Full text: St. Ingberter Anzeiger

a— —A —5 — - 
9 5 A . u 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Iugberter Auzeiger“ erscheint wochentlich funfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungß 
Iait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.4 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen A 75, einschließliv 
d A Zustelungünebuhzr. Die Eitzrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft eriheilt, 13 H. Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
F — r tti— 
VF 160. SSonntag, 30. August 1888. — —8 20. Jahrg. 
Deutschland und Spanien. 
Man muß wirklich die Befürchtung aussprechen, 
uß der Ausbruch eines ernsten Zerwürfnisses zwi— 
chen Deutschland und Spanien wegen des Streites 
in die Karolinen-Inseln an einem Haare hängt. 
doch ist diese Gefahr für die guten Beziehungen 
deutschlands und Spaniens nicht etwa durch die 
altung einer der betheiligten Regierungen, sondern 
vurch die ganz maßlose und herausfordernd belei— 
igende Haltung der spanischen Nation, beziehent⸗ 
ich der panischen Presse herbeigeführt worden. In 
zpanien und zumal in der Hauptstadt Madrid 
reibt eine Hetzwuth gegen Deutschland Giftblüthen, 
vie man solche nur 1870 kurz vor Ausbruch des 
xmsch⸗französischen Krieges in Paris beobachten 
onnte. Volksversammlungen werden in Madrid 
ehalten, in denen Anklagen und Beschimpfungen 
d)eutschlands die stehenden Reden sind. Und die 
panische Presse zeigt sich dabei als eine bejammerns⸗ 
berihe Hüterin der öffentlichen Wohlfahrt. Ein 
zaar Tage hielten allerdings die regierungsfreund⸗ 
chen Zeitungen gegenüber den hirnverbrannten 
xzereien Stand, dann bliesen sie aber in dasselbe 
dorn und krakehlen nur noch von einer rohen Ver⸗ 
ewaltigung, die Deutschland an Spanien begehen 
volle. Was man sich in Bezug auf die Deutschen⸗ 
ehen in Spanien leistet, geht daraus hervor, daß 
iele spanischen Zeitungen die spanischen Offiziere 
uffordern, die deutschen Orden zurückzuschiden, daß 
ie spanischen Kaufleute ersucht werden, alle Han⸗ 
Asverbindungen mit Deutschland abzubrechen, daß 
panische Seefahrer den Vorschlag machen, alle 
panischen Handelsschiffe als Caperschiffe“ auszu⸗ 
nn und die deutsche Handelsflotte zu zerstören 
l. w. B 
Recht eigenthümlich ist es auch, daß einige 
hariser Zeitungen die aus dem Zerwürfniß mi 
kpanien drohenden Gefahren für Deutschland als 
urchtbare hinstellen und von einem bevorftehenden 
bunde Framkteichs und Spaniens reden. Nun, 
e Ernüchterung wird bald genug im Lande der 
ustenien einkehren, denn die Affalre der Karolinen. 
sheln wird von Deutschland sehr sachlich behandelt. 
die spanische Regierung hat auf Aufforderung des 
deutschen Reichskanzlers zu beweisen, ob sie ältere 
aehte als Deutschland auf die Karolinen. Infein 
m und gelingt ihr der Beweis nicht, so gehören 
e streitigen Inseln dem deutschen Reiche, daran 
yrden spanische Wuthausbrüche und französisches 
dangemachen· nichts ändern. Am allerwenigsten 
vird Deutschland von gehässigen Demonftratibnen 
urückweichen. 
Im Uebrigen muß auch herborgehoben werden, 
ih die Verhandlungen zwischen der deutschen und 
cnischen Regierung noch in der ruhigsten Weise 
der Angelegenhen ftaufinden und jeden Tag eine 
ffiedigende Loösung erzielt werden kann. Der auf 
mlnivtem Boden ehenden Regierung des Königs 
sonso bliebe es alsdann überlassen, mit der Hoch⸗ 
h leidenschaftlicher Demonstrativnen der Spaͤner 
ien Deutschland fertig zu werden. 
VPolitische Uebeisiht.. 
