ʒt. Iugherter Ameiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonmtag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungt⸗
glaut und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Seilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1.4 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1A 785 , einschließli d
d A Zuflellungsgebuhr. Die Einruckungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfaliz 10 ⸗, bei außerpfalzischen und folchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I5 4, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrücung wird nur dreimalige berechnet.
7 164. Sonntag, 23. August 188838. 290. Jahrg.
Volitische Uebersicht.
» Die verflossene Woche stand bezüglich der
zroßen Politik unter recht günstigen Zeichen.
Zuͤrzüch stattgehabte Ereignisse, wie die Kaiserbe⸗
egnung in Gastein und die Ministerkonferenz in
darzin drückten der Fortdauer des deutschoͤslerreich⸗
schen Bundes wiederholt ihren Stempel auf und
asen auch an eine dauernde friedliche Gestaltung
er politischen Lage überhaupt glauben, zumal auch
die gleichem Zwede dienende Annäherung an Ruß—⸗
iand durch die wahrscheinlich nüchsten Montag statt⸗
indende Begegnung der Kaiser von Oesterreich und
qußland in Kremsier eine weitere Kräftigung er⸗
ihtt. Unter diesen Umftänden darf man ziemlich
wwerfichtlich auf eine, wenn auch langsame friedliche
Hsung der schwebenden Fragen in der großen
helitiß zumal bezüglich der Angelegenheiten Egyp⸗
ens und Afqhanistans hoffen.
eDie jetzt zu Tonferen zen ganz besonders
geeignete friedliche und flille Zeit haben auch die
Staaten benutzt, um in einer in Hamburg in diefer
Woche zusammengetretenen Versammlung von Dele⸗
zicien uͤber den weiteren Ausbau des Völkerrechts
ju berathen. Belanntlich bezieht sich das Völker⸗
recht in mehreren wichtigen Punkten auf das See⸗
recht und den Schifffahrisverlehr und hat die Ver⸗
sammlung mit der Berathung der hetreffenden
Maͤngel begonnen.
»In der braunschweigischen Erb—
folgefrage gilt es so gut wie ausgemacht, daß
wahrscheinlich noch in diesem Herbste der deutsche
boischafter Prinz Reuß in Wien vom Kaiser Wil⸗
helm dem braunschweigischen Regentschaftsrathe als
Regent Braunschweigs vorgeschlagen und daß dann
det Regentschaftsrath mit dem Landtage den Vor
chlag zu hetrathen haben wird.
Nachdem nunmehr auch, wie in vor. Nr. ge⸗
neldet, die Kreuzerkorvette ‚Bismarchk“, mit dem
dontreadmiral Knorr an Bord, vor Zan⸗
zibar eingetroffen ist, besteht das deutsche ostafri—
lanische Geschwader aus den Kreuzerkorvetten „Vis—⸗
ward“, Stosch“, „Elisabeth“, „Prinz Adalbert“
und Gneisenau“, dem Kanonenboot ‚Möve“ und
den Tendern „Adler“ und „Ehrenfels“. Die fünf
ttftgenannten Kriegsschiffe sind etatsmäßig mit 84
—XO
Ausland.
Paris, 21. August. Der Erdffnung des
ationalen Schutzenfestes in Vincennes, organisirt
vn der Patriotenliga, wohnten der General Geri—
uis als Vertreter des Kriegsministers und alle
Ztabsoffiziere der Garnison von Vincennes bei.
der Festplah war aber noch sehr unfertig, so daß
ie Feier Leinen ziemlich kiäglichen Verlauf hatte.
