Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Billigheim, 8. Okt. Der Gallusmarkt 
pird am Sonntiag, Montag und Dienstag den 18. 
9. und 20. Okti. abgehalten. Am 3. Tage ist 
das berühmte Purzelfest auf den Reitwiesen. Vor⸗ 
nittags 10 Uhr Festzug auf die Festwiese, woselbst 
Pferderennen u. dgl. stattfindet. 
Germersheim, 6. Oktober. Der Obst⸗ 
bauverein Germersheim erhielt für seine Obst⸗ 
Kollektivausstellung beim diesjährigen Münchener 
Zentrallandwirthschaftsfeste die große silberne Medaille. 
— Speyer, 6. Oktober. Die großartige 
Messeraffaire, welche sich inder Nacht des 28. vor. 
Pets dahier unter Hasenpfuhlern in der Gilgen⸗ 
raße abgespielt, hat heute ein weiteres Nachspiel 
erhalten und zu einer weiteten Verhaftung Veran⸗ 
lassung gegeben. Der berüchtigte und gefürchtete 
Raͤufbold Heincich Schlemp von hier hat fünf ver— 
schiedenen Burschen bei dieser Raufecei Messerstiche 
hbeigebracht und wurde von weiteren Exzessen nur 
dadurch abgehalten, daß dessen Messerklinge bei 
dieser Arbeit abbrach. Derselhe wurde heute früh 
verhaftet und nach Frankenthal in Untersuchungs⸗ 
zaft abgeführt. 
— Speyer, 7. Oktober. Wie uns mitge⸗ 
theilt wurde, erhielt die Firma C. F. Velten 
dahier für ihre landwirthschaftliche Ausstellung in 
Muünchen einen Ehrenpreis von Ihrer kgl. Hoheit 
Prinzessin Ludwig. und die goldene Medaille. 
Mutterstadt, 6. Oktober. Ein hie⸗ 
siger Postbote wurde vor einiger Zeit wegen eines 
Vergehens außerhalb des Amtes auf eine andere 
pfälzische Poststelle versetzt. Derselbe, Vater von 
wei Kindern, hat nun im Laufe der vorigen Woche 
nit einer hiesigen Siebzehnjährigen Reißaus ge⸗ 
ommen und seiner Frau das Nachsehen hinter⸗ 
assen. Sein Nachfolger an hiesiger Stelle versah 
ꝛeinige Tage seine Funktion als Postbote und wußte 
dann, wie man der „Pf. Vztg.“ berichtet, nichts 
esseres zu thun, als ebenfalls das Weite zu suchen, 
und soll denselben ein Vergehen im Amte veran⸗ 
laßt haben. 
— e“ — — 
Vermiĩichtes. 
4Der Jahresbericht für 1884 über die auf 
Selbsthülfe gegründeten deutschen Erwerbs— und 
WirthschaftsGenossenschaften erstattet 
bom Anwalt F. Schenck weist wiederum einen 
Fortschritt des deutschen Genossenschaftswesens, so⸗ 
vohl hinsichtlich seiner inneren Entwickelung, als 
nuch nach seiner äußeren Ausdehnung auf. Wäh—⸗ 
eno der Jahresbericht für 1883 3688 Genossen⸗ 
schaften nachwies, finden wir im vorliegenden Be⸗ 
richt 3822 Genossenschaften verzeichnet, nämlich: 
1965 Kreditgenossenschaften, 1146 Genossenschaften 
in einzelnen Gewerbszweilzen, 678 Konsumvereine. 
