Full text: St. Ingberter Anzeiger

» Jugberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ESt. Ingberrer Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalz Um Moutag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
att und Sonntags mit Tseitiger illuftrirter Seilage. Das Blatt koftet vierteliährlich 1 4 G60 einichließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen L)A 75 4, einschließli 
d ⸗ Zustellungsgebahr. Die Einrückungsgebühr fur die A4geipaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inferaten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 4, Neclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
X 193. * Samstag, 3. Oktober 1888585. 20. Jahrg. 
8 IVVs 5 wals eine bloße Spiegelfechterei bezeichnen. Andere 
Bestellungen * Stimmen betonen, daß wenn wirklich zur Zeit eine 
auf den . n vorhanden sei, die russische Macht früher 
8 der später mit Bulgarien wenig Federlesens machen 
„St. Inaberter Anzeiger nnd das Wort sprechen werde: Folgst Du nicht 
zür desess —villig, so brauch ich Gewalt. RKumanien wird 
V. Quartal edenfalls durch die neuesten Ereignisse ernster be⸗ 
verden von sämnmtlichen Postanstalten, den Aus- ührt, als die kleinen slavischen Staaten, die einen 
ragern und der Expedition entgegengenommen. Anspruch auf ihre Vergrößerung aus der Erweite ⸗ 
— ung Bulgariens herleiten. Bratiane wird daher 
n Wien eine Sicherstellung Rumäniens angeregt 
aben, und Oesterreich hat das größte Interesse. 
uuf die Erhaltung jenes Landes bedacht zu sein, 
»a mit keinem anderen Staate am Balkan ein 
ꝛerläßliches Bündniß zu schließen ist. Serbien 
ält sich zwar gegenwärtig freundlich zu Oesterreich, 
llein für die Dauer dieser Beziehungen fehlt jede 
hewähr. Die Serben sind Slawen, die Partei 
stistic, welche für Rußland und den Panslawismus 
chwärmt, kann unversehenes wieder ans Ruder 
ommen. Rumänien hat nach seiner geographischen 
zage keinen Anlaß, territorialen Zuwachs zu wünschen. 
rzreilich wünscht es, Bessarabien zurückzuerhalten, 
as ihm sein Verbündeter von 187778 entrissen 
jat, aber die Russen geben nicht wieder heraus, 
vas sie geborgen haben. Es kann sein, daß Oester⸗ 
reich mit Rumänien einen Garantievertrag abschließt, 
enn Rumänien hat für Oesterreich eine ähnliche 
Zosition wie Afghanistan für England. Schwerlich 
vird sich aber Rumänien dazu verstehen, einem 
olchen Vertrage zu Liebe sich Beschrankungen, 
zamenilich in militarischer Beziehung, zu Gunsten 
Desterreichs aufzuerlegen. Ganz unglaubwürdig 
ind die Nachrichten von einem österreichisch⸗serbischen 
dertrage, durch welchen angeblich Oesterreich den 
Serben eim Stück von Altserbien zusichern soll für 
ꝛen Fall, daß die Vereinigung der beiden Bulgarien 
on den Mächten gutgeheißen würde. Selbstver⸗ 
dändlich läßt sich Oesterreich auf eine solche Aben⸗ 
euer⸗Politik nicht ein. — Wir bezweifeln, daß der 
Zar sie empfangen wrrd. — Die Rüstungen am 
Zalkan nehmen raschen Fortgang und wenn sie 
roch eine Weile andauern, so werden einige der 
riegslustigen Staaten ihre Zahlungen einstellen 
nüfsen. Griechenland ist dem Bankerott so nahe 
vie die Türkei, und Serbien steht nicht viel besser. 
Es kann nur bei sehr vorsichtiger und sparsamer 
LBerwaltung die Bilanz retten, die Schlappe durch 
Bontoux ist noch lange nicht überwunden, eine 
Mobilmachung schlägt aber den Staatsfinanzen 
richt minder tiefe Wunden, als jener Krach ge⸗ 
han hat. 
Politische Uebersicht. 
Mit dem gestrigen Tage (1j. Oktober) trat das 
nfallversicherungsgesetz, der zweite 
coße Akt sozialreformatorischer Gesetzgebung, auf 
rundlage der kaiserlichen Botschaft vom 17. Novp. 
