ʒt. Ingherter Atzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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X 187. Donnerstag, 24. September 1888s8. 20. Jahrg.
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»St. Ingbert, 24. Sept. Am Dienstag
dachmittag wurde dahier unter der Beiheiligung
inet nach vielen Tausenden zählenden Trauer⸗
ersammlung der am Sonntag so jah vom Tode
eroffene Reichsrath und Hüttenwerksbesitzer Herr
hustav von Kraemer zu Grabe geleitet.
In ihrer Großartigkeit bot diese Trauerfeier den
euchtendsten Beweis von der Liebe und Verehrung,
welche der Verblichene in den weitesten Schichten
ich erworben hatte. Die ganze Stadt trauerte um
hren edlen Mitbürger, welcher im Laufe seines
ebens so zahlreiche und gläänzende Proben wahren
hemeinsinns abgelegt hatte, und die ganze Stadt
rug das Verlangen, ihre Dankbarkeit zu bekunden
zurch die Erzeigung der letzten Ehre. Und von
nah und fern hatten sich Diejenigen eingefunden.
velche dem Hingeschiedenen nahegestanden. durch
reundschaftliche oder geschaäftliche Bande mit ihm
erlnüpft gewesen waren. So hatte sich der Trauer⸗
ondukt wohl zu dem imposantesten gestaltet, den
insere Stadt, ja, wie der „Pfälz. Kurier“ aus⸗
hricht, den die Pfalz je gesehen haben dürfte.
5. Exceslenz, der kal. Regierungspräsident der Pfalz,
err Staatsrath von Braun, begleitet von den
MNitgliedern des Regierungskollegiums, Herr Reichs⸗
zath v. Boöoͤcking, als Prasident des Verwaltungs⸗
uthes der Pfälzischen Eisenbahnen, sowie mehrere
Nitglieder des leteren, der Direltor der Pfalzischen
tisenbahnen, Herr Regierungsrath Lavale, mit
den Oberbeamten, der Vorstand des Bezirksamtes,
zert Bezirksammtmann Dr. Schlagintweit,
varen zu den Trauerfeierlichkeiten erschienen.
das. Pfälzische Gewerbemuseum war durch
einen Ausschuß, unter Führung des Herkn
Meringenieurs Opfermann vertreten. Die kgl.
—X
mit Herrn Geheimrath Eilert an der Spize,
intsendet, um ihrer Theilnahme Ausdrud zu geben.
die tgl. preußische Eisenbahndirektion vertrat Herr
kegierungsrath Bormann. Die Großinouftriellen
der Pfalz und des benachbarten Rheinpreußer.s
waren hierher geeilt, um sich dem Leichenkondukte
mzuschließen; wir nennen aus ihrer Reihe nur
die Herren Karl Rochling und Geheimrath
*tümm. Es fehlte nicht der langjährige, treue
steund des Kraemerschen Hauses, Herr Freiherr
datl d. Gienanth. Es war herbeigeeilt der
tühere langjährige Pfarrer dahier und jetzige Dekan
herr Krieger aus Kirchheimbolanden. F
Vor dem Trauerhause hatten 1500 Mann unserer
dabpschaft, fast sammtliche Vereine unserer Stadt
wir nennen den Kriegerverein, den Landwehr⸗
erein, die Feuerwehr der Stadt und des Eisen⸗
verts. den Turnberein, das Casino — Bürger⸗
neister, Adjunkten und Stadträthe unserer Gemeinde,
owie die rauernden Arbeiter des Hüttenwerks Auf
kellung genommen. Den letzteren war es gesiattet,
das Zimmer, in dem der Sarg aufgebahrt stand,
uu desuchen, und Keiner war, der es sich versagen
vollte, seinem deliebten Herrn noch einmal im
Lrrübergehen einen ffummen Gruß in sein letztes,
nles Haus nachzusenden. In der Wohnung des Ver⸗
—* empfingen der Reichstagsabgeordnete Herr
star Kraem er und Hert Heinrich Krae mer
wdie Leidtragenden. S. Excellenz Herr Regier⸗
