Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Iugberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
et. Ingberter Anzeiger“ erjcheint wbchentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wbchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
latt ind Sonntagt mit Sfeitiger illuftrirter Seilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 14 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 78 4, einschließliv 
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auf welche die Gxpedition Auskunft ertheilt, 13 0. Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
F 172. Donnerstag, 3. September 1885. 20. Jahrg. 
Bestellungen 
auf den „St. Ingberter Anzeiger“ für den Monat 
September 
derden von sämmilichen Postanstalten, den Aus⸗ 
rͤgern und der Expedition entgegengenommen. 
a⸗ 
Politische Uebersicht. 
⸗Der deutsche Kronprinz begab sich, wie 
nes schon früher angekündigt wurde, am Sonntag 
lbhend nach Regensburg behufs Inspizirung 
er baherischen Kavallerie; bekanntlich gehört die 
aherische Armee mit zum Bezirke der 4. Armee⸗ 
jnspettion, die unter dem deutschen Kronprinzen 
eht. Der hohe Heer traf am Montag früh in 
et 8. Stunde, von einer zahlreichen Volksmenge 
in Bahnhofe lebhaft begrüßt, in Regensburg ein 
ind nahm in der königlichen Villa Absteigequartier. 
dach kurzem Aufenthalte fuhr der Kronprinz mitels 
zxtrazug nach Moosham zur Besichtigung der 
rsten und zweiten Kavallerie⸗Division; ein Gleiches 
eschah auch am folgenden Tage; an beiden Tagen 
hrte er Mittags nach Regensburg zurück. Am 
Renstag Nachmittag reiste der Kronprinz weiter 
nach Nurnberg, von wo aus er nach dreistündigem 
lufenthalte Abends 7 Uhr die Rückreise nach Ber⸗ 
in antrat. 
— 
*Ueber den Stand der deutsch-spanischen 
interhandlhungen in der Karolinenfrage ist 
uuch heute etwas Positives noch nicht zu verzeichnen. 
Indessen koursiren mancherlei Gerüchte, denen zu⸗ 
olge eine baldige gütliche Beilegung der Streit⸗ 
ffaire wegen der Karolinen⸗Inseln zu erwarten 
väre. Eines dieser Gerüchte will wissen. Spanien 
verde den Vorschlag machen, daß Deutschland zur 
znischädigung für die Karolinen⸗Inseln die östlich 
on denselben gelegenen Gilberte und Marschall⸗ 
Inseln besetzen solle; auf letzteren befinden sich 
benfallz deutsche Handelsftationen und eine der 
Narschall ⸗Inseln, Jalnit, ist sogar deutsche Kohlen⸗ 
sation und Sitz eines deutschen konsularischen 
Hertreters. Ein anderes Gerücht besagt, der König 
on Spanien habe einen Brief an den deutschen 
kronprinzen gerichtet, worin gebeten werde, Se. 
aiserl. Hoheil möge seine Bemühungen mit denen 
ꝛes Königs vereinigen, um den Zwischenfall aus 
xet Welt zu schaffen, damit die guten Beziehungen 
eider Länder, die er, der König, erhalten zu sehen 
oünsche, nicht gestört würden. Von einer Geneigt⸗ 
eit der spanischen Regierung selbst, auf den Vor⸗ 
hlag eines Schiedsgerichts einzugehen, ist indessen 
och nichtz bekannt, es erscheinen daher vorläufig 
le Erörterungen darüber, wer das Schiedsrichter-⸗ 
umt zwischen Deutschland und Spanien über⸗ 
ꝛehmen solle, als überflüssig. Uebrigens dauert 
enseits der Pyrenäen die gereizte Stimmung gegen 
deutschland, trotz der neuerlichen Beschwichtigungs⸗ 
ntikel der Madrider offiziösen Blatter, unvermin⸗ 
ert fort und es werden noch immer die lächerlich⸗ 
en Demonstrationen gemeldet, wobei nur bedenklich 
rscheint. daß auch die Armee an diesen antideute⸗ 
hen Kundgebungen theilnimmt. U. A. ist in 
yetselben eine Substkription eroöffnet worden, um 
ime neue Fregatte zu beschaffen; ferner haben die 
RNfiziere der Garnifon dvon Valencia öffentlich er⸗ 
lart. sie würden sich nach den Karolinen oder 
dhilippinen, kurz überall hin begeben, wohin sie 
ne Ehre Spanien's rufen sollte. ohne eine andere 
kintlohnung zu begehren, als ihren Sold, dagegen 
st es schon mehr eine Büberei, wenn im Hippo⸗ 
rom der Stadi Vigo die deutsche Fahne, welche 
zott neben den Flaggen aller anderen größeren 
Nationen aufgehängt worden war, heruntergerissen 
ind in den Staub getreten worden ist. Falls sich 
derartige chauvinistische Heldenßücklein noch öfters 
viederholen, so kann leicht die Sprache Deutschlands 
der spanischen Regierung gegenüber eine ernstere 
werden. 
