auf 1,284.916. In der Woche vom 27. Sept.
bis 3. Oktober wurden solgende JInfektionserkrank⸗
ungsfälle gemeldet: an Typhus 33, Pocken 1,
Scharlach 70, Diphtheritis 157, Kindbettfieber 3.
f Zum Kapitel von der „Findigkeit der
ßost“ diene nachstehender Fall, in welchem die
gerlihmte postalische Findigkeit sich wieder in vollem
Maße bewährt hat, indem sie einen Brief mit der
folgenden, zwar „poetischen“, im Uehbrigen aber
sehr problematischen Adresse an die richtige Stelle
ditigirte. Die Aufschrift lautete nämlich wie folgt:
An das Fräulein R. Colin
In der großen Stadt Verlin.
Steglitzer Straße Nummer.....
Wird sie wohl zu finden sein.
Groß ist sie nicht, doch zart und nett,
Im schwarzen Kleide ganz adrett;
Und wenn sie spricht, so hoͤrt man's gleich,
Daß sie nicht stammt aus'm deutschen Reich“
Drum, liebe Post, hab' Schneid und spende
Ihr dieses Brieflein in die Hände!
Wien. Wieder einmal hat das Glück einen
zzeweis für seine Blindheit erbracht. Der Haupt⸗
reffer in der letzten Ziehung der hiesigen Commu⸗
nalioose ist nämlich auf ein im Besitze des Baron
dothschild dahier befindliches Loos gefallen. Es
jandelt sich um das nicht ganz zu verachtende
Zümmchen von 200,000 fl.
p(Für Briefmarkensammler.) Die
dongo⸗Regierung hat jetzt die neuen Briefmarken
für ihren Staat in den belgischen Staatswerkstätten
in Mecheln anfertigen lassen. Sie sind nach An⸗
sehen, Format und Größe den belgischen ähnlich.
In der Mitte die Büste des Königs, darüber im
Kreisbogen: Unabhängiger Kongostaat, darunter
der Werth der Briefmarke in Centimes.
Paris. Vor dem Zuchthauspolizeigericht
dand neulich ein Lahmer und ein Blinder, die sich
wegen einträglichen Postens für den Straßenbettel
so erbärmlich geprügelt hatten, daß die herbeigeeilte
Polizei urtheilte, die Blindheit des Einen wie die
dahmheit des Anderen müsse eine Erfindung sein.
In der That ergab es sich, daß Beide rüstig, Beide
Jäuserbesitzet in Batignolles sind und dort von
ihten Miethern und Nachbarn für Ministerialbeamte
ehalten werden! Sie ziehen nämlich jeden Morgen
u gutem Anzuge aus, verkleiden sich unterwegs
mn eigens dazu gemietheten Kammern als Bettler
und wiederholen diese Operation nach verrichtetem
Tagewert. Der Blinde und der Lahme wurden
ezu 6 Tagen Gefängniß wegen öffentlichen
Jergernisses verurtheilt.
f Einer der hletzten Veteranen aus der
jeit des ersten Kaiserreiches ist dieser Tage, neun⸗
ig Jahre alt, gestorben. Er gehörte zu jener
Schaar alter Krieger, die das Privilegium hatten,
m Garten des Schlosses zu Malmaison, zu Füßen
der Göttin Hebe eine Blätterkrone niederzulegen
und so das Andenken der einst vergötterten Kaiserin
Josefine zu ehren. Mehr als siebzig Jahre fand
ie getreue Schaar mit ihrer Krone sich ein, Jahr
t Jahr lichteten sich die Reihen der greisen
umpfer, die in der zweiten Hälfte unseres Jahr⸗
wunderts nur noch wie Märchengestalten, mit den
oßen Federn auf ihren monumentalen Kalpacks
aschienen. Im Jahre 1883 waren es nur noch
wrei alte Helden, die vom Schnee des Alters be—
vect, einer Jugenderinnerung huldigten, 1883
omen nur zwei und begrüßten sich schluchzend.
