Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amitliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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5 St. Jugberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhalimmgb 
an und Sonntags mit Gseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 73 —, elnschließli h 
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Sonntag, 13. September 188s88s5. 20.Jahrg. 
—I—— 
Volitische Uebersicht. 
jatten nur ein Schiff bei Pap, die Spanier deren 
wei. Der für die Karolinen ernannte spanische 
Vouverneur wollte die zwei spanische Kommandan⸗ 
en bestimmen, sich in eine Aktion einzulassen, was 
diese verweigerten. Die spanischen Blätter, selbst 
ie der Regierung gerathen in Wuthausbrüche gegen 
diese beiden Offiziere, welche übrigens sofort tele⸗ 
zraphisch abgeseßi wurden und vor ein Kriegsge- 
acht gestellt. werden. Wenn es uns erlaubt ist, 
n einer so heiklen Angelegenheit einen Rath zu 
zeben, so würden wir die spanische Regierung er⸗ 
uchen, den beiden Offizieren zu danken, welche in 
zöliiger Unkenntniß der Vorgange in Europa ge⸗ 
ögert haben, ihr Land in ein großes Abenteuer 
u verwickeln, und lieber Instruktionen abwarteten. 
Hätte man auf den Karolinen Kanonenschüsse ge— 
dechselt, so wäre dies ernster gewesen als die Tu⸗ 
nunlie in Madrid, und die augenblicklich zwischen 
den beiden Regierungen begonnenen friedlichen 
Unterhandlungen wären weitaus schwieriger gewesen.“ 
ks ist nicht zu verwundern, daß das Bekanntwer⸗ 
en dieser und ähnlicher Details der Vorgänge zu 
ensationellen Meldungen benutzt wird, um so mehr 
As etwas Thatsächliches an der Sache zu sein scheint. 
Beiertheim, 11. Sept. Die Kaiferparade 
—XV— 
hegleiter von dem Großherzog, dem Kronprinzen, 
deñ badischen und preußischen Prinzen und riesiger 
Zuite, und fuhr saͤmmtliche Treffen entlang. Wäh⸗ 
rend des Defilirens blieb der Kaiser über eine 
Stunde im Wagen stehend. Der Großherzog und 
die badischen Prinzen führten ihre Regimenter per⸗ 
znlich vor. Schließlich fuhr der Kaiser langsaut 
ie Front der badischen Kriegervereine entlang. Die 
Zaiserin wohnte im Wagen an, die Großherzogin 
ind die Kronprinzessin Viktoria erschienen zu Pfetde. 
der Erbgroßherzog führte das erste Bataillon der 
deibgrenadiere. Prinz Ludwig war in dem gleichen 
Regiment eingetreten. Das Wetter war anfangs 
rünstig, später trat Regen mit Surm ein. Die 
zegrüßung des Kaisers von der tausendköpfigen 
Menge war stürmisch. 
Ausland. I 
Wien, 9. Sept. Aus Bohmen liegt wieder 
in Schlachtenbericht vor. Abermals find es 
Deutsche, welche bei Iserthal, in der Naähe von 
seichenberg, von Czechen aus dem Hinterhalte 
iberfallen und mit Steinwürfen traltirt wurden. 
die Mahnungen der czechischen Führer scheinen 
sonach wenig zu fruchten; die jahrelange Agitation, 
velche don dieserSeite gegen die Deuischen syste⸗ 
matisch beirieben und genährt wurde, hat den Haß 
und die Leidenschaften gegen das Deutschthum auf⸗ 
zestachelt, und vielleicht hat auch der tzechische Pobel 
in hinreichend feines Verßändniß, um die gewun⸗ 
denen Beschwichtigungsversuche nicht allzu ernst zu 
rahmen. 
