vxl Ingberter Amzeiger.
»1396 —A — — 7 . winee
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
e „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Tamstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
latt und Sonntagt mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljaͤhrlich 1 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 &, einschließlie,
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 5, Meclamen 80 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
F 188. Saustag, 26. September 18885. — 20. Jahrg
Deutsches Reich.
Berlin, 24. Sept. Eine neue Phase in der
agarischen Frage ist bis jetzt noch nicht
u verzeichnen. Die Mächte scheinen darin einig.
enn die jetzige Bewegung lokalisirt bleibt, die
ulgarische „Union“ mit der Pforte als souzerän
estehen zu lassen. Der Urheber des gegenwartigen
zruchs des Berliner Konferenzvertrages werde jeden⸗
alls die Folgen tragen müssen.
starlsruhe, 24. Sept. Prinz Nikolas
en Nassau traf heute, von Münchrn kommend,
jer ein und wurde vom Großherzog im Bahn⸗
ofsgebäude empfangen. Der Erbprinz von Nassau
ird ebenfalls hier erwartet.
Ztuttgart, 23. Sept. Der Kaiser wohnte
ule Vormittag wieder dem Manöver des ganzen
rmeekorps gegen einen markirten Feind bei Münch⸗
igen an. Nachmittags reisten der Kaiser und die
tinzen unter überaus herzlicher Verabschiedung
om König und den Mitgliedern der Königsfamilie
d, der Kaiser nach Baden⸗Baden, der deutsche
kronprinz vorerft nach Homburg, dann zu den
reierlichkeiten nach Karlsruhe, von da auf zwei
zage in den badischen Schwarzwald, später, nach
talien zum Besuch der Kronprinzessin. Seitens
eider Monarchen haben zahlreiche Ordensverleih⸗
agen anläßlich der Manöver stattgefunden.
Stuttgart, 24. Sept. Der Kaiser verlieh
eim kommandirenden General des 13. Armeelkorps,
heneral der Infanterie v. Schachtmeyer, das 34.
mianterie·Regiment.
Auslaud.
Bukarest, 24. Sept. Bis jeßzt noch unbe⸗
uigte Nachrichten melden: Die Türken begannen
ettern, die an der ostrumelischen Grenze zerstoöͤrte
Nustapha⸗Brücke zu reparieren, wobei ein Zusam⸗
ienstoß mit der bulgarischen Miliz erfolgte. —
lus Sofia ging eine Deputation an den Zaren,
vlcher belanntlich zur Zeit am danischen Hofe
reilt, nach Kopenhagen ab. Diese Deputation soll
e Hilfe des Kaisers von Rußland anrufen. Aus
hilippopel begab sich einer Reutermeldung zufolge
eichfalls eine Abordnung auf eine Rundreise bei
en Mächten, welche um baldmoͤglichste Anerkennung
e bulgarischen Union angegangen werden sollen.
Sofia, 18. Sept. Die heute hier verbreitete
achricht, türkische Truppen hätten die Grenze
strumeliens überschritten und ein rumelisches Dorf
seyt, rief große Aufregung hervor, da man darin
men Beweis erblickt, daß die Pforte es auf Blut⸗
atgießen ankommen lassen will, doch gibt man sich
it Hoffnung hin, daß eine Vermittlung der euro⸗
ischen Machte die Pforte veranlassen werde, den
iedlichen Absichten des Fürsten Alexander ihre
ufiimmung zu ertheilen. Die Regierung ist be⸗
nüht, jede Manifestation von seiten Macedoniens
d derhindern. Die (auf Eefehl aus Petersburg
solgte) Abdankung des Kriegsministers Canta
jen macht einen aͤußerst entmuthigenden Eindruck
ie inzwischen zusammengetreiene bulgarische
ammer genehmigte alle Anträge des Ministeriums
id ftimmte den getroffenen Maßregeln zu. Die
anmer nahm eine Adresse an den Zaren an,
Sin dieser gebeten wird, den Eintritt rufsischer
ffiere in die bulgarische Armee zu gestatten und
nehmigte einen Kredit von 5 Millionen als
Nenfuelle Kriegskoften.
okale und pfäl.! che Nachrichten.
