Full text: St. Ingberter Anzeiger

. und gJeht dann auf die Wealen 
auf die poesievollen, von der Begeisterung 
alles Hohe und Schöne getragenen Bestrebungen 
seies Koͤnigs näher ein. Wir entnehmen dem 
8 Theile des Aufsatzes einen Zug aus dem 
7 des Königs, der von dem feinen Zartsinn 
ssiben nicht minder Zeugniß ablegt, wie von 
phaniasievollen Gedankenreichthum, der den 
* — auszeichnet. Es war an einem herr⸗ 
zn Sommerabend, als die Königin⸗Mutter 
atie, welche eben auf Schloß Hohenschwangau 
Gemacher bezogen hatte, ein Fenster ihres 
efgemaches öffnete und sinnend in die roman · 
jchöne Landschaft hinausblidte; ein prächtiger, 
ggewachsener Tannenbaum, der nur einige 
gritte vom Schloß entfernt, gerade gegenüber 
Fenster stand, fesselte besonders ihre Aufmerk— 
nteit. „Seht nur,“ sagte die Koͤnigin⸗Mutter 
hren Kammerfrauen, „wie herrtlich diese Tanne 
hier ausnimmi; wenn sie auf Weihnacht als 
cmückter Christbaum so dastände, was müßte 
g für einen wundervollen Anblick gewähren!“ — 
doch lange stand die Königin-Mutter an dem ge⸗ 
sueten Fenster, bis die eintretende Dunkelheit die 
gensicht und zuletzt auch den Tannenbaum ver⸗ 
lie. Die Königin-Mutter ging zur Ruhe und 
d war Alles vergessen. Zu Weihnacht erschien 
je hohe Frau wieder auf Schloß Hohenschwangau, 
m der König hatte sie eigens zum Weihnachts 
s hierher eingeladen. Der Abend war schon ties 
mdie Nacht vorgerückt, als der König seine geliebte 
sutter, die er etwas länger als gewöhnlich in 
inem Salon im freundlichsten Geplauder zurück⸗ 
chalten hatte, in ihre Gemächer geleitete; in dem 
wahnten Zimmer angekommen, führte er die hohe 
me an das Fenster, öffnete es und sagte: „Hier 
twdie Christbescherrung für meine liebe Mutter!“ 
die hohe Dame that einen Ausruf der höchsten 
derraschung. Vor ihrem Fenster draußen im 
zreien, in der stillen Dezembernacht, stand wie 
vnst der schöne majestätische Tannenbaum, aber 
ieoͤmal illuminirt von tausend Kerzen und geschmückt 
it ebenso vielen glänzenden und funkelnden Herr⸗ 
dleiten, als ein Christbaum, würdig einer Königin. 
In Dillingen sind heuer nicht weniger 
i2 Zöglinge beim Gymres e-utorium durch⸗ 
11 
Metz, 18. August. Vor einigen Tagen 
id bei der Untersuchung der Rebschulen in der 
mngegend durch die von der Landesverwaltung be⸗ 
lten Aufsichtsorgane an einigen Stellen auf zwei 
ader Nähe der früheren Reblausherde belegenen 
rundstücken Anzeichen vorgefunden worden, welche 
qz erneute Auftreten der Reblans daselbst in hohem 
ade wahrscheinlich erscheinen lassen. Entsprechende 
iherheitsmaßregeln sind sofort angeordnet und in 
oführung gesetzt worden. 
»Kafssel, Mitte August. Der Doppelselbst⸗ 
ird zweier Schwestern in unserer Vorstadi Wehl 
Aden beschäftigt die Gemüther in hohem Grade 
die Geschwister Bertha und Elisabeth Haines 
uten früher als Zofen in Diensten der Fürstin 
in Hanau, sie erhielten reichliche Pension und 
qhatten sich bei ihrem genügsamen Leben eine 
—I 
daletn. Seit einiger Zeit bemerkte man an den 
den, über 50 Jahre alten Mädchen Spuren 
atiger Gestörtheit, eine Art religiöser Schwärmerei 
v dildete sich die ältere Schwester, nachdem sie 
m Sonntag eine Predigt über die Zerstörung 
kiusalems angehört, ein, sie sei persoönlich dabei 
theiligt gewesen. Mittags schnitten sich beide 
it einem Federmesser die Pulsadern auf, um ge⸗ 
linsam zu sterben. Als man das Schiafzimmer 
irah, schwammen die Schwestern förmlich im 
. Troßzdem sofort ärztliche Hilfe zur Sielle, 
e ältere Schwester alsbald verstorben, und die 
«ete Schwester wird wobhl kaum am Leben 
Röln, 19. August. Der, Deuischen Wein⸗ 
schaft Duhr u. Ko.* hierselbst ist von der Jurh 
VdInternationalen Welt⸗Ausstellung in Antwerpen 
holdene Medaille für Weine zuerkannt worden. 
