Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
r St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag,⸗ Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungb⸗ 
hatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 AM 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 , einschließlia 
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quf velche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 4, Neclamen 80 —. Bei 4maliger Einruckuna wird nur dreimalige berechnet. 
F 183. Samstag, 19. September 1888. 290. Jahrg. 
zinladung zum Abonnement. 
Fur das mit dem J. Oktober nächsthin beginnende 
y. Quartal erlauben wir uns hiermit, ergebenst zum 
sbonnement auf den wöchentlich 5mal — zweimal 
zit Unterhaltungsblatt und Sonntags mit illustrirter, 
ZKeitiger Beilage — erscheinenden 
„St. Ingberter Anzeiger“, 
miliches Organ des kgl. Amtsgerichts St. Ingbert, 
mzuladen. Der Allonnementspreis bleibt 
erselbe wie bisher. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ wird nach wie 
or über die politischen Ereignisse möglichst rasch 
ud rein objektid, unter Ausschluß allen Parteige⸗ 
inkes, berichten und daneben den lokalen und 
robinziellen Verhältnissen ganz besondere Beachtung 
henken. Für die Unterhaltung bringt er in seinem 
aterhaltungsblatte und in der illustrirten Sonn⸗ 
agsbeilage eine reiche Fülle spannenden und an⸗ 
genden Lesestoffes. 
Neubestell ungen sowie die Erneuerung 
es Abonnements bitten wir gefälligst bald 
ewirken zu wollen, damit in der Zustellung des 
zlatles keine lästige Unterbrechung eintritt. Alle 
I. Postanstalten und Posiboten nehmen Bestell⸗ 
ingen entgegen. sowie ferner die Expedition des 
latießs und die Austräger desselben. Bemerkt sei 
och, daß alle Abonnenten, die das Blatt durch 
nsere Austräger zugestellt erhalten, dasselbe auch 
meneuen Quartale fortgeliefert wird, sofern nicht 
or Schluß dieses Monats Abbestellung erfolgt. 
Indem wir noch den „St. Ingberter Anzeiger“ 
is wirksames Inserationsorgan für hier und Um⸗ 
egend in empfehlende Erinnerung bringen, zeichnen 
Hochachtung svoll st 
Redabtion a. Exzedilien 
des „St. Ingberter Auzeiger.“ 
Politische Uebersicht. 
Der Abtretung der Marokko tributpflichtigen 
ase Figuig an Frankreich legt man in 
zerliner Regierungskreisen eine besonders hohe Be⸗ 
eutung bei. Fürst Bismarck, der die Wichtigkeit 
ieses Zwischenfalles für die gegenwärtige deutsch⸗ 
banische Krise in gewohnter genialer Weise sofort 
clannte, berief den deutschen Minifsterresidenten 
esta von Konstantinopel zu sich nach Varzin, 
m sich mit ihm über die marokkanische Frage aus- 
nanderzusetzen. Frankreich dersichert Spanien 
einer ewigen Freundschaft und schiebt inzwischen 
eine Nordwestgrenze in Algier immer weiter, bis 
mes schöͤnen Tages die dortigen spanischen wie 
narolkanischen Ansprüche unter Frankreichs glor⸗ 
eichem Banner — begraben sein werden. 
Was nun die Oase Figuig seibst anbe⸗ 
angt, so liegt dieselbe unter dem 32. Gr. nörd⸗ 
icher Breite und dem 1. Gr. westlicher Lange von 
Zreenwich. Die Oase ist Stationsort der Kara⸗ 
bdanen nach Timbuktu und Mekka und deshalb 
hon von Wichtigkeit. Fuͤr Frankreich kommt aber 
och ein anderes Moment hinzu, weiche ihm den 
hesiß der Oase wünschenswerth machen muß. Fi⸗ 
uig gewährte, Dank seiner Lage zwischen den 
anzoͤsischen Besitzungen und dem Kaiserreich Ma⸗ 
olko und wegen des nahen Zuflucht bietenden 
nlasgebirges, allen Frankreich feindlichen Araber⸗ 
Ammen einen geeigneten Versammlungsplatz und 
ztützpunkt für Unternehmungen gegen die franzö⸗ 
che Herrschaft. Das zeigte sich namentlich wah⸗ 
eund des Aufstandes in Algier 1881, bei welchem 
ι 
die Oase den Franzosen viel Unbequemlichkeit ver⸗ 
arsachte. Damals schon trug sich Frankreich mit 
der Äbsicht, Figuig in Befiß zu nehmen, stand 
aber wegen des Unmuthes, der sich in Spanien 
darüber geltend machte, wieder davon ab. Wenn 
ruch die amtliche Bestätigung der Nachricht über 
die Abtretung der Oase an Frankreich bisher noch 
nicht eingetroffen ist, so hat es doch viel Wahr⸗ 
cheinlichteit, daß Frankreich den günstigen Augen ⸗ 
zlick, in dem die Augen Spaniens auf die fernen 
darolineninseln gerichitet sind und die Stimmung 
so franzosenfreundlich wie möglich ist, benutzt hat. 
