Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jugherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des köͤnigl. Amtsgerichts St. Ingbert J 
— αασαατασιααOασαισααα rrar⸗ — — — — — — 
er „St. Jugberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünufmal: Am Montag, Dieustag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Jalt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blati kostet vierteljiährlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 76 —, einschließli d 
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auf welche die Expedition Auskunft ertbeilt, 1Iß A. Neclamen 80 ⸗. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnel. 
X 179. 
Politische Uebersicht. 
*Den Brennpunkt der gesammten poli⸗ 
schen Diskussion bildete in der abgelaufenen Woche 
e Erdrierung des deutsch⸗spanischen 
ztreitfalles, wie er fich nach der Befetzung 
er Insel Yap und den Pobelexzessen in Madrid 
faltet hat. In allen deutschen Blättern spiegelt 
ddie Zuversicht wieder, daß es den so versöhn⸗ 
hen Dispositionen der Reichsregierung gelingen 
erde, den Konflikt mit Spanien wegen der Kato— 
nen⸗Inseln in gütlicher Weise beizulegen und auch 
e auswaͤrtige Presse ist des Lobes über die über⸗ 
5 besonnene und maßvolle Haltung voll, welche 
an maßgebenden Orts in Berlin trotz der Provo⸗ 
ionen der spanischen Nation und ungeachiet der 
ngsten Zwischenfälle in der ganzen Affaire fort- 
segt einniimmt. Jenseits der Pyhrenden selbst 
heinen sich die hochgehenden Wogen der Nationalen 
was geglätiet zu haben und steht zu hoffen, daß 
der Energie, welche die Regierung des Konigẽ 
fonso jetzt entwickelt, gelingen werde, weitere 
itideutsche Kundgebungen zu unterdrücken. Einiges 
efremden hat es allerdings erregt, daß Deutsch⸗ 
nd noch immer keine offizielle Genugthuung seitens 
tr spanischen Regierung für die Beschimpfung der 
utschen Flagge in Madrid zu Theil geworden ist. 
dessen trägt die deutsche Regierung der überaus 
wierigen Lage, in welcher sich König Alfonso 
d sein Ministerium befinden, volle Rechnung und 
uerlaßt es einstweilen, auf Gewaährung dieser Ge— 
gthuung zu dringen; es wird wohl Niemand 
egen, dieses Verhalten der Reichsregierung als 
re Schwäche aufzufassen. Im UÜebrigen liegt 
ue zur Karolinen⸗Affaire nichts Neues von Be— 
iung vor; auch über die ferneren Vorgänge 
der Insel Yapist absolut nichis bekannt Die 
ahticht, daß die deutschen Konsuln in Barcelona 
d Saragossa ermordet worden seien, wird als 
Jch unbegründet bezeichnet, zumal da in Sara— 
a überhaupt gar keine konsularische Vertretung 
deutschen Reiches existirt. In Madrid war 
m Tele zyramm des „Temps“ zufolge die Gar— 
n noch immer in den Kasernen konsignirt und 
»ten die polizeilichen Vorsichtsmaßregeln fort; 
duhe soll nicht weiter gefibri worden sein. Als 
deichen der beginnenden Ernüchterung jenseits 
yrenden ist auch der Vorschlag des angefehenen 
drider Journals ¶ Epoca“ angusehen, dag Wap⸗ 
am deutschen Gesaudtschaftsgebäude freiwillia 
der anzubringen. 
* hat den Anschein, als würde der deut sch⸗ 
unische Konflilte sroß der würdebollen 
nuhigen Haltung der deutschen Regierung und 
der energischen Bemühungen des Konigs Al⸗ 
ðnicht zu einer ernsten Verwicklung kͤmmen 
Asen, noch gefahrvolle Klippen zu pafssiren 
m ehe er in das friedliche Fahrwaͤsset voöllig 
—X Gereiztheit freier diplomatischer 
thandlungen einlaͤuft. Schon das Bekannt⸗ 
den der Vorgange, vie sich unmittelbar vor oder 
der Aufhissung der deuschen Flagge auf Yap 
eien, düͤrfte. die hertsehende Nuftegung “in 
nnien eher dermehren ais vdermindernWi⸗ 
erückt in der That die Gefahr eines blutigen 
nmenftoßesbei diesem Vorfall war, ersieht 
us folgender Darsteͤung des Verlaufs da 
ung des deutschen Kanonenbootez Ilis“ 
den spanischen Kriegsschiffen, die John Lemoinne 
Journ. des Debats“ entwirft: Die Deuischen 
4 
Sonntag, 13. September 1888. V 20. Jahrg. 