ueprasdent von Brauns sprach in herzlichen
otten seine tiefe Trauer über den schweren Ver⸗
saus, den nicht nur die Familie, sondern die
janze Pfalz erlitsten babe. Herr Reichsrath von
Böoding betonte im Namen der Verwaltung der
pfalzischen Eisenbahnen in seiner Ansprache die
johen Verdienste des Hingeschiedenen um dieses
Justitut, dessen Verwaltungsrath Herr Reichsrath
Jon Kraemer volle 18 Jahre angehört hat. Herr
Oberingenieur Opfermann sprach im Namen
des Pfalzischen Gewerbemuseums, welches in
dem Verblichenen einen seiner eifrigsten Foͤrderer
erlor. Herr Bezirksdamtmann Dr. Schlagint⸗
veit legte auf den Sarg des Toten namens des
distriktes einen Kranz mit Widmung nieder. Auch
mnjere Stadtgemeinde ehrte ihren verstorbenen Mit
zürger und Berather mit einem prachtvollen Kranze
stachdem noch Herr Pfarrer und Distriktsschulin⸗
petior Ferce warme Worte des Trostes ge⸗
pendet hatte, wurde der reichgeschmückte Sarg auf
den Leichenwagen gehoben. Unter Vorantritt der
Znappschaftskapelle setzte sich der großartige Trauer⸗
zug nach den feierlichen Klängen eines Trauer-
narsches in Bewegung., Den Leichenwagen um⸗
jaben Feuerwehrleute mit brennenden Fackeln und
veißgekleidete Mädchen, welche Kraänze und Palmen⸗
weige in den Handen trugen. Den staatlichen
ind städtischen Behörden hatte sich eine unüberseh⸗
are Menge von Condolenten angeschlossen. Gegen
zundert Equipagen folgten dem Zuge. Das die
Trauer eine aufrichtige und herzliche war, demerkte
nan an dem tiefen Ernst der Männer, an den
Thranen der Frauen. Von den Thürmen der
dirchen beider Confessionen ichallten feierliche
hlodenklänge herab. Sämmiliche Gaslaternen der
Straßen, durch welche sich der Trauerzug bewegte,
vparen angezuͤndet und strahlten fahl herab
ʒem Verewigten auf seinen letzten Gang. Die
neisten Geschaftslokale hatten ihre Laden geschlossen.
An der Gruft stimmte die Musik einen Choral
m, alsdann erfolgte die Einsegnung der Leiche
zurch Herrn Pfarter Ferdel. Darauf sang der
Sangerchor der „Gemuüthlichkeit“, verstärlt durch
die hiefigen Lehrer und andere Hetren, ein Grab⸗
tied, und dann wurde langsam der Sarg hinabge⸗
jentt. Als letzter Gruß folgten von den Verwandten
und Freunden drei Hünde voll Erde dem theuern
Toten in's Grab. Und nun begab sich die Trauer⸗
dersammlung zur protestantischen Kirche, woselbsit
ur den Verdlichenen der Trauergottesdienst statt⸗
and. Obwohl die meisten Auswärtigen der
orgerückten Zeit wegen demselben nicht beiwohnen
onuten, so vermochten doch die weiten Hallen des
Jotteshauses die große Menge der Andaͤchtigen
nicht zu fafsen. Im Anschlusse an das Textwort:
Herr, bieibe dei uns, denn es will Abend werden
uind der Tag hat fich geneiget — entwarf Herr
—QXRRRV—— Rede das Lebens⸗
Jild des nun im Tode Ruhenden. —
.Das Andenken des Gerechten bleibt im Segen,“
agt die Bibel. An dem Entschlafenen wird sich
dieses Schrifwort bewähren. Ist auch sein nie
afiender, immer thätiger Geist von hinnen geschie⸗
zen, ist auch seine zum Wohlthun immer geoͤffnete
dand im Tode erschlafft, sein reiner und edler
charakter, seines Herzens Werle sichern ihm auf
mmer in Vieler Seelen eine auf Liebe und Ver⸗
hrung sich stützende Erinnerung. Ja. sein Andenken
Aeibt bei uns in Segen!
Deutsches 6h.
