Full text: St. Ingberter Anzeiger

oͤt. Jugherter Amzriger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit um,aim 
glatt und Sonntagß mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen L 75 , einschließli 
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X 17858. 
Samstag, 5. September75. 
1 
20. Jahrg. 
nin 
Deutsches Reich. 
München, 2. Sept. Se. Maj. der König 
st heute früh vom Schachen zu einem— mehr⸗ 
agigen Aufenthalt auf Schloß Berg eingetroffen. 
Der kgl. bayerische Geschäftsträger, in Paris, 
Baron v. Reither, traf gestern Abend mit Ge— 
nahlin hier ein und nahm im Hotel „Bellevue“ 
Wohnung. — Der Kriegsminister v. Heinleth 
st heute Vormittag von den Manönern bei Regens— 
zurg wieder hier eingetroffen. 76 
München, 31. August. Der Landtag 
vird sicherem Vernehmen nach auf Montag, den 
8. Sept. einberufen werden. WV 
Regensburg, 2. Sept. Der deutsche 
kronprinz, besichtigte gestern unter Führung 
des Domkapitulars Jakob und des Bauamtmanns 
Ziegler den Dom und mit Archivrath Dr. Will 
und Registrator Schratz die Pforte Prätoria und 
nahm dann vom historischen Verein eine Photo⸗ 
graphie des alten Baudenkmals entgegen. Abends 
reiste der Prinz, von lebhaften Zurufen begleitet, 
vieder nach dem Norden ab. 48 
Berlin, 2. Sept. Die Parade des 
tardekorps vor dem Kaiser auf dem Tempel- 
jofer Felde ist bei prachtvollem Wetter glänzend 
verlaufen. Die Truppen, in zwei Treffen (Infan⸗ 
ierie im ersten, Kavallerie, Artillerie, Train im 
weiten,) aufgestellt, wurden von General v. Papa 
ommandiert. Der Kaiser, von General Lehndorf 
vegleitet, gefolgt von der Kaiserin im Sechsspänner, 
dem Kronprinzen, Großfürst Michael, dem Erbgroß⸗ 
jerzog von Weimar, dem Prinzen Arnulf von 
hayern und den fremden Militärbevollmächtigten, 
uhr zunächst die Front beider Treffen entlang und 
ieß dann sämmtliche Truppen in zweimaligem Vor⸗ 
beimarsch vorüberdefilieren. Die persische außer⸗ 
otdentliche Gesandtschaft, der türkische Botschafter 
uind Minister Puttkamer wohnten der Parade in 
der Nähe des Kaisers bei. Die Kaiserin, der Kron⸗ 
xxinz und Prinz Wilhelm, welcher die Fahnen⸗ 
ompanie bei dem Hin⸗ und Rückmarsche führte, 
vutden von den Menschenmassen mit enthusiastischen 
hoch⸗ und Hurrahrufen begrüßt. Der Jubel, wo⸗ 
mit die Menschenmassen in den Straßen, aus Fen⸗ 
ttern und von Balkonen den Kaiser bei der Hin⸗ 
und Herfahrt empfingen, spottet jeder Beschreibung. 
Seitwärts vom Paradefelde wurden während der 
Parade von einem Ballon captiy aus Beobacht⸗ 
angen vorgenommen. 
Berlin, 3. Sepi. Der Volkszählung wegen 
ällt am 1. Dezember der Unterricht in allen 
Schulen aus. Der Kultusminister erwattet, daß 
die Lehrer am Zählgeschäft sich betheiligen, dagegen 
ollen die Schuler nicht herangezogen werden. 
Berlin, 3. Sept. Nach Pariser Mittheil- 
ingen dauern die deuischfeindlichen Kundgebungen 
n Spanien forh; besonders scheinen die Republi⸗ 
aner ihre Hoffnuͤngen auf Serrano zu lkonzentiren. 
