Full text: St. Ingberter Anzeiger

begehe. Es hätte ihr jedenfalls das klare Bewußt⸗ 
sein gefehlt. Es fehle somit der subjektive That⸗ 
— E sei 
die Angeklagte von der Anschuldigung des Meineids 
reizusprechen. Man könne höchstens annehmen, 
daß sie im Augenblick der Eidesleistung die Un⸗ 
wahrheit ihrer Aussagen nicht kannte, wahrend fie 
bei überlegtem Handeln zur Erlenntniß hätte 
tommen müͤssen, daß ihre Angabe der Wahrheit 
widerspricht. i,. — 
Die Geschworenen verneinten die auf Meineid 
gerichtete Frage unter gleichzeitiger Bejahung der 
zuf fahrlafsigen Falscheid lautendenn. worauf der 
Berichtshof die Angeklagte unter Berücksichtigung 
hres bisherigen guten Rufes und ihres hohen 
Älters in eine Gefängnißstrafe von vier Monaten 
heruriheilt··· 
SBedesbach, 22. Sept. Heute wurde 
zier von dem Bergingenieur, Herrn v. Rosenthal 
aus Hofheim bei Franlfurt a. M. und dem Gruben⸗ 
berwalter Heiderich aus Darmstadt ein Steinkohlen⸗ 
flötz von über 4 Fuß Mächtigkeit und von vor⸗ 
züglicher Beschaffenheit erschürft. Für unsere Gegend 
ind speziell für die Bewohner des Glanthals dürfte 
dieser reiche Fund von hoher Bedeutung werden. 
— Kaiserslqgutern, 22. Sept. 
Gestern feierten dahier 18 pfälzische Lehrer, welche 
im Jahre 1860 die hiesige protestantische Lehrer⸗ 
bildungsanstalt absolvirten, ihr 28jähriges Jubi⸗ 
läum durch Festessen im Hotel Schwan und gesel⸗ 
lige Zusammentunft in der alten Pfalz. — Heute 
sind IG6 pfälzische Lehrer hier zusammengetroffen, 
welche 44 Jahren ihre Studien an der Anstalt 
hollendeten. 
SKaiserslautern, 24. Sept. Wie 
erlautet, wird das Organ der pfälzischen Konser⸗ 
zativen, die „Pfälz. Post“, bisher einer Aktienge— 
sellschaft gehörig, vom 1. Oktober ab in den all⸗ 
einigen Befitz des seitherigen Geschäftsführers, 
Herrn Mich. Blenk, übergehen. — Die „Kaisers⸗ 
sauterer Zeitung“ mit der J. Kayser'schen 
Druderei“ hat vor einigen Tagen Herr H. Zim— 
mermann aus Waldshut (Baden) käuflich erworben. 
Herr F. Slieinkirchner, der seitherige Redakteur und 
Zesitzet derselben, wird demnächft wieder nach 
Muͤnchen übersiedeln und in die Redaktion des 
Reuen Münchener Tagblattes“ eintreten. 
— Laumersheim', 23. Sept. Soeben, 
Vormittag 9 Uhr, bringt die Trauerkunde durch 
unser Dorf, daß Herr Bürgermeistet Rausch dahier 
im Gerolsheimer Weg von einer Leiter nicht so 
sehr hoch herabfiel und den Hals einstürzte. 
Aunnweiler, 22. Sept. Die Viltualien⸗ 
händlerin Sophie Schild', Wittwe von Philipp 
dudwig, welche sich schon vor einigen Tagen von 
zu Hause entfernte, wurde heute Morgen mm dem 
Queichbache in der Rahe von Queichhambach todt 
aufgefunden. 9 
gKaüdringen, 24. Sept. In den befsern 
Lagen der hiesigen Gemarkung wurde geftern mit 
Jem Vorherbft begonnen und ist man mit dem 
Ergebniß, welches sowohl in qualitativer als auch 
n quanlitativer Hinsicht ein außerst günstiges ge⸗ 
qannt werden kann, sehr zufriedenn 
Speyer, 28. Sept. Die 21. Jahresder 
fammlung der südwestdeutschen Konferenz 
für innere Mission hat ihre Berathung gestern be— 
donnen. Herr Divisionspfarrer Dr. Rocholl ent⸗ 
warf zunächs ein Bild der Entstehung und der 
Entwidelung des Vereins seit seiner im Jahre 1881 
erfolgten Gtündung. Die Zahl der Vereinsmit. 