jatten nur ein Schiff bei Yap, die Spanier deren 
wei. Der für die Karolinen ernannte spanische 
Bouverneur wollte die zwei spanische Kommandan— 
ten bestimmen, sich in eine Aktion einzulassen, was 
diese verweigerten. Die spanischen Biätter, selbst 
die der Regierung gerathen in Wuthausbrüche gegen 
diese beiden Offziere, welche übrigens sosort tele⸗ 
zraphisch abgesetzt wurden und vor ein Kriegsge⸗ 
richt gestellt werden. Wenn es uns erlaubi ist, 
n einer so heillen Angelegenheit einen Rath zu 
jeben, so würden wir die spanische Regierung er⸗ 
uchen, den beiden Offizieren zu danken, welche in 
»ölliger Unlenntniß der Vorgänge in Europa ge- 
zögert haben, ihr Land in ein großes Abenteüer 
iu verwickeln, und lieber Instruklionen abwarteten. 
Zätte man auf den Karolinen Kanonenschüsse ge⸗ 
vechselt, so wäre dies ernster gewesen als die Tu⸗ 
nnlte in Madrid, und die augenblicklich zwischen 
den beiden Regierungen begonnenen friedlichen 
Anterhandlungen wären weitaus schwieriger gewesen.“ 
Es ist nicht zu verwundern, daß das Bekanniwer⸗ 
en dieser und ähnlicher Details der Vorgänge zu 
ensationellen Meldungen benutzt wird, um so mehr 
als etwas Thatsächliches an der Sache zu sein scheint. 
Beiertheim, 11. Sept. Die Kaiserparade 
derlief glanzend. Der Kaiser traf um 10 Uhr ein, 
begleitet von dem Großherzog, dem Kronprinzen, 
den badischen und preußischen Prinzen und riesiger 
Suite, und fuhr sammtüche Treffen entlang. Waͤh⸗ 
rend des Defilirens blieb der Kaiser über eine 
Stunde im Wagen stehend. Der Großherzog und 
zie badischen Prinzen führten ihre Regimenter per⸗ 
oͤnlich vor. Schließlich fuhr der Kaiser langsau 
ie Front der badischen Kriegervereine entlang. Die 
daiserin wohnte im Wagen an, die Großherzogin 
ind die Kronprinzessin Viltoria erschienen zu Pferde. 
Der Erbgroßherzog führte das ersie Baiaillon ver 
deibgrenadiere. Prinz Ludwig war in dem gleichen 
Regiment eingetreten. Das Wetter war anfangs 
zünstig, später trat Regen mit Surm ein. die 
degrüßung des Kaisers von der tausendkopfigen 
Menge war stürmisch. 
Ausland. 
Wien, 9. Sept. Aus Bohmen liegt wieder 
iin Schlachtenbericht vor. Abermals find es 
Deutsche, welche bei Iserthal, in der Naähe von 
seichenberg, von Czechen aus dem Hinterhalte 
iberfallen und mit Sieinwürfen tralktirt wurden. 
Die Mahnungen der cjechischen Führer scheinen 
onach wenig zu fruchten; die jahrelange Agitation, 
velche von dieser Seite gegen die Deutschen syste⸗ 
natisch beirieben und genährt wurde, hat den Haß 
ind die Leidenschaften gegen das Deutschthum auf⸗ 
nestachelt, und vielleicht hat auch der czechische Pobel 
in hinreichend feines Verfandniß, um die gewun⸗ 
denen Beschwichtigunssversuche nicht allzu ernst zu 
rehmen. 