33 Baͤugenossenschaften. Die Gesammtzahl der im 
deutschen Reiche bestehenden Genossenschaften nach 
em System von Schuͤlze-Delitzsch wird danach auf 
mindestens 3900 veranschlagt werden können, ihre 
Mitgliederzahl auf 1,500,000, ihre geschaftlichen 
deistungen auf 3000 Millionen Mt., das Betriebs⸗ 
dapital auf 800 Millionen Mark, wovon 300 
Millionen Mark eigenes und 500 Millionen Mark 
remdes Kapital sind. Die sogenannten Raiffeisen⸗ 
cchen Darlehnskassen sind in diesen Angaben nicht 
nbegriffen. Der Jahreshericht betont die Erfolge, 
melche das Genossenschaftswesen im Jahre 1884 - 
35 besonders auf dem landwirthschaftlichen Gebiete 
aufzuweisen hatte. Der Vereinigung deutscher 
landwirthschaftlicher Genossenschaften gehören zur 
Zeit 342 Genossenschaften an. Die Einrichtung 
der Verbandsrevision ist in 31 Unterverbänden 
(von 33) des Allgemeinen deutschen Genossenschafts⸗ 
derbandes zur Durchführung gelangt. Der Bericht 
despricht ferner die Resultate der Vorschuß⸗ und 
rediwereine, von denen 879 ihre Abschlüsse ein⸗ 
sandt haben (gegen 922 für 1883). —X 
Jatten Ende 1884 451,779 Mitglieder (466,875 
Ende 1883) und gewährten in 1884 1,516 952,618 
Mark Kredite (1,513,617,272 M. in 1883), das 
ergidt auf das einzelne Mitglied einen Durchschnitt 
ben 3358 M. (gegen 38244 M. in 1883). Das 
Beiriebskopital dieser 879 Vereine beläuft sich auf 
26,518,084 M. an eigenem Kapital. — Geschäfts⸗ 
mtheile und Reserben — (gegen 124,801,050 N. 
Fnde 1883) und 393,166.540 M. an fremdem 
sapital — aufgenommene Anlehen — (gegen 
389,359, 279 M. Ende 1883). Das Betriebs⸗ 
apiial hat sich um 5*3 Millionen M. gegen 1883, 
um'3 Millionen Mark gegen 1882 erhöht. Das 
Verhältniß des eigenen zum fremden Kapital beträgt 
1214 564 2o G3M Iim nG 12664 90n⸗n das 
Vorjahr erhöht. Der Bruttoertrag (Einnahmen an 
Zinfen ꝛtc.) beträgt 5, 83 pCt. des Betriebskapitals 
gegen 5,82 pCt. 1883); 1878 betrug derselbe 
ioch 6,57 pCt.; es beweist dieser Rückgang, der 
ich von Jahr zu Jahr vollzog, daß die Vereint 
nestrebt waren, ihren Mitgliedern möglichst billige 
Darlehen zu gewähren. Für gemeinnützige, beson⸗ 
ers für Volksbilduugszwecke wurden 45,694 Mt 
aufgewendet. Geht aus den betr. Verhältnißzahlen 
chon die Betheiligung der einzelnen Berufskassen 
an die Vorschuß- und Kreditvereine hervor, so bietet 
der Jahresbericht bezüglich der Betheiligung der 
Landwirthe an dieser Gattung der Genossen⸗ 
chaften noch besonderes Material. Er enthält eine 
Tabelle, zu welcher 559 Vereine Angaben gemacht 
saben; diese Angaben beziehen sich auf die den Ve— 
ufslandwirthen gewährten Kredite u. s. w. Dit 
559 berichtenden Vereine. hatten eine Gesammt: 
mitgliederzahl vor. 267 009; davon waren 67,287 
— 25,2 PCt. Berufslandwirth; 40,550 Mit— 
zlieder — 15,1 pCt. betrieben die Landwirthschaf! 
ils Nebenerwerb. An die Berufslandwirthe wur— 
den 98,682,094 M. Kredite gewährt; auf einen 
Landwirth kommen danach im Durchschnitt 1466 
Mark. — Das Verhältniß der an die Berufsland⸗ 
virthe gewährten Kredite zu den überhaupt ge— 
vährten Crediten wird auf 10 pCt. angenommen. 
— Das sind Zahlen, aus denen in überzeugender 
Weise hervorgeht, daß die Vorschuß⸗ und Kredit⸗ 
»ereine nach dem System von Schulze⸗Delitzsch 
m vollstem Maße das Kreditbedürfniß der Land— 
virthe zu befriedigen vermͤgen und daß diese 
deistungsfähigkeit Seitens der Landwirthe in eben 
diesem Maße erkannt wird. — Die Konsumvereiné 
jaben um drei zugenommen. 