glieder betragt gegenwärtig ca. 6000; der Verein 
fucht durch öffentche Versammlungen, Verbreitung 
bon Flugschriften, Versorgung von Kranken⸗, 
Armen⸗ und Versorgungshaäusern mit religiösen 
Schriften u. s. w. zu wirken. Der sehr umfassende 
Geschaftsbericht nahm den ganzen Vormittag in 
Unspruch. In der Nachmittagssitzung erslattete 
derr Militaroberpfarrer Fingado das Referat über 
die Frage der öffentlichen —A 
rent schloß sich wesentlich an die Denlschrift an, 
welche der Centralausschuß füͤr innere Mission im 
Jahre 1869 an den norddeutschen Reichstag richtete 
und beleuchtete deren Hauptpunkte, dit gegenwärtige 
Lage der Prostitution und die Aufgabe der Gesetz⸗ 
gebung den Behörden und der Kirchengemeinde 
degenuͤber diesem Krebsschaden der Gesellschaft, sowie 
auch die Aufgabe der freien christlichen Liebesthä⸗ 
sigkeit in dieser Richtung. Referent berlangt die 
gaͤnzliche Aufhebung der Prostitution und Bestrafung 
derselben durch die staatliche Gesetzgebung. Der 
ie rüri⸗ nicht ein Laster beaünstigen und ala 
legal erscheinen lassen, das gegen die Moral und 
das göttliche Gebot verstoße. Referent schloß mit 
dem Wunsche: Es möge wieder lebendig werden 
m Bewußtsein des ganzen Volkes: Dieser Sünde 
zu dienen, ist eine Süunde vor Gott und eine 
Schande vor den Menschen. Wir wollen nur kurz 
jerborheben, daß Redner die Aufhebung der Profti⸗ 
ution durch die polizeiliche Anordnung der Einzel⸗ 
taaten erwartet, nachdem der Regierungskommissär 
veĩ. einer diesbezüglichen Petition im Reichstage 
erklärt habe, daß die Polizei Sache der einzelnen 
Landesregierungen sei. Daher habe man auch in 
inzelnen Bezirken den Versuch gemacht, zu welchem 
das Gesetz die Handhabe diete, nämlich die Schlie⸗ 
zung der öffentlichen Häuser, wie z. B. in Colmar 
ind im Regierungsbezirk Düsseldorf; diesem Bei⸗ 
piele sollten die uͤbrigen Staaten folgen. Der 
orreferent schließt sich zwar im Allgemeinen den 
Anfichten des Vorredners an, daß gewerbsmäßig⸗ 
Anzucht zu bestrafen sei, will aber dies durch das 
Reichsstrafgesetzbuch erreichen. Eine längere Dis— 
ussion, an welcher die beiden Referenten, sowie 
zer Vorsitzende, ferner die Herren Oberpfarrer 
Schmidt bon Stuttgart, Pastor Droß von Berlin 
sPfarrer Baul aus Neuhäusel, Petersen aus Wim— 
ffen, Major Kammerer aus Freiburg und Stadt⸗ 
yfarrer Lyncker aus Mainz sich betheiligten, brachte 
noch reiches Material. Die Anschauung der Ver⸗ 
ammlung soll durch Beschluß ciner Resolution 
musgedrückt werden, zu deren Redaktion eine 
dommission voß 5 Mitglieder gewählt wurde 
Dieselbe lautet: 
„Die 21. Jahresversammlung der Südwest⸗ 
deutschenKonferenz beauftragt ihren geschaftsführenden 
Ausschuß, durch eine Petition beim Reichstag dahir. 
vorstellig zu werden, daß die bestehenden strafgesetz⸗ 
iichen Bestimmungen dahin geandert werden, die 
Jewerbsmäßige Prostitution als solche unter Strafe 
u stellen, wobei auf die Zulässigkeit einer polizei⸗ 
iichen Aufsicht zur Sicherung der Gesundheit, der 
yffentlichen Ordnung und des öffentlichen Anstandes 
erkannt werden kann. 