enso sind die Duhr'schen Punsch⸗Syrupe mit 
— Auszeichnung, der broncenen Medaille, 
üri 
an oln, 19. August. Vermittelst der 
lilbiine wiro morgen fruͤh in Bonn der Moͤrder 
drau Jufizrath Carsianjen in Koͤln bingerichtet 
on. Scharfrichter Lersch von hier ist heute 
V arausigen Instrument per Möbelwagen 
vonn gefahren. Dahlhausen, so heißt der 
BDerbrecher, qar seme ensseßliche rhau im Augusß 
des vergangenen Jahres vollbracht und wurde im 
Januar von dem Bonner Schwurgericht zum Tode 
jerurtheilt. Die That, mit welcher auch eine Be— 
aubung der Ermordeten verknüpft war, wurde in 
dem idyllischen Siebengebirge, dicht bei Oberkassel, 
ausgeführt und hat in jener Gegend lange Zeil 
sindurch auf den Fremdenbesuch schädigend einge— 
virkt. 
F Koͤln, 20. August. Vormittags 11 Uhr 
dürzten auf dem kleinen Griechenmarkt zwei Häuser 
in; die Einwohner, durch verdächtiges Knistern 
jewarnt, flüchteten rechtzeitig, sodaß außer der Zer⸗ 
rümmerung des Hausraths kein Schaden zu be— 
lagen ist. 
FHamburg. 20. August. Anfangs Sep⸗ 
ember richtet die Castle Mail Packets Company 
ine regelmäßige direkte Dampferlinie zwischen Ham« 
zurg und der Kongomündung ein. 
F Der Maurerstreik in Berlin wird nun 
zald ganz beendigt sein, da die Meister, wie in 
zer letzten Versammlung der Streikenden mitgetheill 
vurde, sich jetzt bereit erklärt haben, mit den Ge⸗ 
ellen zu verhandeln. 
Die Kreuzer⸗Korvette „Bismarck“ hat 
zie Ehre, die ersten Deutsch⸗Afrikaner als kaiserliche 
Soldaten eingestellt zu haben; am 1. Juli näm 
ich sind vier in Kamerun gebürtige Neger als 
jährige freiwillige Matrosen eingestellt und sofort 
ingekleidet worden. —A 
chlanke Menschen, die vielleicht selbst in Deutsch⸗ 
and Staat machen können. Bisher hatten die in 
damerun stationirten Kriegsschiffe ja auch wohl 
„chwarze an Bord, jedoch waren dieselben nur für 
den Aufenthalt an der afrikanischen Küste „geheuert“ 
ind wurden beim Weggange der Schiffe wieder 
entlassen. Diese von den Schiffen zeitweise ange⸗ 
lommenen Neger find, wie die „Hamb. Nachr.“ 
inem Privatbrief eines an Bord der „Bismarck“ 
ienenden jungen Darmstädters entnehmen, die an 
der ganzen westafrikanischen Küste anzutreffenden 
truneger, eine verachtete Menschenklasse der Schwar⸗ 
zen, und zwar deshalb verachtet, weil sie arbeiten 
und sich mit ihrer Hünde Arbeit ihr Brod ver⸗ 
dienen. Der freie Neger, welcher von Ratur ein 
Faullenzer ist, sieht auf diese Leute mit Verachtung 
jerab, denn für ihn ist Arbeit sozusagen eine 
Schande, dafür hat er seine Frauen und Sklaven; 
o ist es wenigstens im Kamerungebiete. Um so 
nehr ist es zu verwundern, daß Kamerunnegei 
ils Freiwillige eintraten, und es mag da woh! 