um den früheren Plan zur Ausführung zu bringen 
In Chicago waren dieser Tage Delegirte 
rerschiedener bayerisch ⸗ landsmannschaftlicher Vereine 
versammelt und dieselben beschlossen, einen Bayer. 
schen Nationalverein von Nordamerika zu gründen. 
Zweck desselben ist. durch gegenseitige Lebensver ⸗ 
icherung den Hinterbliebenen eines verstorbenen 
Huͤtgliedes Unterstützung zu gewähren und die 
zeistige Ausbildung anzuregen. 
Deutjsches Reich. 
Muͤnchen, 16. Sept. Der Staatsminifter 
Freiherr v. Feilitzsch ist aus dem Urlaub zurückge- 
sehrt und hai die Leitung der Geschafte des Mini⸗ 
teriums des Innern wieder übernommen. 
Berlin, 16. Sept. AUebereinstimmend wird 
hente von einem Eingreifen Englands in den deutsch ⸗ 
panischen Konflikt berichtet. In Madrid wollte 
nan vorgestern schon wissen, „die spanische Re⸗ 
nierung habe Grund zu der Annahme, daß das 
zritische Kabinet den Text von Sir Henry Layard's 
stote vom März 1875, in welcher erllärt wird, 
aß England das spanische Hoheitsrecht über die 
darolinen⸗Inseln nicht anerkenne, aufrechterhalte.“ 
hestern sodann sprach der Times“Corresponden! 
ʒon der Eristens einer englischen Note, die angeblich 
ie deutschen Ansprüche unterstütze und auf einer 
chiedsrichlerlichen Enischeidung bestehe, und heute 
ann derfelbe Correspondent bestätigen, daß England 
mn seinem Protest vom Marz 18785 festhalte. aber 
jegen die schiedsrichterliche Erledigung der Frage, 
bem die Karolinen gehoͤren sollen, nichts einzu⸗ 
—ER 
ierung fich an England gewendet und vielleicht 
jefragt, ob dasselbe den Standpunkt von 1875 noch 
esthalte, wohl in der stillen Hoffnung, England 
verde seinen Protest für abgethan erkläären, was 
ur Spanien in seinen Verhandlungen mit Deutsch⸗ 
and don großem Vortheil gewesen wäre. England 
at indeß dießer Versuchung wiederstanden, es hat 
einen Protest bestätigt und fich damit rückhaltlos 
uuf die Seite Deutschlands gestellt. Wir können 
ins daher sein Eingreifen wohl gefallen lassen. 
Wenn England trotz seines Protestes gegen ein 
Schiedsgericht nichts einwenden will. so ist auch 
dies eine Ftreundlichkeit gegen Deutschland, welches 
as Schiedsgericht zuerst vorgeschlagen hat und sogar 
der Berufung einer Konferenz nicht abgeneigt ist, 
venn diese den Spaniern annehmbarer erscheinen 
ollte als das Schiedsgericht. Uebrigens finden 
vir in der „Times“ heute einen Vorschlag verzeich⸗ 
net, der die spanischen Ansprüche wieder merklich zu 
ntkraften geeignet it. In einem Briefe an die 
Times“ wird nämlich von einem Schiffskapitän 
in das Faktum erinnert, daß im Jahre 1882 ein 
rritisches Geschwader nach den Palau⸗Inseln — 
etanntlich auch eine „Besitzung“ Spaniens, die in 
zpanien selbst zu den Karolinen gerechnet wird — 
gesendet wurde, um die Bewohner derselben für die 
Mißhandlungder Mannschaft eines britischen Schiffes, 
das zwei Jahr zuvor dort strandete, zu züchtigen. 
