiener Arzt Dr. Emil Zsigmondy 
st, wie der „Frankf. Ztg.“ gemeldet wird, beim 
Hesteigen der Dauphineer Alpen in Frankreich 
Hautes⸗Alpes) abgestürzt und sofort todt geblieben. 
r. Zsigmondh hatte erst vor einem Monat ein sehr 
üchtiges für Bergsteiger wichtiges Buch heraus⸗ 
jegeben, welches die Aufschrift führte: „Die Ge— 
ahren der Alpen, praktische Winke für Bergsteiger.“ 
f Martyrium eines Arztes. In der 
„France möͤdicale“ wird folgender kaum glaublicher 
Vorfall deröffentlicht: In Puebla⸗Larga starb kürz⸗ 
lich ein Mann an der Cholera.“ Die Angehörigen 
herheimlichten den Todesfalle und erwarteten, in 
einem Vorraum des Sterbezimmers vereint, den 
äglichen Besuch des Arztes. Als dieser erschien, 
machte man ihm von dem Ableben keine Mittheilung, 
sondern führte ihn, wie immer, als ob nichts 
passirt wäre. in das Haus. Dort wurde er von 
der ganzen Familie umringt, die eine drohende 
daltung annahm. „So“, meinte Einer der Um⸗ 
stehenden, „Sie sollen keinen Kranken mehr retten!“ 
„Länger wollen wir Dein Mördergewerbe nicht mehr 
mitansehen; das ist der Dritte in acht Tagen, den 
Du gemordet hast,“ sagte ein Anderer. Während 
dieser Worte hielten Alle, Manner und Frauen, 
»em Arzte die Hand vor das Gesicht und die Wuth 
ind Verblendung stieg aufs Aeußerste. Plötzlich 
prang das Weib des Verstorbenen im Zimmer 
amher, nahm alle auf Gesims und Möbel herum—⸗ 
tehenden Medizinflaschen, Salben und Pillen zu⸗ 
ammen und schrie: „Hier, Mörder, nimm das, damit 
es doch dicht ganz verloren ist“ — Dem Arzt 
vurden die Hände gehalten, der Mund wurde mit 
Bewalt aufgesperrt, und das wie wahnsinnig sich 
jeberdende Weist goß nun den ganzen Inhalt aller 
Schachteln, Flaschen und Büchsen hinein. In 
holler Verzweiflung sucht der Arzt sich zu befreien. 
— „Mehr, mehr!“ brüllt- der Haufe und die 
Megäre stecht, was sie nur in den Winkeln des 
Zimmers findet, ihm in den Schlund. — Zwanzig 
Minuten währte diese Szene — nach einer Stunde 
zatte die Menschenliebe in der Person eines ihrer 
Berkündiger dem Bestialismus wieder ein Opfer 
Ringen müssen. — Nach zwei Tagen hatte auch 
der Vater des Arztes, von Schmerz überwöltigt, 
einen Geist aufgegeben.“ n 
Eine ergötzliche Geschichte wird aus 
Baris berichtet. Ein dortiger Hauseigenthümer, 
Namens Levoisier, hatte einen Miether, einen Wein⸗ 
jändler exmittiren lassen, weil derselbe ihm drei 
Quartale hindurch den Miethzins nicht bezahlt 
zatte. Mr. Levoisier hatie nun für seine Forder⸗ 
ungen den Wein⸗ und Liquervorrath seines Schuld⸗ 
ners zurückbehalten und mußte denselben. da er 
ihn nicht en bloe loswerden konnte, in eigener 
Persom hinter dem Ladentisch stehend, flaschen · und 
literweise verkaufen, um zu seinem Gelde zu 
koinmen. Eines Tages erschienen die Polizeibe⸗ 
amten in seinem Lager, prüften die dort ausge⸗ 
stellten Weinvorräthe und erwirlten gegen den armen 
Dauseigenthümer eine Anklage wegen Verkaufs — 
jewässerter, derfälschter Weine. Vergebens wies 
Mr. Levoisier vor dem strengen Polizeirichter nach, 
er sei gar klein Weinhändler und nur durch die 
Pethältnisse zu dem Verkaufe jenet zweifelhaften 
Flüssigkest gezwungen worden. Trotz seiner Rekla⸗ 
nationen wurde er zu 14 Tagen Gefaängniß ver⸗ 
artheilt und mußte überdles die Kosten des Ver⸗ 
ahrens dzragen. Wie es heißt, soll der exmittirte 
Weinhändler die Denunciation gegen Levoisier, er 
derkaufe gewässerte Weine, anhängig gemacht haben. 
Eine recht originelle Rache seinen Gläubiger für 
eine eigene Gesetzesübertretung büßen zu lassen. 
F. Aus Belgien. Ein tragischer Todesfoll 
ereignete sich dieser Tage in Peruwelz. Eine alte 
Frau, Wittwe Deptet, lebte daselbst einsam. Ihr 
einziges Kind, ein Sohn, war im Alter von 11 
Jahren spurlos verschwunden und seitdem hatte sie 
nichts wieder bon ihm gehört., Jetzt nach 37 Jahren 
zringt ihr ein Brief aus —RW die frohe Kunde. 
daß ihr Sohn lebt, begütert ist und sie besuchen 
wird. Wenige Tage darauf kommt der Sohn in 
Peruwelr an und enftsendet inen Rahnbe