Jauptsächlich das durch humane Behandlung er⸗ 
vorbene große Zutrauen, das den Deutschen dort 
eitens der Eingeborenen entgegengebracht wird, 
hiel mit dazu beigetragen haben. 
FDie eisengepanzerten Schiffe Eu— 
ropas. Die effektive eisengepanzerte Flotte der 
Zeemächte Europas wird folgenderweise summari⸗ 
iert: England mit 329,520 6; Frankreich mitl 
201,789 6; Rußland mit 83,621 t; Deutschland 
nit 74,007 t; Oesterreich mit 63. 110 t und Ita⸗ 
ien mit 59,905 56. 4 
Ein Reise⸗Abenteuer ist an einem 
der letzten Tage einem österreichischen Rittmeister 
auf der Reise von Dux nach Prag passirt. In 
dem Koupe, welches der Rittmeister mit einem ele⸗ 
zanten Herrn in Civil theilte, war eine drückende 
Schwuͤle. Der Offizier bat seinen Reisegefährten 
um Entschuldigung. entledigte sich seines Waffen⸗ 
rocks und seiner hohen Stiefel, schlüpfte in Pan⸗ 
toffel und setzte eine Reisemütze auf. Bald darau 
schlummerte er ein. In der Station Herrnsdorf, 
wo der Zug spaͤt in der Nacht anhielt, verließ der 
Rittmeister auf einen Augenblick den Waggon, 
plötzlich erschol das „dritte Läuten“, hastig stürzte 
er auf den Zug los — verfehlte aber das Koupe 
und stieg in ein leeres ein. Der höfliche Reisege⸗ 
fährte aber, in der Meinung, der Offizier sei in 
der Station zurückgeblieben, warf Waffenrock, Mütze, 
Säbel und Stiefel sammt einem Handloffer eiligfl 
zum Fenster hinaus. Der Rittmeister, der in der 
nächsten Station das frühere Koupe wieder auf⸗ 
suchte, war begreiflicher Weise über den Liebesdienst, 
nicht gerade sehr erbaut. —A 
übrig, als auszusteigen und nach Herrensdorf zu 
telegraphieren, von wo die glücklich aufgefundenen 
Aniformstücke sammt Koffer mit dem nächsten Zugt 
nachgeschickt wurden. 
FSonnenschein⸗Registrator. Im 
Bernoullianum in Basel ist seit einigen Tagen ein 
Sonnenschein⸗Registrator aufgestellt, d. h. ein In 
trument, das selbstthätig auf Kartonstreifen ver—⸗ 
zrichnet, an welchen Tagen die Sonne schitii, une 
wann der Himmel bewölkt war. Dem WVolks⸗ 
reund“ zufolge besteht der Apparat in seiner Haupt⸗ 
ache aus einer feingeschliffenen Glaskugel, welche 
als Brennglas dient; beschreibt die Sonne am 
Zimmel ihren täglichen Kreislauf, so rückt der 
Brennpunkt natürlich gleichfalls vor, und es brennt 
sich auf einem entsprechend befestigten Papierstreifen 
eine feine Linie durch. Scheint die Sonne nicht, 
so zeigt die Brandlinie eine Unterbrechung, und da 
der Streifen gleich dem Zifferblatt einer Sonnen⸗ 
ahr in Stunden und Viertelstunden eingetheilt ist 
nur mit dem Unterschiede, daß nicht der Schatten, 
sondern der Brennpunkt darüber hinweggeht), so 
sieht man des Abends ganz genau, wie lange und 
zu welcher Tageszeit die Sonne unverhüllt schien. 