Im Jahre 1885 lebte nur noch einer von den
dehr als Getreuen der Kaiserin. Er legte seine
drone, die er wie eine schwere Bürde schleppte,
ueder, seufzte, betete und sah traurig wie zum
hten Abschied umher. Und wenn der erste Juni
ieder mit Sonnenschein und Rosenduft im Garten
Malmaison anbricht, da wird er wohl Hebe,
erewig jugendliche Göttin, noch finden, aber
anen alten Kaisersoldaten mehr, denn der letzte
erselben, Jean Baptiste Guillaume Mangest, ge⸗
ten zu Rueil am 29. Pluviose iII. (17. Februar
795) ist in seiner Heimalth am Moniag, den 28.
edtember, gestorben. Man hat ihm sein Schwert
nd seinen federgeschmückten Hut mit in die Gruft
igeben und eine Salve über das Grab gefeueri.
e Republikaner haßten wohl das zweite Kaiser⸗
ich, le bas Empiré, aber sie haben Respekt vor der
adition des ersten Kaisers und ehrten im Leben
id Tode die Etinnerungen an ihn, auch wenn sie
men in der barocken Form altmodischer Helden
erliefert wurden.
In einer Pariser Wahlversammlung wird
m Kandidaten von verschiedenen Wählern der
horwurf gemacht, daß er zu klerikal sei. — Wie,
hh klerikal!“ so ruft er, „das ist eine infame Ver.
eumdungl..... 43ch bin kirchlich nicht
jetraut, keins meiner Kinder ist getauft! ....*
— „Das ist vielleicht wahr,“ rufen einige. „aber
—AII
fF Das Wetter und die Cholera. Der
»erühmte französische Astronom Delaunay behauptet,
die Sterblichkeit bei der Cholera stehe in innigstem
2usammenhang mit den atmosphärischen Evolutionen.
ZSie wächst und fällt genau so wie das Barometer
ind ist ganz erheblich hoch, wenn das Barometer
ehr gestiegen ist. Aber noch exheblicher ist der Ein⸗
luß thermometrischer Veränderungen. Besonders
»erhängnißvoll wirken die Südwinde, während die
storde und Westwinde die Sterblichkeit eher ber—
nindern. Ein wolkenloser Hinimel soll dieselbe
ingeblich vergrößern. Regenwetter dagegen trägt
Janz wesentlich zur Verminderung der Sterblichkeit
hei. Was die Nebel anbelangt, so üben sie keinen
Einfluß aus.
fF Erdbeben.) Dem „Fanfulla? wird
unter dem 3. Oktober aus Catania geschrieben:
Zwei furchtbare Erdstöße haben die Gemeinde Ni—
colosi volslständig zerstört. Der Schaden ist unbe—⸗
rechenbar, da der ganze Ort zusammengestürzt ist.
Die Verwüstung ist grenzenlos; die Ueberlebenden
ind trostlos. Zwei Kompagnien Genie⸗Soldaten
iind abgegangen, um für die Unglücklichen, welche
ohne Obdach geblieben, Holzbaracken zu bauen.
Der Abgeordnete Giuseppe Bonaiuto und der
Bürgermeister von Catania sind zur Hülfsleistung
benfalls hingegangen. Die Zahl der Opfer ifi
zoch nicht bekannt, doch ist zu fürchten, daß sie
zeträchtlich is. Man besorgt einen Ausbruch des
Aetna.
F Der geheimnißvolle Selbstmord⸗
dersuch einer jungen deutschen Dame im Central⸗
Park zu New-York hält gegenwärtig das Pu⸗
»likum wie die Detektives in New-VYork in der
zrößten Spannung und Aufregung. Jung, schön
ind anscheinend von reicher Familie, wurde die
Anglückliche in einem Gebüsch versteckt gefunden.
mit einer Kugel durch die linke Brust, aber noch
am Leben und bei Bewußtsein. So hatte sie seit
2 Stunden gelegen, den Tod abwartend. Es war
nach Mitternacht, so wird dem „B. B. C.“ über
diese Sache geschrieben, als der Parkbeamte bei seiner
Runde durch eine der unheimlichsten Stellen vom
Centralpark sie auffand. Derfelbe sah in der
Dunkelheit eine weibliche Figur auf einer Bank
itzend, die durch überhängende Zweige halb ver⸗
teckt is. Das Weib saß still wie eine Statue und
lößte dem Beamten Verdacht ein. Was machen
Sie hier, fragte er näher tretend. Ich bin ge⸗
chossen — antwortete eine sanfte, zitternde Stimme.