881 in praktische Wirksamkeit. Der seit dem 1. 
dezember v. J. durchgeführten Krankenversicherung 
eiht sich von diesem Tage an die Unfallbersicher⸗ 
ing an und zwar nicht nur im ganzen Umfange 
es Gesetzes vom 6. Juli 1884, sondern auch für 
e wichtigften derzeitigen Betriebe, für welche erst 
arch das Gesetz vom 26. Mai d. J. die Ver⸗ 
yerungspflicht gegen Unfälle eingeführt ist, die 
isenbahnbetriebe, die Heeres-⸗ Marine⸗ und Post⸗ 
erwaltung. Dem weitaus überwiegenden Theile 
ller in Staats- und Privatbetrieben beschäftigten 
Arbeiter, welche einer erheblichen Unfallsgefahr 
nterliegen, ist damit für alle durch Unfall ihnen 
igefügten Schäden eine ausreichende völlig sichere 
ntichädigung. ihren Hinterbliebenen eine ange⸗ 
lessene Versorgung gefichert, ohne daß sie, wie 
ach dem Haftyflichtgesetze, zur Verwirklichung ihres 
dechtz den Prozeßweg zu beschreiten genöthigt sind. 
dit geben der Zuversicht Ausdruck, daß unsere 
irbeiterbevdͤllerung trotz der ablehnenden Haltung 
er Sozialdemokratie den Segen erkennen und wür⸗ 
igen wird, welcher ihnen aus der Besserung und 
zicherstellung ihrer wirthschaftlichen Lage durch die 
infallversicherung erwächst. Wie dieser Erfolg 
urch das Zusammenwirken von Staat und Arbeit⸗ 
ebern erreicht ist, so haben auch die Arbeuer alle 
rsache, durch Aufgeben eines grundsätzlichen Miß⸗ 
zauens zu einer Besserung ihres Verhältnifses zu 
en Arbeitgebern die Hand zu bieten und die 
giolpolitischen Bestrebungen, welche die Regierung 
Uebereinstimmung mit den gemäßigten Parteien 
erfolgt, zu unterstuͤtzen. 
dei der besonnenen Haltung, welche in den Wirren 
n Balkan Rumänien beobachtet hat, verdient 
e jezige Anwesenheit des rumänischen Minister⸗ 
—EXX 
hr mit dem Grafen Kallnoty Beachtung. Die 
age Rumaniens wird bedenklich erschwert durch die 
zergrößerung Bulgariens, weil Rumänien, von 
dußland schon mit keineswegs freundlichen Augen 
mgesehen, do es dort als ein in die slavische Welt 
mngetriebener Keil betrachtet wird, gewissermaßen 
wischen zwei flavische Feuer geräth, eine Gefahr, 
e bisher bei der Schwäche Bulgariens nicht in 
detracht kam. Die Lage isi aber eine unmittelbar 
tohende. wenn die bulgarische Bewegung sich als 
ne Seitenströmang der russisch⸗panstavistischen ent⸗ 
ppt. In Rumanien fehlt es nicht an Stimmen, 
unter Hinweis auf die kurz vor dem Ausbruche 
t Revolution zwischen dem Fuͤrsten Alexander und 
em russischen Minister v. Giers abgehaltene fieben⸗ 
indige Konferenz, bei welcher der Telegraph nach 
ien Richtungen gespielt hat, das Zerwürfniß zwi⸗ 
nen dem Filesten von Bulgarien und dem Czaren 
Deutsches Reich. 
Müuͤnchen, 1. Olt. (Candtag.) Abgeord⸗ 
ieter Dr. Kurz hat krankheitshalber die Stelle des 
Bizepraͤsidenten niedergelegt, und findet daher heute 
»ie Neuwahl eines Vizepräsidenten statt. Rittler 
st aus der Fraktion der Rechten ausgetreten. Es 
)eißt, Abg. Ruppert, (Vorsitzender des Finanzaus⸗ 
chusses) werde trotzdem Herrn Ritller das Kultus⸗ 
eferat uͤbertragen. 
Berlin, 1. Oktober. Der österreichisch⸗un⸗ 
arische Botschafter Graf Szechenyi, welcher vor⸗ 
jestern hier eingetroffen ist, hat sich heute Nachmit⸗ 
ag zu Bismarck nach Friedrichsruh begeben. 
Berlin, 1. Oktober. Nach allen Berichten 
deigert sich die kriegerische Erregung Serbiens. 