Jeden Tag muß selbstverständlich der Streifen er⸗ 
neuert werden. Die als Brennglas wirkende Kugel 
hat 10 em Durchmessrr und ist ein Meisterwerk 
des Glasschleifers Herrn E. Suter in Basel. 
fF Rom, 18. August. In der Via Emmanuele 
fiel von einem Wagen eine Pulverkiste herab, 
explodirte und setzte auch die übrigen Kisten in 
Brand. Fünfundzwanzig Personen wurden schwer 
verwundet, vier blieben todt. Die Häuser der Um⸗ 
gebung haben durch sdie Erplosion stark gelitten. 
f Marie, die „Tochter des Regiments“, hat 
eine gleichnamige Schicksalsschwester in Ru ßhand 
gefunden. Die russischen Soldaten gelten im west⸗ 
lichen Europa noch vielfach als vollkommene Bar— 
baren und man erzählt sich geradezu Schauergeschichten 
von ihrer Grausamkeit und Wildheit. Daß diese 
östlichen Krieger aber eben so gut ein Herz haben, wie 
die Truppen anderer Nationen, und eher weichmüthig 
veranlagt sind als roh, dafür liefert die nachstehend 
erzählte kleine Geschichte einen neuen Beweis. Das 
Regiment Kexholm, dessen Chef der Kaiser von 
Desterreich ist, rückte im Jahre 1877 in die Stadt 
oder vielmehr in die Rninen von Hermanly ein. 
Von beiden Seiten war mit außerordentlicher Er⸗ 
bitterung gekämpft, und durch die grausame Behand⸗ 
lung, welche die Türken den in ihre Hand ge⸗ 
fallenen Kindern und Weibern der Bulgaren ange⸗ 
deihen ließen, hatten sie die russischen Soldalen 
aufs äußerste gereizt. Ein Soldat des genannten 
Regiments bemerkte nun, als er in das ihm be⸗ 
timmte Quartier eintrat, daß dasselbe ganz ver⸗ 
lassen sei; kaum aber, da er sich niedergelegi, hörte 
er das Weinen eines kleinen Kindes in seiner Nähe. 
Er stand auf und fand denn auch in einer Ecke 
des Zimmers ein ganz kleines Mädchen von etwa 
vier bis fünf Jahren liegen, das ihn mit großen 
thränenerfüllten Augen ansah. Der gutmüthige 
Bursche nahm das Kind auf seinen Schooß und 
suchte es zu beruhigen. Das gelang ihm auch 
schnell, die Kleine schlief bald in seinen Armen ein. 
Am nächsten Morgen präsentirte er seinen Fund 
dem ganzen Regiment, und dieses beschloß auf den 
Vorschlag des Obersten einstimmig, die kleine Türkin 
als „Regimentstochter“ anzunehmen. Sie erhielt 
den Namen Marie Kerhalmskaia. Eine Sammlung 
wurde sofort zu ihren Gunsien vorgenommen und 
ergab 5000 Rubel, die für sie bei einer Bank 
hinterlegt wurden. Man nahm die Kleine nach 
Petersburg mit und brachte sie dann in eine feine Er— 
ziehungsanstalt Warschaus. Dieselbe, heute ein 
schönes Mädchen von 13 Jahren, soll nach dem 
Beschluß des Regiments später womöglich einen 
Offizier desselben heitathen. Bei dem vor kurzem 
statigehabten Jubiläum des Regiments sandte sie 
eine Depesche mit den Worten: „Die herzlichsten 
Glückwünsche meinen lieben Onkeln!“, welche von 
dem Regiment mit besonderer Freude aufgenommen 
wurde. — So wird die kleine Türkin jetzt zur 
eleganten Dame ausgebildet und dürfte in einigen 
Jahren, statt in einen Harem zu wandern, die 
Gattin eines russischen Offiziers werden. 
F Erfindung.) In Ryde fanden vor 
einigen Tagen Experimente mit einer neuen Er—⸗ 
findung für Lebensretiung auf hoher See statt. 
Diese Erfindung besteht aus einem aus Kork fabri⸗ 
zirten Stoffe, dessen Biegsamkeit so groß ist, daß 
er für die Anfertigung von Röcken, Paletots, Bade⸗ 
kostümen für Damen, Jacken u. s. w. verwendet 
werden kann. Drei in solche Kork ˖ Kostüme ge⸗ 
kleidete junge Männer wurden von dem Pier in 
Ryde in's Meer geworfen, und obwohl sie des 
Schwimmens unkundig waren, liefen sie keine Ge⸗ 
fahr, da das Fabrikat sie auf der Oberfläche des 
Wassers hielt. 
F Das Schlafen bei offenen Festern ist im 
Volke höchst unrechter Weise in Verruf gekommen