ASt. Ingbert, 25. Sept. Im Falle
umtliche Vorbereitungen getroffen werden können.
heginnt der Gesangverein „Gemüthlichkeit“ am
aächsten Sonntag mit seinen musikalisch-theatralischen
Abendunterhaltungen. Als Theaterstück ist in
lebung,Der Hausschlüssel“ oder „Kalt gestellt“.
Neben Chörgesängen werden einige Solovorträge,
sowie das komische Terzett „Die drei Vögel“ viel
zjur Unterhaltung und Erheiterung des Publikums
heitragen.
* Von den Empfangsfeierlich-
keiten Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Luit⸗
wold in Zweibrücken wird uns von einem Augen⸗
ind Ohrenzeugen nachträglich noch folgende Episode
erichtet: Als Se. Kgl. Hoheit die zur Spalier—
ildung vor dem Bahnhofe aufgestellten Corporationen
ibschrilt, beehrte Sie auch den Flügelmann des
dampfgenossenbereins von Kirktl⸗Neuhausel mit
iner Änrede und zwar mit der Frage, wer er sei
ind bei welchem Regiment er gedient habe. Die
Antwort war kurz: Ich bin Herzog Ludwig
von Kirkel und diente bei dem 7. Infanterie⸗
regiment. Prinz Luitpold salutierte freundlich vor
zem hohen Herrn und schritt weiter zum nächsten
Verein. Es war dies der Kriegerverein von
tirkel⸗Neuhäusel. Auch hier beehrte er ein Mitglied
nit der Frage nach dem Namen und dem Regimente
ind sollte zufällig einen noch größern Herrn finden,
vie vorher. Denn die Anwort lautete stramm
Ich bin Kaiser Jakob von Kirkel?
iente bei keinem Regiment, sondern bei dem 2.
zägerbattaillon, das 1849 die Düppeler Schanzen
rstürmen half. Und freundlich lächelnd salutierte der
Brinz auch vor diesem hohen Potentaten.
— Zweibrücken, 21. Sept. Von den zu
den Schwurgerichtssitzungen des III. Quartals pro
1885 eingerufenen 30 Geschworenen waren zu
Beginn dieser Session 28 erschienen. Dispensiert
purden für die ganze Dauer der Session Herr
rudwig Neumaher aus Frankenthal, für den heutigen
Tag Herr Joh. Val. Berg von Dreisen.
Der Schwurgerichtshof besteht aus den Herren
igl. Oberlandesgerichtsrath Erbelding, Vorsitzender,
)en kgl. Landgerichtsräthen Bauer und Schneider
zeisitzende Richter und dem kgl. Sekretär Groß.
Berichtsschreiber.
1) Verhandlung gegen Voß Friedrich, 31 J
alt, Emaillierarbeiter und Fabrikaufseher in Eden⸗
oben wegen Nothzuchtsversuchs. Vertreter der kgl.
Ztaatsbehörde: Herr 2. St.A. Wagner, Ver—
heidiger Herr Rechtsanwalt Schuler. Dem Ange⸗
lagten ist zur Last gelegt ein Verbrechen in Ge
maßheit des 3177 in Verbindung mit 8 48 R.
Str.G., begangen am 20. Juli 1888. Abends
wischen O und 10 Uhr in der Nähe von Eden⸗
joben. Auf Antrag der kgl. Staatsbehörde wurde
in Uebereinstimmung mit der Vertheidigung in
Bemaäßheit des 85178 G. V. G. durch Gerichts⸗
deschluß die Oeffentlichkeit dis zur Urtheilsverkün⸗
digung ausgeschiossen und entziehen sich sonach dii
aaheren Einzelheiten der öffentlichen Berichterstattung.
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten
unter Annahme mildernder Umstände, für schuldig
vorauf der Gerichtshof denselben zu einer Gefänq⸗
aißstrafe von 1 Jahr verurtheilt.
2) Verhandlung gegen Daniel Lebeck. 18 Jahre
alt, Schteibgehüfe von Kusel, wegen Nothzuchts-
bersuch. Der Angeklagte ist beschuldigt, am Morgen
des 22. Juni l. J. in Kusel sich eines Verbrechens
gemäß 8 177 ejto. 48 des R.St.«G. schuldig ge⸗
macht zu haben. Durch Gerichtsbeschluß wurde
auf Grund des 8 173 des G.⸗V.«G. der Ausschluf
der Oeffentlichkeit bis zur Urtheilsverkündung ver⸗
fügt. Es entziehen sich daher wiederum die näheren
Details der öffentlichen Berichterstattung. Der
Angeklagte wurde freigesprochen.
