t. Jugberter Anzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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— 177. Donnerstag, 10. September 1888s8. 20. Jahrg.
Politische Uebersicht.
* Der regierende Großherzog von Meck⸗
tenburg⸗Strelitz, Friedrich Wilhelm, be—
jing am Montag fein 25jähriges Regierungsjubi⸗
Kum unter allgemeiner Theilnahme des Landes.
bon fast allen deutschen Höfen wurden dem er—
auchten Jubiliar durch beglaubigte Vertreter oder
besondere Abgesandte Glückwünsche dargebracht.
Die jüngst gemeldeten Beschlüsse der Berliner
miernationalen Telegraphen-Konferenz,
welche in der in zweiter Lesung erfolgten Annahme
des einheitlichen Tarifsystems für Europa gipfeln,
saben durch definitiven Beitritt Schwedens die ver⸗
ragsmäßig nothwendige Stimmeneinheit erhalten.
japan und Brasilien haben erklärt, unter gewissen
bedingungen ihre Tarifs um 2500 ermäßigen zu
wollen. Dagegen flehen die endgültigen Erklär⸗
ungen der Kabelgesellschaften für den großen ozea⸗
nischen Verkehr, welche im Vornherein Widersacher
des einheitlichen Tarifsystems waren, im Wesent⸗
ichen noch aus.
Die Ausweisungen russischer und österreichischer
*staatsangehöriger haupfisächlich polnischer
dationalität aus den östlichen Provinzen Preußens
dauern in unvermindertem Umfonge fort. Die
Naßregel hat schon zu zahlreichen Klagen der Be—⸗
roffenen nicht nur bei den zusiändigen preußischen
hehörden, sondern auch bei den Regierungen in
detersburg und Wien geführt, ohne daß diefe Re⸗
timinationen, vielleicht von einzelnen Fällen abge⸗
chen, irgendwie Aussicht auf Erfolg dätten. Die
Iusweisungen sind von der höheren Staatsraison
pittirt und der gegenüber müssen alle anderen Ar—
jumente schweigen. Diese Maßregel wird von
volnischer Seite natürlich gehörig gegen die prev⸗
hische Regierung ausgebeutet und hierbei stark auf
das Mitleid des Auslandes spekulirt; eine Aender
ung in den Entschüssen der Reichsregierung werden
auch die polnischen Machinationen nicht be⸗
virken
— —.« —E—
Deutsches Reich.
München, 8. Sept. Zur Reorcanisatior
en igl. Verkehrsanstalten wird uns mitgetheilt
ah Se. Excellenz Staaisminister von Crailsheim
m nächsten Landtag eine diesbezügliche Vorlage
ur Genehmigung unterbreiten wicd. Aus dem
brunde wurden auch die für den nächsten Monat
mngesezten Prüfungen wieder aufgehoben, da ohne⸗
sin die neuen das Qualifikationswesen, die Auf⸗
ahme und die Beförderung des Beamtenpersonals
an Verkehrsanstalten regeinden Rormen voraus.
ihtlich vom 1. Januar 1886 ab in Kraft ireten
werden. Die mu großter Sorgfalt ausgearbeitete
dotlage erstredt sich auf alle Kategorien und beruht
uf der vom Minnster don Crausheim im lehlen
ndtag bekanni gegebenen Darstellung über die
berwendung der einzelnen Kategorien, deren Be⸗
—A Regelung der Gehaltsbezüge.
die Prufungen. wie fie berens im letzten Jahre
nrdijorisch abgehalten wurden. werden gieidfalis
vibehalien.
Berlin, 7. Sept. Dem Praͤsidenten des
—— Hrn. v. Wedell-Piesdorf,, ist vom
n von Spanien das Großkreuz des Ordens
ahelas der Katholischen deruchen worhene
r Prasident wird das Großkreuz doch nicht am
nde wieder zurucschiden
Berlin, 9. Sept. Wie wir zuverlässig hören,
ziegt bisher weder eine Antwort Spaniens auf die
deutschen Vorschläge vor, noch hat die spanische
Regierung bisher irgend welche Genugthuung füͤr
die der deutschen Gesandtschaft zugefügie Beleidig
ung angeboten.
