vordrangte und den freigewordenen Sitz einnahm.
gIch bin der Dame zuliebe, aber nicht Ihretwegen
nestanden“, sagte der erste Herr. Der Dide
huͤch ruhig siten und erwiederte phlegmatisch
ESchon recht, die Dame ist meine Fraus“
Die Kossten, die der dreißigstündige Aufent⸗
halt in Kremsier dem Wiener Hofe verursacht
det, sind keine kleinen! Das ungeheure Schloß
Futde gereinigt, neu möblirt und neu dokorirt, so⸗
pen dies alle zu benutzenden Räume bettaf. Die
Hhatten wurden alle in jeder Weise in Stand ge⸗
ezt; der ungehenre Schloßhof in einen Garten
mgewandelt. Von Wien aus wurden 500 voll⸗
jandige Betten, 60 Hofequipagen, 150 Pferde,
sooo Teppiche aller Art, 400 Fach Gardinen nach
zeemsier befördert. Außerdem 300 vollständige
nůhstücks · Service , 7000 Paar silberne Vesser,
Fabel und Loffel, 400 silberne und andere Kaffee⸗
sannen, 800 silberne und andere Theekannen,
10.000 Weingläser, 10,000 Teller, 1500 Fla⸗
schen der feinsten Rheinweine, 2500 Flaschen Roth⸗
pein, 3000 Flaschen Champagner, 8300 Flaschen
verschiedene Liqueure, 200 Uhren200
pfd. Kaffee, 50 Pfd. Thee, 3 Zentner Zucker,
300 Pfd. Wachslichte, und dazu noch ganze Wagen⸗
ladungen voll Möbel aller Art, Bilder, Gemälde,
Silbergeschirr, Porzellan und Küchengeschirr! Das
anze Gefolge umfaßte beinahe 800 Personen
—5* waren eine Feuerwehr und, wie bekannt,
drei Musikkorps und die Mitglieder des Hofburg⸗
heaters (last not least) auf der Szene erschienen.
fHaag, 17. Sept. Vor dem hiesigen Ge⸗
richtshofe gelangte heute der Prozeß der Jeanne
Marie Lorette aus Brüssel, die angeklagt ist, den
jopanesischen Geschäftstrager ermordet zu haben, zur
herhandlung. Die Angeklagte legt ein vollständiges
Gestäͤndniß ab, leugnet aber, mit Vorbedacht ge⸗
handelt zu haben. Eine große Anzahl Zeugen
wird verhört. Das wichtigste Zeugniß ist das des
Arztes Dr. Piepers, welcher der Meinung ist, daß
die Angeklagte für ihre Handlungen nicht verant⸗
wortlich sei, da fie an Epilepsie und an ererbter
Hysterie leide. Professor Donkersloot gibt die er⸗
erbie Hysterie zu, ist aber weniger pofitiv in seiner
Meinung bezüglich der Zurechnungsfähigkeit der
Angeklagten. Morgen Fortsetzung des Verhörs
und Plaidohers. Man glaubt allgemein, daß die
Vrr 777775it ausgeschlossen wird. —
f Paris, 17. Sept. Der „Temps? bringt
heuie unter dem Titel: „Ein Ausflug nach Straß⸗
durg“ eine interefssante Beschreibung der Stadt,
wie sie unter der deuischen Herrschaft vergrößert
und verschönert worden ist, und widmet namentlich
den Universitäts⸗Einrichtungen eine anerkennungsvolle
Schilderung, ohne jedoch die militärischen und bür⸗
gerlichen Verhältnifse unbeachtet zu lassen. Die
deutsche Artillerie scheint dem Verfasser, Herrn Ch.
Rismer, nicht so gut als die französische zu sein,
singegen erllärt er als verwegen, bezüglich der In⸗
janterie und Kavallerie einen Vergleich anstellen zu
wollen. Von besonderem Interesse sind folgende
Stellen: „Die Beziehungen zwischen den Straß⸗
durgern und den Deuischen beschränken sich auf
das Unentbehrliche. Jeder lebt nach seiner Seite
in. Die Offiziere haben ihre Kasino, die Sol—⸗
daten, Studenten und Civilisten haben besondere
Vierwirthschaften, von ihren Landsleuten gehalten,
wo man zu essen erhält, wie in den Bouillons
duval, nur daß es statt der leinenen Servietten
solche aus Seidenpapier gibt. Offiziere und Sol ⸗
daten sind sehr höflich gegenüber den Einwohnern
und überlassen ihnen gern dus Trottoir. Die Be⸗
jörde zeigt sich streng, wenn sie einschreitet; im
llgemeinen ist sie ziemlich toierant. Ich sah den
deweis im Eden, einen Concertgarten, wo man
die dummen Refrains unserer Concertlaffees singt.