Der „Forb. Zig.“ schreibt man aus 
Schönecken: Wer sich von den ungeheuren 
Berheerungen einen Begriff machen will, welche 
leine Raupen im Stande sind, anzurichten, der 
nache jetzt eine Fußtour von Schönecken nach 
Zaarbrücken durch den Wald. Gleich oberhalb des 
Schönecker Feldes im Saarbrücker Walde stehen aus 
iner viele Hektar großen Strecke alle Bäume da, 
ahl wie Besenreis; nur die Nadelbaume blieben 
verschont. Tausende von behaarten gestreiften 
Raupen sitzen auf jedem Baume. Wer aus dem 
etzt noch dunkeln Walde in diese lichte Stelle tritt, 
leibt unwillkürlich stehen. O weh! Wenn sich 
ieses gefräßige Heer einige Hundert Meter weiter 
jeruntergelagert, es wäre waährhaflig. von ganz 
—chönecken keine grüne Spitze mehr übrig geblieben. 
hoffentlich wird der erste strenge Frost diesem Ge— 
indel den Garaus machen. 
FKreuznach, 6. Oktober. Seitens des 
Horstandes des nationalliberalen Wahlvereins für 
»en Wahlkreis Kreuznach Simmern ist für die be— 
vorstehenden Landtagswahlen die Wiederwahl der 
eiden bisherigen Abgeordneten, Landrath Knrobel⸗ 
Merzig und Prosessor Dr. Gneist«Berlin in 
lusficht genommen. Die beiden Herren werden in 
iner am Sonntag, den 11. d. M. im hiesigen 
xEinglischen Hofe abzuhaltenden Versammlung sprechen. 
Die Früchte des deutschen Kolo— 
rialhandels werden von unseren Pharma— 
euten bereits ausgebeutet. Eine einzelne Coblenzer 
rirma, welche eine Faktorei im Dahome-Gebiet in 
kentral⸗Afrika angelegt hat, führt unter anderen 
zon dort eine Anzahl Droguenwaaren ein, von 
enen einige wegen ihrer für Heilzweicke wichtigen 
xigenschafien bemerkenswerth sind. Da ist zunächst 
ine Bohneun⸗-Art erwähnenswerth, von den Einge⸗ 
orenen Mamona genannt, aus welcher ricinus 
rtiges Oel gewonnen werden kann, das alle 
nedicinischen Eigenschaften dieses ziemlich theuren 
Dels befißt. Sodann ist eine Art Negerkaffe zu 
emerken, eine Theĩn enthaltene Linsenfrucht, deren 
nagenstärkende Eigenschaften besonders gerühmt 
bvorden; ferner ein in der Medizin zu verwendendes 
gflanzenfett, das von den Eingeborenen mit gutem 
xẽrfolge zum Einnehmen und Einreiben bei Ver— 
enkungen, Geschwulsten und Katarrhen verwendet 
ind mit dem Namen Aiommeh bezeichnet wird; 
veiter ein von den Schwarzen gegen Dyssenterie 
ingewendetes Heilmittel, Agbana. Von einem 
inderen Medicament „Ecke“, welches die Schwarzer 
als Mittel gegen Verdauungsbeschwerden benugen. 
st medicinisch festgestellt, daß es Eiweiß auflöst 
agegen bleiben die Wirkungen eines anderen Arz 
jeimittels „Njimo“, das bei den Eingeborenen in 
johem Ansehen steht, noch genauer festzustellen; 
n Wasser ausgezogen und verdampft, ergiebt sich 
s diefer Dengaue ein oeshrauner hitterschmecken⸗ 
der Balsam, ähnlich dem gewürzigen Perubalsam 
— Wenn dieser Arznei-Import so fortgehi so 
dürfte die Pharmakopoea bald eine gänzhich bern 
änderte Gestalt erhalten. 
Koln, 6. Oktober. Auf dem Wege nach 
Nippes fand man heute einen schwerverwundeten 
Einwohner des letzgenannten Ortes, der in bewußt. 
losem Zustand nach Köln ins Hospital geschafft 
wurde. Zu sich gekommen, erzählte der Verwundete 
ein des Weges kommender Soldat habe eine Frau 
mit schmutzigen Worten angeredet. Er habe dem 
Soldaten dies verwiesen; dieser hätte alsdann das 
Zeitengewehr gezogen und ihm einen Stich in die 
Brust gegeben. Die Aerzte hegen keine Hoffnung 
für das Wiederaufkommen des Unglücklichen. In 
wieweit die Aussagen des Verwundeten auf Wahr 
heit beruhen, wird die Untersuchung wohl bahd 
eststellen. 