Deutsches Reich. 
Regensburg, 1. Sept. Die Feuerwehr, 
die Turn⸗ und Kriegervereine brachten gestern Abend 
dem Kronprinzen vor der Königsvilla einen glän⸗ 
enden Fackelzug dar. Bei der Serenade wirkten 
ämmtliche Mannergesangvereine mit. Von dem 
zlänzend beleuchteten Dampfboote aus richtete Dr. 
derster eine Huldigungsansprache an den Kron⸗ 
zrinzen. In das Hoch auf den Kronprinzen 
tinmte die dicht gedrängte Menschenmasse, welche 
hven ganzen Plazz füllte, begeistert ein. 
Berlin, 31. August. Einem Telegramm 
der „K. Zig.“ zufolge haben hervorragende kauf ⸗ 
nännische Häuser eine Eingabe an das Reichs⸗ 
anzleramt gerichtet. in welcher sie dieses bitten, 
ei der spanischen Regierung zu erwirken, daß die 
Ztadt Madrid den deutschen Inhabern von Com⸗ 
nunalwerthen und ihren sonstigen Zahlungsver⸗ 
zindlichkeiten gegen deutsche Unterthanen gerecht 
verde. 
Berlin, 1. Sept. Die Konvention deutscher 
Walzwerke gilt, trotzdem sich einige Werke ablehnend 
zerhalten, fuͤr gefichert; am 14. September findet 
ine Generalversammlung in Düsseldorf statt, wo 
ine die Hauptzweige umfassende Konvention zum 
Abschluß gelangen soll. 
Berlin, 1. Sept. Wiener Blättermeldungen 
gegenüber, wonach die innere Politik Oesterreichs 
nit der Kaiserentrevue in Kremsier in Zusammen⸗ 
jang gebracht wird, bezeichnet das „Fremdenblatt“ 
als selbstverständlich, daß, sowenig Oesterreich sich 
im innere Verhältnisse Rußlands kümmere, sich 
nuch dieses um die innere Politik Oesterreichs zu 
dekümmern habe. Das „Fremdenblatt“ konstatirt, 
daß in Kremsier von innerer Politik gar keine 
Rede war. 
Berlin, 2. Sept. Die „Kolonialpolitische 
orrespondenz“ schreibt über die deutschen 
Stationen Ostafrikas, daß die Oftafrika⸗ 
aische Gesellschaft 4600 Quadratmeilen üppigen, 
zurchaus gesunden Landesgebiets centraler Lage unter 
die deutsche Flagge gebracht habe. Der Veriuch mit 
iner Faktorei und einer ersten landwirthschaftlichen 
Station Usagara sei gemacht. Die Gesellschaft be⸗ 
ibsichtigt, die Anlage von zunächst fünf Militär— 
tationen auf landwirthschaftlicher Grundlage und 
nit Heranbildung von Negern zu Defensivmann⸗ 
chaften durch anwesende tüchtige Offiziere und den 
Betrieb des Plantagenbaues mit einheimischer. oder 
ssiatischen Arbeitern. Zur Vertheidigung hat Krupp 
neu konstruirte Geschütze geliefert. Die Stationen 
'ollen der Mittelpunkt für die Arbeiten der Gesell⸗ 
chaft und des Privatkapitals sein, welches sein In⸗ 
seresse in Ost⸗Afrika zu finden glaubt. 
Straßburg, 2. Sept. Fürst Hohenlohe ist 
jeute Morgen mit dem Expreß Orientzug hier an⸗ 
jelommen und bleibt zwei Tage hier. Heute 
Abend ist Diner bei dem Staatssekretär Hoffmann. 
Ausland. 