Wo? —-Hier! — antwortete die Fremde, indem
ie mit schwacher Hand nach ihrer linken Brust
jeigte. Der Beamte zündete ein Streichholz an
ind leuchtete. Ein junges Weib saß vor ihm, das
daupt auf die Hand gestützt, das vildschöne Gesicht
hlaß und schmerzverzogen. Ihr Kleid war in Un—⸗
»rdnung und der Busen offen. Unter ihrer Hand,
zie sie an die nackte Brust preßte, tropfte lan jsam
hr Lebensblut dahin. Die nächste Frage des
Mannes war nach dem Thäter. Ich selbsi, er⸗
viderte sie und deutete auf den im Lichtschein
zlitzernden Revolver auf der Bank neben ihr.
Warum? — O, ich war lebensmüde. Schon seit
neinem sechsten Lebensjahre hatte ich den Wunsch,
zu sterben. Da der Tod nicht von selber kam,
cief ich ihn. O, warum mußte ich je geboren
werden! — Natürlich unglückliche Liebe, murrte
der Beamte, gewiß ist auch ein Mann betheiligt
.... Nichts dergleichen! Denken Sie nur das
nicht! - Ihr Name? — Soll nicht über meine
Lippen. Ich bin zu Ende. Sie erfahren nichts
veiter. — Der Beamte eilte nun, Hilfe herbeiju⸗
schaffen. Es dauerte ziemlich lange, bis eine Saufte
»om Presbyterian⸗Hospital erschien und die Unglück⸗
iche aufnahm. Bei ihrer Ankunft im Hospital
var sie bereits bewußtlos und vor Blutverluͤst und
dilte starr. Die Kugel, die dicht unter dem Hetzen
n die Brust gedrungen war, konnte der Arzi nicht
inden. Der Zustand des Mädchens wurde höchst
zedenklich. Gegen Mittag des nächsten Tages kam
sie wieder zu sich und der Arzt bersuchte sie zum
Reden zu bewegen, um etwas über ihre Angehörigen
uu erfahren. Sie gab endlich nach und sagte, ihr
Name sei Marie Burg, sie sei im Elsaß gebürtig
ind Jüdin. Weitere Auskunft über ihre Familie
rerweigerte sie hartnäckia. Sie sei zuleßt von Chi—
ago nach Newyork gekommen und mit der Absicht,
ich zu erschießen, nach dem Central ˖ Park gegangen.
Narie Burg ist eine Brünette von außergewöhnlicher
Schönheit und feinsten Manieren. Ihr Anzug
var höchst elegent. Ihre Hände waren äußers
zart und an mehreren Fingern trug sie Brillant
ringe. Auch trug fie eine goldene Uhr und schwere
zoldene Kette. und in ihrem Portemonnaie fanden
ich außer kleinem Gelde drei Funf⸗Dollars Bant—
aioten. Sie hatte weder Schirm noch Handtasche
jei sich. Eben so wenig fand man irgend welche
Papiere oder Visitenkarten bei iht. Der Arzt hofft
ie am Leben zu erhalten, wenn es ihm gelingt,
zie Kugel zu finden. Noch ist der Schleier des
Beheimnisses, der die Unbekannte umgibt, nicht ge⸗
üftet, trotz aller Anstrengungen, die gemacht werden.