* Die offizielle Bekanntgebung des 
Termiins für die Reuwahlen zur franzöofischen 
Deputirtenkammer, die demnach am 41. Oktober 
jattfinden werden, hat fast unmittelbar zwei be⸗ 
gerkenswerthe Kundgebungen nach sich gezogen. 
die eine derselben besteht in einer Wahlrede, welche 
»er Ministerpräsident Brisson auf einem Banket zu 
Zaris gehalten hat und in der er das Programm 
er Regierung entwickelte. Als Hauptpuntte dieses 
Zrogrammes erscheinen die Steuerreform, Befolg⸗ 
ng einer friedlichen, aber würdigen Politik nach 
AUAußen und Abschluß der kolonialen Aktion und 
)eckt sich sonach das Programm der Regierung 
m Allgemeinen mit demjenigen der Opportunisten. 
Die andere Kundgebung aus der franzoͤsischen 
Wahlbewegung bildet eine am Dienstag Abend in 
Baris stattgefundene allgemeine Delegirten · Ver samm · 
ung der Monarchisten. Auf derselben wurde ein 
barteiprogramm angenommen, in welchem nach 
Darlegung der Beschwerden gegen die Republik eine 
tändige starke Staatsgewalt gefordert wird, die 
hurch Wiederherstellung des religiösen Friedens und 
urch Handhabung einer vorschauenden auswärtigen 
ßolitik Frankreichs Gedeihen befördere. Das Pro⸗ 
zramm stellt nicht die Frage Republik oder Monarchie, 
ondern verlangt nur die Wiederherstellung des 
Urtikels 8 der Verfaffung, welcher gesiattete, die 
Keqierunasform zu diskuiren. 
Bcrred Aaische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 12. Sept. Wie uns mit · 
zetheill wird, wurde gestern in der hiesigen Grube 
»et Bergmann Jalob Schmidt durch schlagende 
Wetter derart an Kopf und Händen verbrannt, 
daß ex in's Spital verbracht werden mußle. ä 
—Aus voller Ueberzeugung empfehlen wir 
dem schönen Geschlech nachdrücklich das in 
Dresden erscheinende praktische Wochen⸗ 
blatt für alle Hausfrauen Färz 
Haus““. Das Blatt hat in der kurzen Zeit seines 
Bestehens bereits eine notariell beglaubigie Auflage 
oon 80 400 Eremplaren erreicht. der beste Veweis 
für die Vorzüglichkeit seines Inhaltes. Allerdings 
hat hierzu gewiß auch der auffallige billige Abon⸗ 
nementspreis beigetragen, welcher vierteljahrlid 
nur 1 Mark deirägt. — 
— Am 1. Dezember als am Tage der allge⸗ 
neinen Volkszahlung fällt nach mlnisterieller 
Anordnung der Schulunterricht aus. W 
— Zweibrücken, 10. Seph. Vom 14. 
Oltober an werden in den beiden Orten Wuͤters— 
jeim und Habkirchen k. Postexpeditionen errichtet. 
Der Posibestellbezirk Wittersheim umfaßt? Bebels⸗ 
Jeim, Neuhof, Ehlingen, Ehlingermuͤhle. Zum 
Bestellbezirk Hablirchen gehören: Bliesmengen, 
Bolchen, Grafenthal, Uhrigsmäble, Habkirchen um 
dablirchermühle. 
— Die Nachricht, daß bei den Mandvern in 
der Nordpfalz zwei Soldaten von Pferden getreten 
worden und daran gestorben seien, bestätigt sich 
erfreulicherweise nicht. 
— Edesheim. Heute kommt durch den 
Weinkommissionär Herrn Jean Fischer der erste 
Neue Wein zum Versandt. Der Most wurde 
Jekauft 50 Liter zu 11 Ml. 50 Pfg., Mostgewich 
durchschnittlich 70 hig 75 Grad noch Oemal, 
* Aus der Schweiz werden neue Aus⸗ 
weissuugen von Anarchisten, 4 Oesterreicher 
uind eines Bayern, gemeldet. Man kann es nur 
ankbar anetlennen, daß der Schweizer Bundesrath 
ortgesetzt so energisch gegen die internationale Um— 
durzpartei vorgeht und deren Mitgliedern mehr 
und mehr die Anschauung benimmt, als sei der 
Boden der Eidgenossenschaff eine Heimstätte fuͤr die 
marchistische Gesellschaft. 
Dentsches Reich. 
Berlin, 11. Sept. Wie neuerdings ver⸗ 
erlautet, werden die preußischen Landtagswahlen 
pahrscheinlich im ersten Driltel des November vor 
zenommen werden.