kine Frau sang, ich weiß nicht was; nach jedem
douplet Beifall, Herausruf, Ueberreichung eines
srachtvollen Kranzes, an welchem dreifarbige Bänder
sdingen, Alles ohne Einmischung der Polizei. Mi⸗
itärs in Uniform wohnten diesem Schauspiel vollig
unbeweglich bei.“ Herr Mismer bemerkt, daß die
rreffliche Einrichtung der Padetpost, die den Ein⸗
ewanderten es ermögliche, sich Alles aus der
deimath kommen zu lassen, den Kleinhandel schädige.
»Auf den Straßen reden die Straßenbürger, welche
ranzofisch spcechen koͤnnen, niemals Deutsch. Da⸗
durch zeigen sie ihre Anhänglichkeit an Frankreich.
Auch ist gleich nach der Eroberung das Studium
oes Franzosischen in den Schulen auf zwei Stunden
wöchentlich herabgesetzt worden, und die jungen Leute
unter 20 Jahren verstehen kaum französisch und
prechen es gar nicht mehr. Dafür müssen die
dinder deutsche Lieder singen, die das deutsche
Baterland verherrlichen und Haß gegen⸗Frankreich
uhmen ... Wer Ohren hat zu hören, und Augen,
zu sehen, kann aus einer Reise nach Straßburg
ziel Nutzen ziehen und mehr als ein Thor wird
lug von dort zurückkommen.“
fF London, 16. Sept. In Dublin hat sich
emand einen dummen Spaß erlaubt. Am Mon⸗
ag erschien nämlich in einem dortigen Journal die
aachstehende Annonce: „Katzen. Unverzüglich.
kin Herr, der nach Auckland zurücktehrt und mit
der Eiufuhr einer Anzahl Katzen beauftragt isl,
bdietet 2 Sh. für jede ausgewachsene Katze und 1
5h. für Kätzchen, die in kleinen Körden — für
velche“ Vergütung geleistet werden wird — im
Billetperkaufsbureau, Carlisle Pier, zwischen 69
und 7 Uhr heute Abend abgeliefert werden. Nach
Mr. Weston zu fragen.“ Zwischen 5 und 6 Uhr
Abends waren infolge dessen auf dem Charlisle⸗
zier, Kingstown, bereits 150 Menschen zusammen.
zrauen, Mädchen und Knaben, mit Kisten, Kasten,
törben und Hutschachteln, und in jedem Behälter
zefand sich eine Katze oder auch deren zwei, und
in einigen Körben sogar ein ganzer Wurf. Man
vartete lange, ehe man sich erkundigte; aber zum
zroßen Schrecken der Katzenlieferanten war von
ꝛinem Mr. Weston nichts zu sehen oder zu hören,
is es endlich jedermann klar wurde, daß nur ein
chlechter Spaß beabsichtigt worden war. Eine
Anzahl von Straßenjungen hatte infolge det An⸗
nonce schon seit dem frühen Morgen dem sonsi
nicht sehr rentabeln Geschäft des Katzenstehlens ob⸗
zelegen, wozu der gute Markt die Verlockung bot,
und viele setzten ihren Raub wiederum in Freiheit.
F(Für Engländer.) Es ist bekannt, daß
reisende Engländer dem deutschen Rhein nicht gerade
zur Zier gereichen, sondern im Gegentheil überall,
wo sie sich niederlassin — wenn man ihre Art,
sich hinzuräckeln ein Niederlafsen nennen kann —
jöchst unangenehm auffallen. Dennoch sollen sie,
jofern sie sich nur friedfertig betragen, auch ferner
am Rhein gelitten werden, weil fie ja auch, was
nicht verkannt werden soll, durch Füllung der
Ddotels und Abtrinken von Tischweinen einigen
Nutzen stiften. Wenn sie aber so weit fich ver⸗
zjessen, daß ihre Damen in geschlossenen Koupees
deutschen. Künstlerinnen ins Gesicht schlagen, so
wird es doch nöthig sein, ihnen entweder den Rhein
ganz zu verbieten oder dafür zu sorgen, daß auf
allen Stationen eigene Eisenbahnwagen mit der
Aufschrift: „Für Engländer“ vorhanden sind.