Kiemand kennt sie, Niemand weiß von ihr, und es
st nicht ausgeschlossen, daß sie erst kürzlich von
deutschland eingewandert ist, trozdem sie ein vor⸗
ügliches Englisch spricht.
fGolirte Damen.) Wenn die fashionable
damenwelt New⸗Yorks große Toilette macht,
im auf einem Balle oder bei ähnlichem Aulaß zu
»aradiren, werden vorher Arme und Büste „polirt“.
der Modus operandi des Polirens ist folgender:
zuerst werden Arme und Büste mit Rosenwasser
jewaschen und nachdem dies recht gründlich ge⸗
chehen, mit Goid⸗ Cream eingerieben, das eiwa 15
Dinuten darauf liegen bleibt. Nach dieser Zeit
vird letzteres mit einem ganz feinen Flanelllappen
vieder abgerieben und Arme wie Büste mit „Baby⸗
Puder“ bestreut, der wieder gründlichst eingerieben
vird. Ist dies geschehen, so sieht die Hand polir⸗
em Marmor ähnlich und scheint von wunderbar
keiner Struktur.
fGur für Zeitungsborger.) So
nancher Abonnent einer Zeitung ärgert sich, wenn
der Nachbar, der zu geizig isit, die Zeitung zu
halten, aber doch wissen möchte, was in derselben
tteht, öfter und sogar regelmäßig zu ihm schickt
nit schönem Gruße und man möge so gütig sein,
hm auf einen Augenblick die Zeitung zu leihen.
Aus Gutmüthigkeit, aus Geschaäftsrücsichten und
um sich mit dem freundlichen Nachbar nicht zu
verfeinden, willfahrt man seinem höflichen Ersuchen
mmerfort, wenn auch mit geheimem Grimme über
die fortwährende Unverfrorenheit des Herrn Nach⸗
bars. Für solche Fälle bringt die,Papierzeitung“
folgendes praktische Rezept: Man schueide sorg⸗
ältig eine beliebige Notiz aus der Zeituug, ehe
nan sie weitergibt. Kurz nachdem sie verliehen
st, wird ein Bote des Borgers fortrennon, um in
Frxemplar derselben zu kaufen. Die Leserinnen;
inter denen das geliehene Blatt zirkulirt, werden
benfalls, jede für sich, ein Exemplar kaufen; keine
derselben kann ruhig schlafen, ehe sie weiß, was
die ausgeschnittene Stelie enthält. Man wiederholt
»as Erpeciment die nächsten Tage mit gleichem
erfolg, in hartnäckigen Füllen noch einige Male —
ann wird es aber, besonders bei weiblichen Borgern,
nicht mehr nöthig sein.
F (Ein Entlafsungsgrund.) Stuben⸗
nädchen: Hier sind meine Zeugnisse, gnädige Frau.
— Frau: Bei wem haben Sie zuletzt gedient? —
5tubenmädchen: Bei dec Frau Baronin X. —
r5rau: Ah! Das ist die kleine Dame mit dem
raunen Teint und den kohlschwarzen Haaren? —
—AX Frau: Und weßhalb
vurden Sie dort entlassen? — Stubenmadchen
verlegen): Weil ... weil ich nicht rafiren kann.
Gemeinnũtziges.
Meuer schmerzstillender Zahnkitt. Die Zu⸗
ammensetzung diefes Mittels, welches in Paris zu
inem enormen Preise flotten Absatz findet, gidt
Zaudet nach mehrfacher sorgfältiger Analyse Wwie
'olgt an: 2 g bester Thränenmastix werden in7g
Thloroform gelöst und dann g Perubalsam zuge⸗
nischt. Nach zwölf bis fünfzehn Stunden ist die
Flüssigkeit in Flaschchen abzufüllen. Bei der An⸗
vendung werden 2 bis 8 Tropfen davon auf einem
leinen Stückchen Watte in die Zahnhöhlung einge⸗
führt, und soll die Wirkung dieses Specificums,
vie allseitig versichert wird, eine sehr gute sein.
(Meerrettig aufzubewahren.) Wenn man Meer⸗
dettigwurzeln, welche eigentlich nur dom Herbste bis
zjum Frühjahr genießbat sind, auch im Sommer
ssen will, so verfährt man damit folgendermaßen:
Man zerschneidet die Wurzeln im Frühjahr, trodnet
ie schnell auf einem Ofen, stoßt sie zu Pulver und
erwahrt dieses in wohlyerstopften Flaschen Resn