Die Versammlung erachtet zur Bekämpfung der 
Prostitution auch die Ausdehnung einer polizeilichen 
Aufsscht auf die schuldigen Männer für nothwendig. 
Die Konferenz erkannte es als dringende Pflicht, 
in dem Werke der Rettung der verlorenen Töchter 
unseres Volles mitzuarbeiten und alle Einrichtungen 
zu fördern, welche vor dem Verderben der Unzucht 
hewahren können“ 
— Dürkheim, 22. Sept. Am Sonntag 
gewogener Kallstadter Most hatte nach Oechsle 88 
und vorige Woche geherbsteter Gartenmost 950 
die Wurstmarksbesucher dürfen sich also getrost au' 
einen kecht guten „Neuen“ vorbereiten. 
— Gsöͤllheim, 22. Sept. Diesen Morgen 
reiste eine Deputation, bestehend aus den Herren 
Bürgermeister Foohs und Apotheker Sorge 
nach Ludwigshafen zu dem Landtagsabgeordneten 
herrn Dr. Clemm betr. Errichtung des Amts⸗ 
zerichts Göllheim. 
— Ludwigshafen, 24. Sept. Im ver⸗ 
lofsenen Frühjahr wurde der Schlosser Jakob 
Willig von Mannheim vor dem Schwurgericht in 
darlsruhe zu einer Geldstrafe von 8300 Mk. ver⸗ 
urtheilt wegen Herausgabe eines Flugblattes ge— 
egentlich der letzten Reichstagswahl. Dasselbe war 
jetitelt: „Auf zur Reichstagswahl, Organ für das 
irbeitende Volk: Kleinbauern, Gewerbetreibende, 
handwerker und Arbeiter“, als Erscheinungszeil 
var angegeben: „Erscheint alle drei Jahr, drei 
Tage vor der Reichstagswahl“, als Abonnements⸗ 
zreis: „die Stimme für die Sozialdemokratie.“ 
Die incriminirten Stellen des Flugblattes befaßten 
ich in scharfer Weise mit dem Sozialistengesetz und 
nit der Zollgesetzgebung. Dieses Flugblatt, wel, 
hes in der Dietz'schen Druckerei in Stuttgart her⸗ 
gestellt war, fand in verschiedenen Wahlkreisen Ver— 
vendung und war auch im Kreise Speyer⸗Franken⸗ 
hal verbreitet worden. Wie ich vernehme, ist nun 
nuch gegen den diel genannten Tapezierer Ehrhardt 
hjier Untersuchung wegen Verbreitung dieses Flug⸗ 
Uäattes eingeleitet worden. 
die Zamilie des Battenbergers. 
Da der Battenberger sich zu einem möglicher⸗ 
veife so folgenschweren Streich gegen die Türkei 
jebrauchen läßt, so werden die nachstehenden Daten 
nicht uninteressant sen. 
Vor ungefähr 60 Jahren beschäftigte derselbe 
Zraf Brühl, welcher unsere Museen organifirte, 
iuf seinem Stommaoute Seifershorf hei Dresden 
—— 
einen Schreibgehilfen, welcher landwirthschaftlich 
Bücher kührte, Briefe kopirte und dergleichen unter⸗ 
geordneten Beschäftigungen mehr oblag. 
Dieser Schreiber, Namens Hauck, wurde von 
einem Verwandten nach Warschau gezogen, wo e 
obschon unstudirt und wenig gebildet, sich zu Er— 
richtung einer Prefse“ für Provinzialregimente— 
für befähigt hielt. „In dieser Eigenschaft gewann 
er durch einen Zufall die Gunst des damaligen 
Statthalters Großfürsten Konstantin, welcher seinen 
bereits als erwachsener junger Mann aus Sachsen 
mit eingewanderten Sohn in die Armee nahm und 
in fliegender Eile Oberst und Graf werden ließ 
Der erfte Feind, welchen der von dem excen⸗ 
—ää 
waren die polnischen Insurgenten, die ihn 1830 
in dem Augenblick, in welchem er aus seinem Haust 
auf die Straße krat nlederschossen. Um ihn fin 
diese Aufopferung noch nach dem Tode zu ehren 
wurde seine Tochter auf Staatskosten in einem Peterg. 
burger Fräuleinstift erzogen. Dort machke das schönr 
und begabte Mädchen die, Bekanntschaft des Prinzer 
Alexander von Hessen, des Bruders der verstorbenen 
Zaiserin von Rußland, welcher sie heirathete und 
ob dieser unstandesgemäßen Ehe seine russische 
Karriore aufzugeben und nach Deutschland zurüd 
zukehren hatet. 