Demnachst werden die die Karolinen- 
jrage beruhrenden diplomatischen Aktenstücke von 
ZSeiten der deutschen Regierung veröffentlicht werden, 
. z., wie es scheint, abweichend von dem bisher 
anegehaltenen Usus, schon vor dem Zusammentritt 
ꝛes Reichstags. Es wird sich aus denselben un⸗ 
weifelhaft ergeben, daß die deutsche Politik mit 
ꝛer gleichen Vorsicht und beinahe ängstlichen Scho⸗ 
ung fremder Rechte, die sie in Betreff Samoas, 
den- Guineas, Westafrilas bewiesen hat auch hin 
ichtlich der arolinen vorgegangen ist. Auch wer⸗ 
den wir aus denselben wohl Näheres über die 
Wischen der deufschen und enalischen Regierung 
getroffenen Abmachungen in Betreff der Südsee- 
inseln erfahren, Abmachungen, welche mit Bezug 
auf die gegenwärtige deutsch-spanische Frage von 
zanz besonderer Bedeutung sein dürften, da sie den 
Spaniern beweisen, daß das Vorgehen der deutschen 
Regierung nicht etwa ein einseitiges ist, sondern in 
vollem Einverständniß mit der englischen Regierung 
sich befindet. Uebrigens wird noch gemeldet, daß 
Spanien auch hei England versucht habe, seine be— 
kannte Stellung zu rechtfertigen.“ Es soll indessen 
von London aus betoni worden sein, daß die eng⸗ 
lische Regierung unverrückt an dem vor 10 Jahren 
in Uebereinstimmung mit Deutschland einge— 
nommenen Standpunkt festhalte, wonach jene 
Ansprüche Spaniens einfach zurückgewiesen wären. 
Berlin, 3. Sept. Die „Norddeutsche Allg 
Ztg.“ dementirt kategorisch die Mittheilung über 
die Absicht Rumäniens, in Berlin eine Anleihe 
von 155 Millionen im Hinblick auf die Eventu⸗ 
alität kriegerischer Verwickelungen im Orient auf⸗ 
zunehmen. 
Straßburg, 81. August. Das „Els. 
Journal? erfährt, daß der Amisantritt des Fürsten 
von Hohenlohe als Statthalter von Elsaß— 
Lothringen auf den 1. Oktober festgesetzt ist. Der 
Statthalter wird zu dieser Zeit einen Urlaub von 
etwa zwei Wochen nehmen und somit nicht vor 
dem 15. Oktober seine neue Stellung antreten. 
Ausssland. 
Madrid, 3. Sept. Die im „Figaro“ ent⸗ 
haltene Veröffentlichung über die Ansicht Cano⸗ 
pa's bezüglich der Reise des Königs nach Deutsch⸗ 
land im Jahre 1883, ist, wie die gesammte Hal—⸗ 
ung der französischen Presse in der jetzigen Frage 
zeweist, von dem Wunsche geleitet, die Beziehungen 
wischen Spanien und Deutschland zu 
tompliziren. Man hofft hier, daß Deutschland diese 
Tendenz richtig würdigen werde. Kein hiesiget 
Blatt erhielt, wie zuverlässig behauptet werden kann 
igendwelche offizielle Anregung, die Rüchsichten 
zegen Deutschland außer Acht zu lassen. Die Re— 
zierung zählte stets auf die versöhnlichen und freund⸗ 
schaftlichen Gesinnungen der deutschen Regierung 
und der deutschen Nation.Die Regietung ver⸗ 
hinderte Straßenercesse durch vorbeugende Maß⸗ 
regeln; sie mißbilligt ebenso die Excesse der Presse 
obgleich sie dieselben mit den bestehenden Gesetzen 
nicht zu verbindern verme— 
Lokale und vflzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 4. Sept. Unter der Be— 
jatzung des vermuthlich verunglückten deut— 
schen Kriegsschiffes „Augusta“. befindet sich auch 
in Kind unserer Stadt' namens Adolf Pan-— 
zerbieter, Sohn des früher dahier wohnhaft 
gewesenen Kaufmannes Fritz Panzerbieter. — Ein 
anderer St. Ingberter, namens Karl Thum, 
dient auf der Fregatte „Gneisenau“, die wie be— 
kannt, dem vor Zanzibar stationierten deutschen 
Beschwader angehört. 