»Den Brennpunkt der gesammten poli⸗ 
gen Diskussion bildete in der abgelaufenen Woche 
Erdrierung des deutsch⸗spanischen 
reitfalles, wieer fich nach der Besetzung 
Insel Yap und den Pbbelerxzessen in Madrid 
mel hat. In allen deutschen Blättern spiegelt 
die Zuverficht wieder, daß es den so versoͤhn⸗ 
hen Dispofitionen der Reichsregierung gelingen 
We, den Konflikt mit Spanien wegen der Karo⸗ 
zwe Inseln in gütlicher Weise beizulegen und auch 
mswartige Presse ist des Lobes uber die über⸗ 
besonnene und maßvolle Haltung voll, welche 
m maßgebenden Orts in BVerlin trotz der Provo⸗ 
onen der spanischen Nation und ungeachtet der 
igsten Zwischenfälle in der ganzen Affaire fort 
iagt einnimmt.“ Jenseits der Pyrenäen selbst 
inen sich die hochgehenden Wogen der Nationalen 
waz geglättet zu haben und steht zu hoffen, daß 
der Knergie, welche die Regierung des Königs 
fonso jeht entwickelt, gelingen werde, weitere 
nüdeutsche Kundgebungen zu unterdrücken. Einiges 
efremden hat es allerdings exregt, daß Deuisch⸗ 
nd noch · immer keine ofsizielle Genugthuung seitens 
tr spanischen Regierung für die Beschimpfung der 
uschen Flagge in Madrid zu Theil geworden ist. 
ddessen irügt die deutsche Regierung der überaus 
wierigen Lage, in welcher⸗ sich König Alfonso 
id sein Ministerium befinden, volle Rechnung und 
neriäßt es einstweilen, auf Gewährung dieser Ge⸗ 
agthuung zu dringen; es wird wohl Niemand 
gen, dieses Verhalten der Reichsregierung als 
ne Schwäche aufzufassen. Im Uebrigen liegt 
ute zur starolinen⸗Affaire nichts Neues von Be⸗ 
ufung vor; auch über die ferneren Vorgänge 
fder Insel Yap ist absolut nichts bekannt. Die 
ichticht, daß die deutschen Konsuln in Barcelona 
d Saragossa ermordet worden seien, wird als 
—IeOeet 
ossa überhaupt gar keine konsularische Vertretung 
3 deutschen Reiches existirt. In Madrid war 
nem Telezramm des „Temps“ zufolge die Gar⸗ 
ijon noch immer in den Kasernen konsignirt und 
querten die polizeilichen Vorsichtsmaßregeln fort; 
je Kuhe soll nicht weiter gestöri worden sein. Als 
in Zeichen der beginnenden Ernüchterung jenseits 
a Pyrenden ist auch der Vorschlag des angesehenen 
dadrider Journals Epoca“ anzusehen, das Wap⸗ 
m am deutschen Gesandtschaftsgebaude freiwillig 
ieder anzubringen. 
—— — 
*Die offizielle Bekanntgebung des 
Term ins für die Neuwahlen zur französischen 
Deputirtenkammer, die demnach am 4. Oktober 
latifinden werden, hat fast unmittelbar zwei be⸗ 
nerlenswerthe: Kundgebungen nach fich gezogen. 
die eine derselben besteht in einer Wahlrede, welche 
der Ministerpräfident Brisson auf einem Banket zu 
Zaris gehalten hat und in der er das Programm 
ꝛer Regierung entwickelle. Als Hauptpunkte dieses 
Zrogrammes erscheinen die Steuerreform, Befolg⸗ 
— 
—E 
zeckt sich sonach das Programm der Regierung 
m Allgeineinen mit demjenigen der Opportunisten. 
Ddie andere Kundgebung aus der französischen 
Wahlbewegung biidet eine am Dienstag Abend in 
Jaris statigefundene allgemeine Delegirten⸗Versamm⸗ 
ung der NMonarchisten. Auf derselben wurde ein 
Zarteiprogramm angenommen, in welchem nach 
darlegung der Beschwerden gegen die Republik eine 
taͤndige starke Staatsgewalt gefordert wird, die 
zurch Wiederherstellung des religidsen Friedens und 
zurch Handhabung einer vorschauenden auswärtigen 
Zolitil Frankreichs Gedeihen befördere. Das Pro⸗ 
ramm stellt nicht die Frage Republik oder Monarchie, 
ondern verlangt nur die Wiederherstellung des 
Artikels 8 der Verfaffung, welcher gestattete, Ddie 
Kegierungsform zu diskutiten. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 12. Sept.Wie uns mit⸗ 
zetheilt wird, wurde gestern in der hiesigen Grube 
Jer Bergmann Jakob Schmidt durch schlagende 
Wetter derart an Kopf und Händen verbrannt, 
daß er in's Spital verbracht werden mußte. 