In Darmstadt erhielt die Dame den Namer 
einer Fürstin Battenberg und gebar drei Söhne 
don denen der eine heut Fürst beider Bulgarien 
der andere Schwiegersohn der Königin von Eng 
land und der dritte Schwiegersohn des Großherzoge 
don Hessen ist! J 8 
Aller dreier Ur⸗Großvater ist der Seifersdorfer 
Schreibgehilfe. Eine rasche Familienentwidlung 
in der That! — 
24*85 
Ver mischtes. 
FSt. Johann, 21. Sept. Nach der 
offiziellen Liste hat auf der Antwerpener Weltaus⸗ 
tellung die Firma Georg Heckel dahier außer der 
joldenen auch die silberne Medaille erhalten; alt 
‚weimal mit der fsilbernen Medaille prämiirt finden 
wir die Firma Fr. Papst dahie. — 
7 Aus dem badischen Oberland schreib 
man der „N. A. 8.“: Seit Menschengedenlen 
haben wir im badischen Oberland keinen so großen 
derbstertrag aus unseren Reben erhalten wie dieses 
Fahr. Die Fässer reichen kaum aus, das koflliche 
Naß zu beherbergen. Die Qualität wird ditejenig 
der drei beften Weinjahre, d. h. von 1865, 188 
uind 1811, vollständig erreichen. Der Preis dieset 
ausgezeichneten Weins ist zwischen 80 —40 Mar 
für 15h3 Hektoliter, so daß es sich gewiß mehr alt 
ohnen wuͤrde, denfelben in Wagenladungen in di⸗ 
entferntesten Plätze Deutschlands zu bringen. 
Mainz; 283. Sept. Etwa hundert Aus 
vanderer aus der hessischen und bayerischen Pfal. 
passierten heule Vormittag Mainz auf der Reis 
hach Amerika. — Ein schändlicher Rache.Akt wurd 
heule früh bei dem Wirthe Neve, Goldene Luft 
ausgeführi. 16 Harzer Kanarienvögel find dem— 
jelben durch Hafergift getödtet worden — en 
Schaden von 400 Mtk. — 
7 Der in Kreuznach erscheinende „Generan 
Unzeiger fur Stadt und Land“ enthält im Inhe 
atentheil seiner neuesten Rummer jolgende Ver— 
üffentlichung des Vereins ., Hinne fescht“: Es sind 
zwei weitere Vereine, einer in Altona und einer ir 
Rijtöping (Schweden) hinzugetreten. Miiglieden 
des schwedischen Vereines derpflichten, mit beouller 
oder bekrinolinten Damen nicht zu tanzen, noch u 
plaudern oder gar mit solchen sich zu verloben oder 
zu verheirathen. Ehemünner dürfen die Schneider 
echnung fuͤr die Krinoünen nicht bezahlen; hat di 
Frau kroßdem den verpönten Reifrod, so hat der 
chemann desßsen Skelett vor dem Hause ausn 
Angen — Wir dinen um weitere, recht —5 
Anmeldungen! Freie Vereinigung „Hinne sech a 
r zraäankfurt, 24. Sept. Eine 
wette. Ein hiesiger Doktor machte sich im en 
seiner Bekannten anheischig, 40 gekochte Eier 
iner Mahlzeit zu verzehren, ohne sich dadurch 
Appetit zu verderben. Die Wette wurde We 
nommen. Gestern Abend verzehrte er in emn 
Zeitraum von 25 Minuten die hartgesetten⸗n * 
und frank hierzu 5 Tassen Thee. Er han⸗ g 
bie Eier klein uind fein gehacht, goß Essig un 
arüber, wodurch dieselben zu einem ziemlich 
Haufchen zusammengeschmolzen waren. t 
Fruntfurt, 20. Sept. Am 13. 3 
nerschlugte ein Herr aus Versehen —V