Die Mächte sind bestrebt, der serbischen Regierung 
lar zu machen, daß ein Nutzen für das Land auf 
iesem Wege nicht erreicht werde. .... 
Berlin, 1. Oktober. Der „Reichsanzeiger“ 
vublizirt heute eine Mittheilung Caprivi's, wonach 
ille Nachforschungen über den Verbleib der Corvette 
Augusta“ resultatlos geblieben und daß keine 
yoffnung mehr vorhanden, daß die Corvetite noch 
hwimmt und die Besatzung noch am Leben ist. 
lus dem Verzeichniß der an Bord gewesenen Per—⸗ 
onen ergibt sich, daß 223 brave Maänner in den 
WBellen ihren Tod gefunden. 
Berlin, 1. Okltober. Die Botschafter der 
zrei Kaisermächte sollen in Konstantinopel nach 
zleichlautenden Instruktionen handeln. 
Ausssland. — 
Paris, 1. Olktober. Der Botschafter Deutsch⸗ 
ands in London, Graf von Münster, ist 
orgestern, von Hannover kommend, hier eingetroffen 
ind gedenkt heute seine Rückreise nach London fort⸗ 
usetzen. Gestern dinirte Graf Munster bei dem 
Fürsten Hohenlohe, als dessen Nachfolger er be⸗ 
anntlich designirt ist. — Der zweite Militär Attacho 
»er deutschen Botschaft, Generalstabs⸗Hauptmann 
». Schwarzkoppen, ist zum Militar⸗Gouver⸗ 
ieur des Erbgroßherzogs von Hessen er—⸗ 
iannt worden und hat Paris bereits gestern Abend 
erlassen. Der Nachfolger des Haupimanns von 
-„chwarzkoppen bei der hiesigen Botschaft ist der 
dauptmann v. Groß, gen. v. Schwarzhoff, Sohn 
)es verstorbenen Generals und Kommandeurs des 
3. Armeekorps. 
London, 1. Olt. Nach Meldungen hiesiger 
Blätter aus Kopenhagen hat der Zar es abgelehnt, 
die bulgarische Deputation zu empfangen. 
Petersburg, 1. Oktober. Das „Petersb. 
Fournal“. sagt: Angesichts der fortdauernden 
Rüstungen in Sofia, Belgrad und Athen sei eine 
Uktion der Mächte mehr als je erforderlich, welche 
illein eine ernstere Krisis verhindern bonne. 
Konstantinopel, 1. Otiober. Der deutsche 
zotschafter v. Rado wir ist hier eingetroffen. 
vee le uud pfal sche Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Oltober. Heute Vor⸗ 
mittags halb zehn Uhr eröffnete Herr Bezirkzamte 
nannn Dr. Schlagint weit eine außerordent⸗ 
iche Sißung des Districtsrates des Cantons St. 
Ingbert. 
Bevor zur eigentlichen Tagesordnung geschritten 
vurde, erhob sich Herr Bezirkdamimann Dr. 
Schlagintweit, und widmete, sichtlich tief ergriffen, 
inen warmen Nachruf dem so früh und so plötz⸗ 
ich dahin geschiedenen langjährigen Districtsaus⸗ 
chußmitgliede Herrn Gustab bon Kramer. 
Zum Schluß verlas der Herr Vorsitzende eine 
Mitteilung des königl. Notars Kemmer, wonach 
der tief betrauerte Herr von Kramer die Summe— 
von Mk. 30,000 dem Distrilue Si. Ingbert zu 
zemeinnützigen und wohltätigen Zweden vermacht 
jabe, eine Summe fügte Herr Bezirksamimam 
zinzu wie sie in der Pfalz, ja auch nicht in ganz 
dayern, je zu solch edlem Zwecke vermacht worden. 
Einer Aufforderung folgend, erhoben sich sammt⸗ 
iche Anwesenden von ihren Sitzen, dadurch das 
Andenken ihres dahingeschiedenen distinguirten Col⸗ 
egen ehren.. 
Hierauf wurde zur ordentlichen Tagesordnung 
ibergegangen. 
Neu eingetreten in den Districtsrath ist der 
dönigliche Bergmeister Herr Emil Günther, als 
Bertreter des königlichen Grubenärars. 
Gewählt wurden die Herren W. Kahn und 
Volter alz Mitglieder der Steuerausschüsse 
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