—*Aus voller Ueberzeugung empfehlen wir 
dem schdnen Geschlecht nachdrücklich das in 
Dresden erscheinende prakbtische Wochen⸗ 
»latt für alle Hausfrauen Fürs 
daus““. Das Blatt hat in der kurzen Zeit seines 
8— bereits eine notariell beglaubigte Auflage 
bdon 80.000 Eremplaren erreicht, — der beste Beweis 
ür die Vorzüglichkeit seines Inhaltes. Allerdings 
jat hierzu gewiß auch der auffällige billige Abon⸗ 
aementspreis beigetragen, welcher vierteljährlis 
nur 1 Mark betragt. 
— Am-⸗ 1. Dezember als am Tage der allge⸗ 
neinen Volkszählung fällt nach ministerieller 
Anordnung der Schulimterricht gus 
— Zweibrücken, 10. Sept. Vom 1. 
Dktober an werden in den beiden Orten Witters⸗ 
seim und Habkirchen k. Postexpeditionen. erxrichtet. 
Der Postbeftellbezirl Witsersheim umfaßtr Bebels⸗ 
sjeim, Neuhof, Ehlingen, Ehlingermühle. Zum 
Bestellbezirk Habkirchen gehören: Bliesmengen,. 
Zolchen, Grafenthal, Uhrigsmühle, Habkirchen und 
dabkirchermühle. 
— Die Nachricht, daß; bei den Mandvern in 
der Nordpfalz zwei Soldaten von Pferden getreten 
worden und daran gestorben feien,, bestätigt sich 
erfreulicherweise nicht. 
— Edesheim. Heute kommt durch den 
Weinkommissionär Herrn Jean Fischer der erste 
NReue Wein zum Versandt. Der Most wurde 
zekauft 830 Liter zu 11 Mk. 50 Pfg., Mostgewicht 
Furchschninlich 70 bis 75 Grad nach Oechsle. 
Es hal ·den Anschein, als würde der de u t sch⸗ 
sanische Konfläkt, trotz der würdevbollen 
nd ruhigen Haltung der deutschen Regierung und 
oß der energischen Bemühungen des Konigs Al⸗ 
ns, es nicht zu einer ernsten Verwicklung lommen 
lassen⸗ noch gefahrvolie Klippen zu passiren 
hen, ehe er in das friedliche Fahrwasser völlig 
ulicher, von aller Gereiztheit freier diplomatischer 
terhandlungen einläuft. Schon das Bekannt⸗ 
rden der Vorgänge, die sich unmittelbar vor oder 
d der Aufhissung der deutschen Flagge auf Yap 
piellen, dürfte die herrschende Aufregung in 
hanien eher vermehren ais vermindern. Wie 
ihe gerüdt in der That die Gefahr eines blutigen 
usammenstoßesbei diesem Vorfall war, ersieht 
un auz folgender Darfellung des Verlaussz der 
egnung des deutschen Kanonenbootes „Iltis“ 
iden spanischen Kriegsschiffen, die John Lemoinne 
m ,Journ. des Deßaige uwirft; .Die Deuischen 
* Aus der Schweizt werden neue Aus⸗ 
veisungen von Anarchisten, 4 Oesterreicher 
ind eines Bayern, gemeldet. Man kann es nur 
ankbar anerkennen, daß der Schweizer Bundesrath 
ortgefetzt so energisch gegen die internationale Um⸗ 
urzpartei vorgeht und deren Mitgliedern mehr 
ind mehr die Anschauung benimmt, als sei der 
Zoden der Eidgenossenschaft eine Heimstätte für die 
marchistische Gesellschaft. 
Deutsches Reich. J 
Berlin, 11. Sept. Wie neuerdings ver⸗ 
erlautet, werden die preußischen Landtagswahlen 
vahrscheinlich im ersten Drittel des November vor 
»nommen werden.