Würzburg, 3. Oktober. (Mißbraugs 
der Dienstgewalt.) Wilhelm Lauer aus Hombur 
in der Pfalz, Bataillonstampbour im 4. Inf.-Reg 
in Metz, stand am Freitag vor dem hiesigen Mili— 
ärbezirksgericht wegen Verbrechens des Mißbrauches 
der Dienstgewalt durch körperliche Mißhandlung 
ines Untergebenen. Lauer hatte bei einer gemein 
chaftlichen Uebung der Spielleute in Metz einen 
Tambour, welcher das Kommando nicht verstand 
ind eiwas Anderes trommelte, mit seinem Major— 
tabe zwei Schläge in das Gesicht versetzt, so das 
der Tambour 2 Tage lang Schmerzen verspürte. 
Lauer erhielt 21 Tage Mittelartest. 
F München, 6. Oktober. Verwaltungs⸗ 
gerichtshof.) Die Jagdpächter Ignaz Keßler und 
Zeorg Valdenaire zu Schifferstadt waren durch 
chöffengerichtliches Urtheil vom 21. Februar lauf. 
Irs. in eine Geldstrafe von 20 beziehungsweise 
30 Mark verurtheilt worden, weil sie in ihrem 
allzugroßen Waidmannseifer Rehgaisen aufs Korn 
genommen hatten. Das k. Bezirksamt Speher ver⸗ 
rdnete hierauf durch Beschluß vom 10. Mät; 
jemäß 87 der pfälzischen Jagdverordnung die 
kinziehung der den beiden Herren für 1885 aus— 
Jestellten Jagdkarten, welcher Beschluß von der 
kreisregierung auf eingelegle Berufung durch Be— 
cheid vom 4. Juli einfach bestätigt wurde. Die 
iergegen erhobene Beschwerde wurde in heutiger 
Zitzung des Verwaltungsgerichtshofes, in welcher 
ss sich zunächst um Eutscheidung der Zuständig— 
eitsfrage handelte, von Rechtsanwalt Kraußold 
zertreten, der die Zuständigkeit für gegeben erach— 
tete. Oberstaatsanwalt Dr. Hauck verwies dageger 
auf die Entscheidung des Gerichtshofes vom 14 
März 1882, wonach eine Ermessensfrage vorliegt 
welche von den Verwaltungsbehörden zu entscheider 
st. Der Gerichtshof entschied auf kostenfällige Ab⸗ 
veisung der Beschwerde wegen mangelnder Zustän · 
»igkeit. Ueber das in der Beschwerdebegründung 
—ERVD kann 
der Gerichtshof nur dann entscheiden, wenn er in 
der Hauptsache kompetent ist, was jedoch hier nicht 
ver Fall ist. Letzte Justanz ist demnach in Be⸗ 
chwerden wegen Jagdkartenentziehung das könial. 
Staatsministeriums des Innern. 
4F München, 7. Oltober. Heute begeben 
sich die Privatdocenten Dr. Rud. Emerich (aus 
Hutterstadi, Pfalz, gebürtig) und Dr. Hans Bucher 
nach Palermo. Die Reise geschieht im Auftrag det 
. Staatsregierung behufs Weiterführrung der Unter⸗ 
ruchungen uͤber die AÄetiologie der Cholera. Wie 
rinnerlich, fanden die Untersuchungen Emerichs ir 
Neapel von manchen Forschern Widerspruch; es iß 
»eshalb die Reise des genannten Forschers eint 
Noihwendigkeit, damit die früheren Angaben 
Emerichs ihre Bestätigung oder eine Modifikation 
finden. 
F'OHilfprich, 3. Oktober. Von einen 
nuthwilligen Ringkampf mit schlimmem Ausgan⸗ 
aß die F. Zu berichten: Der G6ljabrn 
Winwer Mathias Odwa, Acderer in Morsorann 
Annexe von Hilsprich, war mit seinem einzigen 
Sohne und mehreren Taglöhnern auf einem x 
offelacker. Gegen 3 Uhr wurde eine Pause * 
nacht und etwas gegessen. Da die Ernte re 
zroß ausfiel, war der Odwa voller Freude. 
ich dadurch äußerte, daß er einen seiner Zaonr 
eranlaßte, mit ihm zu ringen. Der I 
ein Junge von 17 Jahren, warf auch seinen * 
herrn zur Erde, kam unversehens mit dem re * 
xẽslenbogen auf die linke Brustseite deß wen h 
hmellerte dessen Brusiknochen, zerbrach ihm ma 
stippen, und statt eines Wagens Kartoffeln * 
e, deweisler Mann nach Hau