Paris, 31. August. Gestern Abend machten, 
vie der „K. Ztg.“ von hier gemeldet wird, 600 
„panier in Bordeaux vor dem spanischen Consulate 
iine Kundgebung mit spanischen und französischen 
Fahnen mit der Inschrift: „Hoch lebe Spanien 
ind die Karolinen, Frankreich und Elsaß⸗Lothringen!“ 
die Spanier in Paris schickten an Canovas eine 
elegraphische Depesche, in welcher sie sich „den 
Hefühlen des Madrider Volkes anschließen, und 
ich ohne Bedingung in den Dienst des Vaterlandes 
tellen.“ 
Madrid, 1. Sept. In Puccerda, Sevilla, 
Valencia, Saragossa und Barcelona fanden gestern 
deutschfeindliche Demonstrationen statt; angesichts 
des ruhigen Verhaltens Deutschlands gewinnt die 
Meinung Oberhand, daß die spanischen Offiziösen 
die Bewegung schüren, um die wachsende Opposition 
gegen das Ministerium abzulenken. 
— — 
nud pforelttoe Nachrichten. 
St. Ingbert, 3. Sept. Das gestern 
Abend im Oberhauser'schen Saale stattgehabte 
Konzert des Zapf'schen Vokal⸗Künstler Quar⸗ 
setis aus Wiesbaden war leider nur sehr schwach 
hesucht. Die Leistungen des Quartetts waren ganz 
uusgezeichnet und verdient das Quartett wirklich 
ein „Muster⸗Quartett“ genannt zu werden. Das 
Programm umfaßte neun Nummern, Vieder 
ernsten und heitern Charakters. Mit besonderer 
Borliebe und Sorgfalt pflegt Herr Zapf mit seinen 
Sängern das Volkslied, ein Streben, das auch hier 
die lebhafteste Anerlennung der Zuhdrer fand, was 
der reiche Applaus bewies, der dem Vortrage der 
rinzelnen Volkslieder in erhöhtem Maße zu theil 
wurde. Schade war nur, daß die Lieder 
nicht von vollbesetzten Hause gehört wurden. 
*St. Ingbert, 3. Sept. Der Sedan⸗ 
dag ging hier ziemlich unvermerlt vorüber. Nur 
zanz wenig Privathäuser und der Viadukt über 
zie Kaiserstraße waren zur Feier dieses welthistor⸗ 
ischen Tages beflaggt. 
*St. Ingbert. Wie wir hören, beabsich⸗ 
igen die Turnvereine in St. Johann und Saar⸗ 
brücken am nächsten Sonntag Ausflüge, ersterer 
wahrscheinlich auf direktem Wege, letzterer über 
Dudweiler x., nach hier zu machen. 
— Kaiserslautern, 31. August. Das 
Ergebniß der Hufbeschlag. Konkurrenz ist folgendes 
1. Weihl Jakob (Meister), Kusel, 1. Preis 100 
Mark. 2. Herold Jakob (Meister), Därkheim, 2. 
Preis 60 Mk. 3. Schwarz Heinrich (Meister), 
daiserslautern, 2. Preis 60 Mkt. 4. Bender 
dorenz (Meister), Kallstadt, 3. Preis 40 Mi. 5. 
Bernhard Franz (Meister), Haßloch, 3. Preis 40 
Mark. 6. Lotß Jalkob (Geselle), Landau, 4. Preis 
20 Ml. 7. Fuchs Theobald, Zweibrücken, 4. 
ßreis 20 Mk. 8. Wurm Christian (Meister), 
Fußgönnheim. 4. Preis 20 Mk. — Ehrendiplome 
rhalten: 89. Huy Valentin (Ges.), St. Alban, 
10. Doll Jakob (Ges.), Rutsweiler, 11. Scheib 
dudwig (Meist.), Großlarlbach, 12. Rothaar Friedt. 
Meist.), Jagersburg, 13. Pfirrmann Jakob, (Meist.), 
MNoörzheim, 14. Hößler Daniel, Altstadt, 13. Schwab 
Friedrich (Ges.), Dammheim, 16. Haas Valentin, 
Meist), Ransweiler, 17. Knecht Peter, (Ges.), 
Zweibrücken, 18. Blind Otto (Gef.) Biedershausen, 
19. Paul Jakob (Meist.). Edenkoben, 20. Theis 
Zeinrich Ges.), Otterberg, 21. Roos Heinrich 
Meist.), Landstuhl, 22. Bechthold Josef (Ges.), 
ẽdesheim. 23. Kurz Christian (Meist.), Sfeln—