CGEEladd.)
F Neapel, 11. Sept. Schon wieder istein
entsetzliches Schiffsunglück zu verzeich⸗
nen, das einen französischen Dampfer, der aber
überwiegend Italiener an Bord hatte, bet heiterem
Zimmel in den italienischen Gewässern betroffen hat.
die „Ville de Malage“, Küstendampfer der Gesell⸗
schaft Morelli, früher Valerhy, don 1000 Tonnen,
fuhr am Sonntag Abend von Genua nach Marseille
ab. An Bord war eine Bemannung von 28 Ma⸗
trosen, 66 Passagiere, vorwiegend unteritalienische
Arbeitsuchende, darunter 10 calabresische Knaben,
die als Kaminfeger, Drehorgelspieler u. dergl. in
der Provence ihr Brod suchen wollten. Im Schiffs⸗
raum befanden sich übet 100 Ochsen, die nicht an⸗
gekettet waren. Es scheint, daß diese lebendige
dast durch eine Bewegung des Schiffes plötzlich auf
eine Seite gerieth. Eine Welle legte den Dampfer
auf die Seite und er erhob sich nicht wieder. Die
folgenden Wellen spülten über das Deck, schwemmten
die zehn Knaben fort und füllten langsam alle
Räume mit Wasser. Das Entisetzen der Passagiere
und die Finsterniß der Nacht erschwerten die Rett⸗
ungsmaßregeln. Zwar gelang es, zwei Boote ins
Meer zu lassen; aber nur 35 Personen fanden in
dem einen, 14 in dem anderen Platz. Vergebens
versuchte der Kapitän, der bis zuletzt an Bord blieb,
den Ballast wieder ins Gleichsewicht zu bringen.
Welle auf Welle schlug in das auf der Seite lie⸗
zende Fahrzeug. Man mußte es seinem Schichsale
Aberlassen und mit ihm die Unglücklichen, die im
Meere umheririeben oder verzweifelt, nach Hilft
rufend, sich an die Flanken anklammerten. Am an⸗
deren Morgen traf eine Barkle in Genua, die an⸗
dere in Savona ein. Von den Insassen waren
nehrere durch den Schreck und den Anblick des
Unterganges der Ihrigen halb bloöͤdsinnig geworden.
Aus beiden Häfen wurden sofort Fahrzeuge abge—
endet, um etwa Ueberlebende zu reiten. Sit
anden nichts mehr zu thun. Das Meer hatte
Alles verschlungen. Die Blätter messen dem Ka⸗
ditän die Schuld an dem Unglück bei, da er im
hinblick auf die Kürze der Fahrt und das gute
Wetter den Warnungen zum Trotz es nicht für
aöthig gehalten hatte, die Ochsen anzuketten. Die
Mannschaft scheint vollständig gerettet zu sein. Die
15 Umgekommenen sind also solche, die, den Krank⸗
heitsgefahren trotzend, in der Fremde ihr Brod er⸗
werben wollten. Ihre Namen sind noch nicht
fesigestellt.
F.„Was für eine St'elbe wünschen Sie?“
tragt der Stellen⸗Vermittlungs-Agent. — Oh,
rgend eine Dienerstelle; am liebsten in einer Bade⸗
Anstalt.“ — „Wissen Sie den aber auch mit den
Apparaten und dem Wasser umzugehen ?“ — „Ja.
ehr gut, da ich sehr lange in einem Weingeschäft
var“
Gemeinnuͤtziges.
Kartoffelkonserven. Es ist vielfach darauf
hingewiesen worden, wie exsprießlich es wäre, ähn⸗
lich wie anderes Gemüse so auch Kartoffeln in eine
verdichtete und haltbare Form zu bringen, in der
je geeignet, zur Versorgung der Schiffe, zue Aus⸗
uhr in überseeische Länder. wohl quch abwechsel⸗
ingsweise zur Bespeisung“ von Truppen im Felde
zu dienen. Diese Aufgabe scheint nunmehr durch
das patentirte Verfahren von Brückner in Klaus⸗
mühle bei Meißen (mitgetheilt in „Neueste Erfind.
und Erfahr.“) in einfacher Weise gelöst zu sein.