Die Karserzusammenkunft von 
rremsier drudte der zu Ende gegangenen Woche 
nhieden ihr politisches Siegel auf. In allen 
uatnngen, welche aͤber die in dem genannten 
uhrischen Staͤptchen stattgefundene Begegnung 
wischen dem österreichischen Kaiser und dem Be— 
herrscher“ des Czarenreiches angestellt worden sind 
und noch angestellt werden, herrscht die Ueberzeug⸗ 
ung vor, daß diesen Ereignifsen eine hochwichtige 
für den Weltfrieden günstige Bedeutung innewohn 
und in der That dokumentirt der Besuch, welchen 
der Czar, umgeben von den hervorragendsten Mit⸗ 
NIliedern⸗ der russischen Kaiserfamilie und den ersten 
Würdenträgern seines Reiches, dem österreichischen 
Faiser abgestattet hat, abermals die Annäherung 
Rußlands an den deuisch⸗österreichischen Friedens 
hund. Es hat allerdings nicht an Stimmen ge⸗ 
fehlt, welche in der Entrevue von Kremsier eine 
zegen Deutschland gerichtete Kundgebung erblicken 
wollten und machten dieselben für diese Behauptung 
bdesonders den Umstand geltend, daß der deutsche 
daiser der Zusammenkunft zwischen Kaiser Franz 
Josef und Kaiser Alexander nicht beigewohnt habe. 
Ueberflussig ist es indessen, einer solchen Anschauung 
noch besonders entgegentreten zu wollen und mů 
Recht betont das offiziöse ,Journal de St. Peters⸗ 
burg“ am Schlusse eines der Kaiserbegegnung von 
stremsier gewidmeten Artikels, daß die Äbwesenheit 
des Kaisers Wilhelm und des Fürsten Bismarck bei 
derselben keinerlei Abschwächung in den herzlichen 
Beziehungen bederten, welche in so glücklicher Weise 
wischen Deutschland und den beiden anderen Kaiser⸗ 
teichen bestehen. — Was im Uebrigen die Einzel⸗ 
jeiten der Kaisertage in Kremfier anbelangt, so 
timmen alle Telegramme und Schilderungen von 
yort darin überein, daß das fürstliche Rendez⸗vous 
in Kremfier ein überaus glänzendes und farben⸗ 
reiches Bild darbot; ebenso bekunden alle Berichte 
ibereinstimmend der herzlichen Verkehr zwischen dem 
sterreichischen Kaiserpaar und seinen russischen 
hästen. Eine besondere Auszeichnug erfuhr der 
ussische Thronfolger von Kaiser Franz Josef da⸗ 
durch, daß jener zum Inhaber eines österreichischen 
lanenregimentes ernannt wurde. Am Mittwoch 
internahmen die beiden Kaiser, Kronprinz Rudols 
und Großfürst Wladimir eine Jagd im Fürstenwald 
bei Kremsier; während dieser Zeit hatten Gras 
alnoky und der enssische Minister v. Giers eine 
ängere Unterredung. Am Mittwoch Abend reisten 
die russischen Gäste nach Gmunden weiter. 
— — 
* Aus Boöhmen wird wieder einmal ein 
Heldenstückchen der Czechen gemeldet. In der Stadi 
Koniginhof wurde ein deutsches Turnfest gefeiert, 
welches von dem czechischen Pobel in brutalster 
Weise eine Stöxung erlitt, indem 1500 Menschen 
in das Hotel einzudringen verfuchten, in welchem 
sich der Turnsaal befindet. Sie wurden von der 
Polizei und der Gensdarmerie allerdings zurückge⸗ 
wiesen, trotzdem nahm die Haltung der Volksmenge 
einen immer drohenderen Charakter an, so daß die 
Turner auf Ersuchen des Bezirkshauptmannes die 
Feier schlossen. Auf der Nachhausefahrt wurden 
als dam die fremden Theilnehmer von dem Pobel⸗ 
haufen mit Steinwuürfen angegriffen, welche zahl⸗ 
ceiche, zum Theil schwere Verletzungen verursachten. 
Hoffentlich gelingt es der eingeleiteten strengen 
Untersuchung, die Urheber dieses nichtswürdigen 
Erzesses zur vollen gerichtlichen Veranwortung zu 
ziehen. 
Deutsßches Reich. 