Fine kleine Brigade landete, die Hauptdörfer wurden 
eingenommen, vier Tage lang besetzt und die öffent⸗ 
lichen Gebäude verbrannt. Obgleich kein Blut 
»ergossen wurde, kann man sich eine direltere Ver⸗ 
etzüng von etwaigen Oberhoheitsrechten nicht denken, 
aber es fiel den Spaniern nicht ein, diese Ober⸗ 
hoheit geltend zu machen; sie protestirten nicht 
einmal, und das englische Schiff, das die Züchtig⸗ 
ing vollzog, konnte unbehelligt auf seiner Rückehr 
nach Hongkong in Manila ankehren. Es gab 
freilich auf sämmtlichen Inseln nicht einen einzigen 
Spanier, der hätte protestiren können, denn der 
einzige Europäer, der sich dort befindet, ist englischer 
Handelsmann, und die Einwohner hätten, so ver⸗ 
sichert der Briefschreiber, schon längst die englische 
Schutzherrschaft verlangt, damit den ewigen Kriegen 
der eingeborenen Häuptlinge ein Ende gemacht 
werde. Bezüglich Yap's konstatirt derselbe Kapitän, 
daß die Bewohner schon seit vier Jahren 'durch eine 
Bande gewissenloser Engländer mißhandelt und 
ausgeplundert würden, ohne daß die Spanier sich 
darum kümmerten. Man kann sich denken, daß 
unter diesen Umständen die Engländer ihren Protest 
bom März 1875 gegen die Ansprüche Spaniens 
aufrecht erhalten. (F. Z3.) 
Berlin, 17. Sept. Wie wir hoͤren, ist die 
spanische Note in ihrer Gesammtheit dem Kaiser 
vorgelegt, und ehe nicht die kaiserliche Entjchließung 
hierüber vorliegt, dürfte über den Inhalt derselben 
Authentisches nicht verlauten und auch die Verhand⸗ 
lungen mit Spanien ruhen. 
KKölu, 16. Sept. In Folge Restripts der 
tönigl. Regierung hat die Kölner Handelskammer 
an 88 dortige Firmen Fragebogen wegen der 
Zonntagsfeier gerichtet, welche in gestriger öffent⸗ 
licher Verhandlung der Handelskammer zur Ver⸗ 
lesung gelangten. Von den 68 Firmen erklären 
20 die Sonntagsarbeit entbehren zu loönnen, wäh⸗ 
rend 22 dieselbe theilweise in Anspruch nehmen zu 
müssen erklären. Die übrigen 26 aber halten die 
Sonntagsarbeit in ihren Etablissements aus tech⸗ 
nischen Gründen für geboten, machen auch geltend, 
daß im Allgemeinen der Arbeiter wegen der höheren 
Sonntagslöhne sehr zur Arbeit geneigt sei. 
Ausland. 
Wien, 16. Sept. Der bohmische Krieg 
nimmt seinen Fortgang. So werden aus Iserthal 
in Südböhmen neue ganz unprovozirte Ueberfälle 
bon Deutschen durch Czechen gemeldet. Als Sonn⸗ 
lag Abends um 8 Uhr der Fabrikbeamte Wawra 
bon Semil nach Iserthal ging, wurde er auf dem 
Wege von drei czechischen Burschen angegriffen. 
Einer derselben hieb ihn unter dem Rufe: Sakra- 
mensky nemec!“ (Gerfluchter Deutscher!“) mit 
einem Knüttel derart über den Kopf. daß er zu⸗ 
sammenstürzte. Als Wawra sich wieder erhob, 
erhielt er einen zweiten Hieb und blieb bewußtlos 
liegen. An demselben Abende wurden andere 
Deutsche aus Iserthal aus einem Hinterhalte mit 
Steinen beworfen. Die gerichtliche Untersuchung 
ist bereits eingeleitet. Gestern wurden mehrere 
Verhaftungen vorgenommen. 
Madrid, 17. Sept. Das Journal „Epoca“ 
beglückwünscht den Kaiser Wilhelm anläßlich seiner 
Ansprache an das Karlsruher freiwillige Kranken— 
trägerkorps.