deim Festbanteite hatte Deroulède General Geritais
eben sich; gegenüber saß Frau Edmond Adam,
die belannie Patriotin, welche den größten Theil
er Kosten zur Herstellung des Festplates zusam
gengebracht hatte. Derouldde soastete zuerst auf
rau Adam umd vertheidigte sodann die Patrioten⸗
a gegen die Anschuldigung. das Ausland zu
noboziten. Es sei wahr, daß das Programm der
ga die Restitution Elsaß ⸗Lothringens und die
nion des Frankfurter Vertrages enthalte, aber
estiuution baße dicht Roris⸗ IUnd Rossion nich
Repture. Nach dieser friedlichen Versicherung toa⸗
stete er auf die französischen Frauen, welche für die
Zefallenen die Rächer, für die unterdrückten Brüder
die Befreier erziehen. Frau Adam hielt sodann
eine schoͤne Rede, in welcher fie sich mit den
tapferen Frauen der alten Gallier verglich, was
großen Enthusiasmus erregte. Als aber nach auf⸗
dehobener Tafel Frau Adam die ersten Schüsse nach
der Scheibe thun sollte, schoß sie sechsmal fehl,
was allgemeine Heiterkeit hervorrief.
Bombay, 20. August. Der neue britische
Gesandte traf in Kabul am 9. August ein, wo er
mit großem Pomp empfangen wurde.
Kairo, 20. August. Nach eiuem Reuter'schen
Telegramm traf bereits am 30. Juli die Garnison
oon Kassala, da sie sich nicht mehr halten konnte,
ein Abkommen mit den feindlichen Stämmen.
Lokale und vpfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 21. August. Eine Spe—⸗
ialität in der Gravirkunst sind die beiden
ogen. Münchener Hofbräuhausgraveure Haunz
uind Hoffmann, wvelche gestern hier eingetroffen
ind sich bereits schon in der Brauerei der Gebr. Becker
Unterstadt) zum Erstaunen vor den Anwesenden produ⸗
irten; das Graviren von Namen in Taschenuhren,
Dosen ꝛc. in hübscher gothischer Schrift wird in
dem kaum glaubhaften Zeitraum von nur 8 Minuten
so sauber nnd geschmackvoll ausgeführt, daß es als
ein Unikum erscheint, durch Uebung zu solcher
Zunstfertigkeit zu gelangen. Die beiden Herren
fanden in allen größeren Städten großen Zuspruch,
woran es ihnen auch hier, wie der gestrige Abend
bewies, nicht mangelt.
St. Ingbert, 22. August. Zu Ehren
des Geburts- und Namensfestes Sr. Maj. des
stönigs findet am Dienstag im „Hotel zur Post“
ein Festessen statt. Der Beginn desselben if
auf 1 Uhr Mittags festgesetzt.
* St. Ingberti, 28. August. Wie das kgl.
Bergamt dahier bekannt gibt, ist am nächsten Diens⸗
tag und Mittwoch — 25. u. 26. ds. Mts.
— der Kohlenverkauf auf der hiesigen
Grube des Bergfestes wegen geschlossen. — Morgen,
Sonntag, macht der Kriegerverein einen
Ausflug nach Forbach, um an dem J0jährigen
Stiftungsfeste des dortigen Kriegervereins theilzu⸗
nehmen.
— Obermoschel, 20. August. Die Lehrer
der Nordpfalz beabsichtigen, auch heuer wieder wie
alljährlich auf dem durch seine wundervolle Aussicht
bekannten Lemberge bei Feilbingert am 25. August
Nachmitiags das Geburis- und Namensfest Sr.
Majestät des Königs Ludwig von Bavern durch
ein Schülerfest zu begehen.
— Die fünf groͤßten Brauereien Speyers
haben in dem Sudjahre vom 1. Juli 1884 bis
dahin 1885 57, 187 Hektoliter Malz versotten und
dafür 3483,122 Mt. an Malzaufschlag bezahlt.
Der Malzverbrauch ist um 1167 Heltoliter gegen
das vorhergehende Jahr gestiegen.
*— DerStadtrafh inLudwigahafen
jat in seiner letzten Sitzung die Errichtung einer
4kursigen Realschule für genannte Stadt
vbeschlossen. Die kgl. Regierung hat zu diesew
Zwecke einen Fundationszuschuß von 20,000 Mt
aus Centralfonds als unverzinsliches, unangreif⸗
hares, für die Dauer des Bestehens der Anstalt
inkündbares Darlehen in Aussicht gestellt. —
Bleichzeitig hat dieselbe Stadtverwaltung den Be⸗
chluß gefaßt. entgegen dem bisher geltenden Orfs⸗
statut die Konzession zum Wirihschaftsbetrieb nicht
nehr von dem „Beduͤrfniß', sondern von der
ZQualifikation der betr. Persoͤnlichleiten und der ent⸗
sprechenden Beschaffenheit der Lokalitäten abhängig
zu machen.