Berlin, 28. August. Das Gericht, daß in 
Kremsier Rußland in die Annexion Bosniens durch 
Desterreich gewillgt habe, wird, hier als tendenzis 
erfunden betrachte. 
Berlin, 28. August.Die Karolinen⸗Affaire 
zeigt heute entschieden ein berühigteres Aussehen. 
Das Madrider Kabinet schlägt einen verföhnlichen 
Ton an, um so mehr, als es gewichtige Gründe 
hat, der Oppositionsclique kräftig entgegen zu treten. 
Ausland. 
VParis, 27. August. Gestern hat“hier im 
Rivoli⸗Saale das von Henri Rochefort einbe⸗ 
zufene Meeting ftattgefunden, in welchem ein Pro⸗ 
left gegen „die Ermordüng““ Olivier Pain“s 
durch die Engländer beschlossen werden sollte. Der 
Andrang des Publikums war so groß, daß nicht 
einmal Rochefort in den Saal dringen konnte und 
sich datauf beschränken mußte, einige Worte auf 
der Straße zu sprechen. Die Manffestanten be⸗— 
mügten sich aber nicht damit, gegen die englische 
Regierung zu protestiren, sondern drückten auch der 
französischen Regierung ihr Mißfallen aus und 
nahmen eine Resolution an, durch welche die Ir⸗ 
laͤnder in ihrem Widerstande gegen England er— 
muthigt werden solln.. 
Lokale und p lzische Nachrichten. 
— Zweibrücken,“ 27. Mugust. Die bei 
der Aushebung pro 1885 für das igl. 18. Infant. 
Regt. ausgehobenen Schulamis ·Kandidalen haben 
erst im nächsten Jahre hei genanntem Regimente 
ihre sechswochige Uebung abzuleisten 
— Otterberg, 28. Auguft. Wie die 
„Pf. Pr.“ hört, sollen die Besitzer der neueu bald 
in Betrieb klommenden Otterberger Fabrik die Ab— 
sicht haben, eine größere Zahl Arbeiter, ca. 50, 
von ihren belgischen Etablissementz mitzubringen, 
um den neueintretenden Arbeitern die Fabrikalion 
anzulernen. Die Akbeiter jener Gegend sind meistens 
Wallonen, so daß sich nach Jahrhunderten der Zu— 
zug von Stammesgenossen nach der alten Wallonen⸗ 
tadt wiederholen würde. Davoraussichtlich die 
Einwanderer ihre Familien mitbringen, wird an die 
Stadtverwaltung die Frage herantreten, für die 
schulpflichtigen Kinder Sorge zu tragen. 
— Ein Bayer befindet sich bei der deutschen 
Besatzung in Kamerun, Ludwig Weißeren von Boo 
landen, Bruder des Zahlmeisters der Marine 
exsterer ebenfalls derselben angehörig. 
—. Hambach, 27. August. Ein wahlgeach— 
tetet hiefiger Bürger, der Winzer Joh. Hörner und 
eine Magd vom Spitalhofe bei Wiuzingen, wurden 
heute Mittag vom Blitze getödtet. In der Nähe 
der Eisenbahn waren beide auf dem Felde beschäf— 
tigt. Vor den ganz unbedeutenden Gewitterregen 
suchten sie mit einigen andern Personen unter einem 
Nußbaume Schutz Rund mußten diese Unborsichtig⸗ 
keit mit dem Leben bezahlen. Von den übrigen 
Versonen ist keine hetroffen. 
SGS 
Vermischtes. 
r Auf sammtlichen preußischen Stauts⸗ 
eisenbahnenwird demnächst laut der „Kobl. 
Ztg.“* ein neues einheitliches Billetsystem zur Ein⸗ 
ührung gelangen. Die Einzelreisebttlets unter— 
scheiden sich von den Doppelreisebillets im Wejent⸗ 
lichen dadurch, daß erstere in der Querrichtung be⸗ 
druckt werden. An beiden Billetsorten wird ein 
Abschnitt, welcher durch eine von links nach rechts 
laufende Linie vom Stammbillet geschieden ist,— an⸗ 
jebracht, um die Abtrennung dieses Abschnittes als 
Kinderbillet derwenden zu können. Die Doppelreise⸗ 
billets tragen an den beiden Längsseiten die Bna 
—