Die Kartoffeln werden geschält, in Scheiben von
547 Millim. Dicke geschnitten, auf ein weitmaschiges
Sieb geschüttet und mit diesem 4 Minuten in
siedendes Wasser getaucht und hierauf sofort auf
die Darrhorden gebracht, auf welchen sie 90,110
Minuten lang einem 90/1000 0. heißen Luftstrome
ausgesetzt bleiben. Die Scheiben behalten die
jelblich weiße Farbe, werden durchscheinend und
»erlieren etwa 65 pCt. ihres Gewichtes und etwa
50 pCt. ihres Volumens, lassen sich also viel
ieichter und billiger auch auf weite Entfernungen
jerschicken, als frische Kartoffeln. Sollen diese
Scheiben zu Speisen verwendet werden, so genügt
es, dieselben einfach aufzukochen, um darans Suppe,
Bemüse oder Kartoffelmus herzustellen; dieselben
'erhalten sich dabei angeblich genau so wie frische
dartoffeln.
Fur die Kcel. n ver· A
Sonte bene Hause Jehsen.
Homburg, Pfalz. Auf Ihre gefl. Anfrage erlaube ich
nir Ihnen höflichst mitzutheilen. daß ich Apotheker R.
Brandt's Schweizerpillen gegen Magenkatarrh, Kopfweh,
Appetitslosigkeit und gegen unregelmaäßigen Stuhlgang ver⸗
vende. Wem ich die Pillen morgens nehme, so fühle ich
nich den ganzen Tag wohl und kann meinen dienfilichen
Berrichtungen punltlich nachkommen, sobald ich aber einmal
irca 8 Tage aussetze, dann fehlt mir der Appetit und be⸗
omme Schlaf. Ich bin sehr zufrieden mit den Schweizer⸗
illen (erhältlich a Schachtel Mk. 1 in den Apotheken) und
affe dieselben in meinem Hause auch nicht mehr ausgehen.
dochachtungsvoll Martin Krauter, Hilfsportier. Man achte
enau darauf, daß jede Schachtel als Etiqueit ein weißes
— in rothem Grund und den Namenszug R. Brandt's
rãot
Der ächte Hebelkalender für 1886 ist eingetrossen!
Verlag von J. Lang in Tauberbischofsheim.) Der
stheinländische Hausfreund zeichnet fich wieder
aus durch originellen, volksthämlichen Inhalt.
Romane renommierter Schriftsteller mit ausgezeich⸗
ieten litterarischen Produkten zieren denselben, wie
Anzengruber, Rosegger, Geres, Barack u. A. Die
Ausftattung ist eine vorzügliche. Ueber 50 Bilder
chmücken denselben bei einem Umfang von 108
Quartseiten. Kein anderer deutscher Kalender bietet
zei dem Preise von nur 30 Pfennig eine solche
Fülle interessanten Unterhaltungsstoffes. — Als
„Stadtebilder aus. dem Mittelalter“ find diesem
Zalender beigegeben das in neuerer Zeit vielbesuchte
Rothenburg an der Tauber, sowie Werthbeim.
Fine besondere Zierde dieses schönen Kalenders
dilden fetnet die wohlgelungenen Bildniffe des
Erdgroßherzogs Friedrich Wilhelm von Baden mit
jeiner Gemahlin der Prinzessin Hilda von Nassau.
Der Deutsche Landeskalender (gleichfalls Ver⸗
lag von J. Lang in Tauberbischofsheim, Preis 20
Pfennig) ist in Begleitung des ächten Hebelkalenders
ingetroffen. Derselbe enthält neben anderem inter⸗
ssanten. Inhalt zwei prächtige Erzaählungen von
Rosegger, zwei witzsprüͤhende Humoresken von
Barack. sowie die wohlgetroffenen Bildnisse des
krbgroßherzogs Friedrich Wilhelm von Baden und
einer Gemahlin der Prinzessin Hilda von Nassau.
—Solch dedenfende Leistungen für nur 20 pfg.
Verkaufspreis des Kalenders) sind eben nur Sei
iner sehr großen Auflage möglich. Einer beson⸗
deren Empfehlung bedarf auch dieser Kalender nicht.