— Ludwigshafen, 20. August. Der
Bad. Anilin⸗ und Sodafabrik dahier ist von der
Jury der International Indentions Erhibition in
dondon für die dort ausgestellten Produkte
die höchste Auszeichnung die goldene Medaille,
zuerkannt worden. Zu gleicher Zeit wurde
diesem Etablissement von der Scciety of
arts für seine hervorragende Leistungen und
Fortschritte auf dem Gebiete der Farbenindustrie
die goldene Medaille verliehen. (GGen.“Anz.)
— In Ludwigshafen wurde auf dem
Wochenmarkte keiner Frau aus einer sogenannten
Gretchentasche“ 11 Mark entwendet.
— Diedesfeld, 20. August. Wie streng
die Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen
der DistriktsfeuerldschOrdnung seitens der gericht⸗
lichen Organe behandelt werden, beweist der Um⸗
stand, daß einem Mitglied der hiesigen Feuerwehr,
das unenischuldigt einer Feuerwehrübung nicht bei⸗
wohnte, dieser Tage ein Strafbefehl zugestellt
vurde, wonach detselbe wegen der erwähnten Ver⸗
jehlung zu einer Haftfstrafe von 8 Tagen verurtheilt
wurde.
— Frankenthal, 20. August. Heute
vurde dahier ein Pärchen getraut, das zusammen
das gewiß respeltable Alter von 189 Jahren zählt.
Der Bräutigam hat nämlich seine 78, die Braut
hre 66 Sommer hinter sich. (Irkth. Tgbl.)
Vermischtes8.
Mannheim, 20. August. Wie die „N.
B. L.“ hört, ist der „Fachverein deutscher Metall⸗
arbeiter“ auf Grund des Sozialistengesetzes aufgelöst
vorden. »Dem Vorstand des hiesigen Ortsverbands
st gestern die diesbezügliche Eröffnung seitens des
Broßh. Bezirksamtes zugestellt worden und wurde
gleichzeitig die Beschlagnahme der Geichaftsbücher
und Papiere vollzogen.
x Wie die „Pf. Pr.“ vernimmt, ist bei der
in Wiesbaden wohnenden Familie Reichard bis
jetzt weder von dem deutschen Generalkonsulate in
Zanzibar, noch von anderer Seite eine Bestätigung
der Nachricht von dem Tode des Afrikareisenden
Paul Reichard eingelaufen.
F (Auch ein Velozipe dist.) Der fruͤhere
Buchbinder Regensburger in Langenzenn hat vor
einigen Tagen mit seinem Veloziped Langenzenn
verlassen, um eine Spazierfahrt zu machen, ist aber
nicht wieder nach Hause zurückgekommen. Das
Veioziped fand sich nach mehrtägigen Recherchen
nach dem ‚Verunglückten“ in einer Wirihschaft in
Fürth eingestellt. Regensburger ist aber bis jetzt
verschwunden geblieben. Dagegen hat sich in der
Fuhrung seines „Bankgeschäfts“, welches er betrieb,
ein Manko von 100,000 Mk. gezeigt, mit
welchem sich seine an ihn gläubigen Gläubiger
nun zu beschäftigen haben werden.
fKreuznach, 19. August. Heute Nacht
kurz vor 12 Ühr erfolgte innerhalb des Vahnlörpers
der hiesigen Station ein heftiger Zusammenstoß
wischen einem von Munster a. St. ankommenden
Buüterzuge und einem rangirenden leeren Personen⸗
uge. Die beiden Lokomotiven wurden stark be—
chaͤdigt, und einige Personenwagen, sowie auch
dohlenwagen des Güterzugs nahezu demolirt. Der
Zugführer des Güterzugs wurde schwer verlönne