Karlsruhe, 8. Sept. Das schwedische
Kronprinzenpaar traf um 4 Uhr hier ein, em⸗
pfangen vom Großherzog und der Großherzogin
den Behörden und der Generalität. Von der Be⸗
bölkerung wurde dasselbe lebhaft begrüßt.
Ausland.
Paris, 8. Sept. „Figaro“ und „Gaulois“
halten in Folge der beruhigenden Erklärungen der
deutschen Regierung rüchsichtlich der Insel Jap den
tonflikt in der Hauptsache für beseitigt. Das
„Journal des Debats“ ist weniger opuͤmstisch. —
Die Exkönigin Isabella sprach einem franzöfischen
Journalisten gegenüber, allerdings indem sie ein
räumte ohne spezielle Nachricht zu sein,, die Hoff
aung auf eine friedliche Beilegung aus und ist der
Ansicht, daß die Bewegung zum großen Theile das
Werk der spanischen Republikaner sei. — Zorilla
glaubt ebenfalls an einen friedlichen Ausgleich
würde aber eine kriegerische Akltion Spaniens mit
Freudt begrüßen; er bleibt in London. — Herr
Andrée Solis, der aus dem Gefängniß entwichene Be⸗
itzer des republikanischen Progreso“, der Zorilla
aufsuchte, behauptet, die Bewegung sei ausschließ
lich der Ausdruck der Mißstimmung gegen den
tönig, der seit seiner deutschen Reise und wegen
einer Sucht, privatim Geld bei Seite zu bringen,
benso gehaßt werde, wie die als hochmüthige
Desterreicherin verschrieene Königin. — Charakteri⸗
tisch für die eitle Hoffnung der Madrider Bevöl⸗
erung auf Frankreichs Beistand ist, daß die Tu⸗
multuanten nach dem Angriff auf das deutsche
Botschaftsgebäude in Madrid über dem Portal der
französischen Gesandischaft die über einander ge⸗
kreuzten französischen und spanischen Fahnen be⸗
festigten. e
Paris, 8. Sept. Eine gestern Abend hier
abgehaltene allgemeine Delegirtenversammlung der
Monarchisten nahm ein Parteiprogramm an, wel⸗
ches eine ständige starke Staatsgewalt fordert, welch⸗
durch die Wiederherstellung des religiösen Friedens
durch vorsichtige auswärtige Politik Frankreicht
Gedeihen befördern solle. Das Programm stellt
nicht die Frage, ob Republik oder Monaxchie, son⸗
dern verlangt nur die Wiederhellung des Artikels
8 der Verfassung, welcher gestattet, die Regierungs⸗
form überhaupt zu discutitre.
London, 9. Sept. Einer Meldung des
„Standard“ aus Petersburg zufolge acceptirte das
britische Kabinet formell die russischen Vorschläge
hezüglich des Zulfikarpasses.
Lokale und pfäl⸗ische Nachrichten.
*St. Ingbert, 10. Sept. Wie wir
sernehmen, hält der hiesige Turnverein am
Sonntag im Oberhauser'schen Saale einen Ball
ab. Nur Eingeladene haben Zutrit.
— Blieskastel, 8. Sepi. Die Kirchweih
ist zu Ende. Noch nie waren so viel Buden mit
Sehenswürdigkeiten aufgeschlagen, wie in diesem
Jahre. Sicher hätten die Leute ein gutes Geschäft
gemacht, wenn uns der Himmel mit besserem Wetter
dedacht hätte, da sehr viel Landleute hier waren
kinige Taschendiebstahle mit Summen von 40 und
20 Mark sind ebenfalls zu verzeichnen. Die Stad
hat dieses Jahr für Standgeld schöne Beträge auf—⸗
zuweisen. So zahlte z. B. der Reitschulbesitzer für
seinen Platz 88 Mark und ein Menageriebesitzer
56 Mark für denselben.
— Thalfröoöschen, 6. Sept. Heute Nach⸗
mitiag fiel die Ehefrau des Weichensiellers Kacl
Müller dahier, indem die Stückhölzer durchbrachen
von dem Speicher in den Hausgang. wobei Schuti
und Gerölle nachfolgte. Am Kopfe und an den
Armen erlitt die Bedauernswerthe bedeutende Ver—
letzungen.