Zweibrücken, 22. Sept. Die heutige
Verhandlung des Schwurgerichts gegen den Eisen⸗
bdahnarbeiter Leber von Kaiserslautern wegen Mein⸗
eids endete mit der Verurtheilung des Angeklagten
zu 1 Jahr Gefängniß.
— Zweibrücken, 28. Sept. Verhandlung
gegen Elisabetha Hans, 75 Jahre alt, Wittwe
von Mathias Schwarzweller J. in Diedesfeld,
vegen Meineid. Vertreter der kgl. Staatsbehörde
Herr 8. Staatsanwalt Wildt; Vertheidiger Herr
stechtsanwalt Becker.
Die Angeklagte, welche selbst ohne jedes Ver—
nögen ist, heirathete im Jahre 1865 den verwitt⸗
veten Ackerer M. Schwarzweller J. von Diedesfeld.
Demselben blieb nach dem Arrangement mit den
indern erster Ehe ein noch immer erhebliches Ver⸗
nögen. Am 7. Mai 1885 starb der Ehemann
Schwarzweller, und da abwesende Erben vorhanden
waren, legte der Oberamtsrichter Kuby von Eden⸗
koben im Beisein des Stiefsohnes der Angeklagten,
Jak. Schwarzweller, alles unter Siegel. Auf Ver—
anlassung des letzteren forschte der amtirende Ober—
umtsrichter nach vorhandenem baaren Gelde, worauf
die Angeklagte erwiderte, die von Bankier Dacqué
in Neustadt geholten 500 Mark seien bis auf
Weniges verausgabt. Den ihr auferlegten Offen⸗
zarungseid leistete sie und blieb auch nachher bei
hrer vorigen Behauptung, daß sie vollständig
nittellos sei. Die durch den erwähnten Stiefsohn
angestellten Nachforschungen ergaben aber, daß die
Ungeklagte am Sterbetage ihres Mannes bei einem
Verwandten Namens M. Schwarzweller II. die
Summe von 385 Mlk. geholt habe, welche sich
demnach zu bewußter Zeit in ihrem Besitze befand.
Kurz nach der Eidesleistung erklärte sie einem Ver-
wandten gegenüber, sie habe leichtfertig geschworen,
kein Geld mehr zu haben, er solle ihre Angaben
für wahr erllären, wenn er vernommen würde. Die
Anklage behauptet ferner, daß noch eine Restsumme
bon 50 Mt. ausstehe von einem Schuldschein des
Schreiners Clade von Diedesfeld, was die Ange⸗
klagte bestrin, da die Schuld bereits abgetragen sei.
Die kgl. Staatsbehoͤrde hält die Ankiage in
allen Punkten aufrecht. Die Angeklagte habe mit
dewußtsein und Ueberlegung gehandelt und dem
Beamten auf ihren Eid hin falsche und unwahre
Angaben gemacht. Die Art und Weise, wie sie
das gethan habe, weise darauf hin, daß Habsucht
und Geldgier die treibenden Motive gewesen seien.
Was den verheimlichten Schuldschein anbelange, so
sei ein strilter Beweis nicht erbracht. Die heutige
Verhandlung habe ergeben, daß die Angeklagte in
vollem Bewußtsein der Konsequenzen der That ge⸗
handelt habe, daß sit gewußt habe, daß die ver⸗
heimlichten Gelder zum Nachlasse gehörten und so—
mit ein fahrlässiges Handeln unter allen Umständen
ausgeschlossen sei.
Die Vertheidigung gab zu, daß der Thatbestand
des Meineids in objektiver Hinsicht erfülli sei, daß
die Angeklagte beschworen habe, kein Baarvermögen
im Hause zu haben, was unwahr gewesen sei, der
Beweis sei aber nicht erbracht, daß sfie mit festem
Willen falsch geschworen habe. Um die Angellagte
vor späteren Nahrungsforgen sicher zu stellen, habe
hr Ehemann jedenfalls die Absicht gehabt, ihr nach
jeinem Tode so diel als möglich zuzuwenden, so
daß sie hierdurch beeinflußt, in dem Glauben ge⸗
handelt habe, ais ob sie keine unrechte Handluß⸗—