BGerlin, 22. Sepi. Auf Grund bester In⸗
ormationen onnen wir versichern, daß ebenso wie
n Wien und Berlin, so auch die leitenden Kreife
n Petersburg von dem bulgarischen Aufstand über⸗
Ascht wurden; wenn die VBulagaren bescheiden find
und sich mit der Vereinigung Ostrumeliens begnügen
werden die Signaturmächte des Berliner Vertrags viel⸗
leicht zustimmen; wenn sie aber die Bewegung nach
Macedonien verpflanzen, dann ist kaum auf ihre
Zustimmung zu rechnen, da sie nicht gewillt, von
ven Bulgaren die orientalische Frage wieder auf⸗
rollen zu lafssen.
Berlin, 23. Sept. De Brazza soll Gou⸗
»erneur des französischen Kongogebietes werden.
Berlin, 22. Sept. Nicht nur England und
Italien, sondern auch Frankreich, Oesterreich⸗ Ungarn
ind Rußland haben der spanischen Regierung
dringend. die Annahme des deutschen Vorschlags
wegen eines Schiedsgerichts empfohlen.
Auslaud.
Paris, 28. Sept. Nach einer Meldung der
„Agence Havas“ sollen in Djakowa (Albanien)
uufständische Bewegungen vorgekommen sein.
Paris, 28. Sept. Offizielle Depeschen aus
donsiantinopel melden den Abmarsch ürkischer
Truppen unter Mukhtar Paschas Oberbefehl nach
—X
Konstantinopel, 23. Sept. Die Pforte
richtete an die Vertragsmächte ein Rundschreiben,
vorin sie gegen das Verhalten des Fürsten von
Zulgarien und die Verletzung des Vertrages pro⸗
estirt, und mittheilt, daß der Sultan beschlossen
sabe, die ihm laut Artikcl 16 des Vertrages zu⸗
Jehenden Rechte auszuüben.
Athen, 23. Sept. Die Regierung beschloß
ine abwartende Haltung einzunehmen, ordnete aber
leichwohl die Einberufung aller Beurlaubten im
deere und in der Marine an.
Athen, 28. Sept. Es werden Proteste gegen
die bulgarische Bewegung vorbreitet und find alle
Maßregeln getroffen, um die Armee, wenn notb⸗
vendig, mobil zu machen.
Lokle uud p edrichten.
Zweibrücken, 19. Sept. Die Eisen⸗
zahnmaschinenwerkstätte Zweibrücken, wird dem Ver⸗
nehmen nach am 1. Okt. aufgehoben bezw. mit
der Maschinenwerkstätte Kaiserslautern verschmolzen.
*Die Englaͤnderin Miß Smith, welche die
Primadonna, Frau SchröderHanfstängl
n das Geficht schlug,. als dieselbe von Oberursel
us mit dem Homburger Mittagszuge nach Frank⸗
urt fuhr, woruüͤber wir in Nr. 181 dieses Blattes
rutzführlicher berichteten, wurde gestern von dem
„choffengerich in Homburg zu 8 Tagen Ge⸗
angniß verurtheilt. In den Urtheilsgründen wurde
nusgeführt, daß Miß Smith Frau Schröder⸗Hanf⸗
fängl absichtlich, ohne jede Provokation seitens der
etzteren, ins Gesicht geschlagen und in unmäßiger
Weise beschimpft habe. Ein solches rüdes Verhal⸗
en könne nicht Geld, sondern müfse mit Gefängniß
gesühnt werden.
— PpPirmasens, 23. Sept. Ein eigen⸗
hümlicher Unfall ereignete sich heute Vormuͤtag
im Anwesen des Herrn Wirthes Chr. Jung. Zwei
za. e jahrige Füllen, die im Hofe frei herumliefen,
geriethen durch die offenstehende Hofthüre ins Haus,
erkllommen beide die Stiege zum oberen Stodwerke
und sprangen von dort zum offenen Fenster hinaus
auf die Straße. Dem ersten, kleineren Thiere
lückte der verwegene Sprung und es lief munter
havon, das zweite, größere, brach ein Bein und
mußte getodtei werden. — In der H. Ruf'schen
Zagemühle dahier ereignete sich heute ein trauriger
Anglücksfall. Ein an ver Rundsäge beschaftigter
AIrheiter, namenz Mossert, schnitt fich den Zeigen⸗