— Neustadt, 7. Sept. Die heute im
Theatersacle des Saalbaues abgehaltene Weinber⸗
steigerung des Herrn Gg. Schiffer dahier war sehr
gut besucht, aber im Verlaufe sehr mati; es konnten
nur wenige Nummern zum Zuschlage —X
werden. Nachdem es sich gezeigt, daß ein Animo
nicht aufkommen wollte wurde die Versteigerung
aufgehoben.
— Speyer, 8. Sept. Wie der „Pf. K.“
von bestunterrichteter Seite vernimmt, wird Se.
kgl. Hoheit der Prinz Luitpold einer Messe im
Dom beiwohnen. J
—BVom Rhein. Die ,Preußische Lehrerztg.“
bespricht in einer ihrer Lletzten Nummern die Nis—
nahmestellung, welche der Stand der Volksschullehrer
hinsichtlich seiner Vorbildung leider heute noch ein⸗
nimmt, und kommt zum Schlusse, daß das einzig
Richtige zur Herstellung eines den gerechten Wun
schen des Lehrerstandes wie ider allgemeinen Voltks-
bildung gemäßen Zustandes die Aufhebung der
Präparandenanstalten sei. Der Erreichung dieses
Zieles stehe aber ein Hinderniß im Wege, dessen
Beseitigung auch den Kühnsten in einige Verlegen⸗
heit setzen könne: Die traurige Gewißheit nämlich,
daß sich Niemand dazu verstehen wird, sich in eine
Stellung zu begeben, die ihm neben einer jammer⸗
bollen Besoldung noch eine Menge von Verhältnissen
bietet, die nichts weniger als verlockend sind. Der
erste Schritt zur Beseitigung dieses Hindernisses
dürfte mit einer durchgreifenden Regelung der
Pensions und Dotationsverhältnisse der Volksschul⸗
lehrer gemacht sein. Während die Verhältnisse in
solcher Weise geregelt, dann dürfe man erwarten,
daß junge Männer mit abgeschlosseuer Gymnasial⸗
oder Realschulvorbildung in das Lehrerseminar ein⸗
treten. — Glücklicherweise sind diese Voraussetzungen
in unserm näheren Vaterlande Bahern, inbesondere
der Pfalz. bereits, wenn auch in bescheidenem
Maße, gegeben. und es bedarf nur der Bestimmung,
daß die Vorbildung der künftigen Lehrer, wie für
alle gebildeten Staͤnde überhaupt, in dem huma⸗
nistischen oder realistischen Lehransialten zu geschehen
habe, die nöthigen mufikalischen Kenntnisse voraus-
gesetzt. Durch diese Veränderung würde aber der
Staat bedeutende Koften ersparen, indem die Unter
haltung der Praparandenschulen mit dem erzielten
Nutzen derselben in einem schreienden Mißverhalt⸗
niß steht. Dieselben müßten aufgehoben oder in
Realschulen, vorerst in vierklassige, verwandelt wer—
den. Es ist auffallend, daß auch in dem zahlenden
Bürgerstande selbst der Wunsch oder das Verlangen
noch nicht zum Ausdrud gekommen ist, die Volks⸗
schule, wenigstens in den größeren Orten, in eine
organische Verbindung mit der Realschule zu bringen,
die eigentlich an die Stelle der nur Wenigen nüßzen⸗
den Lateinschulen zu treten hätte. Denn das Lehr⸗
ziel der gehobenen Volksschule stimmt mit dem der
4. Realschulklasse, mit Ausnahme der franzosischen
Sprache, nabezu überein. Eine solche Simidn
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