— Ein pfaälzischer Gerichtsvollzieher⸗ 
Kandidat hatte vorschriftsmäßig die Lateinschule 
absolvirt und das rheinpfälzische Gerichtsboten⸗ 
examen bestanden, war bereits Verweser einer Huis—⸗ 
stelle in der Pfalz, 31 Jahre alt, verheirathrt und 
Vater eines Kindes. Von jeher schon von einem 
gewissen wissenschaftlichen Drange erfüllt, bezog er 
duf einmal 1869 mit Frau und Kind troz heftigen 
Protestes der ihm Näherstehenden die Universitä' 
Frlangen und erhielt mit Mühe, nachdem ihm das 
Gewagte seines Vorhabens allenthalben zu bedenken 
gegeben worden war, Zulassung als Hospitant zu 
den Vorlesungen. Er warf sich auf's Studium 
der philosophischen und medizinischen Disziplinen 
und genoß nebenbei Unterricht im Latein und 
Griechischen. In Jahresfrist, nachdem sich das 
Ministerium mit knapper Noth dazu verstanden, 
machte er die Prüfung mit und errang sich sogar 
mit guter Note das Absolutorium. Was aber das 
Merkwürdigste ist, nach drei weiteren Jahren hatte 
er auch sein medizinisches Fach vollständig absolvirt, 
hatte in Erlangen promovirt und befindet sich seit 
1874 als vielbeschäftigter Arzt in Rheinhessen. 
— Die Kreisversammlung des landwirihschaft⸗ 
lichen Vereins der Pfalz findet am 19. September 
in Pirmasens statt. Als Verhandlungsgegen— 
tände wurden bestimmt: 1) Ein Bericht des Vor— 
tandes der landwirthschaftlichen Kreisversuchsstation, 
Dr. Halenke, über künstliche Dünger, event. auch 
über Kraftfuttermittel. 2) Bericht des kgl. Kreis 
thierarztes Groß über: Die für den Westrich geeignete 
Rindviehzucht mit besonderer Rücksicht auf den Be⸗ 
zirk Pirmasens. — Auf ein Gesuch des Bezirks⸗ 
komites Germersheim um ein Stipendium zum Be— 
juche der Obst- und Weinbauschule in Kicchheim⸗ 
bolanden wurden vom Kreiskomite 100 M. be— 
willigt unter der Bedinguung, daß der Stipendiat 
sich verpflichtet, nach Verlassen der Obst- und Wein—⸗ 
bauschule fünf Jahr in der Pfalz praktisch thätig 
zu sein. Die Münchener „N. NM.“ bringen 
folgende Mittheilung, welche in den interessirien 
Kreisen tiefen Kummer verursachen wird; Die Lieb⸗ 
haber eines guten „Stoffes“ werden mit Betrübniß 
die Kunde vernehmen, daß im Provinzial-Kapitel 
des Franziskaner Ordens in Bayern auf Antrag 
des General⸗Definitors der Beschiuß gefaßt wurde, 
saͤmmtliche Bräuhäuser in den Franziskaner⸗Klöstern 
aufzuheben. Diese Nachricht wird namentlich die 
Patrioten“ tief erschüttern, denn aus ihrer Zahl 
rekrutiren sich ja zumeist die Stammgäste der Kloster⸗ 
dräuftübeln, in denen gar manchmal der Schlachten⸗ 
plan für die bevorstehenden Wahlen gemacht wurde. 
An manchen Orten, wie in Tolz, gaben sie im 
Kloster förmliche Gesellschaftsabende, zu denen nur 
die konstatirte Abgabe eines schwarzen Zettels bei 
der letzten Wahl den Eintritt verschaffte. Die 
kloͤsterliche Stille dücfte allerdings durch den obiden 
Beschluß gefördert werden 
— Pirmasens, 2. Sept. Wie bedeutend 
sich in hiesiger Stadt die Industrie der Schuhfa— 
brikation entfaltet hat, dürfte daraus zu ersehen 
sein, daß sich ca. 40 Schuhfabriken hier befinden. 
Das hierzu nöthige Leder bereiten 18 Gerbereien, 
welche den Bedarf an Gerbstoff von 2 Ouebracho⸗ 
Mühlen beziehen. Für die Schuhfabriken selbsi 
arbeiten zu Hause 860 Personen, welche hier 
wohnen und wöchentlich ihre Ablieferung machen. 
In den Fabriken sind Aber 2000 Leute beschäftigt. 
und alle werden sie gut bezahlt 
— Rheinzabern, 1. Sept. Die „Sp. 
Ztg.“ schreibt: Wir wollen nicht verfehlen, zu 
Nut und Frommen der leidenden Menschheit fol- 
gendes probate Mittel gegen Rheumatismus mitzu— 
theilen: Den leidenden Theil in der Nähe des 
geheizten Ofens mit Petroleum eingerieben, und 
zwar tüchtig, verscheucht sofort alle Schmerzen. 
„Probatum dste“ nach. Mittheilung des Herrn 
Malafabrikanten Schwarz dahier. 
— Der Wurstmarkt in Dürkheim « wird 
am 27.. 28. und 29. Sept. abgehalten.